Technologischer Wandel erklärt knapp zwei Drittel des Wirtschaftswachstums  

erstellt am
25. 01. 07

Disaggregierte Wachstumsbeiträge in Österreich seit 1990
Wien (wifo) - Eine Teilstudie des WIFO-Weißbuches belegt die herausragende Bedeutung technologischer Veränderungen als treibende Kraft des Wachstums und damit des materiellen Wohlstands. Forschungs-, Innovations- und Technologiepolitik müssen daher tragende Säulen einer auf Wachstum und Beschäftigung orientierten Wirtschaftspolitik sein.

Der Beitrag beruht auf einer für Österreich gänzlich neuen Datenbasis, die vom WIFO im Rahmen der internationalen Forschungskooperation EU KLEMS erstellt wurde.

Im Zeitraum von 1990/2004 setzte sich demnach das durchschnittliche jährliche Wachstum der realen gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung von rund 2,38% aus einem Beitrag des Faktors Kapital von +1,33 Prozentpunkten, der Arbeitsleistungen von +0,46 Prozentpunkten und einem Anstieg der "Multifaktorproduktivität" um 0,85 Prozentpunkte zusammen (dazu kommen Reallokationseffekte von –0,26 Prozentpunkten). Der als Multifaktorproduktivität gemessene, faktorungebundene technologische Wandel wird neben eigenen Innovationsleistungen vor allem auch durch Lerneffekte und die Übernahme neuer Technologien geprägt. Als Beitrag technologischer Veränderungen i. e. S. war sie mit einem Anteil von rund 36% für mehr als ein Drittel des Wirtschaftswachstums maßgebend.

In allen drei Hauptgruppen von Produktionsfaktoren waren zusätzlich bedeutende Strukturveränderungen in Richtung qualitativ höherwertiger Leistungen zu verzeichnen:

  • Der größte Teil des Wachstumsbeitrags von Vorleistungen entfiel auf die Zunahme der Nachfrage nach qualifikationsintensiven produktionsnahen Dienstleistungen, während z. B. die Nachfrage nach einfachen Rohstoffen rückläufig ist.
  • Im Bereich der Kapitalleistungen ist der Strukturwandel durch die wachsende Bedeutung der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien geprägt.
  • Die Struktur der Arbeitsleistungen verlagert sich merklich hin zu höherqualifizierter und weg von geringqualifizierter Arbeit, während die Summe aller geleisteten Arbeitsstunden weitgehend stabil ist.


Berücksichtigt man zusätzlich die Qualitätseffekte aus der Verlagerung zugunsten höherwertiger Produktionsfaktoren als Ausprägung faktorgebundener technologischer Veränderungen, dann beträgt der durchschnittliche jährliche Wachstumsbeitrag des technologischen Wandels i. w. S. +1,49 Prozentpunkte. Ohne technologischen Wandel im Sinne qualitativer Veränderungen der Produktion wäre das Wachstum der realen Wertschöpfung demnach in Österreich um knapp zwei Drittel geringer ausgefallen, d. h. die reine Steigerung des Einsatzes bestehender Produktionsfaktoren hätte die österreichische Volkswirtschaft um nicht einmal 1% wachsen lassen.

Vor dem Hintergrund der bedeutenden Veränderung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen in Österreich seit Anfang der neunziger Jahre (Ostöffnung, EU-Beitritt, Währungsunion usw.) zeigen die Ergebnisse sehr deutlich, dass weder der wachsende Standortwettbewerb im Zuge der Globalisierung noch der fortschreitende, in der Regel arbeitsparende technologische Fortschritt die Nachfrage nach Arbeitsleistung sinken ließ. Allerdings konnten die Beschäftigungsmöglich- keiten trotz der Zunahme des Arbeitskräfteangebotes und der Vielzahl neuer unternehmerischer Chancen nicht spürbar ausgeweitet werden.

Q: WIFO-Berechnungen. Autor: Michael Peneder; APF: "aggregate production function", PPF: "production possibility frontier", AAI: "aggregation across industries".

 
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