Entwicklungszusammenarbeit - unverzichtbar für den Weltfrieden
Wien (pk) - Am Vormittag des 19.02. nahmen im Parlament die EZA-Sprecher von SPÖ, ÖVP,
Grünen und BZÖ Stellung zu aktuellen Fragen der Entwicklungszusammenarbeit und diskutierten unter der
Moderation von Irmgard Strach-Kirchner vom "Südwind-Magazin" mit dem Publikum.
Abgeordnete Petra Bayr von den Sozialdemokraten betonte, dass die Entwicklungszusammenarbeit als ein Querschnittsthema
in der parlamentarischen Arbeit zu sehen sei. Ihrer Ansicht nach bedürfe es eines starken Parlaments, weshalb
nicht nur über alle Parteigrenzen hinweg Verbündete in allen Ausschüssen für diese Thematik
zusammenarbeiten, sondern alle 183 Abgeordneten einbezogen werden sollten, um sich für das gemeinsame Ziel
der Armutsminderung weltweit einzusetzen. Bayr wollte im Gegensatz zu Franz Nuscheler die Tätigkeiten der
nationalen Parlamente einerseits und der NGOs andererseits nicht polarisierend sehen und sprach sich für ein
Miteinander in einem zivilgesellschaftlichen Rahmen aus. Abschließend äußerte Bayr den Wunsch,
dass das gemeinsame Kämpfen für eine bessere Welt zu einer Wertvorstellung werden und sich der Nord-Süd-Dialog
zu einem multilateralen Anliegen entwickeln sollte.
Der entwicklungspolitische Sprecher der Volkspartei, Franz Glaser, hob hervor, die Entwicklungszusammenarbeit werde
in unserer konfliktträchtigen Welt immer wichtiger, und nannte es als ein Ziel kommender Budgetverhandlungen,
die Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit auf 0,51 % des BIP anzuheben. Auf das Referat von Franz Nuscheler
eingehend, plädierte Glaser für eine Stärkung der Qualifikationen auf allen Ebenen der afrikanischen
Parlamente. Good Governance bedeute für diese Länder auch, selbst zu definieren, wie sie sich entwickeln
wollen. Hiefür benötige es aber eine breite Basis ausgebildeter, fähiger Personen nicht nur auf
Regierungsebene, auch die Sach- und Fachkenntnis bei den Abgeordneten wäre zu stärken. Den Parlamenten
sollte nach Meinung Glasers auch die Möglichkeit gegeben werden, direkte Budgethilfen zu kontrollieren. Aufgabe
der Abgeordneten wiederum, die ja aus allen Regionen gewählt werden, ist es, ihre Stimme für ihre jeweilige
Heimatregion zu erheben und für eine freie Medienlandschaft in den betroffenen Ländern zu sorgen.
Abgeordnete Ulrike Lunacek (G) machte auf die oft schlechte Ausstattung von afrikanischen Abgeordneten mit Ressourcen
aufmerksam und wies darauf hin, dass Parlamentarier auf moderne Kommunikationsmittel und personelle Unterstützung
nicht verzichten können, wenn sie eigenständig arbeiten und ihre Kontrollfunktion gegenüber der
Regierung wahrnehmen wollen. Als einen Beweis dafür, dass der Dialog zwischen europäischen und afrikanischen
Parlamenten nicht einseitig geführt werden soll, sondern beide Seiten lernen können, sah Lunacek in der
wachsenden Zahl weiblicher Abgeordneter in afrikanischen Parlamenten. In Ruanda haben die Frauen mittlerweile einen
Anteil von 48 % erreicht. Einmal mehr plädierte Ulrike Lunacek dafür, die Parteienförderung an die
Erfüllung ausreichender Frauenanteile in den Parlamenten zu binden.
Die aktuelle Forderung nach mehr politischer Kohärenz wollte Lunacek bei den Verhandlungen der EU mit den
AKP-Staaten (Afrika, Karibik, Pazifik) über wirtschaftliche Partnerschaftsabkommen umgesetzt sehen. Denn nach
Ansicht der EZA-Sprecherin der Grünen sei es unmöglich, die Millenniums-Ziele zu erreichen, wenn die
bisher vorliegenden Vertragsentwürfe tatsächlich umgesetzt würden. Völlige Marktliberalisierung
und Abschaffung der Zölle könne die Probleme der AKP-Länder nicht lösen, diese Staaten brauchen
Einnahmen durch Zölle und den Schutz lokaler Produktionen zur Versorgung der Bevölkerung.
Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (B) unterstrich das Prinzip der Rechtsstaatlichkeit als eine wichtige Voraussetzung
für die soziale, wirtschaftliche und politische Entwicklung eines Landes und brachte Probleme der afrikanischen
Länder mit der Korruption sowie mit den Folgen jahrzehntelanger Ausbeutung und kriegerischer Konflikte zur
Sprache. Dolinschek setzt in der Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika auf eine Kooperation von Wirtschaft und
Politik und hob dabei die Initiative "Fair Trade" hervor, von der Druck auf die Wirtschaft ausgehe und
Motivation für die Konsumenten, fair gehandelte Produkte zu kaufen.
Wenn in der Entwicklungszusammenarbeit mehr Geld eingesetzt werden soll, müsse gleichzeitig darauf geachtet
werden, dass die Mittel entsprechend verwendet werden. Wachsamkeit und bessere Kontrolle seien wichtig, um das
Vertrauen der bekannt spendenfreudigen Österreicher nicht zu erschüttern.
In der Diskussion mit dem Publikum kam auch die Frage nach steigenden Rüstungsausgaben afrikanischer Länder
trotz der permanent sich verschlechternden wirtschaftlichen und sozialen Lage in Afrika aufs Tapet. Die Abgeordneten
sahen aber unisono keinen Anlass, die Entwicklungszusammenarbeit als ein "teures Hobby" zu bezeichnen.
Die Entwicklungszusammenarbeit sei vielmehr unverzichtbar, wenn man den Menschen in den Entwicklungsländern
eine Vision für ihr Überleben und ein friedliches Zusammenleben erhalten möchte. Und das liege im
Interesse des Nordens, denn die Zahl der Menschen, die bis 2010 ihre Heimat verlassen werden, um vor sozialen,
wirtschaftlichen oder ökologischen Krisen zu fliehen, könnte auf 50 Millionen steigen |