Österreich etabliert sich als regionales Finanzzentrum für Osteuropa  

erstellt am
28. 11. 06

Internationale Vermögensposition Österreichs im Jahr 2005
Wien (oenb) - Österreich wächst zunehmend in die Rolle eines regionalen Finanzzentrums für die aufstrebenden Volkswirtschaften Osteuropas. Neben der seit längerem zu beobachtenden Konzentration heimischer Direktinvestoren auf diese Region profiliert sich nun auch die Wiener Börse als Kompetenzcluster für ertragreiche Osteuropa-Projekte. Österreichs Auslandsvermögen und -verpflichtungen sprengten 2005 in Summe erstmals die Billionen-Schallmauer und lassen nach ersten Schätzungen auch im ersten Halbjahr 2006 ungebrochene Dynamik erkennen.

Österreichs grenzüberschreitende Kapitalbestände wuchsen 2005 um je ein Fünftel und durchbrachen in Summe erstmals die Billionen-Marke: Das Finanzvermögen Österreichs im Ausland stieg 2005 um 84 Mrd Euro auf 487 Mrd Euro, die Auslandsverpflichtungen lagen mit 525 Mrd Euro um knapp 90 Mrd Euro über dem Vergleichswert 2004.

„Der Finanzplatz Wien wird in internationalen Investorenkreisen immer häufiger als Synonym für ertragreiche Osteuropa-Geschäfte verstanden“, erklärte Dr. Peter Zöllner, Mitglied des Direktoriums der OeNB, im Rahmen des heutigen Pressegesprächs zur Internationalen Vermögensposition Österreichs im Jahr 2005.Die bewertungsbedingte Erhöhung der österreichischen Finanzverpflichtungen um insgesamt 25,6 Mrd Euro war fast zu 40% aus dem Erfolgslauf der Wiener Börse zu erklären, obwohl Aktien nur 6% der Gesamtverpflichtungen ausmachen.„Die Expertise vieler heimischer Unternehmen im osteuropäischen Raum hat der Wiener Börse in den vergangenen drei Jahren zu einem bemerkenswerten Aufstieg verholfen “, so Direktor Zöllner weiter. Ausländische Anleger durften sich allein im Jahr 2005 über Kursgewinne von 9,8 Mrd Euro freuen und übertrafen damit das bereits sehr gute Ergebnis des vorangegangenen Jahres nochmals um mehr als die Hälfte. „ATX-gelistete Unternehmen konnten aus ihrer attraktiven Positionierung in Osteuropa im wahrsten Sinne des Wortes Kapital schlagen“, ergänzte Direktor Zöllner. Bereits mehr als die Hälfte des Wiener Börseumsatzes ist ausländischen Handelsteilnehmern zuzurechnen; rund 30 direkt in das heimische Börsegeschehen eingebundene internationale Investmenthäuser stellen den Erfolg des Wiener Aktienmarkts auf eine breite Basis.

Osteuropa-getriebene Wertpapierveranlagungen in Wien erreichen damit allmählich jene Dynamik, die österreichische Direktinvestitionen im Ausland schon seit längerem bewegt. Nach der erfolgreichen Bearbeitung der zehn neuen EU-Mitgliedsländer, die Ende 2005 zusammen ein Vermögen von rund 19 Mrd Euro aus heimischen Unternehmensbeteiligungen absorbierten, fokussieren heimische Investoren mittlerweile auf neue Zielregionen wie etwa die Balkanländer, die östlichen Donauanrainerstaaten oder Russland. Rumänien gehört mit einem Beteiligungsstand von mehr als 2 Mrd Euro bereits zu den zehn wichtigsten Destinationen österreichischer Direktinvestoren. Die Regionalstruktur des gesamten Auslandsvermögens zeigt jedoch ein anderes Bild: Die Liste der Top-Ten-Länder, in denen Österreich investiert ist, wird von Industriestaaten mit hoch entwickelten Wertpapiermärkten dominiert. Auf den wichtigsten Finanzpartner Deutschland folgen Großbritannien und die USA. Der Euroraum steht mit etwas mehr als 235 Mrd Euro für rund die Hälfte des gesamten österreichischen Auslandsvermögens. Im grenzüberschreitenden Zwischenbankgeschäft spielen Deutschland und Großbritannien naturgemäß eine zentrale Rolle.

Auch im bisherigen Jahresverlauf zeigt sich eine weitere Intensivierung der Auslandsverflechtung Österreichs: Die finanzielle Internationalisierungsquote, die Aktiva und Passiva in Beziehung zum BIP setzt, lag 2005 bei 413% (2004: 356%) und dürfte nach Schätzungen im ersten Halbjahr 2006 bereits fast das Viereinhalbfache des BIP erreicht haben. Seit Anfang der Neunzigerjahre hat sich die Finanzverflechtung mehr als verdreifacht. Die Nettoverpflichtungen Österreichs beliefen sich Ende 2005 auf 38 Mrd Euro oder 16% des BIP und entsprachen damit relativ gesehen etwa jenen des Euroraums (10%).

„Österreichs Unternehmen setzen nun zum Sprung in neue, noch unerschlossene Wachstumsmärkte an und dürfen – auf Basis des bisherigen Erfolgs – zu Recht auch weiterhin hervorragende Perspektiven für sich beanspruchen“, erläuterte Direktor Zöllner. „Dabei sollte jedoch niemals vergessen werden, dass jedes Engagement in solchen Wachstumsmärkten neben Chancen immer auch Risken birgt. Dazu zählen neben dem allgemeinen Marktrisiko auch volatile Währungskurse. Das rechtliche und institutionelle Umfeld dieser Länder zeigt teilweise noch Aufholbedarf und erfordert von ausländischen Investoren ein erhöhtes Maß an Marktkenntnis und Erfahrung im Umgang mit derartigen Rahmenbedingungen“, schloss Direktor Zöllner.
 
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