Industrie-Appell für Budgetdisziplin und Zukunftsinvestitionen  

erstellt am
02. 01. 07

IV-Präsident Sorger warnt vor Politik auf Kosten der jüngeren Generationen und der Zukunft - Standortvorteile erhalten, keine neue Parteipolitik in der Wirtschaft
Wien (PdI) - „Im vergangenen Jahr 2006 hat die österreichische Industriekonjunktur ihren zyklischen Höhepunkt erreicht“, erklärte der Präsident der Industriellenvereinigung (IV), Dr. Veit Sorger am 27.12. in einer gemeinsamen Pressekonferenz mit IV-Generalsekretär Mag. Markus Beyrer, Vize-Generalsekretär Mag. Peter Koren und IV-Chefökonom, Dr. Christian Helmenstein. „Österreich ist ein Industrieland - für kaum eines der letzten Jahre gilt das mehr als für das Jahr 2006. Das BIP-Wachstum wurde und wird hauptsächlich von der Industrie getragen. Wir rechnen für 2006 mit einem BIP-Wachstum von guten 3,2 Prozent und einem Produktionszuwachs von 8 Prozent“, betonte der IV-Präsident.

Die Industrie sei in noch stärkerem Ausmaß als in den Jahren zuvor der Wachstumstreiber der Volkswirtschaft. Dementsprechend bewegt sich auch das IV-Konjunkturbaromenter im Jahr 2006 auf höchstem Niveau und die IV erwarte auch für das zu Ende gehende 4. Quartal keinen wirklichen Rückgang. „Dem Industrieland Österreich geht es so gut, weil Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam bewiesen haben, dass wir international reüssieren können. Doch dieser Vorsprung darf nicht verspielt werden“, warnte Sorger. Die Konjunkturentwicklung zeige auch, dass die Strukturreformen der vergangenen Jahre Früchte getragen hätten, was sich zudem in den jüngsten Ergebnissen des IV-Standortbarometers Panel 50, an dem Österreichs führende Wirtschafts- und Finanzwissenschafter, Unternehmen sowie Sozialpartner und Interessenverbände teilnehmen, widerspiegle, ergänzte IV-Generalsekretär Markus Beyrer.

Panel 50: Aktuelle (Haupt-)Standortschwächen sind Einstellung zu Liberalisierung und Globalisierung sowie politische Situation
Das Panel 50 habe insbesondere in den Bereichen Arbeitsmarkt, Infrastruktur, Forschung & Entwicklung, Bildung, Kapitalmarkt und dem makroökonomischen Umfeld positive Entwicklungen des Jahres 2006 konstatiert. Wobei die Entwicklung in den Themenfeldern Kosten des Sozialsystems, Kosten für Umweltschutz, Kosten für Energie, sowie die Einstellung zu Liberalisierung und Globalisierung als negativ beurteilt wurden.

In dem letzten Quartal des Jahres 2006 - nach den Nationalratswahlen - reihte das in Österreich einzigartige Expertenpanel unter die fünf größten Standortstärken Produktivität, Inflation, Technologische Wettbewerbsfähigkeit, Einnahmenstruktur des Öffentlichen Haushaltes und - nach den ersten diesbezüglichen Schritten im MetallerKV - die Lohnflexibilität. Die fünf negativsten Themenfelder waren neben der Einstellung der Bevölkerung zu Liberalisierung und Globalisierung sowie dem Zinsniveau die aktuelle politische Situation nach der Nationalratswahl in den Bereichen Stabilität, Lösungsorientierung und Erscheinungsbild. „Eine Botschaft, die offensichtlich an alle politischen Parteien gerichtet ist“, so Sorger.

Der IV-Präsident fasste drei Hauptnotwendigkeiten für die zukünftige Wirtschafts- und Industriepolitik Österreichs zusammen:

1. Österreich muss die erarbeiteten Standortvorteile im Sinne von Wachstum und Beschäftigung erhalten. Hier nannte Sorger als Beispiele die Höhe der Unternehmensbesteuerung, die Gruppenbesteuerung sowie Forschungsfreibetrag und Stiftungsrecht: „Für die in Österreich investierenden und forschenden Unternehmen sind Körperschaftssteuer, Forschungsfreibetrag und Gruppenbesteuerung entscheidende Rahmenbedingungen, die als Vorteile gegenüber anderen Standorten wahr genommen werden - wer hier mutwillig etwas ändert, darf sich über die Reaktionen darauf nicht wundern!“

2. Österreich muss weiter Budgetdisziplin üben und ein ausgeglichenes Budget über den Konjunkturzyklus sicher stellen: „Wir müssen uns den Spielraum für die notwendigen Zukunftsinvestitionen erhalten - wer Beschäftigung und Wohlstand für unsere Kinder will, muss heute noch mehr in Bildung, Forschung, Innovation und Infrastruktur investieren!“

3. Österreich braucht nach wie vor mehr Freiheit und weniger Parteipolitik in der Wirtschaft - vor allem angesichts einer dominierenden Großen Koalition darf es kein Zurück zur Stärkung der Öffentlichen Hand im Wirtschaftsbereich geben. Sorger: „Solche Schritte vernichten den Wert betroffener Unternehmen auf den Aktienmärkten. Im Gegenteil: Wir brauchen weitere Privatisierungen auf allen Ebenen, wo dies sinnvoll ist!“

IV-GS Beyrer: Zinsen der Altschulden kosten 7 Mrd. Euro im Jahr - Verwässerung der Pensionsreform fatales Signal - In die Zukunft investieren
IV-Generalsekretär Markus Beyrer erinnerte an die äußerst engen budgetären Spielräume, die es angesichts kostenintensiver Überlegungen in den laufenden Koalitionsverhandlungen gebe. Schon heute mache der jährliche Zinsendienst für die Staatsschulden rund 7 Mrd. Euro jährlich aus. Gefährlich sei mangelnde Budgetdisziplin gerade aber auch für das Wirtschaftswachstum und damit für die Schaffung von Arbeitsplätzen: „1 Prozentpunkt mehr strukturelles Budgetdefizit kostet bis zu einem Viertelprozentpunkt Wirtschaftswachstum. Wenn uns die Sozialprojekte einer neuen Regierung beispielsweise einen guten halben Prozentpunkt Wachstum kosten, dann ist das gemessen an unserem Potenzialwachstum genau der halbe Prozentpunkt, der den Unterschied zwischen einer sinkenden und einer steigenden Arbeitslosenquote ausmacht.“

Bezug nehmend auf die bisher vorliegenden Ergebnisse der Regierungsverhandlungen bewertete Beyrer die Einigung bei der Arbeitszeitflexibilisierung als „ersten Schritt in die richtige Richtung“, positiv seien auch die Ansätze der beschlossenen Verwaltungsreform. „Insbesondere die Abschaffung von Doppelgleisigkeiten bei Verwaltungsbehörden ist notwendig und richtig. Auch die Fixierung des so genannten Standard Cost Model, das - nach niederländischem Vorbild - die Bürokratiekosten in Unternehmen bis zu 25 % senken soll, ist ein gutes Signal Richtung Bürokratieabbau für Unternehmen“, so der IV-Generalsekretär, der weiters das 3%-Ziel für die F&E-Quote im Jahr 2010 lobte.

Ausgesprochen kritisch sieht die Industrie die Kosten des sogenannten Mindestsicherungspaketes - mindestens 400 Mio. Euro. „Für dieses Projekt gilt, wie für andere Überlegungen - insbesondere auch die Verwässerung der Pensionsreform - wer soll das bezahlen? Unsere Botschaft in diesem Zusammenhang ist: Eine Finanzierung bzw. Teilfinanzierung über Arbeitszusatzkostenverteuerung lehnen wir massiv ab!“ Beyrer weiter: „Wer soziale Segnungen verteilt, der muss auch dafür sorgen, dass die Mittel dafür erarbeitet werden. Der Begriff der „solidarischen Hochleistungsgesellschaft“ wurde einmal durch Alfred Gusenbauer erfunden und geprägt - er sollte sich daran erinnern!“

Als Beispiele für bisher noch fehlende Inhalte nannte Beyrer ein „wirklich umfassendes Schulrefomkonzept“ sowie eine Politik, die in neue Kraftwerke investiert und diese auch bauen lässt. „Wir brauchen - nicht nur für diesen Bereich - eine vorausschauende Raumordnungspolitik und damit für übergeordnete Infrastrukturprojekte eine bundesweite Regelung!“ ergänzte IV-Vizegeneralsekretär Peter Koren, der einforderte, dass die ausufernde Kostenbelastungen für die Unternehmen aus den Titeln Energie und Umweltschutz eingedämmt wird. „Unter Gesichtspunkten des Klimaschutzes mutet es geradezu absurd an, energieeffiziente Produktionskapazität aus Österreich zu verdrängen, die dann durch weitaus weniger energieeffiziente Produktionskapazität in Russland, China oder anderen Teilen der Welt ersetzt wird“, so Koren.

Die Industriellenvereinigung sprach sich darüber hinaus nachdrücklich für Investitionen in die Zukunft aus. „Wir müssen geradezu massiv in die Zukunft investieren, um die erreichte exzellente Standortqualität und das davon direkt abhängige Wohlstands- und Beschäftigungsniveau nachhaltig abzusichern“, betonte IV-Generalsekretär Beyrer. Das heißt: Mehr Geld für das Bildungssystem, die angewandte Forschung und das Schließen bestehender Infrastrukturlücken in allen Bereichen.

Einig war sich das Führungsteam der Industriellenvereinigung im Appell für die jüngeren Generationen Politik zu machen und auch so die Investitionen zu setzen: „Die jungen Menschen sind die Zukunft dieses Landes - gerade auch an diese sollten wir denken, wenn jetzt begonnen wird, auf Kosten dieser Generationen Politik zu machen. Wir sollten auf die jungen Menschen in diesem Land hören und ihnen nicht neue Hypotheken auf die Schultern laden, wie dies beispielsweise durch die Verwässerung der Pensionsreform passiert!“
 
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