Regierungserklärung von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer  

erstellt am
16. 01. 07

 Gusenbauer: "Im Mittelpunkt steht für uns Österreich und das Wohl der ÖsterreicherInnen"
Senkung der Arbeitslosigkeit, mehr Geld für Infrastruktur, große Steuerreform und höhere Forschungsquote sind Schwerpunkte
Wien (sk) - "Im Mittelpunkt steht für uns Österreich und das Wohl der Österreicherinnen und Österreicher", unterstrich Bundeskanzler Alfred Gusenbauer zu Beginn seiner Regierungserklärung am 16.01. im Nationalrat. Aufgabe der Politik ist es, für die Zukunft so viel an Chancen für die Menschen zu schaffen, wie es geht und überall dort Schutz und Sicherheit zu geben, wo es möglich ist. Es ist Teil unserer Aufgabe, für mehr Zusammenhalt in unserer Gesellschaft zu sorgen", sagte Gusenbaer. Individuelle Leistung müsse gefördert werden, und es brauche gleichzeitig ein soziales Klima der Geborgenheit, der gegenseitigen Achtung und des Umgangs in Würde. "Große Koalitionen sind nicht an sich gut oder schlecht", führte Gusenbauer weiter aus. Es gehe darum, was die beiden Partner leisten, wie sie miteinander umgehen, wie offen sie auch für Vorschläge und Initiativen der Opposition oder von außerhalb des Parlaments sind. Es gehe darum, diese Chancen einer solchen Zusammenarbeit zu nützen, unterstrich der Bundeskanzler. Dem Regierungsprogramm ist daher auch der Leitsatz vorangestellt: "Gemeinsam für Österreich. Der Mensch im Mittelpunkt".

Gusenbauer umriss die Vorhaben der neuen Bundesregierung für die kommenden vier Jahre: "Wir werden das Wirtschaftswachstum ankurbeln und die Arbeitslosigkeit bekämpfen; die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft unseres Landes erhöhen und eine solide Budgetpolitik verfolgen; unser Sozial- und Gesundheitssystem weiterentwickeln und finanziell absichern sowie die Armutsbekämpfung intensivieren; mit einer offensiven Bildungs- und Forschungspolitik Chancen für die Menschen und Unternehmen verbessern; die Chancen der Frauen stärken und große Schritte zur tatsächlichen Gleichstellung der Geschlechter setzen; ein offenes und lebendiges Kunst- und Kulturleben fördern; die hohe Lebens- und Umweltqualität erhalten; ein höchstmögliches Maß an innerer und äußerer Sicherheit garantieren; mit einer Staats- und Verwaltungsreform Demokratie und Grundrechte stärken; aktiv und umfassend in der EU mitwirken sowie die internationale Zusammenarbeit generell stärken und uns für den Frieden in der Welt als oberstes Ziel einsetzen."

Arbeitslosigkeit um ein Viertel senken
Oberste Priorität hat für die neue Bundesregierung die Senkung der Arbeitslosigkeit um ein Viertel und damit auf unter vier Prozent bis zum Ende der Gesetzgebungsperiode 2010. "Ich weiß, das ist ein ehrgeiziges Ziel, und manche meinen, ein unerreichbares. Ich bin aber voll davon überzeugt, Es ist zu schaffen und wir werden es schaffen", so Gusenbauer, der Arbeit als die beste Voraussetzung für ein selbstbestimmtes, eigenverantwortliches Leben betrachtet. Zu diesem Zweck setzt die Bundesregierung auf intensive Programme zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums. Besondere Schwerpunkte werden die weitere Anhebung der Förderung von Forschung und Entwicklung sowie beträchtliche Investitionen in die Infrastruktur sein.

Bildungsgarantie bis zum 18. Lebensjahr
"Besonders wichtig ist uns, dass die jungen Menschen nicht auf der Straße stehen. Mit einer Bildungsgarantie bis zum Alter von 18 Jahren wollen wir den Anteil der Jugendlichen ohne Berufsausbildung oder Schulabschluss drastisch senken, die Beschäftigungschancen erhöhen und die Jugendarbeitslosigkeit nachhaltig bekämpfen", unterstrich Gusenbauer. Zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit werde es Sondermittel für aktive Arbeitsmarktpolitik und ein nationale Aktionsprogramm für ältere ArbeitnehmerInnen geben. Intensiviert werden soll auch die Bekämpfung von Schwarzunternehmertum und Schwarzarbeit.

10,5 Milliarden Euro für die Infrastruktur
Eine moderne Infrastrukturpolitik sei unverzichtbare Voraussetzung für den Erfolg des Wirtschaftsstandortes und damit für die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Priorität bei der Straßen- und Schieneninfrastruktur haben das Schließen von Lücken und die Beseitigung von Engpässen im hochrangigen Netz. "Zur Umsetzung des ÖBB-Rahmenplans werden wir sechs Milliarden Euro in dieser Legislaturperiode investieren, und weitere 4,5 Milliarden Euro investieren wir in das Bauprogramm der Asfinag", so Gusenbauer. Beim Transit wird eine neue Strategie für mehr Kostenwahrheit im Güterverkehr erarbeitet werden. Die Lkw-Maut wird überarbeitet und differenziert.

Kleine und mittlere Unternehmen werden gefördert
Die wachsende Zahl der atypisch Beschäftigten wird sozial besser abgesichert. Es soll einen einheitlichen modernen Arbeitnehmerbegriff geben. Es sollen spezielle Maßnahmen zugunsten der kleinen und mittleren Unternehmen gesetzt werden. "Wir wollen dafür sorgen, dass günstiges Kapital für nötige Investitionen bereit gestellt wird, Betriebsübergaben rechtlich erleichtert sowie steuerlich gefördert und auch Unternehmensgründungen umfassend unterstützt werden. Die soziale Absicherung von Selbstständigen wird verbessert", kündigte Gusenbauer an. Die Einrichtung eines Stabilitätsfonds soll geprüft werden, um innovativen Unternehmen Risikokapital zur Verfügung stellen zu können.

Drei Prozent Forschungsquote bis 2010
Die Forschungsquote soll auf drei Prozent des BIP bis 2010 angehoben werden, indem die bestehenden Budgets ab 2007 schrittweise um 800 Millionen Euro aufgestockt werden. Es sollen auch neue Stellen für Forscherinnen und Forscher geschaffen werden. Die Erhöhung des Anteils der Frauen sowohl im öffentlichen als auch im privaten Forschungssektor stehen dabei besonders im Fokus, führte Gusenbauer aus.

Bekenntnis zu stabilem und nachhaltigem Budget
"Ich stehe für ein stabiles Budget und einem verantwortungsvollen und sparsamen Umgang mit dem Geld der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler", unterstrich der Bundeskanzler. "Die Bundesregierung bekennt sich daher zu einer soliden und nachhaltigen Budget- und Finanzpolitik, die über einen Konjunkturzyklus hinweg ausgeglichen bilanziert", sagte Gusenbauer. Diese Zielsetzung verlange Disziplin. Spielräume für steuerliche Entlastung sollen erarbeitet werden und müssen vor dem Hintergrund leistbar sein, dass auch wichtige Zukunftsinvestitionen für Wachstum und Beschäftigung, den Standort Österreich, die soziale Sicherheit oder für andere wichtige öffentliche Aufgaben getätigt werden müssen.


Große Steuerreform in dieser Legislaturperiode
"Die Bundesregierung wird in dieser Legislaturperiode eine große Steuerreform mit einer spürbaren Entlastung der Steuerzahler und der Wirtschaft durchführen. Das Steuer- und Abgabensystem soll nachhaltig gestaltet sein. Ökologische Aspekte werden miteinbezogen. Die Bundesregierung werde auf die gemeinsame Budgetverantwortung aller Gebietskörperschaften im Sinne des österreichischen Stabilitätspaktes achten", so Gusenbauer.

Eingehend auf die Regierungsverhandlungen sagte Gusenbauer, dass "schließlich zwei Parteien miteinander verhandelt haben, die in vielen Punkten unterschiedliche Auffassungen und Programme vertreten". "Ich sage das hier und heute sehr offen, weil diese Unterschiede nun auch nicht plötzlich verschwunden sind", so Gusenbauer. Die Bereitschaft zum Kompromiss und zur Zusammenarbeit zählen zum Wesen der Demokratie, sagte der Bundeskanzler.

"Die Menschen in Österreich wollen Chancen haben, sich zu entwickeln, auf eigenen Beinen zu stehen und ihr Leben so zu leben, wie sie sich das vorstellen. Sie wollen für die Zukunft gut gerüstet sein. Sie wollen faire Verhältnisse, eine gerechte Balance von Rechten und Pflichten, sie wollen, dass Leistung belohnt wird. Und sie wollen soziale Wärme und Sicherheit, dass sie in Würde leben können, auch wenn sie ein Schicksalschlag ereilt", betonte der Bundeskanzler. "Sie wollen keine Angst vor dem Alter haben, und sie wollen, dass es ihren Kindern und Enkelkindern gut geht, möglichst sogar besser als ihnen selbst", sagte Gusenbauer.
   

Gusenbauer für "aktivierenden und modernen Sozialstaat"
Die "Weiterentwicklung" des Systems sozialer Sicherheit und Fairness, die umfassende medizinische Versorgung für alle, Investitionen in den Bildungsbereich und Frauenpolitik nannte Gusenbauer als weitere Ziele und Vorhaben seiner Regierung. Ein moderner Sozialstaat müsse den aktuellen Anforderungen entsprechen, gleichzeitig auch handlungsfähig, das heißt gesichert finanziert sein.

Die Entwicklung des Sozialsystems dürfe angesichts der Veränderungen, "der Bruchlinien in unserer Gesellschaft" nicht stehenbleiben. "Wenn wir einen aktivierenden und modernen Sozialstaat wollen, muss er eben den jeweils aktuellen Anforderungen entsprechen", so Gusenbauer. "Unter diesen Voraussetzungen können wir mehr Gerechtigkeit, mehr Sicherheit und auch mehr Bereitschaft zu Innovation und Eigeninitiative erreichen."

Gusenbauer verwies in der Folge auf die zahlreichen sozialpolitischen Vorhaben im Regierungsprogramm. Damit kein Pensionist mehr unter der Armutsgrenze leben muss, werde der Ausgleichszulagenrichtsatz auf 726 Euro gehoben. Härten bei Doppelabschlägen werden beseitigt, die sogenannte "Hacklerregelung" verlängert, die Anrechnung von Kindererziehungszeiten für die Pension wird wertgesichert und so verbessert, Schwerarbeiter- und Invaliditätspensionen sollen neu geordnet werden.

"Jeder und jede soll sich für die Art von Pflege entscheiden dürfen, die den jeweiligen Bedürfnissen entspricht", so der Bundeskanzler weiter. Dazu brauche es die Ausweitung der mobilen Dienste, eigene Betreuungsformen für spezifische Alterserkrankungen und die "Etablierung einer legalen Form der 24-Stunden-Betreuung".

"Eines der europaweit modernsten Instrumente zur Armutsbekämpfung"
"Armut nicht einfach durch Bezahlung überwinden, sondern in erster Linie durch Rückführung in das Erwerbsleben", so Gusenbauer zum Konzept der Regierung gegen die Armut. Die Regierung werde sich für einen Generalkollektivvertrag mit einem Mindesteinkommen von 1.000 Euro einsetzen. Und mit der schrittweisen Einführung der bedarfsorientierten Mindestsicherung werde man "eines der europaweit modernsten Instrumente zur Armutsbekämpfung umsetzen".

Umfassende medizinische Versorgung für alle Menschen unabhängig von Alter und Einkommen und solidarische Finanzierung sind die Kernpunkte der Gesundheitspolitik der Regierung. Der Bundeskanzler verwies u.a. auf Vorhaben wie verstärkte Prävention, ein besseres Planungsmodell zwischen den Trägern im Gesundheitsbereich und neue ambulante Gesundheitszentren für ländliche Regionen. Zur Finanzierung werden bestehende Effizienzpotenziale ausgeschöpft sowie die Krankenversicherungsbeiträge um maßvolle 0,15 Prozentpunkte angehoben. Gusenbauer hob außerdem besonders die Begrenzung der Rezeptkosten mit maximal zwei Prozent des Monatseinkommens als wirkliche Verbesserung für viele ältere und chronisch kranke Menschen hervor. Einen besonderen Schwerpunkt will die Regierung außerdem für Menschen mit Behinderung setzen, u.a. durch die Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsgesetzes.

"Das beste Schulsystem für unsere Kinder - diese Utopie ist machbar"
"Bildungspolitik ist Chancenpolitik", deshalb werde die Regierung verstärkt hier investieren. Die jährlichen Bildungsausgaben werden um bis zu 200 Millionen Euro erhöht. Gusenbauer betonte, dass es gerade im Bildungsbereich nicht um die Durchsetzung von Ideologien gehe. "Wir wollen das beste Schulsystem für unsere Kinder, weil von ihrer Ausbildung die Zukunft unserer Gesellschaft abhängt. Und diese Utopie ist machbar, diese Utopie werden wir umsetzen, und zwar über die Parteigrenzen hinaus." Als Maßnahmen im Bildungsbereich nannte Gusenbauer u.a. die Senkung der Klassenschülerzahl auf 25, die Verbesserung des vorschulischen Bildungsangebots, den Ausbau ganztägiger Schulformen, die Verstärkung der individuellen Förderung und der Integration, die Weiterentwicklung der Schule für die 10- bis 15-Jährigen und die Verringerung der Klassenwiederholungen.

Studienbeihilfensystem wird ausgebaut
"Die Zukunft der Wissenschaft liegt in unseren Studierenden", so Gusenbauer weiter. Zur Verbesserung der Studienbedingungen soll es eine deutliche Verbesserung der Betreuungsrelation von Lehrenden und Studierenden geben, das Studienbeihilfensystem wird weiter ausgebaut und das Kreditmodell bekannter gemacht und erweitert werden. Hinzu soll den Studierenden die Möglichkeit geboten werden, Studienbeiträge durch gemeinnütziges Engagement im Ausmaß von 60 Stunden im Semester refundiert zu bekommen. "Studieren ohne Studienbeiträge wird damit für bedeutend mehr Studenten möglich gemacht."

Als weitere Vorhaben im Wissenschaftsbereich nannte der Bundeskanzler u.a. die Fachhochschul-Offensive, die Stärkung der Uni-Autonomie, den Start des Exzellenzinstituts ISTA sowie eine erfolgreiche Bewerbung für das European Institute of Technology.

Frauenbeschäftigungsquote heben
Ein besonderer Schwerpunkt der Regierung sei die Frauenpolitik, die im Frauenministerium koordiniert werde und sich als Querschnittsmaterie durch viele Ressorts zieht. Ziele seien u.a. die Verbesserung der Chancengerechtigkeit am Arbeitsmarkt, die Schließung der Einkommensschere und die Bekämpfung der Frauenarmut. Konkretes Ziel sei die Erhöhung der Frauenbeschäftigungsquote auf 65 Prozent bis 2010; v.a. die Zahl von Vollzeitarbeitsplätzen soll steigen. Mehr "Wahlfreiheit für die Eltern" und die "Chance zum früheren Wiedereinstieg ins Berufsleben" gibt es durch das flexiblere Kindergeld, verwies Gusenbauer auf die neue Möglichkeit, 18 Monate mit 800 Euro Kindergeld in Karenz zu gehen.

Weitere Vorhaben in der Familienpolitik: Reform des Unterhaltsvorschusses, Anpassung der Familienleitungen für Alleinerziehende, Zuschläge zur Familienbeihilfe ab dem dritten Kind und Wochengeld für freie DienstnehmerInnen.

Einen besonderen Schwerpunkt will die Regierung auch im Kampf gegen Gewalt an Frauen und Frauenhandel setzen. Weiters sollen die Kinderrechte in der Verfassung verankert werden und die Jugendschutzbestimmungen österreichweit einheitlich werden. Die stärkere demokratische Beteiligung der Jugend soll v.a. durch die Senkung des Wahlalters auf 16 erreicht werden.

"Schwerpunkt zeitgenössische Kunst"
Ein "offenes kulturelles Klima" und ein "offener Dialog mit den Kunstschaffenden" sind die zentralen kulturpolitischen Ziele der Regierung. Besonderen Stellenwert, so Gusenbauer, habe die Förderung der zeitgenössischen Kunst, die soziale Absicherung von KünstlerInnen, die Stärkung des Medien- und Filmstandorts, das Konzept für ein Haus der Geschichte noch in diesem Jahr und Linz als Europäische Kulturhauptstadt 2009. Außerdem soll es in den Bundesmuseen einen eintrittsfreien Tag pro Monat geben.

Die Schaffung einer unabhängigen Medien- und Telekommunikationsbehörde ist das zentrale medienpolitische Vorhaben der Regierung. Bis Ende 2009 soll außerdem die Vollversorgung mit Breitbandzugang abgeschlossen werden.

Kampf gegen Klimawandel
Für den Bereich Agrarpolitik hob Gusenbauer besonders den Kampf für die weitere Gentechnikfreiheit unserer Landwirtschaft hervor. Zur Stärkung des ländlichen Raums gebe es außerdem EU-Mittel von 3,9 Milliarden Euro bis 2013, die von Österreich verdoppelt werden.

In der Umweltpolitik setzt die Regierung einen Schwerpunkt auf den "Kampf gegen den Klimawandel", wie Gusenbauer betonte. Man werde alles daran setzen, bis 2012 das Kyoto-Ziel zu erreichen. Ein klares Bekenntnis legte Gusenbauer auch gegen die Kernenergie ab; deshalb werde die Regierung weiterhin für die "Nullvariante" beim AKW Temelin eintreten. Gesteigert werden soll außerdem der Anteil erneuerbarer Energien auf 25 Prozent am Gesamtenergieverbrauch, wie Gusenbauer betonte. Und der Anteil erneuerbarer Stromerzeugung soll auf 80 Prozent steigen. "Wir wollen mindestens 100.000 Haushalte auf erneuerbare Energieträger umstellen", so der Bundeskanzler.

Als wichtige "Querschnittsmaterie" nannte der Bundeskanzler und Sportminister auch den Sport und verwies u.a. auf die Forcierung von Schulsport als wichtiges Ziel. Im Spitzensport sollen die Fördersysteme optimiert werden. Bestmögliche Unterstützung soll es außerdem für Großveranstaltungen wie die Fußball-EM 2008 geben.
   

Werden intensiven Dialog mit Opposition, Interessenvertretern und Kritikern führen
"Jeder und jede im Hohen Haus hat nicht nur den Auftrag, sondern auch den Willen und die Überzeugung, für das Wohl der Menschen in unserem Land zu arbeiten. Deshalb wird die neue Bundesregierung engen Austausch mit dem Parlament pflegen und für eine Verbesserung der Minderheits- und Kontrollrechte eintreten", erklärte Gusenbauer. Die Regierung werde besonders mit den Oppositionsparteien einen intensiven Dialog führen. "Auch mit Ländern und Gemeinden, mit den Sozialpartnern, mit NGOs und engagierten Initiativen der Zivilgesellschaft werden wir stets das Gespräch suchen", versicherte Gusenbauer. "Vor allem will ich und wollen wir mit den Österreicherinnen und Österreichern in ständigem Kontakt stehen. Denn Politikverdrossenheit bekämpft man am besten mit guter Arbeit im Sinne und im Auftrag der Bürgerinnen und Bürger."

Sicherheit - bestmögliche Ausstattung und Ausbildung für Exekutive
Sicherheit habe für ihn viele Dimensionen, führte der Kanzler aus. Zum einen die soziale Dimension, die Sicherheit und den Schutz vor Lebensrisiken, wie ihn der moderne Sozialstaat biete. "Das schmälert aber in keinster Weise die Bedeutung der inneren Sicherheit als wesentliche Aufgabe des Staates." Österreich sei eines der sichersten Länder der Welt, deshalb sei es eine der wichtigsten Herausforderungen, dies auch in Zukunft den Menschen zu gewährleisten.
"Wesentlich dafür ist, dass unsere Exekutive die bestmögliche Ausstattung zur Verfügung hat. Und auch die Ausbildung unserer Polizistinnen und Polizisten wird weiter professionalisiert werden", unterstrich Gusenbauer, der ebenfalls die Wichtigkeit der internationalen Zusammenarbeit in diesem Bereich hervorhob.

Integration verbessern, Asyl beschleunigen
"Integration ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und muss nach dem Prinzip erfolgen, dass menschenwürdiges Dasein und sozialer Friede in unserem Land gesichert wird", sagte der Bundeskanzler. Zuwanderung und Integration werden eines der wesentlichen Themen der kommenden Jahre sein und sei auch eine globale Herausforderung. "Zuwanderung nach Österreich muss auf die Bedürfnisse und Möglichkeiten unseres Landes und unseres Arbeitsmarktes abgestimmt sein - auch im Interesse der Zuwandernden. Integration steht aber auch vor Neuzuzug." Damit Integration funktioniere, müsse sie auch auf allen Ebenen stattfinden - in Kindergärten und Schulen, und auch durch die Einbindung in das kommunale Leben und Umfeld.

Der besondere Einsatz für gelingende Integration sei aber unter dem Aspekt, Menschenrechte, Demokratie und Toleranz in Österreich und international zu stärken, zu sehen. "Das ist uns und mir ein besonderes Anliegen."
"Es gibt eine klare Trennung zwischen Asyl und Zuwanderung. Wir werden ein Asylgericht installieren, um die Verfahren weiter zu optimieren, denn es gilt: Schneller und fairer Schutz für jene, die verfolgt werden", führte Gusenbauer aus.

Gusenbauer will Modernisierung des Familienrechts
Angesichts des raschen gesellschaftlichen Wandels müsse die Reform von Recht und Justiz permanent vorangetrieben werden. "So werden wir eine grundlegende Erneuerung des Familienrechts, die einer geänderten gesellschaftlichen Realität Rechnung trägt, durchführen. Ziel ist es, die gelebte soziale Zusammengehörigkeit und Solidarität von Menschen - in der Ehe, Lebensgemeinschaften oder Patchworkbeziehungen - in der Rechtsordnung zu berücksichtigen", erläuterte Gusenbauer.

Neben einer Reihe von Reformen im Justizbereich wird es auch zur Abschaffung der Vertragsgebühren für Wohn- und Mietverträge kommen. "Wohnen ist wie Arbeit, Bildung und Gesundheit ein Grundbedürfnis und muss deshalb leistbar und qualitativ hochwertig sein."

Staats- und Verwaltungsreform für moderne Strukturen des Staates
"Mit der Staats- und Verwaltungsreform hat sich die Bundesregierung ein ehrgeiziges Ziel gesetzt", sagte Gusenbauer. In diesem Bereich gehe es um eine moderne Struktur des Staates, was eine zeitgemäße Verteilung der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern betreffe. Die Verwaltung werde bei Effizienz, Kundenorientierung und Rechtssicherheit zu verbessern sein.
"Weiters wollen wir in der kommenden Gesetzgebungsperiode das Wahlalter auf 16 Jahre senken und die Briefwahl auch im Inland einführen. Maßnahmen, die die Partizipation an der demokratischen Willensbildung erhöhen werden", argumentierte Gusenbauer. Darüber hinaus soll aber der nächsten Wahl die Legislaturperiode auf fünf Jahre verlängert werden. Auch die verfassungsmäßigen Rechte der Volksgruppen werden sichergestellt werden. "Es besteht kein Zweifel daran, dass es geboten ist, die Ortstafelerkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes umzusetzen", machte Gusenbauer klar.

Bundesheer für Sicherung von Friede und Stabilität entsprechend ausrüsten
Nichts diene der Sicherheit Österreich so sehr, wie der politische Integrationsprozess in Europa. "Auf Basis der immerwährenden Neutralität wird Österreich weiterhin ein solidarischer Partner sein und sich weiter intensiv an der Entwicklung der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik beteiligen", stellte der Bundeskanzler fest. Das Bundesheer müsse für seine Aufgaben - neben dem Schutz der Souveränität und Neutralität, sowie der internationalen Einsätze für die Sicherung von Frieden und Stabilität gerade auch im Katastrophenfall - auch entsprechend ausgestattet und gerüstet sein. "Die Bundesregierung bekennt sich zu den Empfehlungen der Bundesheerkommission."

Erweiterung unter Berücksichtigung der Aufnahmefähigkeit der EU - Kooperationen jenseits des Beitritts entwickeln
Weil Sinn und Qualität des europäischen Integrationsprozesses den Österreicherinnen und Österreichern vor allem durch eine tatsächliche Verbesserung ihr Lebensumstände ersichtlich werde, gelte es, auf europäischer Ebene der Steigerung des Wirtschaftswachstums, der Bekämpfung von Arbeitslosigkeit, der Entwicklung sozialer Standards sowie Aktivitäten für Bildung, Forschung und Entwicklung Nachdruck zu verleihen. "Wir brauchen mehr europäische Zusammenarbeit auch bei einem gemeinsamen Asylrecht, sowie eine vertiefte Kooperation in Energiefragen."

Der Erweiterungsprozess habe unter voller Berücksichtigung der Aufnahmefähigkeit der EU sorgfältig und umsichtig zu geschehen. "Wichtig ist es aber auch, mit Nachbarn der EU andere, maßgeschneiderte Kooperationen jenseits eines Beitritts zu entwickeln."

"Gehen wir gemeinsam an die Arbeit. Für die Österreicherinnen und Österreicher"
"Wir werden für dieses Land, unsere Heimat, alles tun, damit es in vier Jahren noch besser, noch solidarischer, noch chancen- und zukunftsreicher dasteht als heute. Davon werden wir uns nicht abbringen lassen. Das ist mein Versprechen für Österreich"

Gusenbauer ging auch auf die Kritik, die in den letzten Tagen geäußert wurde, ein: "Wir werden auch mit all jenen, die mit der Regierung und ihrer Politik nicht einverstanden sind, diskutieren. Wir leben in einer Demokratie und jeder und jede hat das selbstverständliche Recht, Kritik zu üben. Das ist - solange es gewaltfrei geschieht - nicht nur legitim, sondern notwendiges Element einer lebendigen Demokratie", so Gusenbauer. Diese Regierung sei die jüngste am Alter der Mitglieder und jene mit dem höchsten Frauenanteil, so der Bundeskanzler, der abschließend das Parlament aufforderte: "Gehen wir gemeinsam an die Arbeit. Für unsere Republik. Für die Österreicherinnen und Österreicher."

 

 Schüssel: Wir stehen zu unseren Aussagen und werden mit ganzer Kraft für Österreich arbeiten
ÖVP-Klubobmann zur neuen Regierung: "Machen Sie eine lebensnahe Politik mit diesem Programm - vermitteln Sie Zuversicht und Hoffnung!"
Wien (övp-pk) - Wir werden diesem Programm aus voller Überzeugung zustimmen. Alles von dem, was wir uns vor der Wahl vorgenommen haben und im Wahlkampf versprochen haben, findet sich darin - auch Ideen und Anregungen. Wir können 1,5 Millionen Wählerinnen und Wählern, die uns ihre Stimme gegeben haben sagen: Wir stehen zu unseren Aussagen und werden mit ganzer Kraft die nächsten Jahre für dieses Österreich arbeiten. Das sagte ÖVP-Klubobmann Dr. Wolfgang Schüssel am 16.01. im Plenum des Nationalrats. Der Klubobmann dankte anfangs zudem für die Geste der Trauerminute für die verstorbene Innenministerin Liese Prokop. Dies soll auch die politische Auseinandersetzung relativieren und "zeigen, dass wir einander respektieren".

Der neuen Regierung gab Schüssel Folgendes mit auf den Weg: "Machen Sie eine lebensnahe Politik mit diesem Programm. Vermitteln Sie vor allem Zuversicht und Hoffnung! Denken Sie an die Jungen und nicht an die Schlagzeile von morgen oder übermorgen, sondern an das, was wir in zehn oder 20 Jahren haben werden. Festigen wir das soziale Netz, - aber nicht als Hängematte, sondern als federndes Trampolin. Sichern Sie die Wahlfreiheiten der Bürgerinnen und Bürger durch Senkung der Abgabenquote, für die Familien mit dem Kinderbetreuungsgeld die Wahlmöglichkeit, für Eltern und Jugendliche ein differenziertes Bildungssystem und schauen Sie auf das Geld der Steuerzahler", so Schüssel, der in diesem Zusammenhang auch auf die Ausgaben für den Ausbau der Infrastruktur und für eine erstklassige medizinische Versorgung verwies. "Verteidigen Sie auch unsere Heimat, gleichgültig, von wem wir ungerechtfertigt angegriffen werden oder vor Gefahren von außen. Das ist die Pflicht einer Bundesregierung. Wir unterstützen Sie dabei."

Der Klubobmann zollte zudem allen ausgeschiedenen Regierungsmitgliedern Dank. "Es gehört dazu, dass wir auch sehen, dass wir auf den Arbeiten früherer Generationen aufbauen. Die Erfolggeschichte Österreichs ist seit 1945 eine ungebrochene. Schüssel dankte auch dem neuen Bundeskanzler Dr. Alfred Gusenbauer für Worte im Rahmen seiner Erklärung. "Österreich ist eines der sichersten Länder der Welt, in Österreich ist die ökologische Landwirtschaft europaweit einzigartig, wir haben eines der besten medizinischen Versorgungssysteme der Welt und ein bewährtes System der sozialen Sicherheit und Fairness. Österreichs Pensionssystem ist eines der besten der Welt. Wir glauben das auch und danken für die faire Bewertung des Kanzlers", hob Schüssel hervor.

Zum Grünen Klubchef Dr. Alexander Van der Bellen meinte Schüssel, dass er dessen Melancholie durchaus verstehe. "Überlegen Sie, ob es klug ist, dass man jede Form einer anderen Mehrheitsbildung von vornherein ausschließt." Jeder im Parlament müsse den anderen respektieren und davon ausgehen, dass es sich hier um Demokraten handle, die für eine rotweißrote Zukunft arbeiten wollen. "Hier darf man niemanden ausgrenzen", so Schüssel zum Grünen Klubchef.
   

SPÖ-Klubobmann Josef Cap, der die Situation der Staatsfinanzen kritisiert hatte, erinnerte er daran, dass 1999 das ausgewiesene Defizit 2,2 Prozent betrug und für 2000 ein Defizit von 3,3 Prozent drohte. Die Verantwortung lag damals bei einem roten Kanzler und einem roten Finanzminister - "ein kleiner Unterschied, auf den wir geachtet haben". Das Budgetdefizit sei jetzt ein Drittel von dem, als es die Regierung Schüssel übernommen habe. "Darauf lässt sich gut aufbauen." In der Frage der Bewertung des Regierungsprogramms sei Realismus angesagt, so der ÖVP-Klubobmann zu Cap.

Schüssel wies darauf hin, dass diese Regierung zum Ausbau Österreichs zu einer Wissensgesellschaft stehe. Österreichs Universitäten hätten für die nächsten vier Jahre ein garantiertes Budget mit einem Zuwachs von zehn Prozent und einem Investitionsprogramm von einer Milliarde Euro. "Wir werden in den nächsten Jahren 1.000 neue Forscher an unseren Universitäten haben und in die Bildung investieren."

Auch im Bereich Energiepolitik gebe es ambitiöse Vorhaben, verwies Schüssel unter anderem auf die Umstellung von 100.000 Haushalten auf erneuerbare Energie oder die Umstellung der Landwirtschaftspolitik des ländlichen Raumes - das gemeinsame Programm von Franz Fischler.

Europa sei ein rot-weiß rotes Anliegen dieser Regierung und Zeichen einer gelebten Kontinuität. "Die EU ist ein mächtiger Schutzschild mit der gemeinsamen Handelspolitik. Wir haben eine enorme Sicherheitszone mit Schengen, die sich jetzt ausweiten wird. Die Eurozone sichert die Geldwertstabilität. Innerhalb dieser stabilen Eurozone hat Österreich eine der niedrigsten Inflationsraten. Seit 1. Jänner ist die Donau von der Quelle bis zur Mündung ins Schwarze Meer ein innereuropäischer Fluss - das ist ein spannendes Thema, weil Österreich genau in dieser Zukunfts- und Hoffnungszone ist und wir dadurch historische Chancen nützen können", so Schüssel weiter. "Und zum ersten Mal haben wir eine Ministerin für europäische und internationale Angelegenheiten. Das ist ein gutes Programm. Jeder - vom Bundeskanzler über die Außenministerin bis zum Fachminister - muss an dieser europäischen Verantwortung mitwirken", schloss der Klubobmann.  

 

Van der Bellen: Kanzler Gusenbauer präsentierte Programm der enttäuschten Hoffnungen
Bundessprecher Alexander Van der Bellen kritisierte das SP-VP-Programm als "uninspiriert" und "Programm der enttäuschten Hoffnungen"
Wien (grüne) - Die alte Regierung sei nicht ohne Grund abgewählt worden, aber die neue Koalition biete nur "eine Fortsetzung ähnlicher Politik mit ähnlichen Mitteln, halbherzig, mit merkwürdigen Schwerpunkten" und eigentlich neoliberaler Finanzpolitik, kritisierte Van der Bellen. Es sei zwar "nicht alles schlecht", aber er vermisst den "großen Wurf", der eine große Koalition rechtfertigen würde.

Auf die Auswirkungen der Globalisierung werde nicht angemessen reagiert, die nötigen budgetären Prioritäten im Bereich Bildung, Wissenschaft, Forschung, aber auch beim Klimaschutz und der Energiepolitik nicht gesetzt. Zwar würden teilweise gute Ziel angeführt, "aber nicht eine Maßnahme, um dorthin zu kommen". Auch im Sozialbereich fehle "der große Wurf", es gebe "nur marginale Anpassungen an den Rändern". Bei Forschung und Bildung seien die Budgetansätze viel zu gering. "Wesentliche Zukunftschancen Österreichs werden nicht energisch genug angegangen von dieser Regierung."

Zu den Studiengebühren brachte Van der Bellen den nur hinsichtlich eines "Stilfehlers" - nämlich dass "drei Viertel der berufstätigen Studenten arbeiten müssen" - korrigierten SPÖ-Entschließungsantrag vom September 2006 auf ersatzlose Abschaffung ein. Die Ankündigung Gusenbauers, Nachhilfe geben zu wollen, quittierte er mit den Worten, er würde sich "von einem Bundeskanzler schon etwas anderes erwarten", als "in die Schule zu gehen und dort Ihre Zeit zu vertun".

Fraglich ist für Van der Bellen, wie lang die große Koalition durchhält. Denn man habe sich weitgehend nur auf "prüfen oder Arbeitsgruppen" verständig, "geeinigt haben Sie sich auf nichts". Der Opposition werde so "sicherlich nicht fad werden."

 

Strache: Gusenbauer zum "ÖVP-Fighter" mutiert
FPÖ-Chef schlug "ÖVP-Ehrenmitgliedschaft auf Lebenszeit für Alfred Gusenbauer" vor
Wien (fpd) - Wenig erfreut zeigte sich Neo-Bundeskanzler Alfred Gusenbauer, als ihm der freiheitliche Klubobmann Heinz-Christian Strache im Plenum folgende Urkunde überreichte: „ÖVP-Ehrenmitgliedschaft auf Lebenszeit für Alfred Gusenbauer. Verliehen für ÖVP-Machtsicherung, Wählerverrat und Bruch aller Wahlversprechen.“

Strache sparte in seiner Rede dann nicht mit Kritik am Kanzler. Gusenbauer sei der erste ÖVP-Kanzler mit rotem Parteibuch, der den Ausverkauf der SPÖ betreibe und Schwarz-Orange inhaltlich fortsetze. Auf der Regierungsbank sei er von der ÖVP auch persönlich eingezwickt. „Sie haben die Hoffnungen der Menschen, die nun zu Recht empört seien, bitter enttäuscht. Vom im Wahlkampf plakatierten ,Sozial-Fighter’ sind Sie zum ,ÖVP-Fighter’ mutiert und stellen einen würdigen Ersatz für den Nulldefizit-Fetischisten Grasser dar“, erklärte Strache.

Die FPÖ habe als einzige Partei Wort gehalten, während Gusenbauer alle Inhalte Kreiskys auf die politische Müllhalde gekippt habe, fuhr Strache in seiner Kritik fort. Die Interessen derjenigen, die trotz BAWAG- und ÖGB-Skandal noch für die SPÖ gelaufen seien, habe der SPÖ-Chef mit der Regierungserklärung nun offiziell zu Grabe getragen. Strache lud deshalb alle, die enttäuscht seien, ein, mit den Freiheitlichen ein Stück des Weges zu gehen.

Die sogenannten Kompromisse im Regierungsprogramm bezeichnet der Bundesparteiobmann als „Selbstaufgabe der SPÖ“. Auf essentielle Probleme der Österreich werde darin überhaupt nicht eingegangen, ja sogar eine weitere Zuwanderung sei vereinbart worden. Wie ein roter Faden würden sich Belastungen durch das Regierungsprogramm ziehen, was sogar eine Expertise der vormals SP-nahen Bank Austria belege.

Strache forderte eine Stärkung der Demokratie und verbindliche Volksabstimmungen und verurteilte das Belastungspaket der Regierung. Der Sozialstaat dürfe nur für österreichische Staatsbürger da sein. Weiters verlangte der freiheitliche Klubobmann eine Entlastungsoffensive für die österreichischen Familien und ein Entlastungspaket für kleine und mittlerer Unternehmen.

 

Westenthaler: Gusenbauer hat die Menschen getäuscht, um Bundeskanzler zu werden!
BZÖ-Klubobmann: Regierung des Wortbruches und der gebrochenen Wahlversprechen
Wien (bzö) - "Wenn man sich die randvolle Regierungsbank ansieht, hat man die Sorge, dass Frau Staatssekretärin Silhavy am Rand bei einem Huster ihres Sitznachbarn Staatssekretär Matznetter herunterkippt. Die neue Regierung ist so groß, dass sie nicht einmal auf die Regierungsbank passt. Dieses Bild ist jedenfalls bezeichnend", kritisierte BZÖ-Klubobmann Ing. Peter Westenthaler im Rahmen der Sitzung des Nationalrates.

Westenthaler zitierte Neo-Bundeskanzler Gusenbauer bei der Wahlabschlussveranstaltung der SPÖ: "Wir brauchen in Österreich eine Regierung, für die am Tag vor der Wahl auch das gilt, was am Tag nach der Wahl gilt. Und wir brauchen in Österreich nicht einen Bundeskanzler der gebrochenen Versprechen, sondern wir brauchen in Österreich einen Bundeskanzler der sein Wort hält. Und genau deswegen trete ich am Sonntag an." Dem stellte Westenthaler Zeitungskommentare der vergangenen Tage gegenüber: "Alfred Gusenbauer ist Bundeskanzler - mit heruntergelassenen Hosen. (…) Die SPÖ hat praktisch zum Regierungsantritt bereits alle Versprechen und Ankündigungen gebrochen, die sie im Wahlkampf als Slogans ausgegeben hat. (Michael Völker im Standard)."

Ist es das wert, Herr Gusenbauer?
"Sie haben das Vertrauen der Bürger, ihrer Wählerinnen und Wähler sowie ihrer Mitglieder gebrochen. Ich frage Sie, Herr Gusenbauer: Ist es das wert, dass sie die Menschen so täuschen, nur um ihren Sandkastentraum Bundeskanzler zu werden, erfüllen". Westenthaler verwies auch auf den Unterschied zwischen den Demonstrationen vom Jahr 2000 und den jetzigen. "Damals sind Menschen gegen eine andere Partei auf die Straße gegangen. Heute sind es die eigenen Leute - die gewesenen eigenen Leute -, die auf die Straße gehen. Ist es wirklich die Kapitulation der SPÖ wert, nur dass sie Bundeskanzler werden, Herr Gusenbauer?", so der BZÖ-Chef.

Westenthaler bezeichnete die neue SPÖVP-Bundesregierung als Regierung des Wortbruches und der gebrochenen Wahlversprechen. "Wenn man dieses Regierungsprogramm mit den Versprechungen vor der Wahl vergleicht, dann ist ein hundertjähriger Bauernkalender verlässlicher". Der BZÖ-Chef übermittelte Bundeskanzler Gusenbauer zu diesem Zweck ein Buch zum Gedächtnistraining. Kapitel 1: Einsicht als Weg zur Besserung. "Ich hoffe sie bessern sich, Herr Gusenbauer!"

Als "zynisch" bezeichnete der BZÖ-Klubobmann die Ankündigung von Gusenbauer, einmal pro Woche in einer Schule Nachhilfe geben zu wollen. "Der Unterschied zwischen Studenten und ihnen ist, dass sie 19.000 Euro pro Monat verdienen", so Westenthaler in Richtung Gusenbauer.

Heftige Kritik übte Westenthaler an der "im Minutentakt" erstellten rot-schwarzen Ministerliste. "Die Kabaretteinlage zwischen Gusenbauer und Voves ist nicht zu überbieten. Bei Frau Silhavy fragen wir uns immer noch, was sie eigentlich macht. Wir haben einen Zivildiener, der aus Gewissensgründen den Militärdienst verweigert hat, als Verteidigungsminister. Die neue Justizministerin Berger steht mit der Demokratie auf Kriegsfuß und will einen demokratisch gewählten Landeshauptmann absetzen. Und die neue Familienministerin muss uns ihre Einstellung, dass sie Kinder im noblen Restaurant stören, auch einmal erklären", so Westenthaler.
   

Vertrauensbruch in die SPÖ-Sozialpolitik
Westenthaler kritisierte vor allem, dass Bundeskanzler Gusenbauer bei der versprochenen Bildungsreform und Studiengebühren umgefallen ist. "Die großangesagte Bildungsreform ist abgesagt, der Pakt besteht nur aus Überschriften und sie haben bereits im Parlament beschlossene Anträge - wie etwa die Festschreibung der Klassenschülerhöchstzahl - nur als Richtwert übernommen", so der BZÖ-Klubobmann an die Adresse des neuen Bundeskanzlers.

Die neue Form der Studiengebühren mache diese nur unsozialer, so Westenthaler: "Die ärmeren, die sich die Studiengebühren nicht leisten können, müssen nun Sozialdienst machen. Wir lehnen diese Lösung ab und fordern sozial gerechte Studiengebühren mit einem entsprechenden Stipendiensystem."

Die geplante Aufweichung des Kündigungsschutzes bei Lehrlingen sei für das BZÖ nicht akzeptabel, so der Klubobmann und fügt hinzu: "Vielen Dank, Sozialdemokratie!"

Den Vertrauensbruch in der SPÖ-Sozialpolitik wird der Parlamentsklub des BZÖ in einer dringlichen Anfrage an Sozialminister Buchinger ausführlicher thematisieren. "Was der Sozialminister in den letzten Wochen von sich gegeben hat, ist nicht von schlechten Eltern", sagt Westenthaler. Die angekündigten Zahlen - 400 Millionen Euro zusätzliche Investitionen im Sozialbereich jährlich - würden sich nicht im Budgetfahrplan wiederfinden. Außerdem habe Buchinger sämtliche wichtige Kompetenzen verloren und sei heute ein "gerupfter Sozialminister". Angekündigte Sozialmaßnahmen könne der Minister gar nicht selbst umsetzen, da ihm dafür die entsprechen Kompetenzen fehlen. Westenthaler an die Adresse des neuen Sozialministers: "Sie haben die Arbeitskompetenz nicht bekommen, sie haben die Kompetenzen für Familien und Jugendpolitik verloren!" In den zuständigen Sozialbereichen sehe Buchinger aber nur tatenlos zu. "Im Pflegebereich ist lediglich eine einmalige Valorisierung des Pflegegelds in der gesamten Legislaturperiode geplant. Wir sind für eine sofortige Erhöhung um 5 %", sagt Westenthaler.

Regierungsprogramm ist Belastungspaket
Der BZÖ-Klubobmann bezeichnet das Regierungsabkommen einmal mehr als "Belastungspaket" und nannte als Beispiel die angekündigten jährlichen Valorisierungen sämtlicher Gebühren. "Das sind Mehrbelastungen für die Österreicherinnen und Österreicher von 100 Millionen Euro jährlich", sagt Westenthaler. "Herr Bundeskanzler: Was ist daran sozial und was ist daran armutsbekämpfend, wenn alles verteuert wird?"

Auch von der angekündigten Steuerreform sei nichts übrig geblieben. Westenthaler: "Die versprochenen Entlastungen von 500 Euro wurden verschoben, die Autofahrer werden weiter belastet. Im Gegenzug wurde dafür die Regierung vergrößert."

Auch bei den Eurofightern sei die SPÖ mit ihrem Zivildienst-Minister umgefallen. "Darabos hat angekündigt, er wolle einsparen und hat zeitgleich die erste Rate an EADS überwiesen. Der neue Minister könne in Zukunft nur Geld sparen, wenn er die Raten anstatt per Erlagschein direkt überweise. So entfällt wenigstens die Erlagscheingebühren", sagt Westenthaler.

"Schwach begonnen und stark nachgelassen" bezeichnet der BZÖ-Klubobmann das Verhandlungsergebnis der SPÖ mit der ÖVP: "Selbst die Stimmung innerhalb der SPÖ zeigt, dass dieser Pakt nicht von allen getragen wird. Bei der Abstimmung im Präsidium hätten viel mehr dagegen gestimmt, wenn die SPÖ nicht so kurz vor dem Ziel - endlich wieder den Kanzler zu stellen - gewesen wäre."

Auch bei der Ressortverteilung bestimme nun die SPÖ, welche Ressorts die wichtigen sind und Westenthaler zieht dabei einen Vergleich mit einem Fußballspiel: "Das wäre genauso, wie wenn ein Fußballtrainer nach einem verlorenen Spiel sagt, dass ab sofort jene Mannschaft gewonnen hat, welche die wenigsten Tore geschossen hat."

BZÖ-Gegenprogramm zum SPÖVP-Koalitionspakt eingebracht
Der BZÖ-Klub hat einen entsprechenden Entschließungsantrag mit einem Gegenprogramm zum Regierungsübereinkommen mit mehr als 20 konkreten Punkten eingebracht. Darin werden unter anderem zahlreichen jugendpolitische Maßnahmen, ein Stopp der Gebührenerhöhung und eine sofortige Steuerreform gefordert. "Wir wollen damit die Fehler dieser Bundesregierung korrigieren", sagt BZÖ-Klubchef Ing. Peter Westenthaler.

Die SPÖ habe die Glaubwürdigkeit verloren und die Hoffnung der Menschen in die Politik zerstört, sagt der Klubobmann. "Das kann man ihnen nicht verzeihen", so Westenthaler an die Adresse von Bundeskanzler Gusenbauer. "Wir werden aber auch in Zukunft ein verlässlicher Partner der Österreicherinnen und Österreicher sein", schließt der BZÖ-Klubchef seinen Debattenbeitrag zur Regierungserklärung.
 
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