Neue Regierung: Kritik an Tempo 100-Regelungen  

erstellt am
11. 01. 07

Infrastrukturminister Faymann will Tempo 100 kippen
Wien (öj) - In einem Interview in der Tageszeitung "Österreich" stellt der neue Verkehrsminister fest, er werde die Tempo 100-Verordnungen "kippen", die in den vergangenen Monaten auf einigen Abschnitten österreichischen Autobahnen gelten und von den einzelnen Landesregierungen beschlossen wurden.

   
 Lichtenecker: Faymann ist Gesundheit der Bevölkerung offensichtlich egal
Tempo 100 dient dem Gesundheitsschutz der Strassen-AnrainerInnen
Wien (grüne) - "Die Ansage des neuen Infrastrukturministers gegenüber 'Österreich', die Tempo 100- Regelungen in den Bundesländern kippen zu wollen, ist für die Gesundheit der Menschen eine gefährliche Drohung. Faymann nimmt offenbar die Erkrankung von Strassen-AnrainerInnen wissentlich in Kauf ", kritisiert die Umweltsprecherin der Grünen, Ruperta Lichtenecker. Faymann sei daran erinnert, dass das Immissionsschutzgesetz-Luft auch für ihn bindend ist.
Angesichts derartiger Aussagen muss das Recht Maßnahmen zu setzen, um die Feinstaub- und Stickoxidbelastung zu reduzieren, bei den Landeshauptleuten bleiben, fordert Lichtenecker. Inbesonders das Recht in belasteten Gebieten Tempo 100-Limits, zum Schutz der Gesundheit einzuführen!

"Infrastrukturminister Faymann ist erst drei Tage im Amt und benimmt sich schon wie ein Elefant im Porzellanladen. Er fährt gleich zu Beginn über den zuständigen Umweltminister Pröll und auch über die SP-Umweltlandesräte in Tirol, Kärnten, Salzburg, Steiermark und Wien drüber, die selbst schon Geschwindigkeitslimits nach dem Immissionsschutzgesetz Luft verhängt haben", so Lichtenecker.

 

Frais: Tempo-100-Verordnung schon wieder verpfuscht
Anschober droht zum Taferl-Verrücker zu werden
Linz (sp-ooe) - "Unglaublich, dass nach der blamablen ersten Anschober-Verordnung vom August 2006 jetzt auch sein zweiter Versuch gescheitert ist. Er sollte sich und Oberösterreich einen Gefallen tun und auf eine dritte Blamage verzichten, um stattdessen die von der Bundesregierung bereits angekündigte Regelung abzuwarten", stellt SP-Klubobmann Karl Frais klar. Waren es bei der ersten Verordnung die falsche Begründung mit Feinstaub und falsche Kilometerzahlen in falschen Gemeindegebieten, so scheiterte der zweite Anlauf daran, dass die Tafeln falsch aufgestellt wurden. "Bevor sich Rudi Anschober jetzt vom Taferl-Wender zum Taferl-Verrücker wandelt, sollte er die negativen Folgen des Tempolimits für die BewohnerInnen der Autobahn-Ausweichstrecken bedenken", fordert der SP-Klubobmann.

Die inhaltlichen Argumente gegen das Tempo-100-Limit auf der A1 zwischen Linz und der niederösterreichischen Landesgrenze sind zahlreich: Top-ausgebaute 3-spurige Autobahn, Beeinträchtigung des Verkehrsflusses, Zeitverlust vor allem für Pendler und Berufskraftfahrer, die LKW als Hauptverursacher der Emissionen werden nicht eingebremst, für die AnrainerInnen der Ausweichstrecken zur Autobahn droht der Ausweichverkehr zum Problem zu werden und dadurch würden die Emissionen näher an die Menschen herangeführt, während die Luft am unbewohnten Autobahnparkplatz geschützt würde.

Immer zahlreicher werden jedoch auch die methodischen Probleme, die durch die grob fehlerhafte Umsetzung des Tempolimits durch Landesrat Anschober verursacht wurden: So war die Notwendigkeit des Lufthunderters zuerst mit Feinstaubüberschreitungen aus den Jahren vor 2005 begründet worden. Diese Verordnung musste aber auch wegen falscher Kilometerzahlen in den jeweiligen Gemeindegebieten aufgehoben werden. In der zweiten Verordnung war von Feinstaub keine Rede mehr, nur noch die Stickoxid-Belastung war da die Begründung für Tempo-100. Weil aber die Tafeln nicht gemäß der Verordnung aufgestellt wurden, droht Anschober jetzt vom Taferl-Wender zum Taferl-Verrücker zu werden. Für den SP-Klubchef stellt sich die Frage: "Wie sollen sich die AutofahrerInnen da noch auskennen?"

 

 Grosz: Verschlechterte Feinstaubwerte erfordern sofortigen Fall von Tempo 100
Faymann darf keine zwei Monate mehr warten - Verordnung sofort zurückziehen
Graz (bzö) - "Nun ist es amtlich: die Tempo-100-Verordnung hat massive Verschlechterungen der Feinstaubwerte gebracht. Diese Maßnahme war und ist eine reine Abzocke der Autofahrer, hat verkehrspolitisch nichts gebracht und belastet zudem auch noch die Umwelt. Es gibt kein vernünftiges Argument für Tempo 100. Landesrat Wegscheider soll endlich einsehen, dass er sich bei der Tempo-100-Verordnung genauso verrannt hat, wie bei der millionenschweren Landeshaftung für die steirischen Fußballklubs. Sämtliche seiner großspurig angekündigten Maßnahmen endeten bis heute in einem finanziellen Desaster für das Land und die steirischen Steuerzahler. Dieses sozialistische Verständnis der modernen Wegelagerei und des Raubrittertums auf unseren Autobahnen hat hoffentlich bald ein Ende. Daher sollte sich Wegscheider nicht länger wehren, sondern sich dem vernünftigen Vorschlag seines eigenen Parteifreundes, Verkehrsminister Faymann, im Interesse der Autofahrer und der Umwelt noch heute beugen", so der steirische BZÖ-Chef und Generalsekretär Gerald Grosz.

Das BZÖ habe mit der Selbstanzeige des steirischen Obmannes den Protest gegen diese Tempo-100-Verordnung in der Steiermark überhaupt erst ins Rollen gebracht und unterstütze die Bemühungen von Werner Faymann, Österreich endlich von diesem Tempo-Fleckerlteppich und den Mobilitätsbremsen zu befreien.

Grosz begrüßt zwar die späte Einsicht des ehemaligen Wiener Stadtrates, dass solche Tempolimits keine Wirkung haben, gab allerdings auch zu bedenken, dass Faymann selbst vor rund einem Jahr eine solche Beschränkung in Wien mitgetragen habe. "Faymann darf keine zwei Monate mehr warten, sondern muss jetzt gemeinsam mit Umweltminister Pröll die IG-Luft mittels Weisung an die Länder außer Kraft setzen. Hier bedarf es keiner Verfassungsmehrheit, sondern einer einfachen Weisung seines Regierungskollegen. Bis dahin sollte der neue Innenminister Platter die Exekutivbehörden anweisen, nicht länger Tempo 100 zu exekutieren", so der Generalsekretär.

 

LR Lindenberger: „Tempo 100 läuft noch bis 30. April!"
"Der Minister hat großes Verständnis für die Tiroler Situation gezeigt", berichtet Verkehrslandesrat Lindenberger von einem Gespräch mit Verkehrsminister Faymann
Tirol (lk) - Aufgrund der wachsenden Stickoxidbelastung (NO2) im Winter war das Land Tirol zur Verordnung von Tempo 100 (befristet bis 30. April 2007) gezwungen, zum Schutz der Gesundheit der Bevölkerung im Inntal. An sechs von 13 Mess-Stellen war der Jahresgrenzwert für NO2 überschritten worden.

„Faymann hat klargemacht, dass er gegen Tempo 100 in Tirol nichts einzuwenden hat, das war auch in den Medien so zu lesen“, betont Lindenberger. Kolportierte Aussagen, wonach der Minister den 100er kippen wolle, können sich daher nicht auf Tirol beziehen.

Auch über die weitere Vorgangsweise besteht zwischen dem Bund und dem Land Tirol Einigkeit. „Tempo 100 in der jetzigen Form war von Anfang an auf den Winter 2006/2007 beschränkt“, ruft Lindenberger in Erinnerung. Mit 30. April 2007 läuft die Verordnung und damit Tempo 100 aus.

Ab dem nächsten Winter gilt Tempo 100 nur noch bei großer Luftbelastung. Zu diesem Zweck wird ein spezielles und europaweit einzigartiges Computerprogramm für die Verkehrsbeeinflussungsanlage (VBA) erstellt. Die Arbeiten laufen. Verschiedene Faktoren wie das Verkehrsaufkommen, die Meteorologie und der Luftzustand werden in dieses Programm eingearbeitet. Verschlechtert sich die Luft, schaltet die VBA auf Tempo 100, erläutert Lindenberger. Wird die Luft besser, etwa, weil Wind eingesetzt hat, gilt wieder 130.

Dieses flexible System war immer das Ziel der Tiroler Landesregierung. Es ist ja schon in der jetzigen Tempo-100-Verordnung, veröffentlicht am 27. Oktober 2006, nachzulesen, dass der starre 100er, d. h. ein Tempolimit unabhängig von der Luftqualität, nur bis zur Inbetriebnahme einer immissionsgesteuerten Verkehrsbeeinflussungsanlage in Geltung stehen soll

 

ARBÖ begrüßt das Aus für "Lufthunderter"
Seit Oktober keine Grenzwertüberschreitungen auf Oberösterreichs "Lufthunderter"-Strecke
Wien (arbö) - Seit 20. Oktober 2006 bis gestern wurde auf der A1 (Westautobahn) zwischen Linz und Enns kein einziges Mal der Grenzwert für Feinstaub überschritten. Auch bei Stickstoffdioxiden gab es seit 20. Juli 2006 keine einzige Überschreitung, berichtet der ARBÖ auf Basis der Daten des Umweltbundesamtes. "Es gibt keinen sachlichen Grund, ausgerechnet hier Tempo 100 einzuführen", betont ARBÖ-Geschäftsführer Leo Musil.

Auf der entsprechenden Messstelle "Enns Kristein A1" wurden im gesamten vorigen Jahr der Grenzwert für Stickoxid (Halbstunden-Mittelwert über 200 Mikrogramm/m3) nur vier Mal überschritten. Bei Feinstaub gab es an dieser Stelle im gesamten Jahr 2006 lediglich 34 Tage, an denen der Tages-Mittelwert für Feinstaub (50 Mikrogramm/m3) überschritten wurde. Nach EU-Kriterien, die ja 35 Überschreitungstage im Jahr bei Feinstaub zulassen, ist das kein Anlass zu Aktionsplänen. Nur weil Österreich mit nur 30 Überschreitungstagen im Jahr strengere Feinstaub-Regelungen aufgestellt hat, sind überhaupt Maßnahmen zu setzen.

Der ARBÖ begrüßt die von Infrastrukturminister Werner Faymann angekündigte Abschaffung der starren "Lufthunderter" auf Autobahnen, ausdrücklich auch im Namen jener 155.000 Autofahrer, die beim ARBÖ mit ihren Unterschriften dagegen protestiert haben. "Die berechtigte Kritik wird endlich gehört. Wenn alle Lufthunderter zusammen nur eine minimale Verbesserung im Promille-Bereich bringen können, ist es vernünftiger, diese Schikane wieder abzuschaffen", fügt ARBÖ-Geschäftsführer Musil hinzu.

Auch ohne Verfassungsänderung kann der neue Infrastrukturminister in Tirol beweisen, wie ernst ihm dabei ist. Denn schon auf Basis der geltenden Gesetzeslage kann der Verkehrsminister alle Lufthunderter auf Autobahnen kippen, die länger als drei Monate dauern. Auf der Inntalautobahn A12 von Kufstein bis Zirl wird der seit 1. November 2006 geltende Lufthunderter am 1. Februar 2007 drei Monate alt. Die Tiroler Landesregierung hält am starren Tempolimit bis April 2007 fest, obwohl es seit 5. Jänner 2007 nach Auskunft der ASFINAG genau auf dieser Strecke möglich wäre, flexibel auf die Umwelt zu reagieren und mit Hilfe der mit viel Geld neu installierten Verkehrsbeeinflussungsanlage jedes Mal auf Tempo 100 zu schalten, wenn sich die Feinstaubsituation zuspitzt. Der ARBÖ-Tirol hat bereits im Dezember in einem offenen Brief ans Land Tirol gefragt, aus welchem Grund Tirol diese Möglichkeit zu flexiblen Tempolimits nicht ausnützt. 
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
vertretenen Parteien – sofern vorhanden! Die Redaktion

 
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