Linz (universität) - Am 31. Jänner schloss die WISDOM Initiative ihre letzte groß angelegte
Medikamentensuche im Grid mit einem durchschnittlichen Durchsatz von 80.000 getesteten Wirkstoffen pro Stunde auf
der EGEE Grid Infrastrukur ab. Dieser Rekorddurchsatz bedeutet, dass während der Laufzeit des Experiments
mehr als 140 Millionen mögliche Andockmöglichkeiten von Medikamentenwirkstoffen an den Zielproteinen
des Malariaparasiten getestet wurden und so die Entdeckung neuer Medikamente erheblich beschleunigt wird.
In der Zeit vom 1. Oktober bis 31. Jänner sagte die WISDOM (Worldwide In Silico Docking on Malaria) Initiative
mit dieser virtuellen und durch das Grid stark beschleunigten Vorselektion günstiger Wirkstoffkombinationen
als Basis für die Entdeckung neuer Medikamente den in Industrieländern vernachlässigten Krankheiten
den Kampf an.
Mit "In Silico Docking" können ForscherInnen die Wahrscheinlichkeit berechnen, mit der ein potentieller
Wirkstoff an einem der Zielproteine des Parasiten andocken wird können um so dessen Vermehrung zu verhindern.
So kann ein Großteil der potenziellen Moleküle bereits vor dem Weg ins Labor ausgeschlossen werden und
die ForscherInnen brauchen sich nur mehr den vielversprechendsten Kandidaten widmen.
Der Auswahlprozess wird so beschleunigt und damit die Entwicklungskosten neuer Medikamente im Kampf gegen Krankheiten
wie Malaria gesenkt. "Die Bedeutung von WISDOM geht weit über Malaria hinaus", meint Doman Kim,
Leiter des Bioindustry und Technology Institute der Jeonam National Universtiy Korea. "Die entwickelte Methode
kann prinzipiell auf alle Krankheitserreger angewendet werden und eröffnet so auch aufregende Perspektiven
für die Industrie. Bis jetzt wurde die Medikamentenforschung im akademischen Umfeld nur im kleinen Rahmen
durchgeführt, wohingegen die WISDOM Methode eine systematischen Untersuchung sämtlicher potenziell interessanter
Moleküle erlaubt."
Während des ersten groß angelegten In Silico Dockings im Sommer 2005 konnten im EGEE Grid bereits 41
Mio. Wirkstoffe in nur sechs Wochen gedockt werden, was auf einem herkömmlichen PC mehr als 80 Jahre gedauert
hätte. Unter den 5000 besten Verbindungen wurden so drei interessante neue Gruppen von Molekülen gefunden,
die sich als wirksam gegen den Parasiten herausstellen könnten. Diese werden nun mittels molekulardynamischer
Simulationen in den Laboren der Universität von Modena, CNRS und CNR-ITB in Italien nachbearbeitet, bevor
sie schließlich am enzymologischen Labor der Jeonnam National University in Korea "In Vitro" getestet
werden.
Dieser erste Erfolg führte zu einem zweiten Anlauf des Verfahrens gegen die Vogelgrippe im April und May 2006,
was das Interesse der biomedizinischen Forschungsgemeinde auf sich zog und dazu führte, dass weltweit Labors
aus Frankreich, Italien, Venezuela und Südafrika neue Ziele für WISDOM im Kampf gegen vernachlässigte
Krankheiten vorschlugen.
Ohne die Unterstützung der deutschen Firma BioSolveIT, welche mehr als 6000 kostenlose Lizenzen für ihr
kommerzielles Docking-Programm FlexX zur Verfügung stellte, wäre das Unternehmen WISDOM wohl kaum möglich
geworden. "Das WISDOM Programm ist sehr interessant und BioSolveIT ist froh diese Arbeit unterstützen
zu können", sagt Dr. Christina Lemmen, Geschäftsführerin von BioSolveIT. "Die Initiative
nützt die Geschwindigkeit und Genauigkeit von FlexX, um das Potenzial der virtuellen Screening Technik bei
der Suche nach neuen Medikamenten im Kampf gegen vernachlässigte Krankheiten zu zeigen." Durch den anfänglichen
Erfolg des Verfahrens im Grid, entschied sich die Firma sogar, die FlexX Lizenz für einige Wochen zu verlängern,
sodass ein weiteres Zielprotein getestet werden konnte. Auch die restliche Grid-Welt ist an diesen Bestrebungen
interessiert und so stellten neben dem EGEE Grid auch das AuverGrid, EELA, EUChinaGRID, EUMedGRID und South East
Asia Grid Ressourcen für die Aufgabe zur Verfügung.
Bis zu 5000 Rechner in 27 Ländern waren während der 10 Wochen Laufzeit gleichzeitig mit der aktuellen
Medikamentensuche im Grid betraut und es wurde eine Rechenleistung erzielt, für die ein einzelner PC gut 420
Jahre gebraucht hätte. Die Ergebnisdaten betragen dabei in etwa 2000 GB. Auch das Institut für Graphische
und Parallele Datenverarbeitung (GUP) der JKU ist am EGEE Projekt beteiligt und stellt Ressourcen aus dem AustrianGrid
für WISDOM zur Verfügung. "Neben unserer Forschung im Bereich der interaktiven Grid-Technolgie in
fünf EU-geförderten Projekten interessiert mich als Koordinator des AustrianGrid Projekts natürlich
auch der groß angelegte produktive Einsatz von Applikationen mit all seinen Tücken, wie wir ihn eben
mit WISDOM im EGEE-Grid aktiv unterstützen und damit auch erforschen konnten", meint dazu der Institutsvorstand
und Projektleiter o.Univ. Prof. Dr. Jens Volkert. |