Wien (bmlfuw/aiz) - "Für die Zukunft der österreichischen
Landwirtschaft ist es wichtig, dass unsere Bauern faire Chance auf den Märkten vorfindet. Dazu müssen
wir auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene die dafür erforderlichen Rahmenbedingungen
schaffen. Die aktuellen Entwicklungen bei den WTO-Verhandlungen und hier insbesondere die Vorstöße von
Handelskommissar Peter Mandelson geben jedoch Anlass zu Sorge. Die EU muss sich gegen weitere einseitige Zugeständnisse
wehren und durch ein ausgewogenes Verhandlungsergebnis das europäische Modell der Landwirtschaft absichern."
Dies stellte Landwirtschaftsminister Josef Pröll anlässlich der Eröffnung der Wintertagung des Ökosozialen
Forums am 12.02. in Wien fest. Für die österreichische Agrarpolitik sehe er heuer die Schwerpunkt ein
der Finalisierung des Grünen Pakts für die Ländliche Entwicklung, in der schrittweisen Umsetzung
des Regierungsübereinkommens sowie in der Fortführung der Exportoffensive und der Initiative "Genuss
Region Österreich", so Pröll.
"2006 war ein gutes Jahr für die österreichische Agrarpolitik", leitete der Minister seinen
Eröffnungsvortrag bei der Wintertagung ein. Insbesondere sei es gelungen, EU-Mittel für die Ländliche
Entwicklung von EUR 3,9 Mrd. in der Periode 2007 bis 2013 zu sichern. Weiters sei im abgelaufenen Jahr erstmals
eine positive Bilanz im Agraraußenhandel erzielt worden. Zu Jahresbeginn 2007 seien mit dem Regierungsübereinkommen
gute Rahmenbedingungen für die heimische Landwirtschaft fixiert worden, so Pröll. "Ich werde jetzt
mit voller Kraft an der Umsetzung der vereinbarten Punkte arbeiten", kündigte der Ressortchef an. Er
sei überdies sehr froh, heute als Landwirtschafts- und Umweltminister sprechen zu können, "weil
diese beiden Ressorts aus vielen logischen Gründen zusammengehören, man denke nur an das Thema Klimaschutz".
Globalisierung nicht leugnen, sondern mitgestalten
Auf das Tagungsmotto eingehend, unterstrich Pröll, "dass man die Globalisierung nicht leugnen
kann, sondern sie als Faktum sehen muss". Aus österreichischer und europäischer Sicht sei es notwendig,
diesen Prozess mitzugestalten und für faire Rahmenbedingungen im globalen Agrarhandel zu kämpfen.
WTO: Falsche Signale von USA und Mandelson
In diesem Zusammenhang übte der Minister Kritik am bisherigen Vorgehen des EU-Chefverhandlers bei der WTO-Runde.
Es gebe Unruhe unter den Mitgliedstaaten, weil Handelskommissar Mandelson weitere Zollsenkungen signalisiert habe.
"Die EU hat mit dem Angebot von Oktober 2005 bereits weit reichende Zugeständnisse gemacht. Derzeit gibt
es keine Veranlassung zu weiteren Angeboten seitens der EU. Es ist höchste Zeit, dass unsere Handelspartner
entsprechende Gegenangebote machen. Konkret müssen die USA substanziell bei ihren handelsverzerrenden Förderungen
nachgeben und Schwellenländer wie Brasilien oder Indien bei den Industriegütern und Dienstleistungen
Zugeständnisse machen", forderte Pröll. Leider gehe die aktuelle Politik der USA in die gegenteilige
Richtung. Der Anfang Februar präsentierte Vorschlag zur Farm Bill (Gesetz für die US-Agrarpolitik) sehe
zwar eine Anpassung der US-Förderungen an die WTO-Regeln vor, insgesamt komme es aber zu einer Anhebung der
für die amerikanischen Landwirte zur Verfügung stehenden Mittel, während die EU ihre Hausaufgaben
mit der letzten GAP Reform (70% Kürzung bei handelsverzerrenden Förderungen) gemacht habe.
"Die EU muss bei den WTO-Verhandlungen das europäische Landwirtschaftsmodell verteidigen, das auf den
Säulen Lebensmittelproduktion, Pflege der Kulturlandschaft, Erhaltung des Lebensraumes und Energieproduktion
beruht", unterstrich der Minister.
"Health Check" darf kein Grund für vorgezogene Reformdebatte sein
Auf europäischer Ebene gehe es in diesem Jahr darum, die begonnenen Reformschritte konsequent, aber
mit Augenmaß fortzusetzen. Im ersten Halbjahr 2007 werde ein Kommissionsentwurf zur Reform der Weinmarktordnung
erwartet. Der Vorschlag zur Reform des Sektors Obst und Gemüse sei im Jänner bereits das erste Mal im
Rat diskutiert worden. Ebenso sei geplant, die 21 sektoralen Marktorganisationen zu einer gemeinsamen, horizontalen
Marktordnung zusammenzulegen.
"Zudem will die Kommission im nächsten Jahr einen so genannten 'Health Check' für die EU-Agrarpolitik
durchführen. Wir sind für sinnvolle Verbesserungen und eventuelle Nachjustierungen, aber eine Reform
der GAP durch die Hintertür darf es hier nicht geben. Unsere Bauern sollen nach all den Reformen in Ruhe arbeiten
können. Europas Landwirte brauchen Verlässlichkeit und Planungssicherheit. Daher darf es vor 2013 keine
neue Reformdebatte in der EU-Agrarpolitik geben", stellte der Minister klar. Ansonsten würde das Vertrauen
der bäuerlichen Bevölkerung in die EU-Politik aufs Spiel gesetzt.
Bildungs- und Investitionsoffensive soll Wettbewerbsfähigkeit erhöhen
Auf österreichischer Ebene sehe er in diesem Jahr vor allem vier agrarpolitische Schwerpunkte, sagte Pröll.
Erstens gehe es darum, den Grünen Pakt für die Ländliche Entwicklung in den Gesprächen mit
Brüssel zu finalisieren. Bis Sommer sollten die wichtigsten Details geklärt sein. Unverrückbar für
ihn sei, "dass die Bergbauernförderung, das ÖPUL und die deutlich aufgestockte Investitionsförderung
in Kombination mit einer Bildungsoffensive die zentralen Säulen dieses Programms sein müssen". Damit
solle die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Betriebe erhöht werden.
An zweiter Stelle nannte Pröll die Abarbeitung des Regierungsprogramms. Hier gehe es unter anderem um die
Weiterführung des Agrardiesels sowie um die Erhöhung der Beimischungsquoten im Biotreibstoffbereich.
Was die nunmehr begonnenen Budgetverhandlungen betreffe, so reiche der erste Vorschlag des Finanzministeriums für
die Ressorts Landwirtschaft um Umwelt "nicht aus". Er setze aber diesbezüglich auf das Verständnis
und die Sachkenntnis von Minister Wilhelm Molterer.
Erfolgreiche Initiativen werten weitergeführt
Die erfolgreiche Initiative "Genussregion Österreich" werde selbstverständlich fortgesetzt,
heuer sei die Auszeichnung von 30 weiteren Regionen geplant.
Ebenso weitergeführt werde die "Exportoffensive 1 – 24", hier werde man in weiteren Ländern
über Europa hinaus Lebensmittelpräsentationen veranstalten und bereits "eroberte" Märkte
weiter pflegen.
Landwirtschaft ist zentraler Faktor bei Lösung des Problems Klimawandel
Ein zunehmend höherer Stellenwert komme im Agrarbereich dem Thema Energieversorgung zu, sagte Pröll.
"Die Landwirtschaft gehört zu den Hauptbetroffenen des Klimawandels, sie stellt aber zugleich mit der
Produktion erneuerbarer Energie einen entscheidenden Faktor bei der Lösung dieses Problems dar", gab
der Ressortchef zu bedenken. Für die Landwirte bedeute das eine enorme Chance, sich ein zusätzliches
Einkommensstandbein zu schaffen. Österreich sei in den vergangenen Jahren Vorreiter bei der Beimischung von
Biotreibstoffen gewesen. Ziel sei unter anderem eine Verdoppelung des Biomasseeinsatzes bis 2010. Dies sei auch
im neuen Regierungsprogramm so verankert.
"Die Energiebereitstellung ist neben der Lebensmittelproduktion und der Landschaftspflege der dritte große
Bereich, in dem die Zukunft der österreichischen Landwirtschaft liegt. Wichtig ist, dass wir diese drei Säulen
in Österreich und international in Balance halten", hielt Pröll fest. |