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Nationalrat beschließt Bundesministeriengesetz und Vertretungsregeln |
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erstellt am
31. 01. 07
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Kompetenzen der Ressorts neu geregelt
Wien (pk) - Abgeordneter Dr. VAN DER BELLEN (G) eröffnete die Debatte
im Hohen Haus am 30.01. über Novelle zum Bundesministeriengesetz und die Neuregelung der Vertretung durch
StaatssekretärInnen, die unter einem debattiert wurden. Van der Bellen ging zunächst auf die Verfassungsnovelle
ein, bei der es darum geht, dass die Staatssekretäre Lopatka und Matznetter in Hinkunft Vizekanzler Molterer
bzw. Bundeskanzler Gusenbauer vertreten können. Diese "Anlassgesetzgebung par excellence" stehe
im jedoch im Widerspruch zum Paragraphen 19 der Nationalratsgeschäftsordnung, gab der Redner zu bedenken.
Er erwarte sich daher, dass diese Angelegenheit sofort bereinigt wird, denn es könne nicht sein, dass zwei
einander widersprechende Gesetze, die jeweils mit Zweidrittelmehrheit beschlossen wurden, bestehen. Was das neue
Bundesministeriengesetz betrifft, so spiegle sie die Koalitionsakrobatik wider und sei "von funktionalen Zweckmäßigkeiten
unberührt", urteilte Van der Bellen. Als Beispiel führte er an, dass die Zersplitterung der Forschungsagenden,
die schon in der letzten Periode beklagt wurde, weiter fortgeschrieben wird. Vergeblich suche man auch nach einer
Zuständigkeit für Integration bzw. für Migrantinnen und Migranten.
Schließlich kam Van der Bellen darauf zu sprechen, dass ein Abgeordneter des Hohen Hauses behauptet hat,
schwerste Menschenrechtsverletzungen erlitten zu haben. Abgeordneter Strache habe die Art, wie in heimischen Medien
in den letzten Tagen über ihn berichtet wurde, verglichen mit dem Stil der Zeitung "Der Stürmer".
Diese deutsche Wochenzeitung, die von 1923 bis 1945 erschienen ist, war ein antisemitisches Hetzblatt der Sonderklasse,
in dem Juden z.B. als Bazillus und Pest bezeichnet wurden. Er betrachte dies daher als die geschmackloseste und
schäbigste Version eines Versuchs, sich selbst zum Opfer zu stilisieren. Er erwarte sich daher von Strache,
dass er sich in geeigneter Weise entschuldige. Vom Abgeordneten Cap wiederum wolle er gerne wissen, ob er das auch
als "Jugendsünde" qualifiziere. Auch Bundeskanzler Gusenbauer sollte sich dazu äußeren,
forderte Van der Bellen, denn es handle sich dabei nicht um irgendeinen Vergleich.
Abgeordneter Dr. CAP (S) verwies zunächst auf seine gestrige Presseaussendung, in dem er den "Stürmer-Vergleich"
kritisiert habe. Sodann ging er auf das Bundesministeriengesetz ein, das natürlich Ausdruck der Mehrheitsverhältnisse
sei und die Arbeitsaufteilung zwischen zwei Koalitionspartnern widerspiegle. Es solle eine "Koalition-Neu"
entwickelt werden, die von einem konstruktiven Miteinander, einer funktionierenden Teamstruktur, einem guten Informationssystem
und einer Konfliktkultur geprägt sei. Besonders erfreut zeigte er sich darüber, dass im Kulturbereich
eine Konzentration der Zuständigkeiten erreicht wurde.
Er halte es für sehr wichtig, dass das Parlament heute über diese Novelle diskutieren und abstimmen wird,
da auf die heikle Balance zwischen Exekutive und Legislative geachtet werden muss. Ein wichtiges Anliegen war ihm
auch, dass der Umgang mit den Oppositionsparteien verbessert wird. Cap kündigte u.a. an, dass man sich in
Hinkunft bemühen wolle, die Vorlagen rechtzeitig einzubringen.
Wenn man sich die neue Regierung anschaut, könnte man einiges mit Humor nehmen, erklärte Abgeordneter
Mag. STADLER (F), z.B. dass der Verteidigungsminister Zivildiener war. Weniger mit Humor könne man eine Familienministerin
nehmen, die Kinder nicht möge. Aber wenn sich die große Koalition gleich in ihrer ersten Sitzung an
der Verfassung "vergehe", dann sei Schluss mit Humor. Denn Tatsache sei, dass heute zum ersten Mal die
große Koalition in die Verfassung hineingeschrieben werde, nur weil sich die beiden Regierungspartner offensichtlich
misstrauen. Außerdem sei die Aussage von Van der Bellen richtig, wonach die unsinnige Kontroll- und Vertretungsregelung
nicht mit der Geschäftsordnung korrespondiere. Es würden in Zukunft im Parlament Staatssekretäre
auftreten, "die gar nicht in der verfassungsrechtlichen Verantwortung stehen" für jenes Regierungsmitglied,
das sie vertreten. Dies sei Missbrauch der Verfassung, hob Stadler kritisch hervor. Außerdem bemängelte
er die Ressortaufteilung, die z.B. dazu geführt habe, dass der Wissenschafts- und Bildungsbereich in fünf
Ministerien aufgesplittert wurde.
Abgeordneter Dr. SCHÜSSEL (V) ging auf die Aussagen Stadlers hinsichtlich der neuen Familienministerin ein.
Wenn jemand, der behauptet, christliche Werte vertreten zu wollen, einer Familienministerin, die keine Kinder bekommen
konnte, unterstelle, dass sie angeblich keine Kinder mag, dann sei das eine "ungeheure Unterstellung und eine
Frechheit". Was die Novelle zum Bundesministeriengesetz angehe, so sei es normal, dass am Anfang einer neuen
Periode die Aufgaben neu zugeordnet werden. Er freue sich, dass einige wesentlichen Elemente auf die bewährten
Grundkonzepte der letzten Jahre aufbauen, wie etwa die Beibehaltung der Bündelung der Infrastrukturagenden,
die Kombination von Landwirtschaft und Umwelt in einem Lebensministerium sowie die Bereiche Wirtschaft und Arbeit
in einem Ressort. Positiv sei auch, dass Bildungs- und Kulturagenden zusammengeführt wurden.
Sodann würdigte Schüssel die Distanzierung des Obmanns der FPÖ Strache vom Nationalsozialismus,
denn auch heute noch sei es von großer Bedeutung, an dieser Stelle einen ganz eindeutigen Trennstrich zu
ziehen. Gerade Politiker hätten hier auch eine Vorbildfunktion und müssten entsprechend agieren. Dies
gelte auch für alle anderen Bereiche des politischen Agierens, etwa in Wahlkämpfen, und da müsse
er, Schüssel, sagen, diesbezüglich habe Straches Erklärung etwas zu wünschen übrig gelassen.
Insbesondere wies Schüssel an dieser Stelle die gegen seinen Parteikollegen Finz vorgebrachten Vorwürfe
mit aller Entschiedenheit zurück.
Abgeordneter STRACHE (F) stellte in einer tatsächlichen Berichtigung fest, es existiere nun einmal ein Foto
von Alfred Finz mit Gottfried Küssel, womit er nur aufzeigen wollte, dass man derlei Verbindungen, wenn man
es wolle, immer wieder herstellen könne, was er, Strache, eindeutig ablehne.
Abgeordneter WESTENTHALER (B) wies gleichfalls die Vorgangsweise gegen Alfred Finz zurück und betonte dessen
Untadeligkeit. Das Verhalten der SPÖ-Spitze in dieser Angelegenheit fand der Redner im übrigen erklärungswürdig.
Es sei offenbar, dass viele in der SPÖ eine eindeutigere Stellungnahme von ihrer Parteiführung erwartet
hätten, die Aussagen von Cap und Gusenbauer seien vor diesem Hintergrund zu wenig gewesen.
Das Ministeriengesetz sei verfehlt, urteilte der Redner, der festhielt, dass die gegenwärtige Regierung eine
der zahlenmäßig größten in der Geschichte sei, die allein an Gehältern eine Milliarde
Euro an Mehrkosten verursache. Stets propagiere man Einsparungen, allerorten gebe es Belastungen, allein die Regierung
nehme sich davon aus. Gerade im Sozialbereich – das Sozialministerium habe keine Kompetenzen mehr - sehe man, dass
die SPÖ hier eine "Kapitulationsurkunde" unterzeichnet habe. Man lese derzeit, dass der Sozialminister
demnächst Haare lassen werde, und das sei ein wahrlich passendes Sinnbild. Konkret sprach sich der Redner
gegen die geplante Verfassungsänderung aus, denn diese stelle einen Missbrauch der Verfassung dar. Im übrigen
seien die beiden Regierungsmitglieder gut beraten, die Vertretungsregelung im Interesse des Parlamentarismus so
selten wie möglich anzuwenden.
Bundeskanzler Dr. GUSENBAUER erläuterte die Hintergründe der Umbenennung des Außenministeriums
und verteidigte die Aufteilung der Bildungs- und Forschungsagenden auf mehrere Ressorts, sei dies doch ein maßgeblicher
Schwerpunkt der kommenden Arbeit. Schließlich unterstrich der Kanzler die Bedeutung eines eigenen Ressorts
für Frauenangelegenheiten.
Die Sozialpolitik sei eine Stärkung der sozialen Sicherheit, auch hier habe man den richtigen Weg gewählt,
zeigte sich der Kanzler überzeugt, der dies auch anhand konkreter Beispiele darlegte. Die Vorschläge
der Opposition seien auf diesem Gebiet wenig überzeugend, meinte der Kanzler, der insbesondere die Neugestaltung
bei den Rezeptgebühren als wirkliche Entlastung für die Bürgerinnen und Bürger würdigte.
Sodann sprach sich der Regierungschef nochmals deutlich für die Verfassungsänderung bei der Vertretungsregelung
aus.
Gusenbauer meinte, es sei wichtig, sich mit so grundsätzlichen Fragen wie der nationalsozialistischen Vergangenheit
in Österreich auseinanderzusetzen. Es dürfe niemand im Hohen Haus vertreten sein, der auch nur das allerkleinste
Verständnis für einen Aspekt jenes Regimes aufbringe. Hier müssten alle eine völlig eindeutige
Haltung an den Tag legen, er habe diese Auffassung stets mit aller Entschlossenheit vertreten und auch entsprechend
agiert.
Abgeordnete Mag. KUNTZL (S) schloss sich vollinhaltlich ihrem Vorredner an und meinte an die Adresse des FPÖ-Obmanns,
seine Erklärung könne nur ein erster Schritt gewesen sein, dem nun entsprechende Taten folgen müssten.
Sodann sprach sich die Rednerin für die vorgeschlagene Verfassungsänderung ebenso aus wie für die
Vorlage zum Ministeriengesetz.
Abgeordnete Mag. STOISITS (G) zeigte sich wenig überzeugt von der Argumentation des Bundeskanzlers bezüglich
der geplanten Umbenennung des Außenministeriums, da die politische Realität eine völlig andere
sei. Europäische Angelegenheiten beträfen eben alle Ressorts und nicht nur jenes für äußere
Angelegenheiten. Hier werde ihres Erachtens eine falsche Prioritätensetzung vorgenommen. Kritik übte
die Rednerin am Verhalten des FPÖ-Obmanns, zeigte sich aber auch unzufrieden mit der Reaktion des Bundeskanzlers
auf dieses Verhalten.
Abgeordnete RAUCH-KALLAT (V) formulierte eingangs ihre Vorstellung einer zeitgemäßen Frauenpolitik.
Hier sei es nötig, aus der Wahlkampfpolemik herauszufinden und auf eine konstruktive Fortsetzung des bisherigen
Weges, der sich als richtungweisend erwiesen habe, zu orientieren. In diesem Zusammenhang erinnerte die Rednerin
an die wichtigen Weichenstellungen auf dem Gebiet der Frauenpolitik in den letzten sieben Jahren.
Abgeordneter Dr. ASPÖCK (F) mahnte die Kollegenschaft zu mehr Disziplin; es sei geboten, zur Tagesordnung
zu sprechen, was bislang nur teilweise der Fall gewesen sei. Der geplanten Neugestaltung des Ministeriengesetzes
könne er wenig abgewinnen, und auch der Verfassungsänderung zur Vertretungsregelung müsse er eine
Absage erteilen, urteilte der Redner. |
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Staatssekretär Dr. LOPATKA zeigte sich hingegen überzeugt, dass mit dem geplanten Gesetz eine gute Grundlage
geschaffen werde, die Arbeit der Bundesregierung bestmöglich vonstatten gehen zu lassen. Sodann erläuterte
der Redner die anvisierten Schwerpunkte der Politik der Bundesregierung. Zudem vertrat Lopatka die Ansicht, die
Regierung sei keineswegs zu groß, vielmehr entspreche diese den Anforderungen der Zeit.
Abgeordneter PENDL (S) sagte, er gehe davon aus, dass die erzielte Vereinbarung zweckmäßig sei, wie
er davon überzeugt sei, dass die Verantwortlichen zügig im Interesse der Menschen an die Arbeit gehen
und das Beste für Österreich anstreben würden. In diesem Sinne brachte er einen S-V-F-B-Abänderungsantrag
ein, in dem auf die Wünsche des Bundespräsidenten hinsichtlich Verhinderungen, Vertretungen und Kompetenzen
in Bezug auf die Präsidentschaftskanzlei eingegangen wird.
Abgeordneter SCHEIBNER (B) registrierte wenig Begeisterung für die neue Bundesregierung, ihr Arbeitsprogramm
und ihre Ressortaufteilung. Unerfüllt geblieben seien auch Versprechen der Sozialdemokraten, Parlament und
Opposition besser zu behandeln, sobald die SPÖ Regierungsverantwortung trage. Schon bei ihrem ersten Antrag
verstießen die Regierungsparteien gegen dieses Versprechen, sagte Scheibner und erinnerte an die verspätete
Vorlage eines Abänderungsantrages im Verfassungsausschuss. Weiters interessierte sich der Redner für
einen geheimen Zusatz zum Regierungsprogramm und verlangte diesen auf den Tisch zu legen. Es wäre interessant
zu wissen, welche Belastungen - bei der Vermögenssteuer etwa - auf die Österreicher zukommen. Habe die
SPÖ Staatssekretäre noch vor kurzer Zeit abschaffen wollen, halte sie sie jetzt offenbar für allwissend
und für fähig, Minister anderer Ressorts zu vertreten. Das ist laut Scheibner eine Missachtung des Parlaments,
er lehne es ab, wenn ein Staatssekretär als "Grüßaugust oder Pappkamerad" auftreten müsse.
Alternativen dazu sah Scheibner in der Ernennung eines Staatssekretärs für den Vizekanzler oder die Einführung
beamteter Staatssekretäre nach deutschem Vorbild - dem entsprach ein Abänderungsantrag des BZÖ,
den Scheibner vorlegte.
Abgeordneter NEUGEBAUER (V) begründete die ressortmäßige Trennung von Wissenschaft und Unterricht
durch die unterschiedlichen Aufgaben von Forschung und Lehre auf der einen und des Schulunterrichts auf der anderen
Seite. Ausdrücklich bekannte sich Neugebauer auch zur Umsetzung von Wünschen des Bundespräsidenten,
dem zweckmäßigerweise die Personalhoheit über die Beamten der Präsidentschaftskanzlei übertragen
wird. Beim Thema "Jugendtorheiten" hielt Neugebauer gegenüber der Forderung Stadlers, die Sache
mit Humor zu betrachten, für völlig verfehlt. Das Thema, um das es in der Causa Strache gehe, sei dafür
zu beklemmend; der Nationalsozialismus sei stets und ohne jede Schrecksekunde abzulehnen und zu verurteilen, lautete
die Mahnung Neugebauers.
Abgeordneter ÖLLINGER (G) sah die große Koalition mit Stillstand und Misstrauen beginnen - das komme
bereits in der Ministerienorganisation zum Ausdruck. Öllinger kritisierte die Zusammenlegung von Wirtschafts-
und Arbeitsagenden sowie der Zuständigkeiten für Umwelt und Landwirtschaft jeweils in einem Ressort,
wobei er auf die Interessenkonflikte aufmerksam machte. Die Forschung werde hingegen auf fünf Ressorts aufgeteilt
- mit Zukunft, wie sie die SPÖ in diesem Zusammenhang gerne zitiert, habe eine solche Kompetenzverteilung
nichts zu tun. Zukunftsfähigkeit fehle auch bei der Verteilung der Sozialagenden, und dem Frauenressort mangle
es an materieller Ausstattung. Klubobmann Schüssel habe heute klare Worte gegenüber Klubobmann Strache
gefunden, während der letzten sieben Jahre habe er solche gegenüber Jörg Haider aber vermissen lassen,
erinnerte sich Abgeordneter Öllinger.
Auch Abgeordnete HEINISCH-HOSEK (S) hielt die Ausführungen des Kanzlers in der Causa Strache für ausführlich,
es liege nun an Strache selbst, entsprechend zu reagieren. Die Kritik der Bundesministerin a.D. Rauch-Kallat an
der neuen Frauenministerin wies Heinisch-Hosek zurück. Die Arbeitsmarktpolitik stehe im Zentrum der Regierungspolitik,
weil sie für Frauen und Männer wichtig sei, erklärte Heinisch-Hosek, außerdem seien 100 Mill.
€ zusätzlich an Förderungsmitteln für die Frauen vereinbart worden. Zudem unterstützte Heinisch-Hosek
die geplanten Verbesserungen zugunsten teilzeitbeschäftigter Frauen und für einen Mindestlohn. "Das
ist die sozialdemokratische Handschrift im geltenden Regierungsprogramm", sagte die Abgeordnete.
Abgeordneter Dr. HAIMBUCHNER (F) verlangte von den Grünen, sich endlich von gewalttätigen Demonstranten
zu distanzieren und erinnerte dabei an die Opernballdemos. Klubobmann Strache habe sich dem gegenüber deutlich
von jeder Gewalt distanziert. Angesichts der neuen Vertretungsregelungen, sagte Haimbuchner, würde sich Hans
Kelsen, der Schöpfer der Bundesverfassung, im Grab umdrehen. Es stehe der Regierung nicht zu, die Verfassung
einfach zu ändern, nur weil sie ihr gerade nicht passe, kritisierte Haimbuchner und sprach von Anlassgesetzgebung
der großen Koalition.
Abgeordneter MORAK (V) nannte die Architekturpolitik als aktuelles Beispiel für eine Materie, die viele Ministerien
betreffe. Solche Querschnittsmaterien bestünden viele, sagte Morak und nannte Wirtschaft und Arbeit, Europa
und internationale Angelegenheiten, Schule und Kultur als zukunftsorientierte Zuständigkeitskombinationen.
Er selbst habe mit seiner Positionierung als Staatssekretär im Bundeskanzleramt gute Erfahrungen gemacht,
sagte Morak und unterstützte damit die Ansiedlung des Frauenressorts am Ballhausplatz.
Abgeordnete HAUBNER (B) vermisste klare und nachhaltige Antworten der neuen Bundesregierung auf die aktuellen Herausforderungen
in der Familien- und Generationenpolitik. Die Filetierung des Apparats der Generationenpolitik mache dies deutlich.
Die vorige Regierung habe sich bemüht, Familie lebbar zu machen und habe deswegen die Familienleistungen ausgeweitet.
Diese Politik war inhaltlich und von der diesbezüglichen Zuständigkeitsverteilung her richtig, zeigte
sich die ehemalige Ministerin überzeugt. Der neue Sozialminister sei hingegen kompetenzmäßig "abgeräumt"
worden - er tue ihr leid, sagte die Bundesministerin a.D. Konflikte seien angesichts der Zersplitterung von Sozial-,
Familien- und Generationenangelegenheiten vorprogrammiert. Statt eines Frauenministeriums plädierte Haubner
einmal mehr für ein Generationenministerium. Sie wünsche der Frauenministerin dennoch viel Glück,
und das werde sie in ihrer Koordinationsaufgabe brauchen, insbesondere im Bemühen um mehr Kinderbetreuungsplätze.
Dem vorliegenden Antrag für die "teuerste Regierung aller Zeiten" mit einer überdies unzweckmäßigen
Ressortverteilung werde ihre Fraktion nicht zustimmen, schloss Ursula Haubner.
Bundesminister Dr. BUCHINGER zeigte Verständnis für pointierte Aussagen über die neuen Abgrenzungen
zwischen seinem Ressort und dem Familienressort sowie zur Nichtabgrenzung gegenüber dem Wirtschaftsressort.
Tatsächlich werde es darum gehen, wie Zukunftsaufgaben bewältigt werden. Dazu nannte Buchinger drei Schwerpunkte:
Er wolle Härten im Pensionssystem rasch korrigieren. Hier "kann das BZÖ zeigen, dass es aus seinen
Fehlern gelernt hat". Außerdem sei die Pflegesicherung zukunftsfähig zu gestalten und die Mindestsicherung
umzusetzen.
Abgeordnete Mag. MUTTONEN (S) befasste sich mit positiven Auswirkungen der neuen gemeinsamen Zuständigkeit
einer Ministerin für Unterricht, Kunst und Kultur. Kunst und Kultur kommen damit nach vielen Jahren wieder
unter ein gemeinsames Dach, sodass es künftig möglich sein wird, sich intensiv mit der kulturellen Bildung
zu befassen. Diese Struktur betont laut Muttonen die kommunizierenden Gefäße Bildung und Kultur, wobei
die Abgeordnete die Förderung des Lesens als wichtige Kulturtechnik nannte. Mit einem S-V-F-B- Entschließungsantrag,
den Muttonen einbrachte, wird die Vorlage des Baukulturreports an den Nationalrat gefordert, um eine breite Architekturpolitik-Debatte
in der Öffentlichkeit zu ermöglichen.
Abgeordnete Mag. WEINZINGER (G) sprach ihr Bedauern darüber aus, dass es auch künftig kein eigenständiges
Frauenministerium geben werde. Die im Bundeskanzleramt angesiedelte Frauenministerin sei dort zusätzlich für
öffentlichen Dienst und Medien zuständig. Es sei "armselig" und bezeichnend für die Frauenpolitik
der großen Koalition, dass ihr die Frauen kein eigenen Ressort Wert seien. Wie Bundesministerien Rauch-Kallat
sei auch ihr Amtsnachfolgerin Bures Generalsekretärin ihres Parteivorsitzenden gewesen. Rauch-Kallat habe
sich von ihrem Chef nicht emanzipieren können, ob Bures dies gelinge, müsse sie erst noch beweisen, meinte
Abgeordnete Weinzinger.
Abgeordnete STEIBL (V) stellte fest, die Familienpolitik sei bei einer ÖVP-Ministerin in guten Händen.
Als Aufgabe für die Zukunft nannte sie vor allem die Flexibilisierung des Kinderbetreuungsgeldes sowie die
Anhebung der Einkommensgrenze für den Mehrkinderzuschlag. |
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Abgeordneter Mag. HAUSER (F) wies die Vorwürfe der Grünen an die FPÖ zurück und betonte, Strache
genieße in der Öffentlichkeit jenes Vertrauen, das den Grünen seit Jahren versagt bleibe. Im Bundesministeriengesetz
vermisste Hauser eine stärkere Betonung des Tourismus, wobei er meinte, die große Bedeutung des Fremdenverkehrs
für die österreichische Wirtschaft hätte man durch ein eigenes Staatssekretariat unterstreichen
sollen.
Abgeordnete Dr. HLAVAC (S) begrüßte vor allem die Wiedereinführung des Frauenministeriums und betonte
zudem den Charakter der Integration als Querschnittsmaterie.
Abgeordneter BUCHER (B) gab kritisch zu bedenken, die große Zahl an Ministern und Staatssekretären widerspreche
der Forderung nach einem schlanken Staat.
Abgeordneter DONABAUER (V) wandte sich gegen "das ewige Herumnörgeln" an der Zahl der Ministerien
und zeigte sich davon überzeugt, dass mit der Ressortverteilung gute Voraussetzungen für die Umsetzung
des Regierungsprogramms geschaffen worden seien. Die Regierung habe sich viel vorgenommen, bekräftigte er,
zu den Kernthemen zählten u.a. Budgetdisziplin, Verwaltungsreform, Arbeit, Wirtschaft und Forschung. Besonders
hob Donabauer die Umbenennung des Außenministeriums in Bundesministerium für europäische und internationale
Angelegenheiten hervor.
Abgeordnete SBURNY (G) stimmte Abgeordnetem Cap zu, wonach in der Ressortverteilung der Geist der Regierungszusammenarbeit
zu erkennen sei. Genau das sei allerdings das Problem, meinte sie. So komme es anstelle einer Bündelung der
Forschungsagenden zu einer weiteren Zersplitterung, das Misstrauen zwischen SPÖ und ÖVP werde deutlich
sichtbar. Sburny brachte namens der Grünen einen Entschließungsantrag ein, in dem gefordert wird, dass
sämtliche Forschungsagenden in zwei Ministerien konzentriert werden.
Abgeordneter MARIZZI (S) führte aus, selbstverständlich sei die Frage der Organisation wichtig, im Vordergrund
stehe aber die Umsetzung des Regierungsprogramms. Seiner Darstellung nach hat die jetzige Koalition eine Teamstruktur
gewählt. Was nach "langen, schwierigen Verhandlungen" herausgekommen sei, könne sich sehen
lassen. Als ein besonders bedeutendes Vorhaben wertete Marizzi die Senkung der Arbeitslosigkeit.
Abgeordneter Dr. GRÜNEWALD (G) hielt fest, es gebe viele Gründe, vom Regierungsprogramm enttäuscht
zu sein. Zusätzlich werden die Schwächen und Defizite des Programms seiner Meinung nach durch das Bundesministeriengesetz
noch verstärkt und positive Punkte konterkariert. Kritisch äußerte sich Grünewald insbesondere
über die Zersplitterung der Forschungsagenden und über die Übertragung der Kompetenzen für
Pädagogische Hochschulen an das Unterrichtsministerium.
Abgeordneter SONNBERGER (V) verwies auf die Bedeutung von Wissenschaft und Forschung für den Wirtschaftsstandort
Österreich und für den Arbeitsmarkt. Forschungseinrichtungen müsse man in Zukunft noch mehr Stellenwert
einräumen, unterstrich er. Gleichzeitig zeigte er sich überzeugt, dass die angepeilte Erhöhung der
Forschungsquote auf 3 % bis zum Jahr 2010 umgesetzt werde. Zur Vertretungsregelung für Staatssekretäre
merkte Sonnberger an, auf EU-Ebene könnten Staatssekretäre bereits jetzt alle Minister vertreten.
Abgeordneter DI PIRKLHUBER (G) kritisierte hingegen die neue Vertretungsregelung für Staatssekretäre.
Er erwarte sich von Regierungsmitgliedern eine Wertschätzung gegenüber dem Parlament, sagte er. Bedauern
äußerte Pirklhuber überdies darüber, dass die SPÖ nicht massiver ein eigenes Umweltressort
eingefordert habe. Ihm zufolge müsste ein solches Ressort auch die Agenden der Energiepolitik und des Konsumentenschutzes
umfassen.
Abgeordnete Mag. GROSSMANN (S) betonte, die Ressortverteilung sei ein passables Grundgerüst für die Regierungsarbeit
der nächsten vier Jahre, auch wenn sie persönlich bedauere, dass die Agenden für Arbeitsmarktpolitik
im Wirtschaftsministerium geblieben seien. Zu tun gebe es viel, erklärte sie, der Reformbedarf sei "immens
groß". Positiv bewertete Grossmann die im Regierungsprogramm vorgesehenen Maßnahmen zur Reduzierung
der Jugendarbeitslosigkeit.
Abgeordneter Dr. FASSLABEND (V) verabschiedete sich mit seiner Rede vom Nationalrat. Seit seiner erstmaligen Angelobung
im Jänner 1987 seien 20 Jahre vergangen, skizzierte er, nun wolle er Platz für Jüngere machen. Es
sei aber kein Abschied aus der Politik, sondern nur aus diesem Haus, versicherte er.
Fasslabend erinnerte daran, dass sein erster Schwerpunkt im Parlament die Umweltpolitik gewesen sei, später
habe er sich vor allem mit Sozial- und Verteidigungspolitik beschäftigt. Das Wichtigste in der Politik sei
ihm aber immer gewesen, dass Menschen Arbeit haben. Zum Abschluss wünschte Fasslabend, der von allen Abgeordneten
und von der gut besetzten Regierungsbank Applaus erhielt, den Abgeordneten alles Gute und bekräftigte, auch
wenn es wichtig sei, Position zu beziehen, müsse Polarisierung vermieden werden.
Die vorsitzführende Dritte Nationalratspräsidentin Dr. GLAWISCHNIG-PIESCZEK dankte Fasslabend für
seine Arbeit.
Abgeordneter Dr. JAROLIM (S) ging auf die Besetzung der Ministerien ein und vertrat die Auffassung, die neutrale
Besetzung des Justizministeriums in der Vergangenheit habe sich nicht bewährt. Es seien von den Amtsinhabern
zwar viele gute Ideen "produziert worden", meinte er, zur Umsetzung seien diese aber mangels Unterstützung
nicht gelangt. Begrüßt wurde von Jarolim auch die neue Besetzung des Unterrichtsministeriums.
Abgeordneter Dr. GRAF (F) erinnerte an die Ankündigung von Bundeskanzler Gusenbauer, den Parlamentarismus
zu stärken. Von einer Umsetzung dieser Ankündigung sei bisher jedoch nichts zu merken, klagte er und
verwies u.a. auf eingeschränkte Redezeiten für Oppositionsabgeordnete. Kritik übte er überdies
an den Kompetenzen des Sozialministers, der seiner Auffassung nach nur noch ein "Pensionistenminister mit
Konsumentenschutzagenden" sei.
Ein von Graf eingebrachter Entschließungsantrag zielt darauf ab, die Zahl der Minister und Staatssekretäre
künftig auf 16 zu begrenzen. Es solle aber einen Staatssekretär für Asyl- und Fremdenwesen und einen
Staatssekretär für Tourismus und mittelständische Wirtschaft geben, fordern die Freiheitlichen.
Die Regierung werde ihre Aufgaben erfüllen und zum Wohle der Bevölkerung arbeiten, meinte S-Abgeordneter
PRÄHAUSER. Der Mandatar ging in der Folge auf einzelne Redebeiträge ein und wies darauf hin, dass er,
Prähauser, Scheibner bereits vor der Wahl eingeladen habe, für die Stärkung der Oppositionsrechte
einzutreten, Scheibner habe es aber vorgezogen, regierungstreu zu sein. Heute diese zu monieren, sei "starker
Tobak", so Prähauser. Der Redner setzte sich auch mit der Wortmeldung von Bucher auseinander, der gesagt
hatte, der Preis für die Vignette werde nun erhöht, und machte darauf aufmerksam, dass unter der Regierungsbeteilung
des BZÖ der Vignettenpreis verdoppelt wurde, Gorbach habe sogar die Absicht gehabt, den Preis abermals zu
erhöhen, er kam aber nicht mehr dazu.
Abgeordneter STRACHE (F): Im meinem gesamten politischen Handeln und Tun als Mandatar habe ich immer eine klare
Distanzierung zur nationalsozialistischen Ideologie gelebt; auch meine Erklärung enthält eine klare Distanzierung
von der nationalsozialistischen Ideologie und von den Verbrechen, die begangen worden sind. "Es ist unsere
Verpflichtung, hinter unserem Rechtsstaat und der Verfassung zu stehen." Diese Einstellung sei auch im F-Programm
festgemacht. "Ich lehne auch alle Formen der Gewalt, des politischen Hasses und auch Rassismus ab", fuhr
er fort. Wir sind nicht bei Demonstrationen – sagte Strache in Richtung G-Abgeordnetem Öllinger –, bei denen
es zu gewalttätigen Ausschreitungen gekommen ist. Man habe mit Bildern "ganz gemeinen Journalismus"
betrieben, der "weit weg von jeder Ethik, von jeder Moral" betrieben wurde.
Wenn Journalisten seiner Familie mit Stalking begegnen und Personen aus seinem familiären Umfeld – auch seine
Ex-Frau – kontaktiert wurden, damit – bei gleichzeitigem Geldangebot - etwas Negatives gesagt werde, dann sei das
"das Schäbigste, was ich jemals erlebt habe". Wenn etwa ein Nazidenkmal angesprochen wird, das keines
sei, und wenn ein Nazigruß angesprochen wird, der keiner sei, dann sei das unredlich. So ein Journalismus
habe nichts mit Objektivität zu tun, sondern mit "mieser Methodik, mit mieser infamer Unterstellung",
die offenbar bewusst betrieben wurde.
Wenn heute im ÖVP-Klub nach wie vor ein Bild von Dollfuß, einem Mann, der alle staatlichen Institutionen
außer Kraft gesetzt, die Arbeiterbewegung verboten und Schießbefehle erteilt hat, hängt, sei dies
eine Doppelbödigkeit und da gehöre ein Trennstrich gezogen, so Strache.
Abgeordneter FAZEKAS (S) betonte, dass sich im Bundesministeriengesetz das Regierungsprogramm wiederfinde. Positiv
bewertete er, dass Frauen wieder einen höheren Stellenwert bekommen, auch erachtete er es für richtig,
dass Gender Mainstreaming verankert wird; zudem sah er es als gut an, dass Unterricht mit Kultur gekoppelt werde,
weil gerade im Bildungsbereich Kultur und Kunst den Menschen näher gebracht werden kann.
Abgeordneter BROSZ (G) kritisierte, dass hinkünftig ein Unterrichtsministerium – und kein Bildungsministerium
– mehr für die gesamte Bildung – vom Kindergarten bis zur Erwachsenenbildung – zuständig sein soll und
dass die Pädagogischen Hochschulen als Hochschulen ein "Etikettenschwindel" waren, weil sie nun
zum Unterrichtsministerium ressortieren.
Bei der Abstimmung wurde die Bundesministeriengesetz-Novelle 2007 unter Ablehnung eines B-Zusatzantrages mehrheitlich
angenommen. Der S-V-B-Entschließungsantrag betreffend Baukultur-Report fand einhellige Zustimmung. Der G-Entschließungsantrag
(Abänderung des Bundesministeriengesetzes 1986) fand keine Mehrheit. Der F-Entschließungsantrag (Ernennung
eines Staatssekretärs für Asyl- und Fremdenrechtsangelegenheiten bzw. eines Staatssekretärs für
Tourismus und mittelständische Wirtschaft) wurde abgelehnt. Die Änderung des B-VG wurde unter Ablehnung
von B-Zusatz- und Abänderungsanträgen und unter Annahme eines S-V-F-B-Zusatzantrages mit der erforderlichen
Zwei-Drittel-Mehrheit gebilligt. |
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