Debatte um Pflege und Betreuung  

erstellt am
09. 02. 07

 Buchinger:Teillösung bei Pflege macht keinen Sinn
Wien (sk) - Sozialminister Erwin Buchinger betonte am 08.02. in der ZiB2, dass er über den Vorstoß von Wirtschaftsminister Bartenstein zur 24-Stunden-Pflege verwundert ist. "Wir haben eine Situation, wo zehntausende Menschen, die Pflege und Betreuung brauchen, derzeit, weil es kein adäquates Angebot gibt, auf illegale Pflege ausweichen. Und diese Menschen haben ein Recht darauf, dass ihnen der Staat, die Gesellschaft, eine legale Möglichkeit bietet. Und da macht es keinen Sinn, Teillösungen zu präsentieren, die selbst wieder umstritten sind, sondern da muss das Arbeitsrechtliche, das Sozialrechtliche und letztlich auch die Förderung von Ländern und Gemeinden gemeinsam entwickelt werden." Alles andere beunruhige die Menschen bloß. "Wir brauchen diese Beunruhigung der Menschen nicht, sondern eine Lösung des Gesamtproblems."

Wenn heute eine stationäre Betreuung von der Pflegestufe fünf, sechs, oder sieben, auf ungefähr 2.500 bis 3.500 Euro im Monat kostet, dann ist das etwa so viel, wie bei einer arbeitsrechtlich korrekten Lösung zur Diskussion steht. Dann gibt es aber auch Unterstützung von Ländern und Gemeinden. "Der Unterschied ist der, die Leute zahlen diese 2.500 bis 3.500 Euro bei der stationären Betreuung nicht", so Buchinger. Und ein solches Modell sollte auch entwickelt werden für die Betreuung Zuhause.

Dass sein heutiger Auftritt für einen guten Zweck zugunsten von Obdachlosen im "neunerHaus" mehr Aufsehen erregt hat, als für seine sonstige bisherige Arbeit sind für Buchinger "die Gesetze der Mediendemokratie". Buchinger verwies etwa auf das mit erstem Februar eingebrachte Gesetz zur Unterstützung von Angehörigen demenzkranker Pfleglinge, oder die Ankündigung, dass noch im ersten Halbjahr 2007 die Härten der Pensionsgesetze der vergangenen Regierung gemildert werden. "Das war Sachpolitik und das hat offensichtlich nicht so viel Aufmerksamkeit erregt wie die Sache mit den Haaren - die Medien finden das bemerkenswert, das sind offensichtlich die Gesetze der modernen Demokratie." Die Grenzen, der Inszenierung, so Buchinger, wären dort, wo es nicht mehr um sachliche Inhalte geht - was in diesem Fall nicht zutrifft, da die Aktion mit einer Spende für den sozialen Zweck verknüpft war und ein Thema Aufmerksamkeit erhielt, das sonst wenig in der Öffentlichkeit vorkommt.

 

 Missethon: Haare ab - jetzt ist Zeit für Inhaltliches Pflege
Wien (övp-pk) - "Vielleicht findet Sozialminister Buchinger jetzt, da sein inszenierter Friseurtermin über die Bühne gegangen ist, Zeit für inhaltliche Arbeit in Sachen Pflege", so ÖVP- Generalsekretär DI Hannes Missethon. Das Thema Pflege sei von großer Bedeutung und erlaube keine Aufschiebung. "Bis zum Sommer muss eine neue gesetzliche Regelung gefunden werden", betonte Missethon. Arbeitsminister Bartenstein habe mit der Vorlage eines arbeitsrechtlichen Modells - wie zwischen ihm und Buchinger vereinbart - seinen Job zügig erledigt, jetzt sei Sozialminister Buchinger am Zug.

"Buchinger ist für das Erstellen eines für Familien leistbaren Finanzierungsmodells verantwortlich und sollte nun entsprechende Gespräche mit den Ländern aufnehmen", so Missethon weiter. Anstatt zu kritisieren, wäre Buchinger besser beraten, seinen Teil zu erledigen. "Buchinger muss es ermöglichen, dass sich Familien Pflege zu Hause leisten können. Die ÖVP will Pflegelösungen, die es älteren Menschen ermöglichen, daheim bleiben zu können", sagte Missethon abschließend.

 

 Öllinger wirft Buchinger Verunsicherung vor
Wien (grüne) - Ein "striktes Nein" der Grünen gibt es zu der von Sozialminister Erwin Buchinger in den Raum gestellten Anhebung des Pensionsalters auf über 65 Jahre. Der grüne Sozialsprecher Karl Öllinger erklärte gegenüber der APA, die jetzt losgetretene Debatte sei "unerträglich" und bedeute eine "permanente Verunsicherung" der Menschen.

Außerdem stelle sich die Frage der Glaubwürdigkeit für die SPÖ. Immerhin habe man immer wieder betont, dass in Österreich durch die "Einschnitte im Pensionssystem" die Finanzierung bis 2050 gesichert sei. Und "Österreich ist in der EU jenes Land, wo nach Pensionsprognosen bis 2050 der Aufwand für Pensionen unter das Niveau von heute gedrückt wird", betonte Öllinger.

Er schätze Buchinger als Sozialpolitiker zwar sehr, "aber diese Debatte ist auf alle Fälle verzichtbar. Er soll sich nicht verrennen".

 

 Strache: Wie soll Bartenstein-Modell finanziert werden?
Wien (fpd) - Wenig bis nichts erwartet sich FPÖ-Bundesparteiobmann HC Strache von der momentanen Diskussion über die Neuordnung des Pflegewesens. "ÖVP und SPÖ werden so lange darüber streiten, bis am Schluss ein völlig verwässertes Modell herauskommt, das zu nichts führt."

Das Prinzip einer Rund-um-die-Uhr-Beetreuung sei zweifellos richtig, erklärte Strache. Die Antwort darauf, wie Pflegebedürftige und deren Familien dies finanzieren sollten, bleibe Minister Bartenstein allerdings schuldig. "Für den Großteil der Menschen in diesem Land sind 3.000 Euro monatlich eine Summe jenseits aller Finanzierbarkeit", meinte der FPÖ-Obmann. Von sozialem Gewissen könne man da nicht wirklich sprechen.

Strache forderte in diesem Zusammenhang die längst überfällige Erhöhung des Pflegegelds ein, das Jahr für Jahr an Wert verliere. In den letzten zehn Jahren sei es nur ein einziges Mal erhöht worden, nämlich 2005, aber nicht einmal das habe ausgereicht, um die Inflation des laufenden Jahres abzugleichen. Jährlich mache die Entwertung bei der Pflegestufe 1 inzwischen 393 Euro aus, bei der Pflegestufe 2 550 Euro, bei der Pflegestufe 3 848 Euro, Pflegestufe 4 1.273 Euro, Pflegestufe 5 1.728, Pflegestufe 6 2.358 Euro und für die Pflegestufe 7 betrage die jährliche Entwertung bereits 3.146 Euro. Um wenigstens die Inflationsanpassung zu erreichen, müsste das Pflegegeld um 17 Prozent erhöht werden, betonte Strache. Außerdem sollten für pflegende Angehörige die Pflegezeiten pensionsbegründend sein.

 

Partik-Pablé: Bartensteins Vorschlag bedeutet: "Ab ins Heim"
Wien (bzö) - BZÖ-Bürgeranwältin Dr. Helene Partik-Pablè hat das von Wirtschaftsminister Martin Bartenstein angedachte Modell zur 24-Stunden-Pflege daheim heftig kritisiert. "So abgehoben kann nur jemand reagieren, der keine Ahnung hat, wie hoch das Einkommen von Familien mit pflegebedürftigen Angehörigen ist."

Die von Bartenstein in den Raum gestellten monatlichen Kosten von 2.500 bis 3.000 Euro seien zu teuer für die Familien. "Wenn jemand für eine Pflegekraft rund um die Uhr 3000 Euro bezahlen soll, wie das der Wirtschaftsminister vorsieht, müsste er über ein Einkommen von mindestens 4500 Euro verfügen, weil ja die Lebenshaltungskosten auch beglichen werden müssen."

"Dieses Modell ist daher nur für "Superreiche", denn die durchschnittliche Pension bzw. das Pflegegeld reicht nicht aus, um nur annähernd die Kosten der Pflegekraft zu decken. Bartensteins Vorschlag kann daher als nichts anderes als den Aufruf: "Ab ins Pflegeheim" gewertet werden. Anstatt das von BZÖ seit langem vorgeschlagene "Au Pair"-Modell auf eine rund um die Uhr Pflege zu adaptieren, entwirft Bartenstein ein nicht finanzierbares Modell", kritisierte Partik-Pablé.

"Selbst bei einer Verdoppelung des Pflegegeldes wäre dieser Vorschlag nicht umzusetzen. Es ist erschütternd, wie die Probleme behinderter und alter Menschen, die nicht ins Heim abgeschoben werden wollen, von Bartenstein behandelt werden", so Partik-Pablé abschließend.

 

Blecha: Pflege muss leistbar sein!
Wien (sk) - "Pflege muss für alle leistbar sein! Das Bartenstein-Modell einer Legalisierung der 24-Stunden-Pflege um 3.000 Euro Untergrenze bedeutet, dass nur jene die notwendige Pflege erhalten, die es sich leisten können. Das kann nicht die Lösung des Problems sein", reagierte der Präsident des Pensionistenverbandes Österreichs, Karl Blecha, am 09.02. gegenüber dem SPÖ-Pressedienst auf die aktuelle Pflegedebatte.

Blecha kritisierte auch das Molterer-Nein zur Bereitstellung zusätzlicher Mittel in Höhe von 200 Millionen Euro. Blecha: "Dass die Beseitigung des Pflegenotstandes Geld kosten wird, war und ist allen Beteiligten klar. Der Pensionistenverband hat gemeinsam mit den Pflegeorganisationen die Einrichtung eines Pflegefonds gefordert und einen diesbezüglichen Gusenbauer-Vorschlag begrüßt, der von allen anerkannt wurde. Umso unverständlicher ist daher, dass der Vizekanzler dem jetzt negativ gegenübersteht", erklärte Blecha.

"Auf Hochtouren arbeiten sieben Arbeitskreise des Österreichischen Seniorenrates an einem Gesamt-Konzept für eine leistbare, menschliche, qualitativ hochwertige und zukunftssichere Pflege", gab Blecha bekannt.

Die sieben Arbeitskreise beschäftigen sich mit:

  1. Vorsorge (Finanziell, Wohnbereich, Persönlich, Sozial, Information)
  2. Ausbildung, Forschung und Qualitätssicherung
  3. Struktur und Organisationsfragen zwischen den Gebietskörperschaften
  4. Unterstützung für pflegende Angehörige
  5. Die Rolle der Freiwilligen-Organisationen
  6. Finanzfragen
  7. Gesetzgeberische Erfordernisse

Blecha kündigte eine Ergebnispräsentation "in Bälde" an.

 
zurück