Debatte um das Bildungsdokumentationsgesetz  

erstellt am
06. 02. 07

 Bildungsministerin Schmied beruft Projektgruppe für Erstellung einer universitären externen Expertise ein
Wien (bmbwk) - Bildungsministerin Claudia Schmied beruft mit sofortiger Wirkung eine Projektgruppe zum Bildungsdokumentationsgesetz ein. Bis Ende Februar solle sich die Projektgruppe unter Einbeziehung namhafter Experten und Datenschützer eine Übersicht hinsichtlich der Gesetzeslage verschaffen, betont Schmied. Das Bildungsdokumentationsgesetz 2002 sei kein neues Thema, mit der Einholung einer universitären externen Expertise wolle sie die Bedenken der Datenschützer ernst nehmen und eine Entscheidungsbasis für die weitere Vorgangsweise erhalten, so die Ministerin.

"Bei der Bildungsstatistik gilt es zwischen persönlich verständlichem Schutz und notwendigen Reformschritten zu einem innovativem Bildungssystem abzuwägen", schloss Bildungsministerin Schmied.

 

Brosz: Österreich braucht keine gläsernen SchülerInnen
Wien (grüne) - "Ex-Unterrichtsministerin Gehrer war von der Idee beseelt, eine Bildungsbuchhaltung für jeden einzelnen Schüler und jede Schülerin zu erstellen. Jetzt wäre es an der Zeit, sich von der Idee der an 'big brother' erinnernden gläsernen SchülerInnen zu verabschieden. Statt der Erfassung sensibler persönlicher Daten sollten hochwertige Grundlagen zur Steuerung des österreichischen Bildungssystems geliefert werden", so der Bildungssprecher der Grünen, Dieter Brosz.

Bei der Beschlussfassung des Gesetzes stand der Gedanke im Vordergrund, möglichst viele Daten zu erfassen und sie miteinander zu verknüpfen. Der sonderpädagogische Förderbedarf sollte ebenso 60 Jahre lang gespeichert werden wie die Betragensnoten. All das wurde mit der Sozialversicherungsnummer verknüpft. Sozialversicherungsträgern wurde ebenso wie den Gemeinden eine Zugriffsberechtigung verschafft. Schon bei der Beschlussfassung gab es massive datenschutzrechtliche Bedenken.

"Die Missbrauchsmöglichkeit bei dieser Anhäufung persönlicher Daten liegt auf der Hand. Sie sind für Unternehmen hochinteressant. Genauso bedenklich sind die Zugriffsmöglichkeiten von den Gemeinden bis zu den Sozialversicherungsträgern. Das Bildungsdokumentationsgesetz war von Anfang an eine Fehlkonstruktion und ist hochgradig reperaturbedürftig," so Brosz.

 

Niederwieser für Reform des Gesetzes
Wien (sk) - SPÖ-Bildungssprecher Erwin Niederwieser kann die datenschutzrechtlichen Bedenken vom Grünen-Bildungssprecher Dieter Brosz beim Bildungsdokumentationsgesetz nachvollziehen. "Die SPÖ hat diesen Punkt auch immer kritisiert. Bildungsministerin Claudia Schmied hat eine Lösung dieser Frage ja bereits angekündigt", so Niederwieser. Für eine Reform der Bildungsdokumentation wünscht er sich einerseits eine genaue Schulstatistik, andererseits ein Bildungsmonitoring, das auf Stichproben beruht.

Zum umstrittenen Bildungsdokumentationsgesetz erläuterte Niederwieser: "Die Datenlage ist tatsächlich ein großes Problem, das hat die SPÖ immer kritisiert, auch internationale Erfordernisse wie etwa für OECD Statistiken werden nicht erfüllt." Ab dem Schuljahr 2003, also ab in Kraft treten des Bildungsdokumentationsgesetzes, gebe es keine vollständige Schulstatistik mehr.

Sein Vorschlag wäre einerseits eine Schulstatistik mit genauen Daten über die Zahl der Schüler, Lehrer, Kinder mit nicht-deutscher Muttersprache, Klassengrößen, Zahl der Wiederholungsprüfungen etc. Dafür soll es aber eine Änderung des Bildungsdokumentationsgesetzes geben, damit die datenschutzrechtlichen Probleme ausgeräumt werden - hier meint Niederwieser insbesondere, dass "die Verbindung zwischen Person und Daten gekappt werden muss".

Bildungsverlaufstatistiken hält Niederwieser für sinnvoll, freilich müssten die Daten anonymisiert werden, dürfen also nicht auf die Person zurechenbar sein. Daneben soll es ein Bildungsmonitoring auf international üblichem Stand geben, erläuterte Niederwieser. Denn anders als von Brosz behauptet, ist das sehr wohl Teil des Regierungsabkommens. So wird die "Einrichtung eines Bildungsmonitorings, das Rückmeldungen über den Unterrichtsertrag und die Unterrichtsqualität zulässt", darin festgeschrieben.

Der SPÖ-Bildungssprecher erwartet von der Opposition eine realistische Einschätzung: "Auch Dieter Brosz wäre nicht in der Lage, die Versäumnisse von Jahren binnen weniger Wochen aufzuholen. Aber etwas Geduld oder gar das Einräumen der früher einmal üblichen 100-Tage-Frist scheint nicht zum Bestandteil der politischen Kultur der Grünen zu gehören."
 

Wir übernehmen hier Stellungnahmen aller im Parlament
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