Fachkräftemangel: AK gegen "Wunschkatalog" der Wirtschaft  

erstellt am
14. 02. 07

Wien (ak) - "Einen befürchteten gravierenden Facharbeitermangel mit einer Umfrage zu belegen, überzeugt solange nicht, solange die Anzahl der dem Arbeitsservice gemeldeten offenen Stellen so dramatisch hinter der Anzahl der arbeitssuchenden Menschen zurückbleibt", sagt Christoph Klein, Bereichsleiter für Soziales in der AK Wien, zu der von AMS und Wirtschaftskammer präsentierten Umfrage: "Wenn in bestimmten Bereichen vergeblich Fachkräfte gesucht werden, kann bei über 300.000 Arbeitsuchenden im Jahresdurchschnitt die Antwort nicht darin bestehen, zusätzliche Arbeitskräfte aus dem Ausland anzuwerben." Außerdem - so Klein - müsste sich nach allen Gesetzen der Ökonomie der behauptete Facharbeitermangel in einem kräftigen Steigen der Löhne widerspiegeln. Davon kann die AK weit und breit nichts erkennen. Angesichts der nach wie vor angespannten Situation am Arbeitsmarkt spricht sich die AK auch weiterhin gegen eine Öffnung des Arbeitsmarktes für Fachkräfte aus den neuen EU-Ländern vor 2011 aus. Um den prognostizierten Fachkräftemangel zu begegnen, braucht es vielmehr folgende Maßnahmen:

Qualifikations-Defizite beheben
Zahlreiche Arbeitsuchende haben deutliche Qualifikationsmängel, die mit Billigkursen der Marke Berufsorientierung nicht zu beheben sind. Das AMS muss daher in Aufqualifizierungen investieren, die den Bedürfnissen der Wirtschaft entsprechen, wie zB das Nachholen von Lehrabschlüssen oder die Vermittlung von Spezialkenntnissen sowie das Nachholen von neueren fachlichen Entwicklungen, um veraltete Qualifikationen den heutigen Bedürfnissen anzupassen. Bei begrenzten Mitteln für die aktive Arbeitsmarktpolitik ist es besser, die Zahl der SchulungsteilnehmerInnen in Billigkursen zu reduzieren, um bestehende Differenzen zwischen von den Firmen gesuchten Qualifikationen und den Qualifikationen der Arbeitsuchenden zu beseitigen.

Einzelfallbetreuung durch ausreichende Personalressourcen
Gewisse Reibungsverluste beim Zusammenfinden von Arbeitsuchenden (evtl mit bestimmten Qualifikationslücken) und Betrieben, die Schwierigkeiten haben, geeignete Fachkräfte zu finden, entstehen dadurch, dass die AMS-BetreuerInnen schlicht zu wenig Zeit haben, sich ausführlich der Vermittlung und der korrekten Schulungszuweisung zu widmen. Ausländische Beispiele belegen, dass mit ausreichenden Personalressourcen ausgestattete Einzelfallbetreuung in den Arbeitsmarktverwaltungen eines der erfolgreichsten Rezepte in der Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und Facharbeitermangel darstellt.

Formale Anerkennung von Abschlüssen
Qualifikationen von bereits in Österreich befindlichen ausländischen StaatsbürgerInnen mit legalem Zugang zum Arbeitsmarkt bleiben mangels formaler Anerkennung oder aufgrund von Sprachschwierigkeiten häufig ungenützt. Stattdessen verstärken diese Personen noch den Druck auf den unqualifizierten Sektor des Arbeitsmarktes, wo ohnedies ein deutliches Überangebot an Arbeitskräften besteht. Diese brachliegenden Qualifikationen sollten durch erleichterte Anerkennung und geeignete Integrationsmaßnahmen genützt werden.

Bestehende Lehrlingsförderungen zielgenau investieren
Richtig ist der von Wirtschaftskammerpräsident Leitl gebrachte Ansatz, verstärkt in Lehrberufe mit Zukunft zu investieren. Dabei ist es auch sinnvoll, hier gerade auch an Jugendliche der zweiten und dritten Migrantengeneration zu denken, die bei ungenügender und auf dem Arbeitsmarkt schlecht verwertbarer Ausbildung zum gesellschaftspolitischen Problem werden können. Dabei wird es allerdings nicht ausreichen, einfach noch weitere Mittel in die Lehrlingsprämie zu pumpen, sondern es müssen die vorhandenen Lehrlingsförderungen wie insbesondere auch der Blum-Bonus zielgenauer in Zukunftsberufe investiert werden.

Wenig erfolgversprechend ist für Klein der Ansatz, ArbeitnehmerInnen zum Verbleib im Berufsleben über das Lebensalter 65 hinaus zu bewegen, wenn man in Betracht zieht, welche Schwierigkeiten ältere Arbeitssuchende - und älter beginnt spätestens mit 45 - haben, einen adäquaten Arbeitsplatz zu finden, und wie viele Betriebe weiterhin versuchen, ältere Beschäftigte sobald wie möglich in den Ruhestand zu schicken.
 
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