Parlamentarischer Nord-Süd-Dialog  

erstellt am
20. 02. 07

Entwicklungszusammenarbeit - unverzichtbar für den Weltfrieden
Wien (pk) - Am Vormittag des 19.02. nahmen im Parlament die EZA-Sprecher von SPÖ, ÖVP, Grünen und BZÖ Stellung zu aktuellen Fragen der Entwicklungszusammenarbeit und diskutierten unter der Moderation von Irmgard Strach-Kirchner vom "Südwind-Magazin" mit dem Publikum.

Abgeordnete Petra Bayr von den Sozialdemokraten betonte, dass die Entwicklungszusammenarbeit als ein Querschnittsthema in der parlamentarischen Arbeit zu sehen sei. Ihrer Ansicht nach bedürfe es eines starken Parlaments, weshalb nicht nur über alle Parteigrenzen hinweg Verbündete in allen Ausschüssen für diese Thematik zusammenarbeiten, sondern alle 183 Abgeordneten einbezogen werden sollten, um sich für das gemeinsame Ziel der Armutsminderung weltweit einzusetzen. Bayr wollte im Gegensatz zu Franz Nuscheler die Tätigkeiten der nationalen Parlamente einerseits und der NGOs andererseits nicht polarisierend sehen und sprach sich für ein Miteinander in einem zivilgesellschaftlichen Rahmen aus. Abschließend äußerte Bayr den Wunsch, dass das gemeinsame Kämpfen für eine bessere Welt zu einer Wertvorstellung werden und sich der Nord-Süd-Dialog zu einem multilateralen Anliegen entwickeln sollte.

Der entwicklungspolitische Sprecher der Volkspartei, Franz Glaser, hob hervor, die Entwicklungszusammenarbeit werde in unserer konfliktträchtigen Welt immer wichtiger, und nannte es als ein Ziel kommender Budgetverhandlungen, die Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit auf 0,51 % des BIP anzuheben. Auf das Referat von Franz Nuscheler eingehend, plädierte Glaser für eine Stärkung der Qualifikationen auf allen Ebenen der afrikanischen Parlamente. Good Governance bedeute für diese Länder auch, selbst zu definieren, wie sie sich entwickeln wollen. Hiefür benötige es aber eine breite Basis ausgebildeter, fähiger Personen nicht nur auf Regierungsebene, auch die Sach- und Fachkenntnis bei den Abgeordneten wäre zu stärken. Den Parlamenten sollte nach Meinung Glasers auch die Möglichkeit gegeben werden, direkte Budgethilfen zu kontrollieren. Aufgabe der Abgeordneten wiederum, die ja aus allen Regionen gewählt werden, ist es, ihre Stimme für ihre jeweilige Heimatregion zu erheben und für eine freie Medienlandschaft in den betroffenen Ländern zu sorgen.

Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) machte auf die oft schlechte Ausstattung von afrikanischen Abgeordneten mit Ressourcen aufmerksam und wies darauf hin, dass Parlamentarier auf moderne Kommunikationsmittel und personelle Unterstützung nicht verzichten können, wenn sie eigenständig arbeiten und ihre Kontrollfunktion gegenüber der Regierung wahrnehmen wollen. Als einen Beweis dafür, dass der Dialog zwischen europäischen und afrikanischen Parlamenten nicht einseitig geführt werden soll, sondern beide Seiten lernen können, sah Lunacek in der wachsenden Zahl weiblicher Abgeordneter in afrikanischen Parlamenten. In Ruanda haben die Frauen mittlerweile einen Anteil von 48 % erreicht. Einmal mehr plädierte Ulrike Lunacek dafür, die Parteienförderung an die Erfüllung ausreichender Frauenanteile in den Parlamenten zu binden.

Die aktuelle Forderung nach mehr politischer Kohärenz wollte Lunacek bei den Verhandlungen der EU mit den AKP-Staaten (Afrika, Karibik, Pazifik) über wirtschaftliche Partnerschaftsabkommen umgesetzt sehen. Denn nach Ansicht der EZA-Sprecherin der Grünen sei es unmöglich, die Millenniums-Ziele zu erreichen, wenn die bisher vorliegenden Vertragsentwürfe tatsächlich umgesetzt würden. Völlige Marktliberalisierung und Abschaffung der Zölle könne die Probleme der AKP-Länder nicht lösen, diese Staaten brauchen Einnahmen durch Zölle und den Schutz lokaler Produktionen zur Versorgung der Bevölkerung.

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (B) unterstrich das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit als eine wichtige Voraussetzung für die soziale, wirtschaftliche und politische Entwicklung eines Landes und brachte Probleme der afrikanischen Länder mit der Korruption sowie mit den Folgen jahrzehntelanger Ausbeutung und kriegerischer Konflikte zur Sprache. Dolinschek setzt in der Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika auf eine Kooperation von Wirtschaft und Politik und hob dabei die Initiative "Fair Trade" hervor, von der Druck auf die Wirtschaft ausgehe und Motivation für die Konsumenten, fair gehandelte Produkte zu kaufen.

Wenn in der Entwicklungszusammenarbeit mehr Geld eingesetzt werden soll, müsse gleichzeitig darauf geachtet werden, dass die Mittel entsprechend verwendet werden. Wachsamkeit und bessere Kontrolle seien wichtig, um das Vertrauen der bekannt spendenfreudigen Österreicher nicht zu erschüttern.

In der Diskussion mit dem Publikum kam auch die Frage nach steigenden Rüstungsausgaben afrikanischer Länder trotz der permanent sich verschlechternden wirtschaftlichen und sozialen Lage in Afrika aufs Tapet. Die Abgeordneten sahen aber unisono keinen Anlass, die Entwicklungszusammenarbeit als ein "teures Hobby" zu bezeichnen. Die Entwicklungszusammenarbeit sei vielmehr unverzichtbar, wenn man den Menschen in den Entwicklungsländern eine Vision für ihr Überleben und ein friedliches Zusammenleben erhalten möchte. Und das liege im Interesse des Nordens, denn die Zahl der Menschen, die bis 2010 ihre Heimat verlassen werden, um vor sozialen, wirtschaftlichen oder ökologischen Krisen zu fliehen, könnte auf 50 Millionen steigen
 
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