Jugendliche diskutieren mit Glawischnig, Kromp-Kolb und Pröll
Wien (pk) - Dritte Nationalratspräsidentin Eva Glawischnig-Piesczek lud am 16.02. Schülerinnen
und Schüler zu einer Veranstaltung ins Parlament, die darauf abzielte, die Problematik des Klimawandels, seine
Folgen und die daraus resultierenden Herausforderungen ins Blickfeld der Jugendlichen zu rücken.
In ihrer Begrüßung betonte die Präsidentin, dass das Thema "Klimawandel" unter allen
vordringlichen politischen Themen auf Grund der natürlichen Gegebenheiten vornehmlich langfristig zu behandeln
sei. Daher betreffe es vor allem auch die jungen Menschen, weshalb es wichtig sei, deren Aufmerksamkeit und Engagement
insbesondere auf diese Thematik zu richten. In diesem Zusammenhang werde jetzt auch der SchülerInnen-Schreib-Wettbewerb
Clim-8 abgehalten, bei welchem der jungen Generation ein aktives Mitspracherecht eingeräumt werden soll. Schülerinnen
von 14 bis 19 Jahren sind eingeladen, "Klimaschutzappelle an die Mächtigen" zu verfassen. Sie schreiben
prosaisch – lyrisch – politisch – wissenschaftlich an Bush, Putin, Barroso, Gusenbauer oder andere PolitkerInnen
und EntscheidungsträgerInnen ihrer Wahl. Alle Arbeiten werden von einer Fach-Jury bewertet, und die prämierten
Arbeiten werden schließlich im Parlament der Öffentlichkeit präsentiert und publiziert werden.
Ein kurzer Zeichentrickfilm, der die Endlichkeit der Energieressourcen an Hand einfacher und plausibler Vergleiche
mit dem Alltagsleben vor Augen führt und so die drohende Knappheit der herkömmlichen fossilen Energieträger
deutlich macht, gab als Einstieg das Motto "Die Zukunft nicht auf Sand bauen" für die anschließende
Podiumsdiskussion vor, bei der sich Eva Glawischnig-Pieszek, die Umweltschutzexpertin Helga Kromp-Kolb und Umweltminister
Josef Pröll sowie die SchülerInnen Esther Plattner und Gilbert Otten mit der Frage auseinandersetzten,
wie die Politik auf den Klimawandel reagieren kann. Durch die Veranstaltung führte der Journalist Bernhard
Gaul.
In ihrem Eingangsstatement wies Präsidentin Glawischnig-Pieszek darauf hin, dass das Thema "Klimawandel"
derzeit im Brennpunkt medialer Aufmerksamkeit stehe, und zwar nicht zuletzt deshalb, weil die gegenwärtig
an allen Ecken und Enden auftretenden Wetterkapriolen tatsächlich Vorboten einer Veränderung seien. Um
den Problemen, die der Klimawandel mit sich bringe, entgegentreten zu können, sei langfristige Planung notwendig,
und daher sei es wichtig, dass sich vor allem auch junge Menschen mit dieser Thematik befassen und dazu zu Wort
melden, und zwar auch in Anbetracht dessen, dass die jetzigen Entscheidungsträger die Auswirkungen der globalen
Klimaveränderung voraussichtlich nicht mehr erleben werden.
Umweltminister Josef Pröll bewertete es als sehr positiv, dass junge Leute sich mit dieser Thematik ganz besonders
intensiv befassen, da sie den derzeit Verantwortlichen ihrerseits nützliche Inputs geben könnten. Man
habe schon zahlreiche Maßnahmen zur Prävention beziehungsweise zur Bekämpfung der Probleme, die
sich aus dem Klimawandel ergeben, gesetzt, die Anstrengungen seien jedoch noch nicht ausreichend. Diesbezügliche
Kraftanstrengungen seien sowohl auf österreichischer wie auf europäischer und internationaler Ebene,
insbesondere von Seiten der USA, notwendig, wobei jeder Einzelne gefordert sei, im Bereich seiner Möglichkeiten
entsprechend zu handeln.
Die Klimaexpertin Helga Kromp-Kolb, Wissenschafterin des Jahres 2005, betonte zu Beginn ihres Debattenbeitrags,
dass sich die Wissenschaft nicht zuletzt auf Grund der jüngsten Entwicklungen absolut sicher sein könne,
dass der Klimawandel tatsächlich stattfindet. Nun seien vor allem die Fragen zu stellen, wer daran Schuld
sei und wie es weitergehe. Die Wissenschaft befasse sich schon seit etwa zwanzig Jahren mit dieser Thematik und
habe vor den Auswirkungen der Klimaveränderung gewarnt, es habe jedoch lange gedauert, bis sie gehört
wurde. Die Experten hätten nichts von ihren zwischenzeitig gewonnenen Erkenntnissen zurücknehmen müssen.
Die Entwicklungen hätten sich in den vergangenen Jahren lediglich beschleunigt, an der Kernaussage habe sich
jedoch nichts Wesentliches geändert.
In der Diskussion wollten die Jugendlichen vor allem wissen, was denn nun die Politik machen könne, um dem
Klimawandel entgegenzuwirken und das Kyoto-Ziel bis 2010 zu erfüllen.
Bundesminister Josef Pröll gab zu bedenken, noch nie sei die Sensibilisierung der Öffentlichkeit in Sachen
Klimaschutz so groß gewesen wie heute, neben der Politik sei aber auch der Einzelne angesprochen, tätig
zu werden. Im Gegensatz zu Eva Glawischnig stand der Minister Verboten eher skeptisch gegenüber. So sollte
man vor allem beim Autoverkehr auf Freiwilligkeit setzen, meinte er. Wem Klimaschutz ein Anliegen sei, der sollte
freiwillig auf sein Auto verzichten, die Verantwortung liege bei jedem Einzelnen.
In der Verkehrspolitik gehe es auch nicht darum, Mobilität zu unterbinden, sondern sie auf den öffentlichen
Verkehr umzuleiten, betonte Pröll. Die technologische Innovation sollte darüber hinaus forciert werden,
um den Verbrauch zu reduzieren, beim Treibstoff wies Pröll wiederum auf die Notwendigkeit des Ersatzes durch
Biosprit hin.
Eine häufig in der Diskussion gestellte Frage betraf den Wohnbau. Hier trat Pröll dafür ein, ab
2015 Wohnbauförderung nur noch für Neubauten mit Niedrigenergie- bzw. Passivenergiestandards zu bezahlen.
Die von der Politik vorgegebenen Zeitrahmen hielt hingegen Eva Glawischnig ebenso für unbefriedigend wie die
Scheu des Gesetzgebers, in der Klimapolitik mit Verboten und Geboten zu agieren. Auf anderen Gebieten seien Verbote
ja auch gang und gäbe, meinte sie. So zeigte sie kein Verständnis dafür, die Wohnbauförderung
erst ab 2015 an Energiesparstandards zu koppeln. Ihrem Vorschlag, öffentliche Neubauten zwingend etwa mit
Solaranlagen auszurüsten, konnte sich auch Minister Pröll anschließen. In der Verkehrspolitik wiederum
trat sie für attraktive Alternativen zum Auto ein.
Glawischnig äußerte aber den grundsätzlichen Eindruck, dass das Problem des Klimaschutzes von der
Politik noch nicht ernst genug genommen werde. Sie würde es sich wünschen, dass für den Klimaschutz
genau so viel Geld ausgegeben werde wie für die militärische Sicherheit, sagte sie.
An die Verantwortung jedes Einzelnen appellierte auch Helga Kromp-Kolb. In Sachen Klimaschutz passiere in Österreich
schon sehr viel, man könne aber nicht erwarten, dass ein Minister im Alleingang alles von oben durchsetzen
werde. Die Zeit dränge jedenfalls, war sich Kromp-Kolb klar. Auch aus finanziellen Gründen herrsche Handlungsbedarf.
Maßnahmen zum Schutz vor dem Klimawandel kosten Schätzungen zufolge nur ein Fünftel bis ein Zehntel
so viel wie Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel, gab sie zu bedenken. |