Pröll:
EU-Ausschuss gibt grünes Licht für REACH
Die EU verordnet sich einen Paradigmenwechsel in der Chemiepolitik
Wien (bmlfuw) - Am 05.12. bestätigten die EU-Mitgliedsstaaten im Ausschuss der ständigen
Vertreter (COREPER) die Verordnung zur Registrierung, Evaluierung und Autorisierung von Chemikalien (REACH). „Damit
ist jetzt endgültig grünes Licht für eine nachhaltige Chemikalienpolitik in Europa gegegeben“, so
Umweltminister Josef Pröll.
Mehr als 90 Prozent des europaweiten Chemikalienmarktes werden einer Registrierung unterworfen. Besonders gefährliche
Chemikalien werden von bestimmten Anwendungen a priori ausgeschlossen. Stoffe, die etwa Krebs erzeugen oder den
Hormonhaushalt durcheinander bringen und sich in der Nahrungskette anreichern, sollen nur mehr in zugelassenen
Anwendungsbereichen eingesetzt werden dürfen.
REACH sieht die Registrierung von rund 30.000 Stoffen in einer Datenbank vor, die die Identität des Stoffes,
die Inverkehrbringer sowie physikalisch-chemische, toxikologische und ökotoxikologische Grundinformationen
speichert. Das Zulassungsverfahren soll besonders gefährliche Chemikalien erfassen – etwa krebserzeugende,
oder schwerabbaubare, toxische und persistente Stoffe. Auch für Chemikalien, die in den zahllosen Gebrauchsgegenständen
eingesetzt werden, sieht REACH ein Meldesystem vor. Die registrierten Stoffe werden einem abgestuften Risikobewertungssystem
unterzogen und die einzelnen Anwendungen der Stoffe beurteilt. Gleichzeitig sind auch die Verwender angehalten,
ihre Erfahrungen in das System einzuspeisen. Behördlich bewertet und überprüft werden jedenfalls
alle Substanzen, deren Produktion 100 Tonnen übersteigt. In der operativen Umsetzung des REACH-Systems soll
die zukünftige Europäische Chemikalienagentur mit Sitz in Helsinki eine wesentliche Rolle übernehmen.
Gleichzeitig wurde ein Substitutionsprinzip beschlossen, das einen Plan zum Ersatz des gefährlichen Stoffes
als Bestandteil jedes Zulassungsantrages vorsieht. Die Unternehmen werden so veranlasst, selbst eine Strategie
inklusive zeitlicher Abschätzung und Machbarkeitsstudie zu entwickeln, besonders bedenkliche Stoffe durch
Alternativsubstanzen oder auch durch alternative Technologien zu ersetzen. „Das ist eine gelungene Balance zwischen
der Sicherung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt und die Gesundheit und des Wirtschaftsstandorts Europa“,
sagte Pröll abschließend. |
Scheele sieht Kompromiss zu REACH mit lachendem und weinendem Auge
Wichtige Forderung für Arbeitnehmerschutz konnte nicht durchgesetzt werden
Wien (sk) - Nachdem sich das Europäische Parlament letzte Woche mit der EU-Ratspräsidentschaft
auf einen Kompromiss zur Chemikalienverordnung REACH einigen konnte, haben am 05.12. auch die Mitgliedsstaaten
dem Paket zugestimmt. "Nun muss das Europäische Parlament in seiner Sitzung nächste Woche in Strassburg
zustimmen, damit die Chemikalienverordnung 2007 in Kraft treten kann", so die SPÖ-Europaabgeordnete Karin
Scheele.
"Natürlich wäre mir ein strengeres REACH gerade in Hinblick auf den Umwelt-, Gesundheits- und Arbeitnehmerschutz
lieber gewesen", betont Scheele. "Diese Frage stellt sich im Plenum nächste Woche allerdings nicht
mehr. In der kommenden Woche geht es darum, dem nun vereinbarten Kompromiss zuzustimmen oder den gemeinsamen Standpunkt
der Mitgliedstaaten anzunehmen", erklärt die SPÖ-Europaabgeordnete. "Da der Kompromiss vor
allem bei den besonders besorgniserregenden Stoffen striktere Kontrollen als der gemeinsame Standpunkt vorsieht,
ist trotz einiger Schwachstellen das Kompromisspaket die bessere Lösung", so Scheele.
Zukünftig wird es in der Hand der Hersteller und Importeure von Chemikalien liegen, nachzuweisen, dass die
Stoffe sicher sind. Bisher oblag das den Behörden. "Das bedeutet, dass von nun an Unternehmen beweisen
müssen, dass in Produkten wie etwa Lacken, Computern oder auch Kleidungsstücken keine gefährlichen
Chemikalien enthalten sind", zeigt sich Scheele erfreut. Insgesamt werden voraussichtlich ab dem Frühjahr
2007 rund 30.000 Chemikalien bei der neuen Europäischen Agentur für chemische Stoffe registriert werden.
Bis zuletzt umstritten war die Frage der Zulassung besonders gefährlicher Stoffe. Substanzen mit krebserregender
oder erbgutverändernder Wirkung dürfen nur zugelassen werden, wenn der Hersteller nachweist, dass ihr
Risiko "ausreichend kontrolliert" werden kann. Das heißt, dass Wissenschaftler bestätigen,
dass die Stoffe, so lange sie einen gewissen Schwellenwert nicht überschreiten, keine Gefahr für die
Gesundheit darstellen. "Wenn es jedoch eine sichere Alternative gibt, muss der Unternehmer einen Substitutionsplan
vorlegen und die gefährliche Chemikalie durch die sichere Alternative ersetzen."
"Der Kompromiss stellt nun zumindest sicher, dass in Fällen, in denen es noch keine Alternativen gibt,
ein Forschungsplan aufgestellt werden muss. Dieser muss alle Maßnahmen festlegen, die ergriffen werden, um
eine Alternative zu finden", erläutert die SPÖ-Europaabgeordnete. Dadurch würden die Unternehmen
auch zu mehr Forschung und Innovation aufgefordert.
Persistente und bioakkumulative Chemikalien sind jedenfalls zu ersetzen, wenn sichere Alternativen zur Verfügung
stehen. Wenn es diese nicht gibt, muss der sozioökonomische Nutzen gegenüber den Risken überwiegen.
Als einen Mangel beschreibt Scheele, dass die Forderung des Europäischen Parlaments zur Stoffsicherheit nicht
in den Kompromiss eingeflossen ist. "Die Forderung des Parlaments hätte vorgesehen, dass ein Stoffsicherheitsbericht
auch für Chemikalien gelten soll, die in der Größenordnung von ein bis zehn Tonnen hergestellt
bzw. verwendet werden und nicht erst bei Größenordnungen von über zehn Tonnen. Diese, gerade für
den Arbeitnehmerschutz wichtige Forderung, war gegenüber den Mitgliedstaaten aber nicht durchsetzbar",
bedauert Scheele. |