Nationaler Aktionsplan bezüglich Aufklärung, Prävention, Opferschutz
Wien (pk) - Menschenhandel, der auf europäischer Ebene vor allem in Form des Frauen- und Kinderhandels
auftrete, habe sich zu einer globalen Herausforderung entwickelt, die Österreich als Transit- und Zielland
ebenso betreffe. Das Problem ändere jedoch stets seinen Charakter, nicht zuletzt aufgrund rascher Anpassung
an veränderte Rahmenbedingungen durch jene Personen, die ihn organisieren. Dies geht aus einem – im Zuge der
Task Force Menschenhandel erstellten – Gesamtbericht ( III-19 d.B.)hervor, den die Bundesministerin für Auswärtige
Angelegenheiten in Bezugnahme auf die Entschließung des Nationalrates vom 12. Juli 2006 dem Hohen Haus zuleitete.
Österreichs Ansatz zur Bekämpfung des Menschenhandels umfasst nationale Koordination, Prävention,
Opferschutz, Strafverfolgung und internationale Zusammenarbeit. Im Herbst 2005 kam es zur Ratifizierung des VN-Protokolls
zur Verhütung, Bekämpfung und Bestrafung des Menschenhandels, insbesondere des Frauen- und Kinderhandels
als erstes der drei Zusatzprotokolle des VN-Übereinkommens gegen die grenzüberschreitende organisierte
Kriminalität, dessen Mehrwert in der unbedingten Verpflichtung zum Opferschutz und der zwingenden Kriminalisierung
des Menschenhandels identifiziert werden kann. Das vom Europarat ausgearbeitete Übereinkommen zur Bekämpfung
des Menschenhandels wurde durch Österreich im Juni 2006 ratifiziert und führt – indem es den besonderen
Schutz und die materielle Unterstützung von Opfern, unabhängig von deren Bereitschaft zur Aussage in
einem Strafverfahren, einfordert – einen weiteren Schritt über das VN-Protokoll hinaus. Zudem wird ein unabhängiger
Überprüfungsmechanismus (GRETA) geschaffen und überdies Menschenhandel nun explizit als Menschenrechtsverletzung
anerkannt.
Ebenso hat Österreich die VN-Konvention über die Rechte des Kindes und deren Zusatzprotokoll gegen Kinderpornographie
ratifiziert, das u.a. Schutzbestimmungen für Betroffene enthält. Durch die VN-Konvention zur Beseitigung
jeder Form der Diskriminierung der Frauen verpflichtete sich Österreich zudem zum aktiven Vorgehen gegen Frauenhandel.
Im Jahr 2004 nahm der Europäische Rat das Haager Programm für die Schaffung eines gemeinsamen Raumes
der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts an, das eine Aufforderung an Rat und Kommission zur Entwicklung einheitlicher
Standards und Mechanismen im Kampf gegen den Menschenhandel darstellt. Der hierzu bis Ende 2005 auszuarbeitende
Aktionsplan wurde termingerecht beschlossen und den Erfahrungen des ersten Jahres entsprechend modifiziert.
Mit Ministerratsbeschluss vom November 2004 wurde in Österreich die Task Force Menschenhandel unter Leitung
des BMaA eingerichtet, deren Tätigkeitsbilanz (u.a. in Bezug auf interministerielle Koordinierung und frühzeitige
Erörterung von Entwicklungen) als erfolgreich eingestuft werden kann, so heißt es in diesem Bericht.
Die Task Force wurde mit der Ausarbeitung eines nationalen Aktionsplanes betraut, dessen Vorbereitung der Nationalrat
in seiner Entschließung vom 12. Juli 2006 eingefordert hatte. Die Einbindung und Förderung von Nichtregierungsorganisationen
wurde wahrgenommen und wird im Rahmen der Durchführung einzelner Maßnahmen fortgeführt.
Der Aktionsplan gliedert sich in sieben Teile, wobei den einzelnen Aktionen der Charakter von Zielbestimmungen
zukommt, die in Einklang mit der geltenden österreichischen Rechtslage zu erreichen sind. Das Kapitel Prävention
sieht Aktionen zur Fortführung der Tätigkeit der Task Force, die Einbeziehung der Gebietskörperschaften
und die Einsetzung eines Nationalen Koordinators gegen den Menschenhandel bis Ende 2007 vor. Schwerpunkte auf dem
Gebiet der internationalen Zusammenarbeit liegen auf der Vernetzung der Akteure, dem Kapazitätsaufbau von
staatlichen wie nicht-staatlichen Institutionen und der Fokussierung auf besondere Risikogruppen – Frauen/Mädchen
in ländlichen Gebieten, Minderheiten (insbesondere Roma), Heimkinder, Waisen.
Die im Rahmen des Aktionsplans in Aussicht genommenen Maßnahmen enthalten solche zur Aufklärung und
Prävention in den Herkunftsländern des Frauen- und Kinderhandels, Auseinandersetzung mit der Fälschungssicherheit,
Rechtmäßig- und Gültigkeit von Reisedokumenten (u.a. durch Implementierung eines neuen Sicherheitsmerkmals,
dem Sekundärlichtbild in neu ausgestellten Reisepässen im Laufe des Jahres 2007), Beseitigung von Schwierigkeiten
in der Identifizierung von Opfern (u.a. durch Anwendung eines Leitfadens), Verstärkung von Schutz und Hilfe
für Opfer einschließlich eingehender Information über bestehende Rechte und Unterstützungsmöglichkeiten,
Sicherstellung einer mindestens 30-tägigen Erhol- und Bedenkzeit für die Opfer (gemäß Art.13
des Übereinkommens des Europarates zur Bekämpfung des Menschenhandels), Hintanstellung aufenthaltsbeendender
Maßnahmen und Gewährung humanitärer Aufenthaltstitel sowie Schulung und Sensibilisierung von Angehörigen
der Exekutive und der Justiz.
Seit dem Jahre 2002 führt das BMaA eine Präventionskampagne durch, in deren Rahmen die österreichischen
Vertretungsbehörden in Risikoländern angewiesen werden, gefährdete Personengruppen bei Anträgen
auf Visa und Aufenthaltstitel über mögliche Risiken, die rechtliche Lage in Österreich und Notrufnummern
zu informieren. Da Prostitution in manchen Fällen in Verbindung zu Aktivitäten des Menschenhandels steht,
ist durch die zuständigen Behörden auf größtmögliche Sorgfalt in der Fallbearbeitung
zu achten. Mittels Erlass des Bundesministeriums für Inneres vom 10. Juli 2006 wurden spezifische Richtlinien
betreffend Showtanz, Tabledance und Prostitution festgelegt. In den beiden ersten Fällen muss zumeist vom
Vorliegen einer Bewilligungspflicht nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz ausgegangen werden, wobei
Beschäftigungsbewilligung oder Sicherungsbescheinigung des AMS vorzulegen ist. Die Einhaltung grundlegender
Kriterien in der Gesamtbeurteilung des Visumantrages könne das Risiko des Menschenhandels maßgeblich
reduzieren, heißt es in dem Bericht.
In den beiden Annexen des Berichts wird eine Übersicht über geplante, laufende und abgeschlossene Projekte
zur Bekämpfung des Menschenhandels im Rahmen der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit geboten. |