Aktuelle Aussprache mit der neuen Ministerin im Gesundheitsausschuss
Wien (pk) - Der Gesundheitsausschuss des Nationalrats absolvierte am 01.03. seine erste Arbeitssitzung,
in der Neo-Ministerin Andrea Kdolsky die Abgeordneten über ihre Pläne und Vorhaben informierte. Grundsätzlich
zeigte sie sich zuversichtlich, dass Einsparungsmöglichkeiten bei den Sozialversicherungsträgern gefunden
und der angepeilte Betrag in der Höhe von 150 Mill. Euro erreicht werden könne. Sie legte zudem ein klares
Bekenntnis ab, dass es zu keinen Leistungskürzungen für die Patienten kommen wird. Vor Beginn der aktuellen
Aussprache wurde Abgeordnete Renate Csörgits einstimmig zur Obfraustellvertreterin gewählt.
Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky stellte einleitend fest, dass der mit dem Österreichischen Strukturplan
Gesundheit (ÖSG) eingeschlagene Weg ein guter sei und fortgesetzt werden solle. Ihr primäres Credo sei,
dass der Patient, der Mensch und die Menschlichkeit im Mittelpunkt stehen müssen, und dies sollte keine Worthülse
sein. Sie stehe dafür, dass allen Menschen der gleiche, einfache Zugang zu den bestmöglichen Behandlungsmethoden
garantiert werden müsse und dass der Qualitätssicherung sowohl in der medizinischen Versorgung als auch
in der Pflege großes Augenmerk geschenkt wird. Ein wichtiger Punkt sei die ständige Modernisierung im
Gesundheitssektor, denn sonst könne es keine Verbesserungen im medizinischen und auch im administrativen Bereich
geben. Sie sei jedenfalls davon überzeugt, dass Österreich das beste Gesundheitssystem der Welt habe;
dieses müsse erhalten und kontinuierlich ausgebaut werden. Außerdem sei das öffentliche und solidarisch
finanzierte Gesundheitssystem der Garant dafür, dass es zu keiner Zweiklassenmedizin kommt, war Kdolsky überzeugt.
In der ersten Fragerunde erkundigte sich zunächst die Abgeordnete Petra Bayr (S) bei der Ministerin, ob sie
sich für einen verstärkten Einsatz von Generika sowohl national als auch international einsetzen wird.
Gerade für die Menschen in den Entwicklungsländern sei es sehr wichtig, einen Zugang zu günstigen
Medikamenten zu haben. Eine weitere Frage galt dem Bundestierschutzgesetz.
Abgeordneter Erwin Rasinger (V) wollte wissen, ob Kdolsky die von ihrer Vorgängerin begonnenen Projekte weiterführen
will und welche Vorhaben im Bereich der Prävention geplant sind.
Abgeordneter Kurt Grünewald (G) zeigte sich skeptisch bezüglich der Erhöhung der Krankenkassenbeiträge,
da ein Großteil der geplanten 150 Mill. € automatisch den Krankenanstalten zufließen und nur ein geringer
Teil an die Gebietskrankenkassen geht, wo es eigentlich notwendig wäre. Außerdem vermisste er in vielen
Bereichen bundeseinheitliche Regelungen sowie eine Harmonisierung von Leistungen der Kassen.
Abgeordnete Dagmar Belakowitsch-Jenewein (F) fragte die Ministerin, wo sie Einsparungspotenziale bei den Sozialversicherungsträgern
sehe und ob geplant sei, Krankenhäuser zu schließen.
Abgeordnete Ursula Haubner (BZÖ) begrüßte die Position Kdolskys, den Menschen in den Mittelpunkt
zu stellen und betonte, dass keinesfalls bei den Leistungen gespart werden dürfe. Was die geplante Deckelung
bei den Rezeptgebühren angeht, so sei zu befürchten, dass damit ein großer administrativer Aufwand
verbunden sei. Sie schlug der Ministerin daher vor, sich das oberösterreichische Modell näher anzuschauen,
das ihrer Meinung nach eine gute Lösung wäre. Außerdem trat sie dafür ein, in der "Versorgungsregion
Oberösterreich/Salzburg" eine Medizin-Uni einzurichten.
Abgeordnete Sabine Oberhauser (S) hielt eine Ausbildungsoffensive bei den Hausärzten für notwendig. Die
im Regierungsprogramm festgelegte Obergrenze bei der Rezeptgebühr in der Höhe von zwei Prozent des Einkommens
sei richtig, um sozial schwächere Menschen zu entlasten.
Abgeordnete Theresia Haidlmayr (G) trat dafür ein, dass allen Patienten der gleiche Zugang zu Rehabilitationsmaßnahmen
gewährt werden müsse; dies sei derzeit leider nicht der Fall. Probleme gebe es auch bei der Bezahlung
von Heilbehelfen und Hilfsmitteln. Sie kenne z.B. einen querschnittgelähmten Mann, der dafür kämpfen
muss, dass ihm ein Duschsessel bezahlt wird. Was den barrierefreien Zugang zu Arztpraxen angeht, so bestehe noch
immer ein großer Handlungsbedarf, meinte die Rednerin. Zumindest 25 % der Ordinationen sollten behindertengerecht
ausgestattet sein, forderte sie.
Überdies brachten die Ausschussmitglieder noch folgende Themen zur Sprache: Alkohol- und Drogenaufklärung
bei Jugendlichen (Abgeordnete Ridi Steibl, V) sowie die mögliche Liberalisierung des Arzneimittelmarktes,
Großpackungen für chronisch Kranke und Senkung der Mehrwertsteuer auf Medikamente (Abgeordneter Norbert
Hofer, F).
In Beantwortung der einzelnen Fragen ging Gesundheitsministerin Kdolsky zunächst auf die Einsparungspotentiale
bei den Sozialversicherungsträgern ein. Es seien nun die Sozialpartner gefordert, die in den kommenden Wochen
Effizienz- und Einsparungsvorschläge vorlegen sollen. Das Ziel sei eine Reduktion in der Höhe von 150
Millionen Euro im Jahr 2007. Dabei gehe es weniger um die Verwaltung, die bereits sehr schlank sei, sondern z.B.
um die lohnabhängigen Abgaben, wo sie ein hohes Potential sehe. Weitere Möglichkeiten biete der Einsatz
des Controllings in der Leistungsabrechnung. In Österreich gebe es zudem eine starke Tendenz zur Selbstmedikamentation,
auch hier orte sie Einsparungsmöglichkeiten. Es hänge auch von den Verhandlungen der Sozialpartner ab,
ob die Krankenversicherungsbeiträge um 0,15 % erhöht werden. Jedenfalls werde es zu keinen Leistungskürzungen
für die Patienten kommen, versicherte die Ministerin.
Bei der geplanten Deckelung der Rezeptgebühren in der Höhe von 2 % des Jahreseinkommens gebe es administrative
Hürden, räumte ein Ressortvertreter ein. Deshalb wolle man sich auch den oberösterreichischen Vorschlag
näher ansehen. Eine Arbeitsgruppe habe den Auftrag bekommen, eine vernünftige und administrierbare Lösung
zu entwickeln.
Der Abgeordneten Oberhauser pflichtete sie bei, dass eine Ausbildungsoffensive bei den Hausärzten von großer
Bedeutung sei. Nur dann können Leistungen, die bisher im Spital erbracht wurden, aber dort eigentlich nicht
hingehören, in den niedergelassenen Bereich übertragen werden. Damit verbunden müsse aber auch eine
entsprechende Honorierung der Leistungen sein, betonte sie.
Als ein zentrales Aufgabengebiet bezeichnete die Ministerin die Prävention. Sie werde dabei jene Projekte
fortführen, die von Rauch-Kallat begonnen wurden, vor allem im Bereich des Nichtraucherschutzes. Besonders
am Herzen liege ihr die Bekämpfung des Alkoholmissbrauches bei Jugendlichen, hier müsse eine große
Sensibilierungskampagne gestartet werden. Da Kinder und Jugendliche, die sich sportlich betätigen, besser
vor Drogenmissbrauch geschützt sind, wolle sie auch das Bewegungsangebot ausbauen. Dabei gehe es ihr vor allem
darum, ein Gefühl für den Körper zu entwickeln und einen lustvollen Umgang zu fördern. Mit
einigen unkonventionellen Kampagnen in diesem Bereich werde in Zukunft zu rechnen sein, kündigte Kdolsky an.
Der Abgeordneten Bayr gegenüber merkte Kdolsky an, dass sie ein großer Anhänger der Generika sei
und sie sich für einen verstärkten Einsatz in Österreich sowie weltweit einsetzen werde. Sie informierte
die Rednerin noch über den aktuellen Stand des Tierschutz- und des Tiertransportgesetzes, das ab 10.3. in
die Begutachtung gehen wird. Ein Vertreter des Ministeriums führte noch aus, dass die von Bayr angesprochene
Enthornung von Ziegen nur mit Schmerzausschaltung durchgeführt werden könne.
Was die Errichtung einer neuen medizinischen Universität in den Regionen Oberösterreich und Salzburg
angeht, so falle dies in den Kompetenzbereich des Wissenschaftsministers. Eine Entscheidung könne jedoch nur
auf Basis einer Bedarfserhebung fallen, entgegnete Kdolsky der Abgeordneten Haubner.
Der Abgeordneten Haidlmayr versicherte die Ressortchefin, dass sie sich sehr dafür einsetzen werde, dass allen
Patienten der gleiche Zugang zu Rehabilitationsmaßnahmen gewährt wird. Im Bereich der Heilbehelfe habe
sie keine Kompetenzen, dies falle in die Selbstverwaltung der Kassen. Bei den barrierefreien Ordinationen werde
sie streng darauf achten, dass die vorhandenen gesetzlichen Vorgaben eingehalten werden, versprach sie. Dem Abgeordneten
Hofer teilte sie mit, dass eine Abgabe von Medikamenten in Drogeriemärkten für sie nicht vorstellbar
ist, zumal sowieso schon zuviel Selbstmedikamentation in Österreich betrieben werde. Sie sei absolut dafür,
dass Großpackungen von Medikamenten, vor allem für chronisch Kranke, erhältlich sind. Was die Senkung
der Mehrwertsteuer angeht, so sei ihr nicht ganz klar, worin der Vorteil einer solchen Maßnahme liegen soll.
In der zweiten Fragerunde meldeten sich wieder zahlreiche Abgeordnete zu Wort, wobei folgende Themen angesprochen
wurden: Qualitätssicherung und Gentechnikfreiheit von Lebensmitteln sowie eine Versorgung mit biologischen
Produkten in Krankenhäusern (Abgeordneter Wolfgang Pirklhuber, G), "gläserne Decke" für
Frauen im medizinischen Bereich sowie Gender medicine (Abgeordnete Renate Csörgits, S), Ausbau des Sportangebots
für Kinder und Jugendliche (Abgeordnete Beate Schasching, S), Gesamtstrategie für die Senkung der Arzneimittelkosten
(Abgeordnete Laura Rudas, S) Durchlässigkeit der Berufsausbildungen und Reform der MTF-Ausbildung (Abgeordneter
Erwin Spindelberger, S), Ausweitung der Patientencharta im Sinne der gehörlosen Menschen sowie mehr Mittel
für die Osteologie (Abgeordnete Theresia Haidlmayr, G).
Außerdem hinterfragte S-Abgeordneter Michael Ehmann den Ersatz für den Finanzierungsssicherungsbeitrag,
während B-Abgeordnete Ursula Haubner den (Nicht)Raucherbereich in kleineren Gastronomiebetrieben und ein Bonussystem
im Krankenversicherungsbereich anschnitt. Ausschussobfrau Barbara Rosenkranz befasste sich mit dem Drogen- und
Alkoholkonsum von Kindern.
Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky gab in Beantwortung von Anfragen bekannt, dass innerhalb der Europäischen
Gemeinschaft eine Arbeitsgruppe zur Nanotechnologie eingesetzt wird. Die Empfehlungen der Expertengruppe sollen
dann rasch umgesetzt werden, mit ersten Ergebnissen rechne man noch in diesem Jahr.
Es werde keine zentrale Speicherung von sensiblen Daten im Gesundheitsbereich geben, meinte die Ressortleiterin
und verwies zugleich darauf, dass jetzt mittels Fingerprint festgestellt werden kann, wer auf die Daten zugegriffen
hat. Ein ungerechtfertigter Datentransfer gehöre geahndet, sagte sie und machte darauf aufmerksam, dass auf
der E-Card keinerlei Daten gespeichert seien; auf jeder Bankomat-Karte gebe es mehr Daten als auf der E-Card, so
Kdolsky.
90 % der Spitalsambulanzleistungen gehören in den niedergelassenen Bereich, dies sei aber aufgrund des Versorgungsauftrages
nicht möglich. Die Behauptung, dass die Spitalsambulanzen geschlossen werden sollen, sei unrichtig, da eben
die Leistungen nicht vom niedergelassenen Bereich übernommen werden können.
Der Turnunterricht dürfe nicht zugunsten anderer Unterrichtsgegenstände entfallen. Fest steht für
die Ministerin, dass Seilklettern und Bockspringen nicht "spannend" sind, vielmehr müsse man trachten,
den Unterricht interessanter zu gestalten und Tanz sowie rhythmische Bewegung, etwa Qigong, in den Unterricht einzubauen.
Hinsichtlich des Raucherbereiches meinte die Ministerin, Gastronomiebetrieben mit Kleinstruktur könne man
keine Trennung zwischen Raucher- und Nichtraucherbereich zumuten. Ihrer Ansicht nach sollte man sich die spanische
Lösung näher anschauen. Eine Bestrafung mit 1.000 € bringe keinen besonderen Effekt.
Eine Harmonisierung der Leistungstarife und Selbstbehalte wolle sie in Angriff nehmen, kündigte Kdolsky an.
Im Rahmen der Gebietskrankenkassen gebe es aber enorme Unterschiede in der Budgetierung, sodass eine Vereinheitlichung
schwer zu erreichen sei.
Als Ziel sah es Kdolsky an, die Jugendschutzbestimmungen zu einer Bundesangelegenheit zu machen. Sie gab aber zu,
dass eine vollständige Harmonisierung nicht erreichbar sein wird, daher wolle man einzelne Bestimmungen in
die Bundeskompetenz übernehmen.
Im Zusammenhang mit der Drogenproblematik wies die Bundesministerin darauf hin, dass jemand, der eine Behandlung
ablehnt, nicht zwangsbehandelt werden kann. Aus diesem Grunde müssten positive Anreize geschaffen werden.
Angesichts der hohen Einschaltquoten bei der Fernsehsendung "Super-Nanny" glaubt die Ressortleiterin,
dass sehr wohl ein Informationsbedarf seitens der Erziehungsberechtigten bestehe. Schließlich stellte die
Ministerin eine Jugendstudie, "die nicht für Jugendliche, sondern mit den Jugendlichen gemacht werden
soll", in Aussicht. |