Gerhard Rühm und Michael Köhlmeier ausgezeichnet  

erstellt am
13. 02. 07

Wien (rk) - Zwei bedeutende Künstler wurden am 12.02. im Wiener Rathaus ausgezeichnet: Gerhard Rühm erhielt das "Goldene Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien", Michael Köhlmeier das "Goldene Verdienstzeichen des Landes Wien". Viele Weggefährten und Freunde waren gekommen, um den beiden Künstlern zu gratulieren, darunter Friedrich Achleitner, Friedrich Cerha, Reinhold Bilgeri, Robert Schindler und HC Artmanns Witwe Rosa Artmann.

"Gerhard Rühm und Michael Köhlmeier zählen zu den bedeutendsten und vielfältigsten Schriftstellern des deutschsprachigen Raums, die die Sprache in den Mittelpunkt ihres Schaffens stellen, ohne sich dabei einengen zu lassen, ohne die Grenzen der Kunst zu akzeptieren", so Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny im Rahmen der Verleihung.

Gerhard Rühm habe nicht nur als Schriftsteller, sondern auch als Zeichner, Pianist und Komponist unter strenger Beachtung künstlerischer Qualitätskriterien die Grenzen zwischen U und E in der Kunst aufgehoben, betonte Wendelin Schmidt-Dengler, der in seiner Laudatio auch auf die Bedeutung der "Wiener Gruppe" und die Dialektgedichte Rühms hinwies.

Michael Köhlmeier entspräche dem Ideal des Universalisten, der in allen Disziplinen Meisterschaft erlangte, bekräftigte Robert Menasse in seiner Laudatio auf seinen Freund und Kollegen. "Köhlmeier ist ein genuiner Erzähler, er hat das Archetypische der Literatur, das Erzählen, ins Zeitgenössische gerettet".

Gerhard Rühm
Gerhard Rühm wurde am 12. Februar 1930 in Wien geboren. Er begann seine künstlerische Laufbahn als Komponist. Nach dem Besuch des Realgymnasiums studierte er an der Akademie für Musik und darstellende Kunst in Wien, und zwar Klavier und Komposition. Auf sich aufmerksam machte er mit avantgardistisch-experimentellen Kompositionen. Angeregt wurde er u. a. vom amerikanischen Komponisten John Cage und dessen damals revolutionären Vorstellungen vom grenzüberschreitenden Happening.

Die Begegnung mit HC Artmann Anfang der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts führt Gerhard Rühm zur Literatur. Zunächst veröffentlichte er in "versuche, den eben erfundenen tachismus auf die poesie zu übertragen" (1952) sogenannte "lautgedichte", die auf den Grenzbereich zwischen den einzelnen Kunstdisziplinen verweisen sollen. Zusammen mit Artmann, Achleitner, Konrad Bayer und Oswald Wiener gründete er die "Wiener Gruppe", deren Ziel die Erneuerung der literarischen Aussage aus dem Material der Sprache und die Reflexion auf ihre Produktionsbedingungen war.

Da seine Arbeiten in Österreich keine Anerkennung fanden, ja sogar durch Publikumsverbot behindert wurden, verließ Rühm nach dem Auseinanderbrechen der "Wiener Gruppe" 1964 Wien und ließ sich zunächst in Berlin und ab 1975 in Köln nieder. 1967 gab er die Sammelpublikation "Die Wiener Gruppe" heraus, die großen Einfluss auf die österreichische Gegenwartsliteratur ausübte. 1972 wurde er als Dozent, später als Professor für freie Grafik an die Kunsthochschule Hamburg berufen, wo er bis 1995 unterrichtete.

Michael Köhlmeier
Michael Köhlmeier wurde 1949 in Hard am Bodensee (Vorarlberg) geboren, wuchs jedoch hauptsächlich in Hohenems/Vorarlberg auf. Schon als Jugendlicher begann er, eigene Songs zu schreiben, und trat als Liedermacher und Interpret auf. Nach der Matura studierte er von 1970 bis 1976 Germanistik und Politologie in Marburg sowie Mathematik und Philosophie in Gießen in der deutschen Bundesrepublik. Danach arbeitete er einige Jahre beim Österreichischen Rundfunk. 1981 heiratete er die Schriftstellerin Monika Helfer. Seit 1985 lebt er als freier Schriftsteller in Hohenems.

Bereits mit seiner ersten schriftstellerischen Arbeit, dem Roman "Der Peverl Toni und seine abenteuerliche Reise durch meinen Kopf" (1982) fand Köhlmeier starke Beachtung. Weitere Romane wie "Moderne Zeiten" (1984), "Die Figur" (1986), "Spielplatz der Helden" (1988) und "Der Musterschüler" (1989) folgten.

In den 90er Jahren wandte sich Köhlmeier verstärkt der Rezeption der homerischen Mythen zu, die er in den beiden Romanen "Telemach" (1995) und "Kalypso" (1997) umschrieb. Sie unternehmen den Versuch, die antiken Stoffe von ihrem bildungsbürgerlichen Zuschnitt zu befreien und den Mythos in einen historischen Roman zu verwandeln, dessen Aussagegehalt auf den zeitgenössischen Leser zielt. Danach behandelte Köhlmeier auch österreichische Sagenstoffe. Zahlreich sind auch seine Arbeiten für das Theater und den Rundfunk. Köhlmeier erhielt u.a. den Rauriser Literaturpreis (1983), den Manes Sperber-Preis (1995) und den Grimmelshausen-Preis der Stadt Renchen (1997).
 
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