Wien (ak) - "Einen befürchteten gravierenden Facharbeitermangel
mit einer Umfrage zu belegen, überzeugt solange nicht, solange die Anzahl der dem Arbeitsservice gemeldeten
offenen Stellen so dramatisch hinter der Anzahl der arbeitssuchenden Menschen zurückbleibt", sagt Christoph
Klein, Bereichsleiter für Soziales in der AK Wien, zu der von AMS und Wirtschaftskammer präsentierten
Umfrage: "Wenn in bestimmten Bereichen vergeblich Fachkräfte gesucht werden, kann bei über 300.000
Arbeitsuchenden im Jahresdurchschnitt die Antwort nicht darin bestehen, zusätzliche Arbeitskräfte aus
dem Ausland anzuwerben." Außerdem - so Klein - müsste sich nach allen Gesetzen der Ökonomie
der behauptete Facharbeitermangel in einem kräftigen Steigen der Löhne widerspiegeln. Davon kann die
AK weit und breit nichts erkennen. Angesichts der nach wie vor angespannten Situation am Arbeitsmarkt spricht sich
die AK auch weiterhin gegen eine Öffnung des Arbeitsmarktes für Fachkräfte aus den neuen EU-Ländern
vor 2011 aus. Um den prognostizierten Fachkräftemangel zu begegnen, braucht es vielmehr folgende Maßnahmen:
Qualifikations-Defizite beheben
Zahlreiche Arbeitsuchende haben deutliche Qualifikationsmängel, die mit Billigkursen der Marke Berufsorientierung
nicht zu beheben sind. Das AMS muss daher in Aufqualifizierungen investieren, die den Bedürfnissen der Wirtschaft
entsprechen, wie zB das Nachholen von Lehrabschlüssen oder die Vermittlung von Spezialkenntnissen sowie das
Nachholen von neueren fachlichen Entwicklungen, um veraltete Qualifikationen den heutigen Bedürfnissen anzupassen.
Bei begrenzten Mitteln für die aktive Arbeitsmarktpolitik ist es besser, die Zahl der SchulungsteilnehmerInnen
in Billigkursen zu reduzieren, um bestehende Differenzen zwischen von den Firmen gesuchten Qualifikationen und
den Qualifikationen der Arbeitsuchenden zu beseitigen.
Einzelfallbetreuung durch ausreichende Personalressourcen
Gewisse Reibungsverluste beim Zusammenfinden von Arbeitsuchenden (evtl mit bestimmten Qualifikationslücken)
und Betrieben, die Schwierigkeiten haben, geeignete Fachkräfte zu finden, entstehen dadurch, dass die AMS-BetreuerInnen
schlicht zu wenig Zeit haben, sich ausführlich der Vermittlung und der korrekten Schulungszuweisung zu widmen.
Ausländische Beispiele belegen, dass mit ausreichenden Personalressourcen ausgestattete Einzelfallbetreuung
in den Arbeitsmarktverwaltungen eines der erfolgreichsten Rezepte in der Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und
Facharbeitermangel darstellt.
Formale Anerkennung von Abschlüssen
Qualifikationen von bereits in Österreich befindlichen ausländischen StaatsbürgerInnen mit
legalem Zugang zum Arbeitsmarkt bleiben mangels formaler Anerkennung oder aufgrund von Sprachschwierigkeiten häufig
ungenützt. Stattdessen verstärken diese Personen noch den Druck auf den unqualifizierten Sektor des Arbeitsmarktes,
wo ohnedies ein deutliches Überangebot an Arbeitskräften besteht. Diese brachliegenden Qualifikationen
sollten durch erleichterte Anerkennung und geeignete Integrationsmaßnahmen genützt werden.
Bestehende Lehrlingsförderungen zielgenau investieren
Richtig ist der von Wirtschaftskammerpräsident Leitl gebrachte Ansatz, verstärkt in Lehrberufe
mit Zukunft zu investieren. Dabei ist es auch sinnvoll, hier gerade auch an Jugendliche der zweiten und dritten
Migrantengeneration zu denken, die bei ungenügender und auf dem Arbeitsmarkt schlecht verwertbarer Ausbildung
zum gesellschaftspolitischen Problem werden können. Dabei wird es allerdings nicht ausreichen, einfach noch
weitere Mittel in die Lehrlingsprämie zu pumpen, sondern es müssen die vorhandenen Lehrlingsförderungen
wie insbesondere auch der Blum-Bonus zielgenauer in Zukunftsberufe investiert werden.
Wenig erfolgversprechend ist für Klein der Ansatz, ArbeitnehmerInnen zum Verbleib im Berufsleben über
das Lebensalter 65 hinaus zu bewegen, wenn man in Betracht zieht, welche Schwierigkeiten ältere Arbeitssuchende
- und älter beginnt spätestens mit 45 - haben, einen adäquaten Arbeitsplatz zu finden, und wie viele
Betriebe weiterhin versuchen, ältere Beschäftigte sobald wie möglich in den Ruhestand zu schicken. |