Hundstorfer: Unsere Vision ist eine solidarische WIR-AG  

erstellt am
22. 01. 07

Emotionale Eröffnungsrede des gf. ÖGB-Präsidenten
Wien (ögb) - Mit einer emotionalen Rede eröffnete am 22.01. um 17.00 Uhr im Austria Center Vienna der gf. ÖGB-Präsident, Rudolf Hundstorfer, in Anwesenheit von Bundespräsident Heinz Fischer, Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, zahlreicher Ehrengäste aus dem In- und Ausland und vor mehr als 600 Delegierten den vorverlegten 16. ÖGB-Bundeskongress, bei dem bis 24.01. historische Weichenstellungen für den ÖGB-Neu zu treffen sind. "Unsere Gewerkschafts- bewegung ist Opfer geworden. Opfer von Betrug, krimineller Fahrlässigkeit und einem Verrat an unserer Ideologie. Mit unserem Vermögen wurde leichtsinnig spekuliert, und so stehen wir heute hier mit leeren Taschen, mit Wut im Bauch und mit Zornestränen in den Augen. Aber gerade dieses vor wenigen Monaten noch Unvorstellbare gibt uns auch Mut und Kraft, um mit voller Entschlossenheit die Krise als Chance zu nutzen", erklärte der gf. ÖGB-Präsident Hundstorfer.

Für den ÖGB gilt es nun, ein riesiges Arbeitsprogramm zu bewältigen und das, was in den vergangenen Monaten passiert ist, als Zeichen zu erkennen. Denn Österreichs Welterfolg sei kein Geschenk, sondern der Lohn harter Arbeit, und der Wohlstand aller sei nicht abonniert, sondern müsse jeden Tag verteidigt werden, so der gf. ÖGB-Präsident: "Verteidigt gegen eine Wirtschaft, die allzu gerne Kosten und Risiken verstaatlicht, aber ihre Riesengewinne privatisiert, gegen Standorterpressungen und Kapitalverschiebungen und gegen das gesamte Instrumentarium einer unkontrollierten Turbo-Globalisierung."

Solidarische WIR-AG statt Millionen Ich-AGs
In den kommenden Jahren bedürfe es daher viel an Kreativität, Engagement und Entschlossenheit, um zu verhindern, dass unsere Gesellschaft in eine entsolidarisierte Masse zerfalle, in Millionen "Ich-AGs", gefangen in prekären Lebens- und Arbeitsverhältnissen, getrieben von Egoismus und Existenzangst. Dieser Zerfallsprozess habe schon begonnen, und wenn wir ihm nicht jeden Tag mit unserer eigenen Vision begegnen, könne er unser Land zerstören. "Unsere Vision ist eine solidarischen WIR-AG. Die WIR-AG, das ist das bessere Österreich, eine Gesellschaft, deren größtes und stolzestes Kapital Fairness und Solidarität heißt, eine Gesellschaft, in der die Schwachen nicht zurück gelassen werden und auch den Starken der Erfolg gegönnt wird", sagte Hundstorfer.

Unter einer solidarischen WIR-AG sei aber auch eine Gesellschaft zu verstehen, die zwar hart arbeite, aber ihren verdienten Erfolg gerecht teile, die ihrer Jugend nicht nur Handys und Gameboys, sondern auch Solidarität, Gemeinsamkeit, Ausbildung, Arbeit und Zukunftsperspektiven gäbe, die Frauen nicht nur gleiche Arbeit aufbürde, sondern auch gleichen Lohn und gleiche Aufstiegschancen biete und Wohlstand nicht nur in der Größe ihres Aktiendepots bemesse, sondern auch die Werte der Schwächeren berücksichtige. Eine solidarische WIR-AG bedeute aber auch eine Gesellschaft, in der nicht der Ellbogen, sondern das Herz der wichtigste Körperteil ist. "Dieses bessere Österreich, diese bessere Welt ist möglich. Dafür kämpfen wir, dafür leben wir, dafür steht der neue ÖGB als menschliche Kraft für Österreich."

Wir sehen mit Optimismus in die Zukunft
Hier und heute werde die Zukunft entschieden, hier und heute der neue ÖGB geboren. "Und ich denke, es wird eine Zukunft, in die wir mit Optimismus und Motivation sehen können", so Hundstorfer. Der gf. ÖGB-Präsident erinnerte aber auch daran, dass in den vergangenen Monaten das Unmögliche möglich gemacht wurde und bedankte sich bei allen, die verstehen, wie wichtig eine funktionierende Gewerkschaftsbewegung als gesellschaftliche Kraft für unser Österreich ist und "die uns deshalb unterstützt haben, um sich mit der notwendigen Entschlossenheit aus eigener Kraft aus der Krise zu befreien."

Trotz der schwersten Stunden, die von der Gewerkschaftsbewegung zu bewältigen waren, sei man nicht in Passivität versunken, sondern habe durch Kollektivvertragsverhandlungen, in der Sozialpartner-Programmarbeit und in den Reformgruppen gezeigt, dass der ÖGB auch in der Krise sehr lebendig, schlagkräftig und durchsetzungsstark agiere. Hundstorfer: "Wir Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter haben niemals aufgegeben und werden auch jetzt nicht aufgeben. Das schulden wir den Generationen, die zweimal nach historischen Katastrophen alles wieder aufbauen mussten und die aus zerrissenen Generationen eine solidarische Gesellschaft geschaffen haben, die um ihren Erfolg und ihren sozialen Frieden in der ganzen Welt bestaunt und beneidet wird."
 
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