Aussenministerin Plassnik in der ORF-"Pressestunde"  

erstellt am
18. 12. 06

 Plassnik: "Österreichische Außenpolitik mit Kanten und Profil"
Wien (bmaa) - "Die österreichische Außenpolitik hat durchaus Kanten und Profil", sagte Außenministerin Plassnik am 17.12. in der ORF-Pressestunde unter anderem mit Hinweis auf die klare Haltung Österreichs im Erweiterungskontext. "Ich bin froh, dass das Bewusstsein für das Thema der Aufnahmefähigkeit gefestigt werden konnte. Es geht darum, dass auch die EU ihre Hausaufgaben vor Erweiterungen machen muss. Und es geht darum, Geschwindigkeit bei Erweiterungen der Union herauszunehmen, dieses Thema sorgfältig zu bearbeiten, besser zu kommunizieren und zu informieren", so die Außenministerin in Bezug auf die Ergebnisse des Europäischen Rates der Staats- und Regierungschefs letzten Donnerstag und Freitag. Plassnik erinnerte daran, dass die diesbezüglichen Beschlüsse Ergebnis hartnäckiger Arbeit seien, die auf österreichische Initiative begonnen wurde. Mittlerweile sei die österreichische Position, dass die Aufnahmefähigkeit der Union bei Erweiterungen besonders berücksichtigt werden müsse, zum europäischen main stream geworden.

Bei den Beitrittsverhandlungen mit der Türkei verfolge Österreich eine differenzierte Linie. "Wir haben eine Präferenz für eine maßgeschneiderte Partnerschaft mit der Türkei. Dies ist eine politische Einschätzung, die mit der Realität übereinstimmt. Die Türkei ist ein enger Partner der EU, und wir werden weiter konsequent an einer Verdichtung dieses Verhältnisses arbeiten. Ob es am Ende des Weges zu einer Vollmitgliedschaft kommen wird, kann heute noch nicht abgeschätzt werden. Der Ausgang der Verhandlungen ist offen, es gibt hier keine Automatik", sagte die Außenministerin, die sich klar für eine Volksabstimmung in Österreich nach Abschluss der Beitrittsverhandlungen aussprach.

Plassnik unterstrich die Bedeutung, die Österreich der europäischen Perspektive für die Länder des Westbalkans beimesse. "Mit der Erweiterung der EU um Rumänien und Bulgarien wird die fünfte Erweiterungsrunde - gleichsam die Nachbarschaftserweiterung -vollendet. Jetzt geht es darum, die Länder des Westbalkan mit Sorgfalt und Präzision an die EU heranzuführen. Dieses Ziel ist ein nationales Anliegen Österreichs", so die Außenministerin.

Sie betonte zudem, dass die Erhöhung der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit und damit die Erfüllung der in den Millenniumszielen eingegangenen internationalen Verpflichtungen ein wichtiges Thema sei, an dem alle Seiten künftig engagiert arbeiten müssten.

Im Zusammenhang mit den Koalitionsverhandlungen sagte Plassnik, der 11. Jänner sei ein Zieldatum des Verhandlungszeitplans, aber noch kein Regierungsprogramm. Es gelte, zügig und ernsthaft an einer Regierungsbildung zu arbeiten, wobei es entscheidend sei, die richtige Kombination zwischen Stabilität und Dynamik der Arbeit zu finden. Momentan gehe es darum, Inhalte zu bearbeiten und nicht darum, Personalentscheidungen zu treffen.

Auf die Budgetpolitik angesprochen betonte die Außenministerin, dass sich niemand eine "Rolle rückwärts in die siebziger Jahre" wünschen könne. Belastungen statt Entlastungen können nicht die Zukuftsvorgabe für den "Lebens- und Wirtschaftsstandort Österreich" sein. "Man kann im Leben immer alles besser machen, das ist klar. Aber man soll auch aufhören, alles schlechter zu machen, was war", erklärte Plassnik zu den "unerfreulichen Klimaschwankungen" in den Koalitionsverhandlungen. Die Regierung habe in den letzten Jahren eine solide Basis geschaffen. Jetzt gelte es konsequent darauf aufzubauen.

 

 Darabos: Keine Regierung kann Ergebnisse des U-Ausschusses zu Eurofighter ignorieren
Wien (sk) - "Jede Regierung, egal welcher Zusammensetzung, muss die Ergebnisse des parlamentarischen Untersuchungsausschusses zu den Eurofightern in ihre Entscheidungen miteinbeziehen", betonte SPÖ-Bundesgeschäftsführer Norbert Darabos am 17.12.. Die heutigen Aussagen von Kanzler Schüssel und Außenministerin Plassnik laufen darauf hinaus, dass man die Ergebnisse ignorieren will - "das ist unvorstellbar", so Darabos am Sonntag gegenüber dem Pressedienst der SPÖ.

Für Darabos, SPÖ-Koalitionsverhandler für die Themen innere und äußere Sicherheit, wäre dies auch eine Missachtung der Kontrolltätigkeit des Parlaments. "Es würde das Instrumentarium des U-Ausschusses ad absurdum führen, wenn man schon vorher sagt, die Ergebnisse werden sowieso nicht berücksichtigt", so Darabos.

Und wenn Plassnik richtigerweise auf die Budgetstabilität hinweist, dann sei sie daran erinnert, dass der Eurofighter-Kauf ein Teil des schweren finanziellen Erbes ist, das die ÖVP hinterlässt. So würde schon im nächsten Jahr die erste Rate von 400 Millionen Euro fällig. "Das schwere finanzielle Erbe von Schüssel und Grasser wirkt leider auch in die Zukunft", so Darabos abschließend.

Einem: Warum bisher so wenig Engagement für Entwicklungspolitik?
"Wenn Außenministerin Plassnik meint, eine Große Koalition soll in Zukunft 'engagiert' die Erhöhung der Mittel für Entwicklungszusammenarbeit angehen, dann muss sich die Außenministerin schon fragen lassen, was sie eigentlich daran gehindert hat, in den letzten Jahren hier engagiert zu sein", so der außenpolitische Sprecher der SPÖ, Caspar Einem, zu den heutigen Aussagen Plassniks. Die zitierte scharfe Kritik von Kardinal Schönborn daran, dass Österreich die "Milleniums-Ziele" in der Entwicklungshilfe noch immer nicht erreicht hat, sei absolut berechtigt. "Im Bereich der Entwicklungspolitik ist diese Regierung leider alles schuldig geblieben", so der SPÖ-Abgeordnete.

So sehr die SPÖ dafür sei, die EZA-Mittel auf 0,7 Prozent des BIP anzuheben, so sei es aber auch an der Außenministerin zu sagen, wie sie diese Erhöhung finanzieren will. "Die ÖVP spricht immer davon, dass es 'Wünsch dir was' nicht geben darf und lehnt ständig SPÖ-Vorschläge mit dem Finanzierungsargument ab. Im eigenen Bereich bleibt sie die Konzepte zur finanziellen Bedeckung aber schuldig", kritisiert Einem.

Zum Thema Verhandlungen EU-Türkei sagte der europapolitische Sprecher der SPÖ, er vermisse bei Plassnik die Perspektive, wie die EU und damit auch Österreich dazu beitragen können, dass sich in der Türkei bei Menschen- und Minderheitenrechten etwas positiv bewegt. "Die Frage des EU-Beitritts der Türkei stellt sich in den nächsten zehn Jahren nicht. Sehr wohl muss es aber Strategien geben, damit die Türkei in den nächsten Jahren europäischer wird - ob es zu einem Beitritt kommt oder nicht. Hier vermisse ich allerdings jegliche Konzepte bei der Außenministerin", so Einem abschließend.

 

 Grüne gegen nationale Volksabstimmung über EU-Beitritt der Türkei
Wien (grüne) - Klar gegen eine nationale Volksabstimmung über einen künftigen EU-Beitritt der Türkei, spricht sich die außenpolitische Sprecherin der Grünen, NRAbg. Ulrike Lunacek, aus. Damit reagiert Lunacek auf die Aussagen der Außenministerin Ursula Plassnik in der Pressestunde. Lunacek: "Glaubt die ÖVP tatsächlich, dass sie in 15 Jahren noch in einer großen Koalition an der Macht sein wird?" Die Grünen kritisieren die unklare Linie der Außenministerin in der Türkeifrage. "Die heutigen Aussagen in der Pressestunde zu einem eventuellen Türkeibeitritt waren ambitionslos und unklar", so die außenpolitische Sprecherin.

Enttäuscht zeigen sich die Grünen auch über das mangelnde Engagement der Außenministerin in Fragen der Entwicklungshilfe. Kardinal Schönborn hat in der Sendung, völlig zu Recht, die Entwicklungshilfe in Österreich als "beschämend" bezeichnet. Österreich erreicht nach wie vor die vorgeschriebenen 0,7 Prozent des BIPs nicht. "Frau Plassnik bleibt hier vieles schuldig. Noch immer fehlt ein klarer Stufenplan, für die Erreichung des Zieles. Nach wie vor ist unklar, woher frisches Geld für die Entwicklungshilfe kommen soll", so Lunacek.

 

 Vilimsky: Die große Koalition steht auf des Messers Schneide
Wien (fpd) - Wie schon Bundespräsident Fischer am 16.12., so hat auch Außenministerin Plassnik am 17.12. die große Koalition mit einigen Fragezeichen versehen. Offenbar mehren sich die Stimmen auch innerhalb der ÖVP, deren Freude an der Zusammenarbeit mit der SPÖ endenwollend ist, so der Generalssekretär der FPÖ, NAbg. Harald Vilimsky.
Völlig uninteressant und irrelevant sind die außenpolitischen Einschätzungen Plassniks zur EU und deren Erweiterungsphantasien. Plassnik sei, ebenso wie Bundeskanzler Schüssel, klar und unmißverständlich abgewählt worden und werde nach heutiger Sicht das Amt des Außenministers hoffentlich bald abgeben. Daher ist ihre parteipolitisch gefärbte Sicht der Dinge mehr als entbehrlich. Faktum sei, daß die ÖVP und das BZÖ den Weg zu Beitrittsverhandlungen mit der Türkei geebnet haben und es an der nächsten Regierung liege, diesen Fehler zu korrigieren. Der einzig gangbare Weg sei dabei die einseitige Beendigung der Verhandlungen durch die Republik Österreich. Dies habe die FPÖ auch schon des Öfteren gefordert und daran halten wir auch fest, so Vilimsky abschließend.

 

 Scheibner für Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei
Wien (bzö) - "Die Türkei erfüllt nach wie vor die notwendigen Kriterien nicht und will diese auch nicht erfüllen. Neben den Menschenrechts-, Rechtsstaatskriterien und Demokratiefragen werden von der Türkei nicht einmal alle Mitgliedsländer anerkannt. Es wäre ehrlicher, die Verhandlungen über einen Vollbeitritt der Türkei zur EU abzubrechen. Stattdessen sollte eine maßgeschneiderte Partnerschaft mit der Türkei verhandelt werden", stellte der außenpolitische Sprecher des BZÖ Abg. Herbert Scheibner am 17.12. im Anschluß an die ORF-Pressestunde mit Außenministerin Plassnik fest. Bezugnehmend auf das EU-Außenministertreffen bemerkte Scheibner, dass Plassnik innerhalb der Türkeifrage stets eine harte Linie vertreten habe.

Dieses zaghafte Vorgehen der EU und das ledigliche Absegnen "der Verlangsamung der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei" am vergangenen EU-Gipfel in Brüssel sei aber auch ein Zeichen der mangelnden Einigkeit und Geradlinigkeit. Viele Kritiker der Verhandlungen mit der Türkei hätten vorausgesehen, wie schwierig der Prozeß sei und wie oft man über nicht eingehaltene Zusagen verhandeln werde müssen. Dadurch kämen andere wichtige Themen vollends ins Hintertreffen. "Man muß den Mut haben, offen zu sagen, daß manche Länder die europäischen Werte nicht erfüllen", betonte Scheibner.

Wir haben im letzten Hauptausschuß im Parlament einen eigenen Antrag eingebracht, worin der Kanzler ersucht worden sei, sich bei diesem EU-Gipfel in Brüssel für eine sofortige Beendigung der Beitrittsverhandlungen mit der Türkei auszusprechen, Schlussfolgerungen abzulehnen, die lediglich auf das vorläufige Einfrieren einzelner Verhandlungskapitel abzielen, stattdessen für Verhandlungen mit der Zielrichtung einer primärrechtlich verankerten verstärkten Zusammenarbeit in Form einer Partnerschaft für Europa einzutreten. "Leider wurde dieser Antrag von allen Parteien im Ausschuß abgelehnt und auch Bundeskanzler Schüssel ist diesem Ersuchen in Brüssel nicht nachgekommen", sagte Scheibner.

Die Erweiterung der Union um Rumänien und Bulgarien sei vor allem aus der Sicht Österreichs positiv, dennoch gebe es in Teilbereichen der Politik dieser beiden Staaten noch Probleme, die man rasch lösen müsse, so Scheibner.

Was die Aussagen Plassniks zur Innenpolitik betrifft, wurde der Eindruck verstärkt, dass weder SPÖ noch ÖVP eine arbeitsfähige oder arbeitswillige Regierung bilden wollen. Ein "Zurück in die 90iger Jahre" sei zu befürchten, meinte Scheibner unter Hinweis auf Postenschacher und Parteibuchwirtschaft ohne konstruktiver Politik für unser Land.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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