Internationale Vermögensposition Österreichs im Jahr 2005
Wien (oenb) - Österreich wächst zunehmend in die Rolle eines regionalen Finanzzentrums
für die aufstrebenden Volkswirtschaften Osteuropas. Neben der seit längerem zu beobachtenden Konzentration
heimischer Direktinvestoren auf diese Region profiliert sich nun auch die Wiener Börse als Kompetenzcluster
für ertragreiche Osteuropa-Projekte. Österreichs Auslandsvermögen und -verpflichtungen sprengten
2005 in Summe erstmals die Billionen-Schallmauer und lassen nach ersten Schätzungen auch im ersten Halbjahr
2006 ungebrochene Dynamik erkennen.
Österreichs grenzüberschreitende Kapitalbestände wuchsen 2005 um je ein Fünftel und durchbrachen
in Summe erstmals die Billionen-Marke: Das Finanzvermögen Österreichs im Ausland stieg 2005 um 84 Mrd
Euro auf 487 Mrd Euro, die Auslandsverpflichtungen lagen mit 525 Mrd Euro um knapp 90 Mrd Euro über dem Vergleichswert
2004.
„Der Finanzplatz Wien wird in internationalen Investorenkreisen immer häufiger als Synonym für ertragreiche
Osteuropa-Geschäfte verstanden“, erklärte Dr. Peter Zöllner, Mitglied des Direktoriums der OeNB,
im Rahmen des heutigen Pressegesprächs zur Internationalen Vermögensposition Österreichs im Jahr
2005.Die bewertungsbedingte Erhöhung der österreichischen Finanzverpflichtungen um insgesamt 25,6 Mrd
Euro war fast zu 40% aus dem Erfolgslauf der Wiener Börse zu erklären, obwohl Aktien nur 6% der Gesamtverpflichtungen
ausmachen.„Die Expertise vieler heimischer Unternehmen im osteuropäischen Raum hat der Wiener Börse in
den vergangenen drei Jahren zu einem bemerkenswerten Aufstieg verholfen “, so Direktor Zöllner weiter. Ausländische
Anleger durften sich allein im Jahr 2005 über Kursgewinne von 9,8 Mrd Euro freuen und übertrafen damit
das bereits sehr gute Ergebnis des vorangegangenen Jahres nochmals um mehr als die Hälfte. „ATX-gelistete
Unternehmen konnten aus ihrer attraktiven Positionierung in Osteuropa im wahrsten Sinne des Wortes Kapital schlagen“,
ergänzte Direktor Zöllner. Bereits mehr als die Hälfte des Wiener Börseumsatzes ist ausländischen
Handelsteilnehmern zuzurechnen; rund 30 direkt in das heimische Börsegeschehen eingebundene internationale
Investmenthäuser stellen den Erfolg des Wiener Aktienmarkts auf eine breite Basis.
Osteuropa-getriebene Wertpapierveranlagungen in Wien erreichen damit allmählich jene Dynamik, die österreichische
Direktinvestitionen im Ausland schon seit längerem bewegt. Nach der erfolgreichen Bearbeitung der zehn neuen
EU-Mitgliedsländer, die Ende 2005 zusammen ein Vermögen von rund 19 Mrd Euro aus heimischen Unternehmensbeteiligungen
absorbierten, fokussieren heimische Investoren mittlerweile auf neue Zielregionen wie etwa die Balkanländer,
die östlichen Donauanrainerstaaten oder Russland. Rumänien gehört mit einem Beteiligungsstand von
mehr als 2 Mrd Euro bereits zu den zehn wichtigsten Destinationen österreichischer Direktinvestoren. Die Regionalstruktur
des gesamten Auslandsvermögens zeigt jedoch ein anderes Bild: Die Liste der Top-Ten-Länder, in denen
Österreich investiert ist, wird von Industriestaaten mit hoch entwickelten Wertpapiermärkten dominiert.
Auf den wichtigsten Finanzpartner Deutschland folgen Großbritannien und die USA. Der Euroraum steht mit etwas
mehr als 235 Mrd Euro für rund die Hälfte des gesamten österreichischen Auslandsvermögens.
Im grenzüberschreitenden Zwischenbankgeschäft spielen Deutschland und Großbritannien naturgemäß
eine zentrale Rolle.
Auch im bisherigen Jahresverlauf zeigt sich eine weitere Intensivierung der Auslandsverflechtung Österreichs:
Die finanzielle Internationalisierungsquote, die Aktiva und Passiva in Beziehung zum BIP setzt, lag 2005 bei 413%
(2004: 356%) und dürfte nach Schätzungen im ersten Halbjahr 2006 bereits fast das Viereinhalbfache des
BIP erreicht haben. Seit Anfang der Neunzigerjahre hat sich die Finanzverflechtung mehr als verdreifacht. Die Nettoverpflichtungen
Österreichs beliefen sich Ende 2005 auf 38 Mrd Euro oder 16% des BIP und entsprachen damit relativ gesehen
etwa jenen des Euroraums (10%).
„Österreichs Unternehmen setzen nun zum Sprung in neue, noch unerschlossene Wachstumsmärkte an und dürfen
– auf Basis des bisherigen Erfolgs – zu Recht auch weiterhin hervorragende Perspektiven für sich beanspruchen“,
erläuterte Direktor Zöllner. „Dabei sollte jedoch niemals vergessen werden, dass jedes Engagement in
solchen Wachstumsmärkten neben Chancen immer auch Risken birgt. Dazu zählen neben dem allgemeinen Marktrisiko
auch volatile Währungskurse. Das rechtliche und institutionelle Umfeld dieser Länder zeigt teilweise
noch Aufholbedarf und erfordert von ausländischen Investoren ein erhöhtes Maß an Marktkenntnis
und Erfahrung im Umgang mit derartigen Rahmenbedingungen“, schloss Direktor Zöllner. |