Innsbruck (universität) - Ein wesentlicher Aspekt im Kampf gegen Krebs liegt darin, zu erkennen wann
und warum Zellen entarten, wieso die zelleigenen Kontrollmechanismen versagen und entsprechende Therapien zu entwickeln,
um diese Mechanismen wieder in Gang zu bringen. Aufbauend auf die Erkenntnisse der Grundlagenforschung wird das
internationale Forschungskonsortium GROWTHSTOP unter der Führung des Biozentrums der Medizinischen Universität
Innsbruck und in Zusammenarbeit mit dem Kompetenzzentrum Medizin Tirol (KMT) nun in den kommenden vier Jahren daran
arbeiten, neue Therapieformen zu entwickeln. Das Auftaktmeeting der beteiligten Forschungseinrichtungen und Pharmafirmen
findet am 19. und 20. Februar in Innsbruck statt.
Einer der häufigsten Gründe, warum ein Tumor entstehen kann, ist der Verlust der Eigenschaft von Krebszellen,
den programmierten Zelltod zu durchlaufen. Dieser programmierte Zelltod, der auch Apoptose genannt wird, ist ein
Mechanismus, der im gesunden Organismus Zellen zum Absterben bringt, die eine Mutation bzw. einen Schaden in ihrem
Erbgut erlitten haben. Wenn dieser Mechanismus gestört ist, können sich Tumorzellen ohne diesen Kontrollmechanismus
unkontrolliert vermehren. Umgekehrt könnte die Reparatur dieses Kontrollmechanismus bzw. ein erneutes durch
Medikamente induziertes Einschalten von Apoptose therapeutisch zur Bekämpfung von Tumoren verwendet werden.
Krebszellen haben Mechanismen entwickelt, um diesen programmierten Zelltod zu umgehen und viele Tumore werden sehr
schnell resistent gegen apoptose-induzierende Effekte von Bestrahlung und Chemotherapie.
Internationales Konsortium unter Innsbrucker Führung Genau an diesem Punkt setzt das neue internationale Forschungsprojekt
GROWTHSTOP an, das von Univ.-Prof. Dr. med. Lukas A. Huber, Leiter des Biozentrums der Medizinischen Universität
Innsbruck, koordiniert wird. Ziel ist es, die Mechanismen der Apoptosisregulation in verschiedenen Tumoren zu studieren,
um neue molekulare Ansätze für die Entwicklung von Wirkstoffen zu finden, die den programmierten Zelltod
modulieren können. GROWTHSTOP ist ein internationales Konsortium, das sich mit der Identifizierung, der Entwicklung
und Validierung neuer therapeutischer Ansätze in der Krebstherapie beschäftigt. Das Konsortium wird innerhalb
des sechsten Rahmenprogramms der EU in den kommenden vier Jahren mit einem Gesamtprojektvolumen von knapp fünf
Millionen Euro gefördert. An diesem Konsortium sind Forschungseinrichtungen aus ganz Europa sowie das Weizmann-Institut
in Israel beteiligt. Mehrere Klein- und Mittelbetriebe aus Deutschland, Ungarn und Österreich liefern die
nötigen chemischen Kapazitäten, um die Wirkstofffindung erfolgreich voranzutreiben. Getragen und organisatorisch
betreut wird dieses Großprojekt vom Kompetenzzentrum Medizin Tirol (KMT). "Das Know-how unserer Partner
steht im Mittelpunkt der Forschung mit dem Ziel neue Therapeutika zu entwickeln, patentieren, produzieren und zu
vermarkten. Unser Ziel ist es die Erkenntnisse der Grundlagenforschung optimal in die klinische Praxis zu übertragen,"
erklärt Gordon Koell, Geschäftsführer des KMT.
Enge Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und pharmazeutischen Unternehmen Um die Ziele zu erreichen werden neueste
Hochtechnologieverfahren in der Mikroskopie, in der molekularen Genetik und in den so genannten genomassoziierten
Wissenschaften wie Proteomics und Genomics zur Anwendung gebracht. Nach genauer Untersuchung der Signalwege, die
in soliden Tumoren zur Einleitung des programmierten Zelltodes führen sollen, werden diese zunächst in
Tiermodellen und Zellkulturmodellen validiert. Anschließend beginnt die Entwicklungsphase, wo Bibliotheken
von chemischen Substanzen mit Hochdurchsatzverfahren auf ihre modulierende Wirkung des programmierten Zelltodes
hin identifiziert werden. Diese interdisziplinäre Entwicklungsschiene zwischen universitären Forschungseinrichtungen
und Klein- und Mittelbetrieben aus dem pharmazeutischen Bereich ist die Kernaufgabe von GROWTHSTOP. "Das Konsortium
zeichnet sich durch eine ideale Ergänzung verschiedener Expertisen aus. Ein Großteil des Konsortiums
war auch schon innerhalb des fünften Rahmenprogramms der EU gemeinsam tätig und hat die für diese
neue Forschungsaufgabe benötigten wissenschaftlichen Vorarbeiten dort bereits erbringen können. Durch
die fachliche Ergänzung von drei Biotechfirmen steht uns jetzt die chemische Kapazität erstmals für
eine gezielte Wirkstofffindung innerhalb dieses Konsortiums zur Verfügung", so beschreibt Lukas Huber
die Chancen die das Projekt bietet. Das Konsortium erwartet sich die Identifizierung von neuen chemischen Substanzen,
die Zielmoleküle in den Signalkaskaden des programmierten Zelltodes gezielt an- oder abschalten und somit
das Tumorwachstum maßgeblich beeinflussen können. Ziel des Konsortiums ist es, diese neuen Therapiekonzepte
dann zur Weiterentwicklung an die pharmazeutische Großindustrie zu übergeben. |