Jülicher Forscher entdecken Substanz, die Müdigkeit verursacht
Jülich (universität) - Ein Eiweiß im Gehirn macht den Menschen schläfrig. Das
berichten Jülicher Wissenschaftler in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Journal of Neuroscience. Sie
hatten in einer Studie erstmals beobachtet, dass sich ein bestimmtes Protein bei Schlafentzug im Gehirn anreichert.
Schon länger vermuten Forscher, dass das Bedürfnis nach Schlaf über bestimmte Moleküle oder
Botenstoffe im Gehirn gesteuert wird; ein Beweis stand bislang aber aus.
„Es gibt bisher noch keine wirklich plausible Erklärung dafür, warum wir schlafen müssen, obwohl
wir ungefähr ein Drittel unseres Lebens im Schlaf verbringen“, sagt Prof. Andreas Bauer vom Institut für
Neurowissenschaften und Biophysik am Forschungszentrum Jülich. „Allerdings gibt es seit über 100 Jahren
die Idee, dass sich bestimmte Stoffe während der Wachphase im Gehirn anreichern, die das Schlafbedürfnis
erhöhen und schließlich das Einschlafen auslösen.“
In ihrer Studie hatten die Wissenschaftler die Menge eines Eiweißes (A1-Adenosinrezeptor) beobachtet, das
in hoher Konzentration im Gehirn vorkommt. Mit der so genannten Positronenemissions-Tomographie (PET) konnten sie
bei Testpersonen untersuchen, wie sich die Konzentration durch Schlafentzug ändert. Tatsächlich stieg
die Menge des Eiweißes bei Personen an, die nicht schlafen durften. „Es gibt zahlreiche körpereigene
Substanzen, die unter Verdacht stehen, den Schlaf zu beeinflussen“, sagt Bauer, „wir haben nun zum ersten Mal ein
Eiweiß direkt im Gehirn untersuchen können, von dem bekannt ist, dass es durch Koffein blockiert werden
kann.“
Die Wissenschaftler konnten bereits früher zeigen, dass die Anzahl der Adenosinrezeptoren – den Bindungsstellen
für Koffein – mit steigendem Lebensalter abnimmt, pro Lebensjahrzehnt um vier bis sieben Prozent. Dies könnte
erklären, warum ältere Menschen ein verringertes Schlafbedürfnis haben. In weiteren Studien wollen
die Hirnforscher nun klären, welche Wirkung Koffein auf die Rezeptoren müder Probanden hat, im Vergleich
zu ausgeschlafenen Versuchspersonen.
Schlafstörungen treten häufig als Begleiterscheinung von neurologischen Erkrankungen wie Morbus Alzheimer
oder Morbus Parkinson auf. Die neuen Erkenntnisse der Jülicher Wissenschaftler könnten helfen, diese
Schlafstörungen besser zu verstehen. Möglich wäre beispielsweise, dass die Bildung der Rezeptoren
bei den Patienten gestört ist.
Auch für das grundlegende Verständnis zum Schlaf sind die Ergebnisse von Bedeutung. „Wir konnten mit
dem neuen Verfahren erstmals die Bildung neuer Eiweißbausteine unmittelbar im Gehirn von Probanden verfolgen,
die unter Schlafentzug standen“, erklärt Andreas Bauer. „Diese Erkenntnis modifiziert die bisher vorherrschende
These, wonach Schlaf fördernde Substanzen eher Stoffwechselprodukte seien, die beim Wachsein entstehen.“ |