Koalitionsverhandlungen / Pensionsreform  

erstellt am
21. 12. 06

Gusenbauer: "Ein großes Paket gegen die Armut"
Einigung über bedarfsorientierte Grundsicherung und Korrekturen der Pensionsreform - Wirksame Armutsbekämpfung und weniger Einkommensungleichheit
Wien (sk) - Nach einem "sehr erfolgreichen Verhandlungshalbtag" hat SPÖ-Vorsitzender Alfred Gusenbauer gemeinsam mit ÖVP-Obmann Schüssel die Einigung in den Kapiteln bedarfsorientierte Grundsicherung und Pensionen bekannt gegeben. Ein "großes Paket gegen die Armut" wird damit geschnürt, so Gusenbauer. Damit werden die zunehmenden Einkommensungleichheiten korrigiert und eine wirksame Absicherung gegen Armut erreicht, erläuterte Gusenbauer am 20.12. in einer Pressekonferenz.

Die bedarfsorientierte Grundsicherung soll 726 Euro pro Monat betragen. Das soll, wie Gusenbauer betonte, freilich keine "soziale Hängematte sein, sondern ein Trampolin", das den Betroffenen wieder zurück in die Erwerbsarbeit hilft. Daher gibt es dabei eine enge Anbindung an arbeitsmarktpolitische Maßnahmen, Zumutbarkeitsbestimmungen und die Förderung von Beschäftigungsfähigkeit. Von denen, die die Grundsicherung in Anspruch nehmen, wird also erwartet, dass die bereit sind, sich zu qualifizieren, angebotene Arbeit bzw. auch Arbeit im gemeinnützigen Bereich anzunehmen.

Der finanzielle Beitrag des Bundes liegt bei der bedarfsorientierten Grundsicherung bei 200 Millionen Euro. Klar sei, so Gusenbauer, das auch die Länder einen Beitrag leisten. Man werde gemeinsam mit den Ländern errechnen, was mit der Anhebung der Sozialhilfe auf 726 Euro auf sie zukomme; die Einigung sei freilich klar: bis zum Jahr 2010 wird dieses System eingeführt.

Im Detail sieht die Regelung so aus: Der Ausgleichszulagenrichtsatz (Mindestpension) wird auf 726 Euro angehoben. Das wurde schon im Parlament beschlossen. Die Sozialhilfe der Länder soll ebenfalls 726 Euro betragen. Auch die Nettoersatzrate der Notstandshilfe wird angehoben, und zwar auf 60 Prozent (berechnet vom vorgehenden Einkommen), begleitet wird das von einer verbesserten Anrechnung für Familien (hier soll die Nettoersatzrate 80 Prozent betragen) und höheren Kinderzuschlägen.

Gusenbauer sprach vom Einstieg in ein System der Armutsvermeidung und Anhebung der kleinen Einkommen, weitere Komponenten davon sind die ebenfalls schon getroffene Einigung auf einen Generalkollektivvertrag mit 1.000 Euro Mindestlohn für eine Vollzeitarbeit. Im Ergebnis werden damit, wie Gusenbauer zusammenfasste, die Einkommensunterschiede gemildert und die Mindesteinkommen deutlich gestärkt.

Auch bei den Pensionen hat man sich auf eine wirksame soziale Korrektur der letzten Pensionsreformen geeinigt. Gusenbauer sprach von einem "Kompromiss, der für sehr viele eine Verbesserung bringt". Man habe eine ganze Reihe von Benachteiligungen ausräumen können, insbesondere für die Arbeitnehmer, die besonders schwer arbeiten.

Einigung auf soziale Korrektur der letzten Pensionsreform
So wird die Hacklerregelung, die eine abschlagsfreie Pension bei langer Beitragsdauer ermöglicht, bis 2010 verlängert; die Abschläge in der Korridorpension werden halbiert; die Beitragsgrundlage für Kindererziehungszeiten (1.350 Euro) wird valorisiert. Und schließlich soll für jene Schwerarbeits-Berufsgruppen, die nachweislich eine geringere Lebenserwartung haben, eine abschlagsfreie Pension auch vor dem gesetzlichen Antrittsalter von 65 Jahren ermöglicht werden.

Insgesamt lobte Gusenbauer das Paket zur Armutsbekämpfung und Mindestsicherung als ein "gutes Paket, das unsere sozialpolitische Orientierung betont", aber auch dem Grundsatz "fördern und fordern" folgt.

Die heutige Verhandlungsrunde beschrieb Gusenbauer als "ausgezeichnet, sachlich und konstruktiv", und so wie er dankte auch ÖVP-Chef Schüssel den Verhandlern der Untergruppe Soziales, auf Seiten der SPÖ Landesrat Erwin Buchinger, und auf ÖVP-Seite Wirtschaftsminister Bartenstein, für die sehr gute Vorbereitung.

 

 Schüssel: Einigung auf bedarfsorientierte Mindestsicherung
Eckpunkte der Pensionssicherungsreform außer Streit
Wien (övp-pd) - "Keine Familie mit einem Notstandshilfebezieher wird in Hinkunft unter der Armutsgrenze leben", sagte ÖVP-Bundesparteiobmann Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel zur großen Einigung auf eine bedarfsorientierte Mindestsicherung. Die Idee eines arbeitslosen Grundeinkommens sei "passé", stellte Schüssel klar. Man habe sich auf ein "komplexes Modell geeinigt, in dem für die aktiven Arbeitseinkommen ein Mindestsatz von 1.000 Euro durch die Sozialpartner und für die bedarfsorientierte Mindestsicherung ein Netz von 726 Euro geschaffen wird".

Bundeskanzler Schüssel dankte Wirtschafts- und Arbeitsminister Dr. Martin Bartenstein, der mit dem Salzburger SPÖ-Landesrat Erwin Buchinger das präsentierte Modell erarbeitet hat. Auf Grund der geleisteten Vorarbeit gebe es "vollen Konsens - da ist nichts offen geblieben".

 

 Österreicher verdienen weniger als 1998
Privatinsolvenzen sind explosionsartig angestiegen!
Wien (fpd) - Was viele Österreicher seit geraumer Zeit vermutet haben, hat ihnen jetzt der neue Einkommensbericht des Rechnungshofs bestätigt: Sie verdienen zwar mehr, aber können sich weniger leisten, weil die Preise kräftiger steigen als Löhne. Und in der Berechnung sind Steuern und Abgaben sowie die höheren Energiepreise noch gar nicht berücksichtigt!

Das mittlere Einkommen der österreichischen Arbeitnehmer ist seit 1998 zwar nominal von 19.430 auf 21.604 Euro brutto jährlich gestiegen. Die reale Kaufkraft ist allerdings um neun Prozent gesunken, weil die Inflation die Lohnsteigerungen weggefressen hat. Das hat auch die Einkommensschere ausgeweitet: Wenigverdiener litten und der Entwicklung stärker als Besserverdiener.

Die Auswirkungen sind nicht ausgeblieben. Laut Kreditschutzverband von 1870 (KSV) hat sich die Zahl der Privatkonkurse innerhalb der letzten 10 Jahre verdoppelt. Während der KSV auch im kommenden Jahr, dank der guten Konjunktur, mit einem Rückgang bei den Firmenpleiten rechnet, werde die Zahl der Privatkonkurse weiter zunehmen.

Derzeit haben rund 2,5 Millionen Österreicher einen oder mehrere Bankkredite. Es sei durchaus möglich, dass 0,5 Prozent aller Kreditnehmer Probleme bekommen, woraus sich langfristig ein Wert von 10.000 bis 15.000 Privatkonkursen pro Jahr ableiten lasse. Derzeit sind an die 100.000 Haushalte überschuldet.

Die Politik der vergangenen acht Jahre hat zu dieser Entwicklung geführt. Sie wäre gerechtfertigt, wenn sie einschneidenden Reformen gedient hätte, zur Zukunftssicherung von Pensions-, Gesundheits- und Sozialsystem. Weder das, noch eine nachhaltige Budgetsanierung ist geglückt. Die Schüssel-Regierung darf sich diesen „Erfolg“ an die Brust heften. Aber auch bei den rot-schwarzen Koalitionsverhandlungen hat man dazu noch nichts gehört. Das Sich-Drücken der Politiker vor den brennenden Problemen der Österreicher geht munter weiter.

 

Blecha begrüßt Einigung bei Pensionen
Großer Erfolg für SPÖ – Der Pensionsreform 2003 werden die Giftzähnen gezogen
Wien (sk) - Der Präsident des Pensionistenverbands (PVÖ), Karl Blecha, begrüßt die Einigung von SPÖ und ÖVP zu den Pensionen. "Das ist ein gewaltiger Fortschritt. Die Pensionsreform 2003 wird in wesentlichen Punkten verbessert, die Giftzähne werden gezogen", so Blecha am 20.12. gegenüber dem SPÖ-Pressedienst.

Besonders erfreut ist der PVÖ-Präsident darüber, dass eine zentrale Forderung des PVÖ und ein Wahlversprechen der SPÖ - "40/45 Jahre sind genug" - nun eingelöst wird. Insgesamt wertet er die Einigung, die auch Verbesserungen für Frauen und Schwerarbeiter beinhaltet, als großen Erfolg für die SPÖ.

Aber auch der ÖVP sei es positiv anzurechnen, dass sie von ihrem bis vor kurzem vorgetragenen Haltung, die jede Änderung im Pensionsrecht ausschloss, abgerückt ist.

 

Khol begrüßt Parteieneinigung zum Thema Pensionen
Wien (seniorenbund) - Der Bundesobmann des Österreichischen Seniorenbundes, Dr. Andreas Khol, begrüßt die in den Regierungsverhandlungen zum Thema Pensionen zwischen den beiden großen Parteien erfolgte Einigung. Besonders positiv hervorzuheben ist, dass damit die langfristig angelegte Pensionssicherungsreform erhalten bleibt und die Nachhaltigkeit unseres Pensionssystems auf Dauer gesichert ist. Khol begrüßt vor allem auch die in den einzelnen Details vereinbarten Abrundungen zur Pensionssicherungsreform.

Besonders erfreut ist Khol auch darüber, dass der in Form einer Verfassungsdurchbrechung von manchen beabsichtigte Pensionsraub erfolgreich verhindert werden konnte.
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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