Wien (gemeindebund) - "Die Gemeinden sind nicht die Lastesel der Nation", sagte Präsident
Helmut Mödlhammer bei der Vorstellung des Gemeindefinanzberichtes 2006, der am 19.12. präsentiert wurde.
Die finanzielle Situation der Gemeinden sei gut, werde aber durch zu teure Wahlversprechen der Bundespolitik gefährdet.
Grundsätzlich positiv bewertet Gemeindebund-Präsident Bgm. Helmut Mödlhammer die Entwicklung der
Gemeindefinanzen. Gleichzeitig warnt der Gemeindebund-Chef vor der Umsetzung der vielfach zu üppig ausgefallenen
Wahlversprechen. „Die Gemeinden sind zwar sehr belastbar, ganz sicher aber nicht die Lastesel der Nation“, stellt
Mödlhammer klar. „Wir werden uns dagegen wehren, dass die Politik Versprechen macht, die von den Gemeinden
dann finanziell ausgebadet werden müssen.“ Wer im Gasthaus etwas bestelle, der müsse es auch bezahlen
und könne die Rechnung nicht ohne den Wirten machen. „In diesem Fall sind die Gemeinden die Wirten und werden
darauf bestehen, dass die Zeche auch vom Verursacher bezahlt wird.“
Abgabenerträge stiegen um 3,1 Prozent
Wie der Gemeindefinanzbericht 2006 zeigt sind die Abgabenerträge für die Kommunen um 3,1 Prozent gestiegen,
eigentlich ein sehr erfreulicher Wert. Dem steht freilich eine seit 1990 unerfreulichere Entwicklung entgegen.
Während 1990 das Aufkommen an eigenen Steuern (Kommunalsteuer, Grundsteuer) noch 44 Prozent der gesamten Abgabenerträge
der Gemeinden betrug, so liegt dieser Wert im Jahr 2005 nur noch bei 36 Prozent. „Das bedeutet, dass die Gemeinden
zunehmend abhängiger von Steuern und Erträgen werden, die sie selbst nicht einnehmen“, erläutert
Mödlhammer. „Da brechen wichtige Säulen der Finanzierung immer mehr zusammen.“
Ausgaben stiegen um 4 Prozent
Auf der anderen Seite sind die Ausgaben der Kommunen um insgesamt 4 Prozent (auf nun 15,2 Mrd. Euro) gestiegen.
Die höchsten Steigerungen sind dabei im Bereich Strassen-, Wasserbau und Verkehr (+7,5 %) sowie im Bereich
Soziales (+5,1 %) zu verzeichnen. Beim Personal gaben die Gemeinden nur um 1,5 % mehr als im Jahr davor aus und
wenden für diesen Bereich nun 2,6 Mrd. Euro auf.
Gemeinden sind zuverlässige Finanzpartner
Bei der Erfüllung der Maastricht-Kriterien haben sich die Kommunen als die stabilste und verlässlichste
Gebietskörperschaft erwiesen. Der Maastricht-Überschuss der Gemeinden (ohne Wien) betrug 2005 knapp 213
Mio. Euro (d.h. 33 Euro pro Einwohner). Erstmals seit vielen Jahren ist auch die freie Finanzspitze der Gemeinden
wieder gestiegen, dennoch ist sie immer noch auf sehr niedrigem Niveau. Im Jahr 2001 hatten die Gemeinden noch
117 Euro pro Einwohner an freier Finanzspitze zur Verfügung (insgesamt: 758 Mio. Euro), 2005 liegt dieser
Wert immer noch bei weniger als der Hälfte, nämlich 49 Euro pro Einwohner (gesamt: 317 Mio. Euro). „Das
heißt“, so Mödlhammer, „dass die Spielräume für Investitionen in den Gemeinden immer noch
sehr, sehr gering sind“. Die Gemeinden brauchen diese Spielräume aber dringend, um in Infrastruktur investieren
und damit auch Arbeitsplätze im ländlichen Raum sichern zu können.
Im Zusammenhang mit den nun laufenden Koalitionsverhandlungen äußert Mödlhammer Befremden über
die Tatsache, dass man die Gemeinden nicht mit an den Verhandlungstisch geladen hat. „Nahezu täglich wird
über neue Projekte und Vorhaben verhandelt, die finanziell die Gemeinden betreffen. Es ist befremdlich, dass
man hier nicht einmal den Kontakt zu den direkt Betroffenen und deren Interessensvertretern sucht.“ Die Einlösung
von Wahlversprechen „auf dem Rücken anderer“ bezeichnet Mödlhammer schlichtweg als „unfair“.
Grundsicherung kostet die Gemeinden 500 Mio. Euro
Allein die Einführung der Grundsicherung in der nun diskutierten Form würde die Gemeinden rund
500 Mio. Euro kosten, rechnet Mödlhammer vor. Die Basis für diese Berechnung ist der aktuelle Schlüssel
zur Kostenteilung bei der Sozialhilfe. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Kommunen diese Beträge aufbringen
können“, betont Mödlhammer.
Verpflichtendes Vorschuljahr kostet die Gemeinden 90 Mio. Euro
Völlig unklar sei auch, wer genau für die Kosten eines verpflichtenden Vorschuljahres aufkommen
solle. Bei einem geschätzten Bedarf für rund 8000 Kinder bedarf es der Aufnahme von rund 700 zusätzlichen
Kindergärtner/innen mit besonderer Ausbildung. Die Mehrkosten dafür belaufen sich nach jüngsten
Berechnungen für die Gemeinden auf rund 90 Mio. Euro.
Senkung der Klassenschülerhöchstzahlen: "Sind keine Reformverweigerer"
"Wir sind keine Reformverweigerer, und wissen, dass eine Senkung der Schülerzahlen pädagogisch sinnvoll
ist", fährt Mödlhammer fort. Die damit verbundenen zusätzlichen Klassen seien aber mit vielen
Investitionen verbunden. Allein in Salzburgs Landgemeinden ergebe sich dadurch derzeit ein Mehrbedarf an 75 Klassen.
Allein die reinen Baukosten dafür beziffert Mödlhammer mit 7,5 Mio. Euro. Er plädiert dafür,
die Schülerzahlen dort abzusenken, wo es räumlich möglich wäre. In anderen Fällen sollte
es Ausnahmeregelungen und mehr Flexibilität geben. Man müsste sich außerdem die Schülerentwicklung
in den einzelnen Gemeinden ansehen. "Wenn in einer Klasse heute 26 Kinder sind und ich weiß, dass es
in zwei Jahren nur mehr 23 Schüler sein werden, kann die Gemeinde nicht eine zusätzliche Klasse bauen",
argumentierte Mödlhammer. Er plädierte in dieser Frage für Flexibilität und Autonomie für
die Schulen.
Abschaffung von Erbschafts-, Schenkungs- und Werbesteuer kostet 100 Mio. Euro
Ein weiterer großer Verlust für die Gemeinden wäre die ersatzlose Abschaffung von Erbschafts-,
Schenkungs- und Werbesteuer. Allein der Wegfall der Werbesteuer kostet den Gemeinden rund 80 Mio. Euro, weitere
20 Mio. Euro gingen ihnen durch die Streichung von Erbschafts- und Schenkungssteuer verloren. „Mit solchen Maßnahmen
bringt man das zart aufblühende Konjunkturpflänzchen sehr schnell wieder zum Verdorren“, so der Gemeindebund-Präsident.
Abschließend fordert Mödlhammer „wirtschaftliche Vernunft bei den künftigen Regierungsparteien
ein“, ansonsten müssten sich die Gemeinden Maßnahmen überlegen, sich gegen diese Mehrbelastungen
zur Wehr zu setzen.
Der vollständige Gemeindefinanzbericht wird in der Druckfassung ab Mitte Jänner vorliegen. |