Pichler: Umsetzung der neuen Zahlungsdienste-Richtlinie kostet die heimischen
Banken 136 Mio Euro jährlich (McKinsey-Studie)
Wien (pwk) - Die Qualität der österreichischen Zahlungsverkehrsdienstleistungen ist im
europäischen Vergleich besonders hoch und für die Kunden zählt Österreich mit Belgien, Niederlande
und Irland zu den preisgünstigsten Ländern in Europa. Dies bestätigt die Europäische Kommission
in ihrem jüngsten Arbeitspapier über die Auswirkungen der Überweisungsverordnung im Inlands- und
Auslandszahlungsverkehr. Das Preis/Leistungsverhältnis, welches Zahlungsverkehrskunden in Österreich
genießen, ist besser als in den meisten europäischen Ländern, stellt der EU-Bericht der österreichischen
Kreditwirtschaft ein gutes Zeugnis aus.
Erklärtes Ziel auf europäischer Ebene ist es, im Rahmen des Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen
einen einheitlichen Zahlungsverkehrsraum (SEPA) zu schaffen, wobei bereits 2008 die entsprechenden Systeme neben
den bestehenden verfügbar sein sollen. „Mit diesem Projekt sind eine Reihe von weiteren Verbesserungen für
die Kunden verbunden“, stellt der Geschäftsführer der Bundessparte Bank und Versicherung, Herbert Pichler,
fest. „So etwa ein einheitliches europäisches Lastschriftverfahren, einheitliche Standards, höhere Rechtssicherheit
und raschere Abwicklung.“ Andererseits verlange das Projekt SEPA aber auch hohe Investitionen in neue Systeme und
Prozesse. Die österreichische Kreditwirtschaft unterstütze die Bemühungen in Richtung rascherer,
sicherer und kostengünstigerer Überweisungen in Europa, so Pichler, der allerdings auch darauf hinweist,
dass alle EU-Vorgaben mit erheblichen Investitionen verbunden sind und die regionale Versorgungssicherheit nicht
leiden dürfe.
Als Ergänzung zum SEPA-Projekt hat die EU-Kommission einen Richtlinienvorschlag für „Zahlungsdienste
im Binnenmarkt“ vorgelegt, der bestehende technische und rechtliche Hindernisse bzw. Unterschiede in den einzelnen
Ländern abbauen soll. „Der Rechtsrahmen, der sich derzeit im Entscheidungsstadium in Brüssel befindet,
bringt den Kunden einige weitere Vorteile, wie erweiterte Informationen, zusätzliche Haftungsverpflichtungen
der Kreditinstitute und eine Verkürzung der Ausführungszeit. Andererseits sind auch eine Reihe von Zusatzverpflichtungen
enthalten, die einen hohen Aufwand für die Kreditinstitute bedeuten, wo der Zusatznutzen für den Kunden
im Verhältnis zu den Kosten nicht gegeben ist“, erklärt Pichler.
Entschieden wendet sich die Bundessparte vor allem gegen den im neuen Rechtsrahmen geplanten erleichterten Zugang
für Zahlungsanbieter ohne Bankkonzession. Pichler warnt vor entstehenden Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten
der Kreditinstitute und einem möglichen Verlust des Kundenvertrauens, wenn derartige Anbieter ihre Verpflichtungen
nicht erfüllen können, ohne dass entsprechende Sicherungsmechanismen existieren. Kritik dazu wird auch
aus anderen Ländern laut, wie z.B. aus Deutschland, Italien und Frankreich.
Weiters würden die umfangreichen Informationspflichten, die zu beachtlichen Kostenbelastungen führen,
selbst kundige Nutzer von Zahlungsdiensten schlichtweg überfordern, so der Bundesspartengeschäftsführer.
Ebenso kann eine neue Haftungsobergrenze von 150 Euro für Kunden bei Kartenverlust dazu führen, dass
wegen des geringen Haftungsrisikos missbräuchliche Verfügungen durch eine verspätete oder unterlassene
Sperrung von Zahlungskarten bei Verlust ansteigen. Sorgfältige Kunden müssten so letztlich für Schäden,
die durch Missbrauch oder mangelnde Sorgfalt entstünden, aufkommen.
Die Bundeskreditsparte hat das Beratungsunternehmen McKinsey beauftragt, die Kostenauswirkungen des neuen Richtlinienvorschlages
für den Zahlungsverkehr in Österreich zu analysieren. Das Ergebnis: Mit der Umsetzung des neuen Rechtsrahmens
sind jährliche Kosten von rund 136 Mio Euro und Einmalinvestitionen von 11 Mio Euro verbunden. „Zu diesen
Kosten kommt hinzu, dass der neue Rechtsrahmen für den Zahlungsverkehr nur einen Ausschnitt aus dem Großprojekt
SEPA darstellt, dessen Investitionskosten in Europa einen Einmalaufwand von 5 bis 10 Mrd Euro ausmachen dürfte“,
macht Pichler aufmerksam. Auf den österreichischen Markt heruntergebrochen, werde sich dieser auf 150 bis
250 Mio Euro belaufen.
Die österreichische Kreditwirtschaft stellt sich hinter die Bemühungen der EU den Zahlungsverkehr in
Europa kostengünstiger und sicherer zu gestalten, fasst Pichler zusammen. Es war aber immer klar, dass ein
Land wie Österreich dabei von der europäischen Entwicklung im technischen Bereich abhängig ist.
Wichtig sei es, stets auch die hohen Kostenauswirkungen von neuen Regelungen vorweg abzuschätzen. Mit ins
Kalkül zu ziehen ist aber auch, dass das Gesamtergebnis des österreichischen Zahlungsverkehrs für
die Anbieter nach wie vor nicht kostendeckend und deutlich negativ ist. |