Paris (esa) - Wenn ein Satellit auf Partikel mit hoher Energie oder auf ein
anderes Phänomen des Weltraumwetters trifft, besteht die Gefahr, dass die Elektronik an Bord gestört
und wissenschaftliche Instrumente beschädigt werden. In sehr seltenen Fällen kann sogar die Zerstörung
des Satelliten die Folge sein. Ein leistungsfähiges System, das derzeit am ESOC entwickelt wird, soll in Zukunft
eine effektive Beobachtung und Vorhersage solcher Phänomene liefern.
Die Sonnenaktivität beeinflusst das gesamte Sonnensystem auf vielfältige Weise, unter anderem entstehen
bei Sonneneruptionen Ströme rasend schneller Energiepartikel sowie abrupte Ausbrüche schädlicher
Röntgenstrahlung. Auch dringt kosmische Energiestrahlung aus anderen Teilen der Galaxie in unser Sonnensystem
ein. Diese Phänomene sind vielfach für ein anormales Verhalten und die Alterung von Raumsonden und ihrer
empfindlichen wissenschaftlichen Instrumente verantwortlich.
Aber seit dem Frühjahr 2005 liefert SEISOP (Space Environment Information System for Operations), ein System
zur Beobachtung und Vorhersage des Weltraumwetters, das derzeit im Satellitenkontrollzentrum (ESOC) der ESA entwickelt
wird, dem Gammastrahlen-Observatorium Integral Weltraumwetterberichte - und dies annähernd in Echtzeit.
SEISOP wird in Kooperation mit dem ESA Space Weather Applications Pilot Project entwickelt und von der portugiesischen
Task Force bei der ESA finanziert. Das System enthält eine Datenbank mit Aufzeichnungen über den Zustand
von Raumsonden und Weltraumwetter-Beobachtungsdaten aus der ganzen Welt, in Verbindung mit hoch entwickelten Softwareanwendungen,
die dem Integral-Flugkontrollteam Berichte, Warnmeldungen, Vorhersagen und Verlaufsdaten zur Verfügung stellen.
„Das Weltraumwetter wirkt sich auf vielfältige Weise auf Raumsonden aus. Es können Datenverluste ohne
erkennbare Ursache, Änderungen an der Orbitdynamik und Qualitätseinbußen bei wissenschaftlichen
Daten auftreten. Daher sind Aktualisierungen in Echtzeit unverzichtbar für die Entscheidung, wie lange die
Instrumente während eines Gefahrenzeitraums abgeschaltet bleiben sollen“, erläutert Alessandro Donati,
Leiter der Abteilung Advanced Mission Concepts and Technologies am ESOC.
Ein Teil der Weltraumwetterdaten wird von Raumsonden der ESA, der NASA und der NOAA (Wetter- und Ozeanbehörde
der Vereinigten Staaten) erfasst, zahlreiche bodengestützte Institute und Einrichtungen steuern weitere Beobachtungsdaten
bei. SEISOP gehört dem europäischen Weltraumwetter-Netzwerk SWENET an.
Mit SEISOP können die Kontrollteams für die Missionen im Voraus erkennen, wann sie Instrumente wie beispielsweise
Star Tracker-Kameras abschalten, Systeme in einen „abgesicherten Modus“ herunterfahren oder andere Maßnahmen
zum Schutz der empfindlichen Bordelektronik und der wissenschaftlichen Sensoren ergreifen sollten.
Zwar gibt es Instrumente, die mit Einrichtungen zum automatischen Abschalten (Safemode) während kritischer
Zeiträume ausgestattet sind, doch sind das längst nicht alle, und es ist auch zeitaufwändig, ein
solches Instrument nach einem automatischen Abschaltvorgang wieder in Betrieb zu setzen. Außerdem war es
bisher schwer herauszufinden, wann die Strahlung nach einem Ereignis wie einer Sonneneruption wieder auf einen
ungefährlichen Wert abgesunken war.
Im Laufe des Jahres 2007 wird SEISOP in die Betriebsentwicklungsphase eintreten, in der alle ESA-Missionen mit
denselben notwendigen Weltraumwetter-Aktualisierungen versorgt werden sollen. „Wir gehen davon aus, dass wir dieses
Jahr mit der Arbeit an der endgültigen Betriebsversion beginnen können. SEISOP hat das Potenzial, Warndienste
nicht nur im Rahmen der ESA zur Verfügung zu stellen, sondern die Raumfahrtbehörden weltweit mit entsprechenden
Daten zu versorgen, denn dem Weltraumwetter sind alle Raumfahrzeuge ausgesetzt“, sagt Donati abschließend. |