Ausbau der Mitbestimmung für Mitglieder, mehr Frauen im Führungsgremium
Wien (oegb) - "Wir werden einen neuen, starken, erfolgreichen ÖGB schaffen", eröffnete
der geschäftsführende ÖGB-Präsident seine Rede zur Reform des ÖGB. Der ÖGB der Zukunft
müsse nicht nur auf Veränderungen in der Arbeitswelt reagieren, sondern selbst zum aktiven Gestalter
einer modernen, solidarischen Gesellschaft werden, so Hundstorfer.
Ziel der Reform sei die bestmögliche Vertretung der Mitglieder. Gleichzeitig müsse die Neuausrichtung
sicherstellen, dass ÖGB und Gewerkschaften für die Finanzierung ihrer Tätigkeit in Hinkunft mit
den eingenommenen Mitgliedsbeiträgen ihr Auskommen finden. "Es wird weiterhin einen starken, überparteilichen
ÖGB und starke, solidarische Gewerkschaften geben", sagte Hundstorfer. Bei der Reform starte man zwar
in einer Bereiche-Struktur, aber es werde viele gemeinsame, gewerkschaftsübergreifende Projekte geben.
Vorstand ersetzt bisheriges Präsidium
"Wir wollen die Überparteilichkeit des ÖGB stärken", so Hundstorfer zu den organisatorischen
Änderungen im ÖGB. Das bisherige Präsidium werde durch einen geschäftsführenden Vorstand
ersetzt. In dem zwanzigköpfigen Gremium werden neben der Fraktion Sozialdemokratischer GewerkschafterInnen
und der Fraktion Christlicher Gewerkschafter erstmals auch die Unabhängigen GewerkschafterInnen (UG) vertreten
sein. Ein weiterer Eckpfeiler der ÖGB-Reform ist der Beschluss der Quote. Frauen müssen in Zukunft in
allen Gremien mindestens entsprechend ihrem Mitgliederanteil vertreten sein. Da rund 33 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder
weiblich sind, werden auch ein Drittel der Mitglieder des neuen Vorstandes Frauen sein.
Im ÖGB neu werde es eine klare Trennung zwischen gewählten FunktionärInnen und der Administration
geben. "Die Leitenden SekretärInnen, die für die Administration des Tagesgeschäftes zuständig
sind, werden deshalb nicht mehr beim Bundeskongress gewählt, sondern vom Bundesvorstand bestellt", berichtete
der geschäftsführende ÖGB-Präsident.
Kontrolle wird verbessert
"Aus den traurigen Erfahrungen der jüngsten Vergangenheit haben wir eine Reihe von Maßnahmen getroffen,
um die Kontrolle zu stärken", führte Hundstorfer weiter aus. Den Vorsitz der Kontrollkommission
werde in Hinkunft ein/e VertreterIn einer Minderheitenfraktion innehaben. Zusätzlich werde im geschäftsführenden
Vorstand eine Stabstelle für Controlling eingerichtet. Um die finanzielle Transparenz nach innen und außen
zu gewährleisten wird beim Kongress eine Einkommensobergrenze beschlossen, das Einkommen der SpitzenfunktionärInnen
wird im Internet offen gelegt.
Eine wesentliche Stärke der Gewerkschaftsbewegung sei der direkte Zugang zu den Mitgliedern auf regionaler
Ebene. "Das werden wir stärken. In Zukunft werden aber nicht mehr Gewerkschaften und ÖGB nebeneinander
für die ArbeitnehmerInnen in den Regionen da sein, sondern wir werden unsere Ressourcen bündeln",
kündigte Hundstorfer an.
ÖGB stärkt die Mitbestimmungsrechte der Mitglieder
"Nützen wir die Krise als Chance", forderte Hundstorfer die Delegierten in seiner Rede auf. "Wir
alle und vor allem ihr in den Betrieben musstet im vergangenen Jahr rund um den BAWAG-Skandal täglich miterleben,
wie sehr unsere Glaubwürdigkeit gelitten hat." Mit einer Reihe von Reformschritten wolle der ÖGB
zur Verbesserung der inneren Demokratie beitragen und die Mitbestimmungsrechte von BetriebsrätInnen und Mitgliedern
stärken.
In jeder Region solle ein gewerkschaftsübergreifendes regionales Gremium errichtet werden. Hundstorfer: "Das
regionale Gremium hält mindestens zweimal jährlich Sitzungen ab, die öffentlich zugänglich
sind. Ergänzend findet einmal pro Jahr in den Regionen ein Gewerkschaftshearing statt, zu dem alle Mitglieder
eingeladen werden. Das Präsidium steht den Mitgliedern dort Rede und Antwort." Auf regionaler Ebene werde
zudem als ein Schritt zur weiteren Demokratisierung die Direktwahl eingeführt.
Zur Unterstützung der Grundlagenarbeit werden Kompetenzzentren auf Landes- und Gewerkschaftsebene eingerichtet,
wo BetriebsrätInnen, PersonalvertreterInnen und JugendvertrauensrätInnen als ExpertInnen und BeraterInnen
tätig sind. Für eine zeitlich begrenzte und themenbezogene Mitgestaltung werden zusätzlich eigene
Themen- und Funktionsforen eingerichtet.
Stärker zusammenarbeiten will der ÖGB in Zukunft mit NGOs, auch die Vernetzung auf internationaler Ebene
soll forciert werden. Hundstorfer: "Der ÖGB ist hier auf gutem Weg. Er war treibende Kraft bei der Gründung
des Internationalen Gewerkschaftsbundes, die vergangenes Jahr in Wien stattfand." Um besser auf die Bedürfnisse
der einzelnen ArbeitnehmerInnen-Gruppen eingehen zu können, werde der ÖGB in Zukunft die Zielgruppenarbeit
professionalisieren. Auch die Direktkommunikation mit den Mitgliedern soll verstärkt werden.
Hundstorfer abschließend: "Wir werden heute das Fundament für eine erneuerte, starke Interessenvertretung
bauen. Dieses Fundament müssen wir nutzen, um neue Mitglieder zu gewinnen. Das wird uns gelingen, wenn wir
die Reformziele, die wir heute beschließen, mit Leben erfüllen. Dabei ist es wichtig, dass wir alle
gemeinsam an einem Strang ziehen." |