Konjunkturdynamik bleibt hoch – Wachstum verlangsamt sich erst 2008
Wien (wifo) - Österreichs Wirtschaft profitiert 2006 zusätzlich vom Konjunkturaufschwung
in Europa. Der dadurch ausgelöste Wachstumsimpuls ging im Jahresverlauf auf die Investitionsnachfrage über.
Auch 2007 belebt die Binnennachfrage die Konjunktur, allerdings dämpft die Gegenbewegung nach den positiven
Sondereffekten des Jahres 2006 das Wirtschaftswachstum. Im Jahr 2008 dürfte die Konjunktur in Europa nachlassen.
Dennoch wird die österreichische Wirtschaft stärker wachsen als der Durchschnitt des Euro-Raums. Die
heimische Fiskalpolitik ist im Hinblick auf die Konjunkturlage expansiv.
Angesichts der günstigen Wirtschaftsentwicklung im Jahr 2006 und der optimistischen Produktionserwartungen
der Unternehmen revidiert das WIFO seine Prognose für das Wirtschaftswachstum nach oben: Für 2006 wird
ein Anstieg des BIP um real 3¼% gegenüber dem Vorjahr und für 2007 von 2¾% erwartet. 2008
wird sich die erwartete Konjunkturabschwächung in Europa in einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums auf
2¼% niederschlagen.
Im WIFO-Konjunkturtest vom November zeigten sich die Unternehmen nach wie vor optimistisch sowohl hinsichtlich
ihres aktuellen Geschäftsgangs als auch in Bezug auf die Umsatzentwicklung in den nächsten Monaten. Besonders
kräftig expandieren 2006 die Sachgütererzeugung und die Bauwirtschaft. Neben der für sie günstigen
Konjunktur profitieren diese Branchen zusätzlich von Sondereffekten: Aufgrund der Vorzieheffekte vor der Anhebung
des Mehrwertsteuersatzes in Deutschland mit Jahresbeginn 2007 verzeichnen insbesondere die heimischen Autozulieferer
Ende 2006 zusätzliche Nachfrage, die jedoch 2007 fehlen wird. In der Bauwirtschaft ermöglichte das ungewöhnlich
milde Wetter die raschere Fertigstellung vieler Projekte, sodass die Bauproduktion im IV. Quartal unüblich
hoch ausfiel. Auch hier ist im Jahr 2007 mit einer Gegenbewegung zu rechnen.
Seit Mitte 2005 beschleunigt sich das Exportwachstum. 2006 ist mit einem realen Anstieg der Warenausfuhr um über
10% zu rechnen. Das Nachlassen der Konjunktur in Übersee, der Wertgewinn des Euro und der Echoeffekt aus der
deutschen Mehrwertsteuererhöhung werden 2007 jedoch das Wachstum des Exports auf unter 8% drücken. 2008
ist mit einer weiteren Verflachung zu rechnen, da die Konjunktur auch im Euro-Raum an Kraft verlieren wird.
Ungebrochen kräftig expandieren die Bruttoanlageinvestitionen. Nach real über +5% im Jahr 2006 ist für
2007 eine Ausweitung in ähnlichem Ausmaß zu erwarten. Zwar verlangsamt sich der Anstieg der Bauinvestitionen
von real 5% auf 3,7%, doch wird verstärkt in Ausrüstungen investiert (2006 +5½%, 2007 +6½%).
2008 schwächt sich das Wachstum beider Investitionskomponenten konjunkturbedingt ab (Bruttoanlageinvestitionen
real +3½%).
Aufgrund des mäßigen Lohnanstiegs ist für den privaten Konsum trotz der guten Konjunktur und des
kräftigen Beschäftigungswachstums weder 2006 noch 2007 eine substantielle Wachstumsbeschleunigung zu
erwarten (2006 real +1,9%, 2007 +2,1%). 2008 ist mit einer Stabilisierung des Wachstums bei +2% zu rechnen. Vor
diesem Hintergrund bleibt die Inflation niedrig. Nach wie vor zeigen sich keine Zweitrundeneffekte aus der Verteuerung
von Rohölprodukten der letzten Jahre; zusätzlich drückt die Stärke des Euro den Preisauftrieb.
Nach einer Inflationsrate von 1,4% im Jahr 2006 beschleunigt sich die Teuerung mit 1,6% im Jahr 2007 und 1,7% 2008
nicht wesentlich.
Der Arbeitsmarkt reagiert deutlich auf die Konjunkturverbesserung: Die Zahl der Beschäftigten erhöht
sich 2006 um über 50.000, und auch 2007 ist mit der Schaffung von rund 40.000 Arbeitsplätzen zu rechnen.
Erst im Jahr 2008 flacht der Zuwachs merklich ab (+21.000). Obwohl sich das Arbeitskräfteangebot gemäß
dem Trend der letzten Jahre beträchtlich erhöht, gelingt es die Arbeitslosigkeit zurückzuführen.
Der größte Teil des Beschäftigungszuwachses kommt aus Neuzugängen zum Arbeitsmarkt. 2006 ist
mit 8.800 ein Teil des Rückgangs der Arbeitslosigkeit um 13.400 der Intensivierung der Schulungsmaßnahmen
zuzuschreiben. 2007 ist mit einer weiteren Abnahme der Arbeitslosenzahl um rund 10.000 zu rechnen. 2008 ergibt
sich konjunkturbedingt keine weitere Verringerung. Die Arbeitslosenquote (nach nationaler Berechnungsmethode) ist
über den gesamten Prognosehorizont rückläufig und erreicht 2008 6,4% (2006 6,8%).
Die gute Konjunktur sorgt für einen überraschend starken Anstieg der Steuereinnahmen. Die für die
Einnahmen aus der Körperschaftsteuer erwarteten verzögerten Ausfälle nach der Steuerreform 2004/05
waren bislang nicht zu beobachten. 2006 sinkt das Defizit der öffentlichen Haushalte auf 1,2% des BIP. Für
2007 ist jedoch trotz der anhaltend guten Konjunktur unter Berücksichtigung der bisher fixierten Ausgaben
mit einem Anstieg auf –1,4% zu rechnen. Die Prognose für 2008 von ebenfalls –1,4% ist noch ungewiss, weil
die Entscheidungen auf politischer Ebene fehlen.
Quelle: WIFO; Autor: Marcus Scheiblecker |