Fotos vom Innenleben eines Atoms  

erstellt am
20. 02. 07

Reinhard Kienberger entdeckt die Atto-Sekunde und ist "Salzburger der Woche" auf SALZBURG.AT
Salzburg (lk) - John Wayne und alle anderen Western-Helden würden gemeinsam Reißaus nehmen, wenn Reinhard Kienberger loslegt. Der Wissenschafter aus Saalfelden "feuert" mit 4.000 Schuss pro Sekunde – allerdings nicht mit einem Colt auf Indianer oder Cowboys, sondern mit einer Gasdüse auf Atome. Damit machte Dr. Reinhard Kienberger nicht nur eine bahnbrechende Entdeckung, sondern wurde auch mit dem 1,05 Millionen Euro dotierten Sofja-Kovalevskaja- Preis ausgezeichnet. Reinhard Kienberger wurde am 20.02. zum "Salzburger der "Woche" auf SALZBURG.AT, der Internet-Plattform für die Europaregion gekürt.

Durch den Beschuss der Atome wird ein Elektron aus dem Gasatom herausgezerrt und wieder zurückgeschleudert. Die gewonnene Energie gibt das Elektron als extrem kurzen Röntgen-Lichtblitz wieder ab. Dadurch kann die Bewegung von Elektronen in Atomen erstmals in Echtzeit verfolgt, also "fotografiert" werden. Mit dieser von Kienberger entwickelten Methode können erstmals Attosekunden-Pulse erzeugt und gemessen werden. Eine Atto-Sekunde ist der milliardste Teil einer Milliardstel-Sekunde. Zum Vergleich: Der Flügelschlag einer Fliege dauert eine Tausendstel Sekunde. Oder wie es Kienberger erklärt: "Eine Atto-Sekunde verhält sich zu einer Sekunde wie eine Sekunde zum Alter des Universums." Und das sind – nach aktuellem Stand der Wissenschaft – immerhin 13 bis 14 Milliarden Jahre.

Die Arbeiten befinden sich derzeit noch in der Grundlagenforschung. Später sollen damit die Bekämpfung von Tumoren oder die maßgeschneiderte Erzeugung von Kunststoffen möglich werden. Dafür erhielt der 35-Jährige den Sofja-Kovalevskaja-Preis der Alexander-von-Humboldt-Stiftung, der vom deutschen Bundesministerium für Bildung und Forschung gestiftet wird und an Nachwuchs-Wissenschafter aus dem Ausland geht.

Reinhard Kienberger wusste schon in jungen Jahren um seine Interessen: Messen, Beobachten, was in der Natur so vor sich geht. Mathematik und Physik waren in der Schule seine Stärken. Ein Chemie-Baukasten tat sein Übriges. Außerdem entstammt der Pinzgauer einer "Techniker-Familie", wie er sagt: Sein Vater war Universitäts-Assistent an der Technischen Universität Graz und später Direktor an der HTL Saalfelden, seine beiden älteren Brüder haben auch technische Berufe. Reinhard Kienberger selber wurde 1971 in Graz geboren, übersiedelte mit drei Jahren nach Salzburg und mit sieben Jahren nach Saalfelden am Steinernen Meer. Dort absolvierte er das Bundesgymnasium und studierte anschließend in Wien Elektrotechnik. Seit Anfang 2005 lebt er zusammen mit seiner Frau und drei Kindern in München und arbeitet für das Max-Planck-Institut für Quantenoptik.

Zusammenarbeit über die Straße hinweg
Die Arbeitsbedingungen in Garching bei München bezeichnet Kienberger als "extrem gut". Dort, wo das Institut angesiedelt ist, befinden sich viele Forschungseinrichtungen auf engstem Raum, Synergien werden genutzt. Wenn er einen Tipp braucht, geht er "einfach über die Straße" und bespricht sich mit Kollegen. Auch viele Österreicher sind darunter. Außerdem sei Europa in diesem Forschungsgebiet Spitze und weit vor den USA, sagt Kienberger. Zu diesen optimalen Bedingungen gesellt sich nun mit dem Kovalevskaja-Preis die nötige Finanzspritze.

Die Erzeugung von geeigneten Röntgenstrahlen, die für den Beschuss der Atome notwendig sind, ist äußerst sensibel. Im Sommer ist beispielsweise die Luftfeuchtigkeit zu hoch. Auch die Anwesenheit von zu vielen Leuten im Labor wirkt sich negativ aus. Optimale Bedingungen herrschen oft in der Ruhe der Nacht und am Wochenende. Trotzdem ist Teamarbeit angesagt. "Hier kann man kein Einzelkämpfer sein. Wir diskutieren Ergebnisse und helfen, Fehler zu vermeiden", erzählt Kienberger.

In einer weiteren Phase der Arbeiten schaut er sich den Informations- und Energietransport in Molekülketten genauer an. "Bis heute ist noch nicht ganz geklärt, wie schnell und in welchen Intervallen das abläuft", erklärt Kienberger. Derzeit arbeitet er auch an seiner Habilitation und wird ab Herbst Vorlesungen an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität halten. Auch privat nimmt er sich gerne Zeit für Literatur. Am liebsten liest er dann Geschichten über Erfinder, ihre wissenschaftlichen Entdeckungen und wie sie sich ihren Weg gebahnt haben.

Wer wird nächste/r "Salzburger/in der Woche"?
Auf SALZBURG.AT, der Internet-Plattform für die Europaregion auf www.salzburg.at, wird regelmäßig der oder die "Salzburger/in der Woche" gekürt. Auch eigene Vorschläge für den/die Salzburger/in der Woche können eingebracht werden. Ein E-Mail an landespressebuero@salzburg.gv.at mit der Begründung und eventuell einem Foto der Kandidatin bzw. des Kandidaten genügt. Die Internet-Plattform http://www.salzburg.at verzeichnet bis zu 20.000 Seitenaufrufe täglich.
 
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