BZÖ befürchtet "Umkehrung" der Sozialpolitik  

erstellt am
17. 01. 07

Dringliche Anfrage an den neuen Sozialminister
Wien (pk) - Die Debatte über die Regierungserklärung von Bundeskanzler Gusenbauer am 16.01. wurde um 15 Uhr zur Diskussion der von der Fraktion des BZÖ eingebrachten Dringlichen Anfrage unterbrochen. Die Anfrage betreffend "sozialdemokratischen Vertrauensbruch in der Sozialpolitik" war an Sozialminister Buchinger gerichtet.

BZÖ-Klubobmann WESTENTHALER begründete die Dringliche Anfrage damit, dass unter der neuen Regierung eine "Umkehrung" der bisherigen Sozialpolitik drohe. Die SPÖ habe so viele Versprechen gebrochen, meinte er, dass seine Fraktion die Sorge habe, dass auch die angekündigte "soziale Wärme" nicht komme. Gleichzeitig wertete er die Passage im Regierungsprogramm, wonach die Regierung auf dem Erreichten aufbauen wolle, als gutes Zeugnis der Politik der letzten sieben Jahre.

Kritisch beurteilte Westenthaler unter anderem die seiner Ansicht nach geringen Kompetenzen von Sozialminister Erwin Buchinger und erinnerte an Buchingers Aussage, wonach es ihn schmerze, dass der Bereich Arbeit nicht zu seinem Ressort zähle. Die vorgesehene bedarfsorientierte Mindestsicherung wertete er als unausgereift und als "Sprungbrett in die soziale Hängematte". Ebenso vermisst er eine Erhöhung und laufende Valorisierung des Pflegegeldes. Die Ankündigung Buchingers, die Ausgaben für soziale Absicherung jährlich um 400 Mill. Euro zu erhöhen, ist nach Auffassung Westenthalers eine Unwahrheit, wobei er auf den Budgetfahrplan der Regierung verwies.

Ein von Westenthaler eingebrachter Entschließungsantrag richtet sich an Justizministerin Maria Berger. Geht es nach dem BZÖ, soll Berger bis 1. Mai 2007 einen Gesetzentwurf ausarbeiten, der Vorschläge enthält, in welcher Form Parteien bzw. einzelne Mandatsträger für den Bruch von Wahlversprechen zur Verantwortung gezogen werden können. Als Sanktion kann er sich etwa eine Pönale für soziale Zwecke, die Leistung sozialer Arbeit oder die Kürzung der Parteienförderung vorstellen.

Sozialminister Dr. BUCHINGER ging in seiner Antwort detailliert auf die 48 Fragen der Dringlichen Anfrage ein und bekräftigte unter anderem, dass bis zum Jahr 2010 400 Mill. Euro mehr für die Sozialpolitik zur Verfügung stehen würden. Konkret seien 2007 Mehrausgaben in der Höhe von 185 Mill. Euro, 2008 in der Höhe von 260 Mill. Euro, 2009 in der Höhe von 340 Mill. Euro und 2010 in der Höhe von 400 Mill. Euro vorgesehen.

In die Verhandlungen bezüglich Ressortverteilung sei er nicht eingebunden gewesen, sagte Buchinger. Er stehe aber zum Verhandlungsergebnis, auch wenn es ihn in Teilbereichen schmerze.

Was den angekündigten Mindestlohn in der Höhe von 1000 Euro betrifft, sind die Sozialpartner Buchinger zufolge aufgefordert, einen entsprechenden Generalkollektivvertrag zu erarbeiten. Es gebe positive Signale seitens der Sozialpartner, erklärte er, sollte es nicht zu einer Einigung kommen, werde er sich für eine gesetzliche Regelung einsetzen. Ein Mindestlohn von 1000 Euro brutto bedeute ein Nettoeinkommen von 850 Euro.

Breiten Raum widmete Buchinger dem Thema bedarfsorientierte Mindestsicherung. Die bedarfsorientierte Mindestsicherung sei ein ganz wichtiger Schritt, um Armut in Österreich zu bekämpfen, unterstrich er und wies gleichzeitig Befürchtungen zurück, diese könnte dazu verleiten, Arbeit nicht anzunehmen. Arbeitswilligkeit werde ein Grundpfeiler des Instruments sein, bekräftigte er. Zudem liege der angestrebte Mindestlohn um 23 % über der vorgesehenen Mindestsicherung (692 Euro netto), weiters seien mit einem Arbeitseinkommen zusätzliche Vorteile verbunden.

Die Signale der Länder in diesem Bereich wertete Buchinger als "sehr, sehr positiv". Er zeigte sich überzeugt, dass diese ihren Beitrag zur Mindestsicherung leisten werden. Wie viele Personen letztendlich von der bedarfsorientierten Mindestsicherung profitieren werden, lässt sich Buchinger zufolge derzeit noch nicht sagen, dies hänge von der konkreten Ausgestaltung ab.

Das Pensionssystem will Buchinger, wie er ankündigte, lediglich in Teilbereichen adaptieren. Österreich habe eines der besten Pensionsversicherungssysteme der Welt, bekräftigte er, es gelte, das Vertrauen in das System aufrecht zu erhalten. Allerdings müssten einige Härten abgemildert werden. Entsprechende Änderungsvorschläge will er noch im ersten Halbjahr 2007 vorlegen.

Eine Erhöhung des Pensionsantrittsalters ist nach Auskunft Buchingers bis 2010 nicht geplant, auch ein Solidarbeitrag für Höchstpensionen stehe nicht im Regierungsprogramm. Die Schwerarbeiterregelung will der Minister, wie er sagte, nicht abschaffen, sondern vielmehr verbessern.

In Bezug auf das Pflegegeld ist laut Buchinger eine einmalige Valorisierung verbindlich vereinbart. Die vom BZÖ vorgeschlagene Erhöhung des Pflegegeldes um 5 % und zusätzliche jährliche Valorisierungen würden ihm zufolge im Jahr 2010 Mehrausgaben im Ausmaß von 217 Mill. Euro verursachen. Was er mit BZÖ-Klubobmann Westenthaler teile, sei, so der Minister, die Skepsis gegenüber der Pflegeversicherung. Er sei aber offen, sollte eine zu diesem Thema eingesetzte Arbeitsgruppe ein gutes Modell vorschlagen.

Zur Tätigkeit des Sozialministeriums merkte Buchinger an, er plane derzeit keine Beschäftigung externer Berater. Sollte er in Zukunft aber auf externe Berater zurückgreifen, verspreche er, "weit unter der Latte zu bleiben", die die BZÖ-Minister gelegt hätten.

Hinsichtlich des Konsumentenschutzes will sich Buchinger seiner Darstellung nach dafür einsetzen, dass verbindliche EU-einheitliche Vorschriften zu keiner Nivellierung des Konsumentenschutzrechtes nach unten führten. Er kündigte auch eine Neuauflage des Verbraucherschutzberichtes an.

Wenn das österreichische Pensionssystem zu den besten der Welt gehört, warum hat die SPÖ, fragte Abgeordnete HAUBNER (B), jahrelang von Pensionsraub gesprochen? Erfreut zeigte sie sich darüber, dass die Schwerarbeiterregelung nicht abgeschafft und die Behindertenmilliarde für die Beschäftigungsoffensive weiter eingesetzt wird. Im Sozialressort herrsche trotzdem eine Flaute, was die Kompetenzen und die Aufgaben betrifft, seien doch wichtige Bereiche zum Gesundheits- und Frauenressort gewandert. Das ist ihrer Ansicht nach ein Rückschritt. Zufrieden zeigte sich die ehemalige Ministerin darüber, dass nun von der Grundsicherung von 800 Euro Abstand genommen wird. Zu Fairness und sozialer Wärme zählt ihrer Ansicht auch, dass das Pflegegeld erhöht wird, jedoch nicht, wie von Buchinger gesagt wurde, "selektiv", Kostensenkungen im Gesundheitswesen erfolgen, es keine Erhöhung von Krankenversicherungsbeiträgen gibt und die Autofahrer nicht mit der Lkw-Maut und mit einer Erhöhung der Mineralölsteuer belastet werden.

In einem Entschließungsantrag wird die Erhöhung des Pflegegeldes um 5 % 2007, eine dauerhafte Valorisierung des Pflegegeldes, die Einführung eines zweckgebundenen Pflegeschecks zur Unterstützung der Pflege zu Hause und die Schaffung eines Lehrberufes für Pflege und Betreuung gefordert.
   

Abgeordneter HABERZETTL (S) meinte im Zusammenhang mit der Kündigungsmöglichkeit für Lehrlinge, es müsse ein Mediationsverfahren eingehalten und es muss ein Ersatzarbeitsplatz zur Verfügung gestellt werden. Man wolle die Möglichkeit, dass Lehrlinge hinausgemobbt werden, einschränken und vernünftige Ersatzmöglichkeiten schaffen, so Haberzettl. In allen Bereichen, in denen BZÖ-Minister tätig waren, bestehen "katastrophale finanzielle Verhältnisse", ob das den Familienlastenausgleichfonds betrifft, der mit über 1 Mrd. verschuldet ist, oder die Infrastruktur der Eisenbahn oder die Asfinag. Bis 1.1.2008 werde es zu einer Neuordnung im Bereich der Invaliditätspension kommen müssen, weil dort gravierende Ungerechtigkeiten bestehen, betonte Haberzettl, auch die Hacklerregelung oder eine ähnliche Lösung wird für eine längere Zeit notwendig sein und die bestehende Schwerarbeiterregelung sei zu ändern.

Abgeordneter AMON (V) strich heraus, dass das Regierungsprogramm auf der bisherigen Regierungspolitik aufbaue, und zwar in sämtlichen Bereichen. Deshalb verstand Amon nicht, warum heute eine Dringliche eingebracht wurde, weil damit die "eigene Sozialpolitik" an den Pranger gestellt werde, wozu überhaupt kein Grund bestehe. Im Bereich der Jugendbeschäftigung werde es eine Bildungsgarantie bis 18 Jahre geben, der erfolgreiche Blum-Bonus werde weiter verlängert sowie die Pflegevorsorge ausgebaut und das Pensionssystem gesichert werden, das heißt, die Pensionssicherungsreform wird weiter Bestand haben. Außerdem sind Verbesserungen im Zusammenhang mit der Pensionsbemessung bei den Kindererziehungszeiten vorgesehen. Die ÖVP habe sich klar gegen eine Grundsicherung ohne Arbeit ausgesprochen, weil es problematisch sei, dass es ein Grundeinkommen ohne Arbeit auf Dauer gibt, denn Arbeit sei Teil der Sinnerfüllung des Lebens und ein Einkommen ohne Arbeit auf Dauer sei gegen die Würde des Einzelnen gerichtet. Daher werde es zur Mindestsicherung kommen.

Abgeordneter ÖLLINGER (G) meinte, manches sei an den neuen Umständen gewöhnungsbedürftig. Wenn ein BZÖ-Vertreter der neuen Bundesregierung vorwirft, dass sie ihre Prinzipien verrät, müsse man schon fragen: Wer hat sich denn 2000 die Agenden Arbeitsmarkt, Arbeitsrecht und Arbeitsinspektion wegnehmen lassen? Wer hat sich 2003 auch noch die Gesundheit und einen Gutteil der Sozialversicherung aus dem Sozialressort wegnehmen lassen? Wer hat denn 1.000 Euro Mindestlohn für alle ArbeitnehmerInnen gefordert? – Das BZÖ! Für unerträglich hielt Öllinger, dass die SPÖ freiwillig daran mitgewirkt habe, dass das Sozialministerium noch weniger Kompetenzen hat. Das Sozialministerium ist nur mehr für Pensionisten, für die Pflege bzw. für behinderte Menschen und möglicherweise für den Konsumentenschutz zuständig. Das ist seiner Meinung nach ein großes Versagen in diesen Regierungsverhandlungen gewesen. Im Zusammenhang mit der Erleichterung der Kündigungsmöglichkeiten der Lehrlinge fragte er, ob, da die Firmen für die Ausbildung von Lehrlingen Prämien erhalten, diese im Fall einer Kündigung rückzuerstatten sind.

Abgeordneter STRACHE (F) sprach die heutige "Wehmütigkeit der Orangen" an, die "Rotz und Wasser heulen", weil sie aus den Ministerien ausziehen mussten und alle Begünstigungen verloren haben. Wenn man den Verrat an der Wählerschaft anprangert, dann können einander Haider, Westenthaler und Gusenbauer die Hand reichen, denn sie alle haben an ihren Wählern Verrat geübt. Der Redner befasste sich in der Folge mit den Pensionen, wies darauf hin, dass Nettopensionen von 1.215 Euro im Monat bis 2006 93 Euro an Kaufkraft verloren haben, und warf der vorigen Regierung Versagen und der SPÖ Verrat vor. Es geht nämlich nicht an, die Pensionisten unter der Inflationsrate abzufertigen. Auch brauche man sich nicht zu wundern, wenn es zu einer "schleichenden Verarmung" komme. Unverständlich ist ihm auch, dass man angesichts der Situation, dass die Schulabgänger keine Arbeit erhalten, den Kündigungsschutz für Lehrlinge aufweicht. Damit lasse man wieder die jungen Menschen in Stich. Zu den Studiengebühren sagte Strache: Die Qualität ist zwar nicht gesichert, aber man kassiert. So gibt es Fälle, wo man 12 bis 18 Monate auf seine Prüfungsbeurteilung warten muss. Aus diesem Grund gehören die Studiengebühren abgeschafft, weil sie nichts bewirkt haben, bekräftigte er.

Bundeskanzler Dr. GUSENBAUER replizierte auf die Ausführungen seines Vorredners und unterstrich, dass eine Erhöhung der Ausgleichszulage um über 5 % dazu führe, dass in Österreich kein Pensionist mehr eine Pension unter der Armutsgrenze haben wird; dies sei kein Skandal, sondern ein wesentlicher sozialpolitischer Fortschritt. In der EU gebe es nur drei Länder, in denen kein Pensionist unter der Armutsgrenze ist. Darauf sollte man stolz sein. Zur sozialen Fairness gehöre auch, dass die Rezeptgebührenselbstbehalte auf 2 % des Monatseinkommens beschränkt werden, also bei einer Pension von 1.000 Euro gebe es nicht mehr als 20 Euro pro Monat Rezeptselbstbehalt.

Zu der Frage von Westenthaler, wofür Silhavy als Staatssekretärin zuständig sei, zählte der Kanzler auf: Neben der allgemeinen Vertretung des Regierungschefs sei sie mit den Angelegenheiten der Regionalpolitik, der Regionalförderung, der Verwaltungsreform und der Bioethikkommission betraut.

Abgeordneter DOLINSCHEK (B) wies darauf hin, dass die letzte Regierung gewisse Vorarbeiten für eine bedarfsorientierte Mindestsicherung geleistet habe. Eine bedarfsorientierte Mindestsicherung habe aus seiner Sicht Einiges für sich, dürfe aber nicht nach dem Gießkannenprinzip erfolgen, außerdem müsse es einen Unterschied zum Mindestlohn - ein solcher von 1.000 Euro brutto sei schon überholt – geben. Auch müsse man berücksichtigen, dass einem Pendler bei längeren Anfahrtszeiten die Fahrtkosten zur Gänze ersetzt werden. Zufrieden zeigte sich der ehemalige Staatssekretär, dass die Hackler- und die Schwerarbeiterregelung nicht aufgehoben werden sollen. Außerdem soll das Kinderbetreuungsgeld, das von der SPÖ stets verteufelt wurde, bestehen bleiben, weil es Wahlfreiheit bietet. Wichtig wäre es seiner Ansicht nach, die Männer zu motivieren, in Väterkarenz zu gehen; dies könne man nur durch die Streichung der Zuverdienstgrenze erreichen.

Abgeordnete Mag. LAPP (S) entgegnete, das BZÖ sei in den letzten Jahren für die Ambulanzgebühren, die Besteuerung der Unfallrenten und zahlreiche weitere Verschlechterungen im Sozialbereich verantwortlich gewesen und deshalb abgewählt worden. Sie kommentierte den Auftritt der BZÖ-Vertreter mit den Worten, hier werde weinerlich Vergesslichkeit gepaart mit einem Ablaufdatum zur Schau gestellt. Der Vergleich mit dem BZÖ im Sozialbereich mache jedenfalls sicher, stand für Lapp fest. Mittelpunkt der Sozialpolitik dieser Bundesregierung sei der Mensch. Sozialminister Buchinger werde kompetent, lebensnah und engagiert seine Aufgaben erfüllen, war Lapp überzeugt.

Abgeordneter Dr. MITTERLEHNER (V) wies die Kritikpunkte der Oppositionssprecher zurück: Von der Kündigungsmöglichkeit bei Lehrlingen erwartete er sich eher einen Impuls für die Betriebe zu vermehrter Einstellung von Lehrlingen. Zu den Forderungen der Grünen hinsichtlich Mindestlohn meinte er, dies würde bloß die Inflation ankurbeln. Im Übrigen appellierte Mitterlehner an die Opposition, erst einmal die Umsetzung des Sozialprogramms abzuwarten, anstatt jetzt schon mit 48 Fragen gleichsam eine Bilanz zu verlangen.

Abgeordnete MANDAK (G) kritisierte, die Sozialpassagen seien bloß Absichtserklärungen, für die Vorhaben fehle es an der budgetären Vorsorge. Die Rednerin befürchtete, dass im Pflegebereich die Betroffenen selbst für die Finanzierung sorgen werden müssen, und forderte hingegen, die Einkünfte aus Kapitalerträgen für die Bestreitung der Pflegekosten heranzuziehen.
   

Abgeordneter KICKL (F) erkannte in der Dringlichen des BZÖ ein massives Eingeständnis des Versagens und erinnerte, in den letzten Jahren sei ja gerade das BZÖ für den Bereich Soziales verantwortlich gewesen. Er verlangte im Übrigen einen Paradigmenwechsel im Sozialstaat und meinte, der Sozialstaat sollte für die Inländer da sein. Dies gelte vor allem auch beim Bezug des Kindergeldes.

Abgeordneter RIEPL (S) sah die Dringliche als Rohrkrepierer und warf dem BZÖ vor, mit seinen Sozialministern in den letzten Jahren für den Sozialabbau verantwortlich gewesen zu sein. Von der neuen Regierung erwartete sich Riepl insbesondere die Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, schränkte aber ein, mit der Ausweitung der Kündigungsmöglichkeiten bei Lehrlingen habe er keine Freude. Hier gehe es noch darum, die Rahmenbedingungen und die Art der Umsetzung zu prüfen. So sollte seiner Meinung nach die Auflösung mit der Garantie auf einen anderen Lehrplatz verbunden werden.

Abgeordnete Mag. SCHATZ (G) lehnte den von der Regierung vorgeschlagenen Mindestlohn von 1.000 Euro als beschämend niedrig ab, gab weiters zu bedenken, dass die bedarfsorientierte Grundsicherung um 100 Euro unter der Schwelle der Armutsgefährdung liege und bezeichnete die Zumutbarkeitsbestimmungen als Zumutung.

Abgeordneter HOFER (F) vermisste konkrete Antworten auf den Pflegenotstand, forderte die Anpassung des Pflegegeldes und übte heftige Kritik an der Schwerarbeiterregelung. Ein von ihm eingebrachter Entschließungsantrag hatte die Abschaffung der Studiengebühren zum Inhalt.

Abgeordnete KÖNIGSBERGER-LUDWIG (S) sah im Regierungsprogramm große sozialpolitische Projekte angesprochen, von Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit bis hin zur Pflege. Als besonderen sozialpolitischen Meilenstein bezeichnete sie den Umstand, dass bei der Mindestsicherung die Betroffenen erstmals die Möglichkeit erhalten, über das AMS vermittelt zu werden.

Abgeordnete HAIDLMAYR (G) appellierte an Buchinger, im Pflegebereich mit klaren Zahlen zu operieren und behinderte Menschen als Partner und nicht als Gegner zu sehen. Offen war für die Rednerin nach wie vor die Frage, wer für die Finanzierung der Pflegeleistungen nun aufkommen solle.

Abgeordneter NEUBAUER (F) fand im Regierungsprogramm keinerlei Hinweise auf die Abschaffung von Erbschafts- und Schenkungssteuer oder die Beseitigung der sozialen Härten der Pensionsreform. Statt dessen bringe die große Koalition bloß Belastungen wie die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge, kritisierte er. In einem Entschließungsantrag forderte er die Regierung auf, das Pflegegeld so anzupassen, dass es inflationsbereinigt dem Wert entspricht, den es bei seiner Einführung hatte.

Abgeordneter SCHEIBNER (B) rief die SPÖ auf, ihren Wahlversprechungen nachzukommen und heute für eine Erhöhung des Pflegegeldes zu stimmen.

Keine Mehrheit fand zunächst der Entschließungsantrag des BZÖ betreffend "Sanktionen für gebrochene Wahlversprechen". Der F-Entschließungsantrag betreffend "Soziale Gerechtigkeit für Österreichs Studierende durch Abschaffung der Studienbeiträge" wurde im Rahmen einer namentlichen Abstimmung mit 131 Nein-Stimmen zu 42 Ja-Stimmen (bei 173 abgegebenen Stimmen) abgelehnt. Der BZÖ-Entschließungsantrag betreffend "fehlende nachhaltige Lösung der Pflegevorsorge" sowie der F-Entschließungsantrag betreffend "Erhöhung des Pflegegeldes" blieben ebenfalls in der Minderheit.
 
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