Gleichbehandlungsbericht 2004/2005  

erstellt am
05. 02. 07

Neue Diskriminierungstatbestände wurden eingeführt – Neue Anwältinnen für Antidiskriminierung und Antirassismus
Wien (pk) - Einblick über den Stand der Verwirklichung der Gleichbehandlung in der Privatwirtschaft im Zeitraum 2004 bis 2005 gibt ein neuer zweiteiliger Bericht der Bundesregierung, der in Zusammenarbeit zwischen dem Gesundheits- und dem Wirtschaftsministerium erstellt wurde.( III-13 d.B.)

Mit 1. Juli 2004 wurde das Gleichbehandlungsrecht in Österreich neu geregelt. Das neue Gleichbehandlungsgesetz dient vor allem der Umsetzung der Antidiskriminierungsrichtlinien der EU. Die neue Gesetzeslage sieht daher vor, dass niemand auf Grund des Geschlechts, der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder der Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis diskriminiert werden darf.

Ausgenommen vom Geltungsbereich sind der Diskriminierungsbereich der Behinderung (hier gibt es ein eigenes Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz), das Dienstrecht des Bundes (geregelt durch das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz) sowie Angelegenheiten, die in die Kompetenz der Länder fallen.

Der Aufgabenbereich der bestehenden Gleichbehandlungskommission, die bisher für die Geschlechtergleichbehandlung zuständig war, wurde auf alle oben aufgelisteten Diskriminierungstatbestände ausgeweitet. Sie kann insbesondere Gutachten erstellen und Einzelfallprüfungen vornehmen. Schadenersatzansprüche oder Erfüllungsansprüche können jedoch nicht geltend gemacht werden, dafür ist ausschließlich das Gericht zuständig. Die Entscheidungen der Gleichbehandlungskommission sind – wie bisher – nicht verbindlich. Die Kommission hat dem/der für die Diskriminierung Verantwortlichen schriftlich einen Vorschlag zur Verwirklichung der Gleichbehandlung zu übermitteln und ihn/sie aufzufordern, die Diskriminierung zu beenden. - Auch der Aufgabenbereich der Gleichbehandlungsanwaltschaft, die für die Beratung und Unterstützung von Betroffenen zuständig ist, wurde analog ausgedehnt.

Die Arbeit der Gleichbehandlungskommission in den Jahren 2004/2005
Im Jahr 2004 wurde die für die Privatwirtschaft zuständige Gleichbehandlungskommission, die im Gesundheitsministerium angesiedelt ist, umstrukturiert und in drei Senate unterteilt: Senat I für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt; Senat II für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder der Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt und Senat III für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen.

Im Jahr 2004 wurden im Bereich des Senats I insgesamt 28 Anträge (26 von Frauen, 2 von Männern) eingebracht, wobei 21 einer Erledigung zugeführt werden konnten. Die erledigten Anträgen behandelten folgende Diskriminierungstatbestände: Sexuelle Belästigung (7), Beendigung des Arbeitsverhältnisses (7), Sonstige Arbeitsbedingungen (6), Entgelt (4), Beruflicher Aufstieg (3) und Begründung des Arbeitsverhältnisses (2). Im Jahr 2005 kam es zu einer Steigerung bei den eingebrachten Anträgen (32), wobei 29 von Frauen und 3 von Männern gestellt wurden. Es wurden 23 Prüfungsergebnisse vorgelegt und 9 Anträge zurückgezogen. Ausgehend von den erledigten Verfahren kann festgestellt werden, dass es mehr Fälle unter dem Titel "Sexuelle Belästigung" gegeben hat, nämlich insgesamt 14. Die durchschnittliche Verfahrensdauer der mit einem Prüfergebnis abgeschlossenen Verfahren betrug im Jahr 2004 8 Monate, im Jahr 2005 10 Monate.

In dem 171 Seiten umfassenden ersten Teil des Berichts werden konkrete Fälle in anonymisierter Form dargestellt. Beispielsweise wird ein Fall aus dem Zuständigkeitsbereich des Senates I angeführt, bei dem sich "eine offenkundig fachlich höchstqualifizierte Frau um die ausgeschriebene Funktion beworben hatte, ein offenkundig bei weitem nicht in diesem Maße fachlich qualifizierter Mann mit der Leitung der Münzsammlung betraut wurde". Die Gleichbehandlungskommission hat augrund der fehlenden Nachvollziehbarkeit der Personalentscheidung den Eindruck gewonnen, dass das Auswahlverfahren im Bezug auf die Durchführung des Hearings vom Ansatz her nur scheinbar "objektiv" konzipiert worden ist. Die GBK gelangte zur Auffassung, dass die Antragstellerin bei Begründung des Arbeitsverhältnisses diskriminiert wurde.

In einem anderen Fall wurde eine Arbeitnehmerin von ihrem Vorgesetzten dazu aufgefordert, "ihre Blusen weiter zu öffnen", um die Verkaufszahlen zu verbessern. Auch habe er sie regelmäßig vor anderen Kollegen lächerlich gemacht, ihr auf den Hintern geklopft und Mails mit teilweise pornographischem Inhalt an sie gesandt. Die GBK war daher der Auffassung, dass damit der Tatbestand der sexuellen Belästigung verwirklicht wurde. Generell wird im Bericht darauf hingewiesen, dass die "Kombination von sexueller Belästigung und Kündigung" sehr oft vorkomme, da bei Unternehmen häufig die Tendenz bestehe, das Problem insofern zu lösen, als nicht der Belästiger, sondern die belästigte Person aus dem Betrieb entfernt wird.

Beispiele aus den Arbeitsbereichen des Senats II und III
Der Senat II ist für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt zuständig. In den Jahren 2004 und 2005 wurden in diesem Bereich 9 Anträge eingebracht. An diesen Senat können sich Menschen wenden, die sich zum Beispiel bei der Begründung des Arbeitsverhältnisses auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit diskriminiert fühlen. So wurde etwa von einer aus Südafrika gebürtigen Frau, die sich um einen Job als Kellnerin vorstellen wollte, ein Antrag eingebracht. Bei der persönlichen Vorsprache zum vereinbarten Termin ist sie allerdings bereits an der Tür mit der Bemerkung abgefertigt worden, dass keine Personen mit dunkler Hautfarbe als Kellnerinnen beschäftigt würden. Da der Tatbestand der Diskriminierung als erfüllte angesehen wurde, hat der Senat II der Arbeitgeberin eine intensive Befassung mit dem Gleichbehandlungsgesetz empfohlen.

Der Senat III, der für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen zuständig ist, hatte im Jahr 2005 insgesamt 11 Anträge zu behandeln. Die meisten Fälle betrafen dabei die Diskriminierungstatbestände "Ethnische Zugehörigkeit – Zugang zu einer Dienstleistung/öffentliches Gut" Fälle) bzw. "Ethnische Zugehörigkeit – Belästigung". So brachten beispielsweise drei sudanesische Staatsbürger eine Beschwerde ein, weil sie an einem Imbissstand nicht bedient wurden. Die Kellnerin soll gesagt haben "Sie sind Schwarze. Mein Chef hat gesagt, ich soll schauen, dass sich keine Schwarzen hersetzen, weil die Drogen verkaufen". Ähnliche Probleme hatte ein österreichischer Staatsbürger, der in Nigeria geboren ist, beim Betreten einer Diskothek. Er wurde mit der Argumentation abgewiesen, dass keine Ausländer hinein dürften. Auch der Hinweis darauf, dass er österreichischer Staatsbürger sei, habe nichts genützt. Ein Antrag, der von der Gleichbehandlungsanwaltschaft eingebracht wurde, bezog sich auf ein Schild bei einem Campingplatz "Kein Zugang für Zigeuner".

Vollziehung des Gleichbehandlungsgesetzes durch die Gerichte
Verletzungen des Gleichbehandlungsgebotes können nicht nur bei der Gleichbehandlungskommission, sondern unmittelbar bei Gericht geltend gemacht werden, wobei beide Institutionen unabhängig voneinander angerufen werden können. Auf den Seiten 162 bis 169 im ersten Teil des Berichts sind einige Gerichtsentscheidungen nachzulesen, die dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit bekannt sind. (Eine systematische Erfassung der zum Gleichbehandlungsgesetz ergangenen Entscheidungen liegt nicht vor.) Es wird darauf hingewiesen, dass - im Hinblick auf das relativ kurze Bestehen des neuen Gesetzes - noch keine gerichtlichen Entscheidungen betreffend Diskriminierung wegen der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder sexuellen Orientierung bekannt sind.

In einem Urteil hat der OGH beispielsweise festgestellt, dass "eine unzulässige mittelbare Diskriminierung bei der Entgeltfestsetzung vorliegt, wenn ein Arbeitgeber nur Vollzeitmitarbeitern eine Erschwerniszulage für die durch überwiegende Bildschirmarbeit aufgetretenen Belastungen gewährt und im Unternehmen vorwiegend Frauen teilzeitbeschäftigt sind". Ein anderes "richtungweisendes Urteil" des OGH besagt, dass auch eine wegen einer Schwangerschaft ausgesprochene Beendigung des Arbeitsverhältnisses während der Probezeit eine unmittelbare Diskriminierung darstellt und daher anfechtbar ist. Das OLG Linz hat in einem Urteil klar gestellt, dass das "heimliche Installieren einer Kamera im Wasch- und Umkleideraum eine sexuelle Belästigung darstellt". Den drei Arbeitnehmerinnen wurde ein Schadenersatz von jeweils 1.500 Euro zugesprochen. Einen Schadenersatz in der Höhe von 1.800 € erhielt eine junge Arbeitnehmerin, die erst seit einer Woche in dem Unternehmen war und der von Seiten ihres Arbeitgebers vorgeschlagen wurde, bei einer Dienstreise in einem Doppelzimmer gemeinsam zu übernachten.
   

Neue Anwältinnen für Antidiskriminierung und Antirassismus
Der zweite Teil des Gleichbehandlungsberichtes enthält eine Zusammenfassung der Tätigkeit der Gleichbehandlungsanwältinnen in den Jahren 2004 und 2005 ( III-13 d.B.). Auf insgesamt 156 Seiten sind nicht nur die Berichte der vier Regionalanwaltschaften und eine Beratungsstatistik (mit Beispielen) zu finden, sondern auch Informationen über die Arbeitsschwerpunkte in den Bereichen Öffentlichkeitsarbeit und Bewusstseinsbildung, Anmerkungen zu ausgewählten Urteilen und Vorschläge zur Weiterentwicklung der gesetzlichen Rahmenbedingungen.

Die Anwaltschaft für Gleichbehandlung besteht aus drei inhaltlich unabhängigen Teilen: Der "Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt" mit einer Zentrale in Wien, vier Regionalbüros und insgesamt 18 Mitarbeiterinnen. Dazu kommen entsprechend dem seit 1.7. 2004 in Kraft befindlichen Gleichbehandlungsgesetz die "Anwältin für die Gleichbehandlung in der Arbeitswelt ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung" (Antidiskriminierung) und die "Anwältin für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen" (Antirassismus). Die beiden neuen Anwältinnen haben ihre Tätigkeiten mit 1.3.2005 aufgenommen und sind jeweils alleine für ganz Österreich zuständig. In diesem Zusammenhang wird auf die problematische Personalsituation hingewiesen, da jeweils nur eine einzelne Person für Anfragen aus und Beratungen in allen Bundesländern zur Verfügung steht. Auch in der Zentrale der Anwältin für die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt wären aufgrund des stark ausgeweiteten Geltungsbereichs des Gleichbehandlungsgesetzes zusätzliche Mitarbeiterinnen erforderlich, heißt es im Bericht.

Beratungsstatistik 2004 und 2005
Im Jahr 2004 wurden insgesamt 4.558 neue Beratungsfälle konstatiert, wobei sich 72 % auf das Gleichbehandlungsgesetz bezogen haben. Die weitere Aufteilung sieht folgendermaßen aus: Sonstige Gleichbehandlungsfragen 12 %, Arbeitsrecht/Sozialversicherungsrecht 8 % und Neue Diskriminierungsgründe 8 %. Im Jahr 2005 gab es insgesamt 4.418 neue Beratungsfälle, die prozentuelle Aufteilung entspricht dabei genau dem Vorjahr. Ebenso wie im Jahr 2004 betraf ein Viertel der Beratungsfälle Männer, drei Viertel Frauen. Da die Beratungen meist auch weiterführende Kontakte nach sich zogen, betrug die Gesamtzahl der Beratungen im Jahr 2005 25.059.

Im Kapitel "Themenschwerpunkte in der Beratung" wird darauf hingewiesen, dass der Grundsatz "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" zwar bereits seit 1979 im Gleichbehandlungsgesetz verankert ist, die Erfolge aber aufgrund der individuellen Durchsetzungsmöglichkeiten begrenzt sind. Viele Betroffene wollen bei bestehendem aufrechten Dienstverhältnis ihre Ansprüche nicht geltend machen, weil sie Sanktionen fürchten, heißt es im Bericht. Viele Frauen berichten auch, dass sie, wenn sie ihre engagierte Arbeit und guten Leistungen zum Ausdruck bringen, offensichtlich gegen Rollenerwartungen verstoßen und riskieren, sich bei Vorgesetzten wegen zu viel Selbstlobs unbeliebt zu machen. Weiters stellten die Autorinnen fest, dass auch dem Bereich der Raum- und Landschaftsplanung sowie der Architektur vermehrt Anfragen von selbständigen Unternehmerinnen nach gendergerechten Vergabekriterien kommen. Außerdem kommen zahlreiche Beschwerden, dass sexuelle und geschlechtsbezogene Belästigungen in Berufsschulen immer wieder ein Thema seien. Am schwersten hätten es dabei Mädchen mit Migrationshintergrund, da es "auch seitens der Berufsschullehrer/innen oft zu rassistischen Äußerungen" käme.

Ein weiterer Beratungsschwerpunkt betraf das neue Elternteilzeitrecht. Sehr bald nach Inkrafttreten des Gesetzes haben sich die ersten Personen mit Beschwerden an die Gleichbehandlungsanwaltschaft gewandt, weil ihnen die Elternteilzeit entweder trotz gesetzlichen Anspruchs zunächst verwehrt oder aus unsachlichen Gründen eine diesbezügliche Vereinbarung verweigert wurde; noch häufiger aber waren Beschwerden darüber, dass sich in einer faktisch angetretenen Elternteilzeit die Arbeitsbedingungen massiv verschlechterten.

Generell habe die Einrichtung von zwei neuen Anwaltschaften (Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt bzw. Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen) eine sichtbare Verlagerung des Interesses und der allgemeinen Anfragen zum Gleichbehandlungsgesetz, seinen Tatbeständen und seinen Umfang ergeben.

Die neuen Diskriminierungstatbestände
Seit Beginn der Tätigkeit im März 2005 bis Ende des Jahres wandten sich 391 Menschen erstmals an die Anwältin für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung in der Arbeitswelt. In den meisten Fällen führten Erstanfragen zu weiterer – oft sehr umfangreicher – Tätigkeit in Form von persönlichen Beratungsterminen, Telefonaten, Schlichtungsversuchen, Teilnahme an Sitzungen der Gleichbehandlungskommission etc. Bis zum Stichtag 31.12.2005 wurden 1577 weiterführende Kontakte verzeichnet. Jeweils 37 % der Erstberatungen betrafen Diskriminierungen aufgrund der ethnischen Zugehörigkeit und allgemeine Anfragen zum Gleichbehandlungsgesetz. In 12 % der Fällen ging es um Altersdiskriminierungen in der Arbeitswelt, in 10 % um Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung. Daneben gab es vergleichsweise weniger Anfragen (2 % bzw. 3 %) zu den Diskriminierungsgründen Religion und Weltanschauung.

Einen Schwerpunkt hinsichtlich der Diskriminierungstatbestände stellten Benachteiligungen bei der Begründung oder Beendigung von Arbeitsverhältnissen und bei den sonstigen Arbeitsbedingungen, sowie Belästigungen –zum Beispiel rassistische, homophobe oder altersbezogene Beschimpfungen oder Bemerkungen dar.

Auffällig war, dass sich überwiegend Menschen, welche sich nicht mehr oder noch nicht in einem aufrechten Dienstverhältnis befanden, zur Beratung an die Anwältin wandten. Trotz des gesetzlich geregelten Benachteiligungsverbots wagten es demnach viele Menschen aus Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes nicht, gegen Diskriminierung vorzugehen oder sich beraten zu lassen.

Beispiele aus der Praxis
Eine gebürtige Wienerin, die die HTL für Restaurierung absolviert hat, bewirbt sich auf eine Zeitungsannonce hin in einem Restaurationsgeschäft für den Verkauf. Als sie zum persönlichen Vorstellungstermin kommt, wird sie wüst beschimpft und gefragt, wie sie überhaupt auf die Idee komme, sich hier zu bewerben, da sie ja wisse, was mit "Schwarzen" verbunden würde. Auf Nachfrage führt der Geschäftsführer aus, dass "Schwarze" mit Drogen handeln würden und daher er und seine Kunden keine schwarze Verkäuferin haben wollen. Überdies handle es sich bei seinem Geschäft um ein Familien- und Traditionsunternehmen und es sei geradezu eine Frechheit, dass sie auf die Idee komme, hier arbeiten zu wollen. Die junge Frau wendet sich an die Anwältin, weil sie sich aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit diskriminiert fühlt.

Ein Beispiel für Diskriminierung aufgrund des Alters: Im Handel wurde eine Stelle als Reinigungskraft ausgeschrieben. Daraufhin meldeten sich viele Interessentinnen bei der Firma, die zu einem Sammel-Vorstellungstermin lud. Bereits zu Beginn wurden ältere Bewerberinnen mit: "Alle über 50 können gleich wieder heim gehen, wir nehmen nur unter 50jährige", hinaus"komplimentiert".

Anwältin für die Gleichbehandlung ohne Unterschied der ethnischen Zugehörigkeit in sonstigen Bereichen

Mit der 6. Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes wurden einerseits die Gründe, deretwegen ein Mensch nicht diskriminiert werden darf, und andererseits der Geltungsbereich des Gleichbehandlungsgesetzes erweitert. Das Gleichbehandlungsgebot gilt daher seit 1. Juli 2004 auch für Bereiche außerhalb der Arbeitswelt. Diese so genannten "sonstigen Bereiche" sind im Teil III des Gesetzes geregelt und umfassen den Zugang zu und die Versorgung mit öffentlichen Gütern und Dienstleistungen, Bildung, Sozialschutz und soziale Vergünstigungen.

Ein Großteil der Menschen, die sich zur Beratung an die Anwältin wandten, fühlte sich aufgrund ihrer Herkunft oder ihrer Hautfarbe am Wohnungsmarkt, in Lokalen oder Geschäften und bei anderen Dienstleistungen benachteiligt. Im Berichtszeitraum hat sich der überwiegende Teil der Beratungen dabei örtlich auf Wien und Umgebung konzentriert. Dies zeige sehr deutlich, wie wichtig die örtliche Nähe zu der Beratungsstelle für die betroffenen Menschen ist, urteilen die Autorinnen.

In einem beispielhaften Fall aus der Praxis wird darüber berichtet, dass eine in Österreich lebende Frau russischer Herkunft in einem Damenmodengeschäft auf der Suche nach einer Jacke war. Als sie sich in nicht akzentfreiem Deutsch an die Verkäuferin wandte, forderte sie diese auf, das Geschäft zu verlassen und nicht mehr zu kommen, da sie sich in diesem Geschäft sowieso nichts leisten könne. Probleme für Menschen nichtösterreichischer Herkunft gab es auch bei der Wohnungssuche. Aufgrund des Akzents wurde ihnen beim ersten Telefongespräch von vielen Immobilienbüros mitgeteilt, dass die Wohnung bereits vergeben ist. Ein Mann afrikanischer Herkunft klagte darüber, dass er lange Zeit keine Wohnung gefunden habe. Oft war es so, dass ihm der Vermieter, wenn er ihn beim ersten Besichtigungstermin erklärt habe, dass die Wohnung nicht mehr frei sei. Als am nächsten Tag jedoch ein Freund beim Makler angerufen hat, war die Wohnung wieder zu haben.
 
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