Innsbruck (universität) - Schon die Anhänger des ägyptischen Sonnenkults stellten vor 3.500
Jahren Sonnenstrahlen als Greifarme dar. Die moderne Physik lässt diese Vorstellung nun fast Wirklichkeit
werden: Durch die Ausnutzung mechanischer Lichteffekte können mit Hilfe von Laserlicht Mikro- und Nano-Objekte
sehr exakt kontrolliert werden. In Obergurgl (Tirol) diskutieren diese Woche Fachleute aus aller Welt über
die viel versprechenden Möglichkeiten dieser neuen Technologie.
Laserlicht findet heute in der Biologie und Medizin eine breite Anwendung. Es wird zum Schneiden, Perforieren,
Fusionieren und zum selektiven Zerstören verwendet. Mit der Hilfe von Licht können aber auch sehr kleine
Teilchen gezielt manipuliert werden. Die so genannten Laserpinzetten sind zum Beispiel für die Zellbiologie
interessant, da mit ihnen Zellen unter dem Mikroskop sauber, sicher und sehr genau positioniert werden können.
Über weitere Möglichkeiten der optischen Manipulation von Mikro- und Nanoteilchen diskutieren in dieser
Woche im Universitätszentrum Obergurgl über 100 Wissenschaftler aus 22 Ländern. Organisiert wurde
die Tagung von Univ.-Prof. Dr. Monika Ritsch-Marte und Ao.Univ.-Prof. Dr. Stefan Bernet von der Sektion für
Biomedizinische Physik der Medizinischen Universität Innsbruck. Finanziert wird sie von der European Science
Foundation (ESF) und dem österreichischen Wissenschaftsfonds (FWF), die Tiroler Zukunftsstiftung unterstützt
den internationalen Kongress.
Wie funktionieren Laserpinzetten?
Das Prinzip ist einfach: Das Maß für den Impuls von Licht ist die Ausbreitungsrichtung. Durch
Brechung wird die Richtung des Lichts verändert, es entsteht eine Reaktionskraft und damit eine Impulsübertragung
auf das Objekt. Schafft man es, das Licht soweit zu fokussieren, dass der Fokus kleiner als das Teilchen ist, dann
ist die Impulsübertragung auf den Fokus hin gerichtet. Damit ist es möglich, Objekte in Lichtfallen zu
fangen. Durch den Einsatz einer optischen Streckbank können zum Beispiel Zellen auch gedehnt oder sogar zerrissen
werden. Praktische Anwendung findet dieses Prinzip an der Medizinischen Universität Innsbruck etwa bei der
Erforschung von Surfactant, einer Substanz, die für die Herabsetzung der Oberflächenspannung in den Lungenbläschen
verantwortlich ist.
Holografische Laserpinzetten versprechen Fortschritte
Neu auf dem Gebiet der optischen Manipulation sind die holografischen Laserpinzetten, an denen nur wenige
Arbeitsgruppen weltweit arbeiten. Das Forschungsteam um Prof. Ritsch-Marte benutzt einen reflektierenden, hochauflösenden
LCD-Schirm, um holografische Bilder zu erzeugen, die auf die Lichtfalle gelenkt werden. Durch die Manipulation
dieser Hologramme wird es möglich, die Falle dynamisch zu steuern, mehrere Fallen gleichzeitig zu betreiben
und beliebige Formen von Lichtfeldern zu realisieren. Damit gelingt es auch den Drehimpuls des Lichts auf Teilchen
zu übertragen. So entstehen unter dem Mikroskop faszinierende Lichtformationen, die die mikroskopischen Objekte
einfangen, ausrichten und bewegen. "Der Phantasie sind hier kaum Grenzen gesetzt", ist Prof. Ritsch-Marte
begeistert. "So lassen sich kleine Pumpen, Zahnräder, Ringe oder Netze realisieren. Solche ‚Fischernetze'
könnten in Zukunft zum Beispiel dazu verwendet werden, Objekte unterschiedlicher Größe - wie zum
Beispiel Mikrometastasen - im Blut ausfindig zu machen." Diese und weitere Anwendungen des rasch expandierenden
Forschungsfeldes werden noch bis Freitag in Obergurgl diskutiert. |