Arbeitsmarkt / Fachkräftebedarf  

erstellt am
26. 02. 07

 Gusenbauer will Fachkräfte in Österreich mobilisieren
Wien (sk) - Trotz 353.000 Arbeitssuchenden im Jänner will Minister Bartenstein zusätzliche ausländische Fachkräfte ins Land holen. Kanzler Alfred Gusenbauer lehnt dies ab und hat ein eigenes Modell vorgestellt. Der Vorschlag des Bundeskanzlers sieht vor, dass Fachkräfte aus dem österreichischen Arbeitskräftepotenzial mobilisiert werden. Zunächst sollte die Wirtschaft mit einer Art "Frühwarnsystem" einen zusätzlichen Fachkräftebedarf zumindest sechs Monate vorher anmelden. Das Arbeitsmarktservice (AMS) könnte dann darauf sofort reagieren und Arbeitslose suchen, die bereit sind, sich für diese Arbeit umschulen zu lassen. "Das AMS könnte also spezielle Kurse entsprechend den Bedürfnissen der Wirtschaft anbieten", so Gusenbauer.

Als weiteren Anreiz schlägt der Kanzler die Einführung einer Mobilitätsprämie vor. "Wir haben in Österreich eine sehr geringe regionale Mobilität, gleichzeitig auch eine regional stark unterschiedliche Nachfrage", erklärte der Regierungschef. So gebe es derzeit vor allem in Salzburg und Oberösterreich einen Facharbeitermangel. "Diese Situation kann man durch einen finanziellen Anreiz ändern. Mir ist lieber, jemand arbeitet in Salzburg oder Oberösterreich, als er sitzt in Wien oder Niederösterreich als Arbeitsloser", so Gusenbauer. Mit der Mobilitätsprämie, die das AMS bezahlen soll, und in Ergänzung mit einer bedarfsorientierten Qualifikationsoffensive will der Kanzler "die innerösterreichische Mobilität ankurbeln".

Der Vorschlag von Wirtschaftsmninister Bartenstein, wegen eines Facharbeitermangels einfach die Grenzen zu öffnen, ist für Gusenbauer eine "zu einfache Antwort". Damit würden bestehende Probleme am heimischen Arbeitsmarkt nur noch vergrößert und "für billige Arbeitskräfte aus dem Osten eine Schleuse geöffnet werden".

Regierungsklausur: Schwerpunkte Wachstum und Beschäftigung, F & E und Verwaltungsreform
Bei der Regierungsklausur am 2. und 3. März werden die Bereiche Wachstum und Beschäftigung, Forschung und Entwicklung sowie Verwaltungsreform die Schwerpunkte sein. Beim Thema Wachstum und Beschäftigung setzt Gusenbauer vor allem auf die vereinbarten Investitionen in die Infrastruktur im Ausmaß von 10,5 Mrd. Euro, die geplante Ausbildungsgarantie für Jugendliche bis zum 18. Lebensjahr und die Reform der Arbeitsmarktpolitik.

Bei der Arbeitsmarktpolitik will Gusenbauer weg vom Gießkannenprinzip: "Wir brauchen Förderungen, die wirklich zu neuen Jobs führen." Die AMS-Kurse dürften nicht zu einer "Arbeitslosenaufbewahrung" verkommen. Es sollten eventuell sogar "weniger Kurse angeboten werden, dafür aber längere und intensivere Weiterbildungskurse, die auch Chancen auf dem Arbeitsmarkt eröffnen".

 

 Marek: Regierungsprogramm muss für beide Partner gelten
Wien (övp-pk) - Völliges Unverständnis äußerte Staatssekretärin Christine Marek im Hinblick auf die Aussagen von SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer, qualifizierte Fachkräfte innerhalb von drei Monaten ausbilden zu können. "Das kommt einer Verhöhnung all jener gleich, die in mehrjähriger Ausbildung eine Facharbeiterausbildung absolvieren, und ist auch nicht unbedingt ein Beweis für große Realitätsnähe", so Marek. "Die Bundesregierung hat sich im Regierungsübereinkommen vorgenommen, die Anerkennung der Lehre zu stärken und nicht zu schwächen." Darüber hinaus sei angemerkt, dass selbst eine Intensiv-Facharbeiterausbildung ein bis zwei Jahre dauern würde. Die von Arbeitsminister Martin Bartenstein angekündigte Öffnung sei "maßvoll und bedarfsorientiert", schließlich handle es sich um ein mit den Sozialpartnern abgesprochenes Pilotprojekt. Auch gehe es nicht um billige Arbeitskräfte aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten, sondern um qualifizierte Fachkräfte.

Marek wies auch darauf hin, dass es mehr als unverantwortlich sei, das hohe Wirtschaftswachstum mangels Arbeitskräfte aufs Spiel zu setzen. "Die Arbeitslosigkeit sinkt, das Wachstum steigt und wir haben einen akuten Mangel an Facharbeitern", so Marek. Werde dieser nicht gedeckt, würden weitere Arbeitsplätze gefährdet. Unternehmen siedeln sich schließlich dort an, wo qualifiziertes Personal verfügbar ist. Darüber hinaus sei Gusenbauer daran erinnert, die flexible Erteilung von Beschäftigungsbewilligungen aus den neuen EU-Mitgliedsstaaten in Branchen mit besonderem, "aus dem verfügbaren Arbeitskräftepotential nicht abdeckbarem Bedarf", selbst verhandelt zu haben. "Was gilt das Regierungsprogramm eigentlich, wenn jetzt laufend Punkte einfach in Frage gestellt werden", so Marek. "Das Regierungsprogramm muss für beide Partner gelten."

Dasselbe gelte auch für den Blum-Bonus. "Es ist absolut inakzeptabel, dass dieser von Sozialminister Erwin Buchinger in Frage gestellt wird", so Marek. Die Verlängerung des Blum-Bonus sei im Regierungsübereinkommen veranschlagt. "Die Lehrlinge von heute sind auch die Facharbeiter von morgen." Sehr wohl könne man über eine Modifizierung in Richtung Stärkung von Zukunftsberufen diskutieren. Allerdings könne es keine Teilung in "gute" und "nicht gute" Lehrberufe geben. "Auch ein zusätzlicher Lehrling in 'herkömmlichen Berufen' ist förderungswürdig", so Marek. Die SPÖ sei jedenfalls aufgefordert, das Regierungsprogramm einer intensiveren Lektüre zu unterziehen, so die Staatssekretärin abschließend.

 

 Öllinger: Gusenbauer-Vorschlag zeugt von "Ahnungslosigkeit"
Wien (grüne) - "Keine Ahnung" habe Bundeskanzler Alfred Gusenbauer von der Situation am Arbeitsmarkt, wenn er die Probleme im Bereich der Mobilität sieht, erklärte der Sozialsprecher der Grünen, Karl Öllinger zum jüngsten Vorstoß des Kanzlers. Steirische und burgenländische KassierInnen in Supermärkten würden täglich drei Stunden nach Wien pendeln, von BauarbeiterInnen ganz zu schweigen, die Wochen-Pendler sind. "Mobilität ist da nicht das Problem." Im übrigen sei Gusenbauer offenbar entgangen, dass die Kompetenz in Sachen Arbeitsmarkt nicht bei ihm und nicht bei der SPÖ liege, meinte Öllinger.

Eine freiwillige Prämie seitens des AMS sei zwar interessant, "aber garantiert der Bundeskanzler den Menschen, die verschippert werden, dass sie ihre Familie mitnehmen können, dass ihre Arbeitsverhältnisse dauerhaft sind? Das kann er gar nicht." Das Thema Mobilität an ausländische Facharbeiter zu knüpfen, bezeichnete Öllinger als kurzsichtig. "Der Kanzler spricht von Lohndumping, doch Lohndumping geschieht durch illegal beschäftigte Ausländer, nicht durch legal Beschäftigte", so Öllinger. Es sei unrealistisch zu glauben, dass die Wirtschaft ihren Bedarf dem AMS meldet und das AMS diesen kurzfristig durch Qualifizierung und Ausbildung abdecken kann. "Es ist besser, wenn Ausländer als ordentliche Arbeitskräfte kommen statt als Illegale."

 

 Kickl: Gusenbauer verkennt die Problematik
Wien (fpd) - Ausgesprochen skeptisch steht FPÖ-Sozialsprecher NAbg. Herbert Kickl den Vorschlägen von Bundeskanzler Gusenbauer zum Thema Fachkräfte gegenüber.
"Es ist ja sehr löblich, dass Gusenbauer jetzt plötzlich den Arbeitsmarkt entdeckt", meinte Kickl. "Während der Koalitionsverhandlungen war ihm dieses Thema aber offensichtlich nicht so wichtig, sonst hätte er das Arbeitsministerium nicht locker-lässig an die ÖVP abgetreten."

Kickl verwies darauf, dass Gusenbauer die Problematik in Wahrheit völlig verkenne. Das Grundproblem des Arbeitsmarkts sei nämlich die Arbeitslosigkeit von Ausländern, die immer rasanter zunehme und den Sozialstaat belaste. Vorrangig sei es wichtig, weiteren Zuzug zu stoppen und nicht etwa durch eine völlig sinnlose Grundsicherung Anreize fürs Nichtstun zu setzen. Solange es weiter ungehinderte Zuwanderung gebe, könne Gusenbauer noch so sehr über Mobilität daherplappern, denn die einzige Mobilität werde diejenige von Wirtschaftsflüchtlingen nach Österreich bleiben.

 

 Grosz: Regierungschaos setzt sich fort
Wien (bzö) - "Das Chaos in Gusenbauers Kabinett der Verwirrung setzt sich weiter fort. Unabgesprochene Vorstöße, Rückzieher, Umfaller und Selbstfaller prägen diese Koalition", so BZÖ-Generalsekretär Gerald Grosz zur Verwirrung rund um Bartensteins Importpläne für ausländische Arbeitskräfte.

"Die Bundesregierung soll lieber dafür sorgen, dass die österreichischen Arbeitskräfte in Beschäftigung kommen, anstatt die Übergangsfristen teilweise aufzuheben. Solange Österreicher in diesen Bereichen arbeitslos gemeldet sind, stellt sich die Frage nicht. Ein Lohndumping auf Kosten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kann ja wohl kein Ziel einer österreichischen Regierung sein. Hier wird der völlige falsche Weg eingeschlagen. Nach der unnötigen Legalisierung illegaler Arbeitskräfte droht der zweite Sündenfall der Bundesregierung", so Grosz.
 
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