Voraussetzungen für ein effizientes Risikomanagement
Wien (wifo) - Österreich ist Naturgefahren in besonderem Maß ausgesetzt. Neben der natürlichen
Gefährdung tragen aber auch Fehler im Risikomanagement zum hohen Schadensausmaß bei. Mängel in
der Raumplanung haben zur Folge, dass 12% des Gebäudebestands durch Hochwasser potentiell gefährdet sind,
fast 9% gelten als hochgefährdet. Die Verstärkung von Vorsorgemaßnahmen ist eine Voraussetzung
für ein effizientes System des Risikomanagements, das künftigen Herausforderungen gewachsen ist. Eine
effiziente Risikoteilung umfasst den Rückzug des Staates aus der laufenden Schadensabdeckung, einen breiten
(oft verpflichtenden) Versicherungsschutz potentiell Betroffener und eine starke Beteiligung des Staates in der
Vorsorge, im Katastrophenschutz und in der Krisenbewältigung während des Eintritts von Extremereignissen.
Aufgrund der topographischen Gegebenheiten ist Österreich Naturgefahren besonders ausgesetzt. In den letzten
Jahren hinterließen große Hochwasserereignisse beträchtliche Schäden (2002 etwa 2,9 Mrd.
Euro und 2005 etwa 0,6 Mrd. Euro). Das Ausmaß der volkswirtschaftlichen Schäden übersteigt meist
die direkten Sachschäden, weil die Wiederherstellung von Infrastruktur Ressourcen bindet und Ökoschäden
eine regelmäßige Begleiterscheinung von Naturereignissen sind. Ein verbessertes Risikomanagement senkt
die wirtschaftlichen Folgen von Naturereignissen.
Zu den wichtigsten Zielen eines effizienten Risikomanagements zählen eine Schadenprävention im Vorfeld
von Elementarereignissen, eine rasche Umsetzung schadenmindernder Maßnahmen während des Ereignisses
und eine umgehende Entschädigung der Betroffenen zu vorhersehbaren Konditionen nach dem Schadeneintritt.
Die Analyse der Ereignisse von 2002 deckte in allen drei Phasen des Risikomanagements Mängel auf. Durch Koordinationsprobleme
von Gebietskörperschaften wurden Flächen mit hohem Gefahrenpotential zur Verbauung gewidmet. Fast 9%
des Gebäudebestands befinden sich auf Flächen mit potentiell hoher Gefährdung (Abbildung 1 und Übersicht
1). In diesen Zonen wurden zu wenige Maßnahmen zur Schadenprävention an Bauten umgesetzt. Das Fehlen
von Wissen über schadenminderndes Verhalten während der Ereignisse hatte die Ausweitung der Schäden
zur Folge. Trotz großer Aufwendungen des Staates und hoher Leistungen der privaten Versicherungswirtschaft
trugen private Haushalte und Unternehmen annähernd 20% der gesamten Schadensumme selbst. In vielen Einzelfällen
war dieser Anteil deutlich höher.
In Österreich spielt der Staat in allen drei Phasen des Risikomanagements eine bedeutende Rolle. In der Phase
vor Schadeneintritt umfasst dies die Ausweisung der Gefahrenzonen, die Errichtung von Dämmen, Schutzbauten
und anderen Bauwerken, die zu einer Minderung des Schadenrisikos beitragen. Auch das Betreiben von Informationssystemen
und Warndiensten zählt dazu, wie etwa die vorsorgende Unterstützung von Feuerwehren und Katastrophendiensten.
Er beteiligt sich auch am Risikotransfer, also der Entschädigung Betroffener. Staatliche Beihilfen sind in
den Bundesländern aber unterschiedlich geregelt. Eine unerwünschte Folge des Nebeneinanders staatlicher
und privater Risikotransfermechanismen ist, dass sich die privaten Haushalte in zu geringem Ausmaß gegen
Hochwasser versichern.
In Österreich sollte der Staat weiterhin eine zentrale Rolle in der Schadensvorbeugung und der Krisenintervention
wahrnehmen. Auch die zügige Wiederherstellung der Infrastruktur nach Naturkatastrophen ist eine wichtige Staatsaufgabe.
Der Staat sollte sich aber aus der Beihilfeleistung nach Naturereignissen zurückziehen, ohne dabei die soziale
Dimension von Katastrophenschäden zu vernachlässigen. Für Elementarrisken kann der Markt Versicherungsschutz
anbieten, wenn eine ausreichende Nachfrage zustande kommt. Dazu müssen alle Anreize, die die private Vorsorge
schwächen, wie z. B. die Auszahlungen des Katastrophenfonds, beseitigt werden.
Vor dem Hintergrund der spezifischen Situation Österreichs kann folgende Lösung für Risken aus Naturgefahren
eine Verbesserung gegenüber der Ist-Situation bringen: der Ausstieg der öffentlichen Hand aus der direkten
Schadenkompensation an Privathaushalte bei gleichzeitiger Einrichtung einer verpflichtenden Versicherung für
gefährdete Privathaushalte mit risikoadäquaten Prämien. Dadurch wird eine Umverteilung zwischen
Risikogruppen vermieden. An einkommenschwache Haushalte sollten Gemeinden einen Zuschuss zur Versicherungsprämie
auszahlen. Damit bleiben Versicherungen auch in Hochrisikozonen leistbar, und die Gemeinden haben über die
nicht-risikoadäquate Umsetzung von Bebauungsvorschriften eine Mitverantwortung für das hohe Gefährdungspotential
in einzelnen Gebieten. In Zukunft bestünde somit für Gemeinden ein finanzieller Anreiz zur Bedachtnahme
auf Naturgefahren bei der Widmung von Flächen zu Bauland.
Quelle: WIFO
Autoren: Franz Sinabell, Thomas Url |