Die Türkei-Frage  

erstellt am
12. 12. 06

Plassnik: "Keine Rabatte oder Abstriche gegenüber der Türkei"
Einigung im Rat für allgemeine Angelegenheiten und Außenbeziehungen zur Türkei
Wien (bmaa) - "Die EU hat heute ein deutliches Signal an die Türkei gesandt: wir werden bei der Erfüllung der rechtlichen Verpflichtungen der Türkei keine Rabatte oder Abstriche machen", erklärte Außenministerin Ursula Plassnik im Anschluss an den Außenministerrat zu den Verhandlungen mit der Türkei.

In Reaktion auf das klare Umsetzungsdefizit der Türkei in Bezug auf das Ankara-Protokoll habe die EU vereinbart, acht Verhandlungskapitel (Freier Warenverkehr, Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit, Finanzdienstleistungen, Landwirtschaft, Fischerei, Transport, Zollunion und Außenbeziehungen) nicht zu eröffnen, bis die Türkei ihre Verpflichtungen aus diesem Protokoll erfüllt hat. "Diese acht zentralen Verhandlungskapitel gehen in den Tiefkühler. Das ist eine kluge und vernünftige Entscheidung und eine massive Entschleunigung und Atempause in den Verhandlungen", so Plassnik.

Besonders erfreut zeigte sich die Außenministerin über den Umstand, dass auch zu dem von Österreich geforderten und bis zuletzt umstrittenen Überprüfungsverfahren Einigkeit erzielt werden konnte. Demnach wird der Europäische Rat auf Basis von Berichten der EU-Kommission 2007, 2008 und 2009 überprüfen, inwieweit die Türkei ihre Verpflichtungen zu der von der EU geforderten Umsetzung des Ankara-Protokolls zur Zollunion erfüllt. "Mit diesem Überprüfungsverfahren ist die volle politische Kontrolle der Mitgliedstaaten über den Verhandlungsprozess sichergestellt. Die EU hat Geduld und Standfestigkeit bewiesen. Wir werden auch in Zukunft Defizite der Türkei in ihrem Annäherungsprozess klar aufzeigen", unterstrich Plassnik.

"Die Schweigewand, die mir noch 2005 begegnete, wurde durchbrochen. Unsere Linie, auf Sicht zu fahren, hat sich bewährt. Wir haben kein Ultimatum gestellt oder Sanktionen verhängt, aber der erste Praxistest zeigt, dass es keine Garantien und keinen Automatismus in diesem ergebnisoffenen Prozess gibt", betonte die Außenministerin, die fortfuhr: "Mit der heutigen Einigung haben wir eine Türkei-Krise auf dem kommenden Europäischen Rat abgewendet."

Plassnik verwies auch auf die am Rande des Rates stattgefundene Beitrittskonferenz der EU-Mitgliedstaaten mit Kroatien, bei der das zweite Verhandlungskapitel (Kultur und Bildung) erfolgreich abgeschlossen werden konnte. "Dieser Schritt ist nicht nur ein weiteres Ermutigungssignal für die gesamte Region des Westbalkans. Er bestätigt zudem die von uns immer klar vertretene Entkoppelung der Verhandlungsprozesse von Kroatien und von der Türkei. Beide Länder werden ausschließlich nach ihren eigenen Fortschritten bewertet", so Plassnik abschließend. 

 

 Strache: Türkeiverhandlungen gleich ganz auf Eis legen
FPÖ: Zeit des Herumlavierens und Taktierens ist vorbei
Wien (fpd) - "Statt irgendwelche Kapitel einzufrieren und damit Ankara abermals eine Atempause zu geben, sollte die EU die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei insgesamt auf Eis legen und nie wieder auftauen", reagierte FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache auf die Entscheidung des EU-Außenministerrats, acht der 35 Verhandlungskapitel zwischen der EU und der Türkei auf Eis zu legen.

Das angekündigte "auf Eis legen" werde nur wieder eine der üblichen halbherzigen Maßnahmen sein, mit denen die EU aber keinen Schritt weiterkommen werde. Die Türkei werde auch in Zukunft der Europäischen Union auf der Nase herumtanzen, was man ja in der Vergangenheit hinlänglich beobachten konnte. Die EU solle daher nicht weiter herumlavieren, sondern die Verhandlungen mit der Türkei unverzüglich beenden. Mit Beschwichtigungsversuchen und Herumtaktieren werde man jedenfalls nichts mehr erreichen, so Strache weiter.

Die Fragestellung in Sachen Türkei heiße Ja oder Nein und nicht Vielleicht oder Eventuell, stellte Strache klar. "Jeden Tag wird es Schüssel und Plassnik offenbar klarer, dass sie auf die FPÖ hätten hören sollen. Wäre es nach uns gegangen, hätte man die Verhandlungen ja niemals aufgenommen", schloss Strache.

 

 Scheibner: Beitrittsverhandlungen mit der EU abbrechen
Türkei zeigt wenig Bereitschaft, EU-Bedingungen zu erfüllen
Wien (bzö) - Für einen sofortigen Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit der Türkei sprach sich der außenpolitische Sprecher des Parlamentsklubs des BZÖ Abg. Herbert Scheibner aus. Ein Land, das ein EU-Mitglied nicht anerkennen wolle, könne selbstverständlich nicht Mitglied der Union werden, meinte Scheibner Bezug nehmend auf das Verhalten der Türkei. Der Türkei wurde ausreichend Zeit gegeben, die Zypernfrage zu lösen. Bis dato sei nicht einmal die Bedingung nach Öffnung der See- und Flughäfen für Zypern erfüllt worden."Selbst wenn die Türkei nun bereit ist einen Hafen bzw. Flughafen für Zypern zu öffnen, beweist allein die Tatsache, dass sich Ankara weigert, dies auch schriftlich zu dokumentieren, das Fehlen seriöser Kooperationsbereitschaft. "

Wie Scheibner abschließend betonte, sei es schon ein Fehler gewesen, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei überhaupt zu beginnen.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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