Gusenbauer:
Budget "Ausdruck der Zeitenwende"
Erbschaftssteuer im Zuge einer Steuersenkung für den Mittelstand lösen – Österreich
soziale Avantgarde in Europa
Wien (sk) - Als "großen Wurf" bezeichnete Bundeskanzler Alfred Gusenbauer das zwischen
SPÖ und ÖVP ausverhandelte Doppelbudget am Sonntag (11.03.) in der ORF-Pressestunde. Das Budget sei ein
"Ausdruck der Zeitenwende", der die Veränderung der Politik durch die neue Bundesregierung deutlich
widerspiegle. So werde nun im Gegensatz zu den letzten Jahren massiv in Infrastruktur, Bildung und Forschung investiert.
Als ganz "starken Schwerpunkt", der in dem Budget der neuen Regierung zum Ausdruck gelangt, bezeichnete
Gusenbauer die soziale Fairness. Mit den hier getätigten Investitionen gehöre Österreich zur "sozialen
Avantgarde" in Europa, betonte Gusenbauer.
An den Budgetzahlen könne man ablesen, dass sich die Politik nun geändert habe. So stünden für
den Bereich Infrastruktur für die nächsten vier Jahre 10,5 Mrd. Euro zur Verfügung - ein Rekord,
wie der Bundeskanzler betonte. Weiters gehöre Österreich zu den wenigen Ländern in der EU, die eine
Forschungsquote von drei Prozent anstreben. Insgesamt gebe es im Budget acht Mrd. Euro für den gesamten Forschungsbereich.
Im Bildungsbereich hob Gusenbauer vor allem die Senkung der Klassenschülerhöchstzahl auf 25 hervor, was
die Qualität des Unterrichts deutlich erhöhen werde. Mit diesen Investitionen sei Österreich auch
besser gewappnet, wenn es zu einem Einbruch der Konjunktur komme, da mit diesen Ausgaben die gute Konjunktur verlängert
werde könne. Als weitere Maßnahme nannte Gusenbauer in dem Zusammenhang eine Steuerreform am Ende der
Legislaturperiode, um die Konsumkraft der Bevölkerung anzukurbeln.
Als eine der Maßnahmen für mehr soziale Fairness nannte Gusenbauer die Anhebung der Mindestpensionen
auf 726 Euro pro Monat, dies seien 35 Euro mehr als vorher. Weiters verwies der Bundeskanzler auf die bedarfsorientierte
Mindestsicherung. Hierbei handelt es sich nicht um eine Hängematte, sondern um ein "soziales Trampolin"
zurück in den Arbeitsmarkt. Die 1.000 Euro Mindestlohn, die 726 Euro bedarfsorientierte Mindestsicherung und
die 726 Euro Mindestpension seien Teile eines geschlossenen Systems zur Bekämpfung der Armut, erklärte
der Bundeskanzler.
In der Frage der Verwaltungsreform sei die Einigung des Bundes auf einen Aufnahmestopp ein erster Schritt gewesen,
der zu Kostensenkungen führen werde. Auf der Regierungsklausur habe zudem jedes Ministerium ein Projekt vorlegen
müssen, das zu einer Ausgabenreduktion führt. In den Verhandlungen mit den Ländern und Gemeinden
gehe es vor allem darum, Kompetenzen zu entflechten.
Auch die Lösung der Facharbeiterfrage sei erst mit einer neuen Regierung möglich gewesen, so Gusenbauer.
Hier habe man ein sinnvolles Gesamtpaket geschnürt, um die Arbeitslosigkeit zu senken. So werde nun ein Frühwarnsystem
installiert, um es der Wirtschaft zu ermöglichen, zeitgerecht darauf aufmerksam zu machen, wenn Bedarf nach
bestimmten Fachkräften besteht. Aufgabe des AMS sei es, hier gezielt Fachkräfte auszubilden. Die Devise
sei hier "Klasse vor Masse". Weiters werde in die Mobilität der ArbeitnehmerInnen investiert. Sollte
dann noch immer Bedarf an Fachkräften gegeben sein, dann würde man auch auf Arbeitskräfte aus dem
Ausland zurückgreifen.
Eurofighter: Ergebnisse des U-Ausschusses abwarten
In der Frage der Eurofighterbeschaffung bekräftigte Gusenbauer neuerlich, dass er die Ausgaben für
die Eurofighter nach wie vor für "völlig überzogen hält". Im Zuge der Tätigkeit
des Untersuchungsausschusses bleibe vor allem eine Frage über: Wie konnte so ein Vertag überhaupt zustande
kommen? Es seien eine Reihe von Dingen aufgedeckt worden, die nicht in Ordnung seien. Gusenbauer nannte dabei die
sechs Mio. Euro, die eine damals FPÖ-nahe Agentur für Beratungskosten erhalten habe oder die Weigerung
eines EADS-Mitarbeiters, vor dem Ausschuss auszusagen. All diese Vorgänge würden zeigen, dass nicht alles
ordentlich abgelaufen sei. Gusenbauer ist jedenfalls überzeugt, dass die Einsetzung des U-Ausschusses absolut
berechtigt war. Nun müsse man aber die endgültigen Ergebnisse abwarten.
Gusenbauer möchte die Frage der Erbschaftssteuer im Zuge einer Steuersenkungsreform für den Mittelstand
lösen. Die angestrebte Steuerreform müsse sozial fair sein und eine Entlastung des Mittelstandes, der
in den letzten sieben Jahren massiv belastet wurde, bringen. Eine klare Absage erteilte der Bundeskanzler dem Vorschlag
von Umweltminister Pröll bezüglich einer CO2-Steuer für Kraftfahrzeuge. "Wir brauchen keine
neuen Steuern." Autofahrer würden ohnehin bereits die NOVA, die PS-bezogene KFZ-Steuer, sowie die verbrauchsorientierte
MÖSt und Mehrwertsteuer bezahlen, "da muss man den Autofahrern nicht noch eine Steuer umhängen",
so der Kanzler.
Gusenbauer wies darauf hin, dass durch die Erbschaftssteuer bisher 140 Mio. Euro (über zwei Mrd. Schilling)
jährlich ins Budget geflossen sind. Er machte auch darauf aufmerksam, dass der VfGH die bisherige Regelung
bei der Besteuerung nicht entnommener Gewinne aufgehoben habe. Gemeinsam mit der Erbschaftssteuer ergebe dies ein
Gesamtpaket von 250 Mio. Euro, die dann für das Budget fehlen würde. Gusenbauer erwartet sich daher von
Finanzminister Molterer einen Vorschlag, wie er diesen enormen Steuerausfall sozial gerecht kompensieren möchte.
Gusenbauer sprach sich weiters gegen eine Erhöhung der Abgabenquote aus. Auf europäischer Ebene plädiert
der Bundeskanzler für eine Vereinheitlichung der Bemessungsgrundlage bei Unternehmenssteuern. Damit könnte
der in den letzten Jahren zu konstatierende Steuerflucht Einhalt geboten. Eine Senkung des Spitzensteuersatzes
hat für Gusenbauer nicht Priorität. Im Vordergrund stehe eine Einkommenssteuersenkung für den Mittelstand,
also jene Teile der Bevölkerung, die zwischen 2.000 und 4.00 Euro brutto im Monat verdienen.
Österreich bei erneuerbaren Energien Vorreiter
Der Bundeskanzler lobte das engagierte Ziel, das sich die EU diese Woche am Gipfel gesetzt habe, nämlich
den Anteil erneuerbarer Energien bis 2020 auf 20 Prozent zu erhöhen. "Österreich hat sich aber viel
ehrgeizigere Ziele vorgenommen und nimmt in dieser Frage mit einem Anteil von 23 Prozent erneuerbarer Energien
jetzt schon eine Vorreiterrolle ein", ist Gusenbauer stolz. Er machte darauf aufmerksam, dass es durch Erhöhung
der Energieeffizienz möglich sei, die Hälfte des Energiekonsums einzusparen ohne dabei den Lebensstandard
zu senken. Gusenbauer fordert daher "Anreize zum Energiesparen".
Im Zusammenhang mit der Diskussion um die Einführung einer Kerosinsteuer machte Gusenbauer Unverständnis
für die Tatsache deutlich, "dass jeder Autofahrer Steuern entrichten muss, während Kerosin und Schiffsdiesel
nicht besteuert werden". Er bekräftigte sein Vorhaben, "diesen Umwelt belastenden Verkehr zu besteuern".
Eine Kerosinsteuer habe zudem den "Charme", dass die EU damit eine eigene Finanzierungsquelle bekäme,
womit man die Beiträge der einzelnen Mitgliedsländer senken könne, so Gusenbauer. Dies würde
auch keine negativen Auswirkungen auf Fluggesellschaften wie die AUA haben, da es sich um eine wettbewerbsneutrale
Maßnahme handle, die alle Konkurrenten im gleichen Ausmaß treffen würde.
Bei den Studiengebühren bekräftigte Gusenbauer, selbst Nachhilfe geben zu wollen, um zu sehen, wie das
neue Modell funktioniere. Allerdings müsse zuerst das Mentoring-System stehen, erst dann könne er Auskunft
über seine Tätigkeit geben. In der Kärntner Ortstafelfrage will Gusenbauer heuer eine Lösung.
Es sei völlig klar, dass es hier keine Lösung gegen Kärnten geben werde. Aber eines sei auch klar:
"Kärnten ist nicht Haider". Alle Beteiligten seien aufgefordert, den Weg der Vernunft einzuschlagen,
so Gusenbauer abschließend. |
Stummvoll: Keine Rede von zusätzlichen Steuern
Missethon: Die Erbschaftssteuer muss weg!
Wien (övp-pk) - "Es ist überhaupt keine Rede von zusätzlichen Steuern",
sagt ÖVP-Budget- und Finanzsprecher Günter Stummvoll zu Aussagen von Bundeskanzler Gusenbauer in der
ORF-Pressestunde. Gusenbauer hatte in Bezug auf den gestern von Umweltminister Pröll getätigten Vorstoß
zum Thema CO2-Ausstoß von einer neuen Steuer gesprochen. Gerade angesichts der am EU- Gipfel von Bundeskanzler
Gusenbauer beschlossenen ehrgeizigen Klima-Ziele, gelte es nun auch im Bereich des Straßenverkehrs nachzuschärfen.
Das von Minister Pröll in Diskussion gebrachte Bonus-Malus-System, läuft jedenfalls nicht auf eine neue,
zusätzliche Steuer hinaus. Im Gegenteil: Es geht darum, steuerliche Anreize im bestehenden System zu setzen.
Belohnt werden alle diejenigen, die weniger verbrauchen. Wer auf PS-starke Fahrzeuge mit hohem CO2-Ausstoß
setzt, nimmt einen Malus in Kauf", so Stummvoll.
"Lob für Gusenbauers scharfe Zurechtweisung des Sozialministers, dass Steuern nicht zweckgewidmet werden
können", zollt ÖVP-Generalsekretär Hannes Missethon den heutigen Aussagen des Bundeskanzlers
in der ORF- Pressestunde. "Es ist eine realistische Einsicht, dass die Vorschläge des Sozialministers
keinen Sinn machen." Missethon begrüßt außerdem Gusenbauers realistische Sichtweise, wonach
"nicht mehr daran zu rütteln ist, dass die Eurofighter kommen".
Kritik übt der ÖVP-Generalsekretär hingegen daran, dass die Gusenbauer-SPÖ an der Beibehaltung
der Erbschaftsteuer festhält. "Die Haltung der ÖVP ist hier sehr klar: Die ÖVP tritt für
eine konsequente Steuerentlastung des Mittelstandes ein. Wir wollen daher eine Abschaffung der Erbschaftssteuer
zum frühest möglichen Zeitpunkt." Von 62.000 Erbschaftsfällen im letzten Jahr gab es nur 95
Erben, bei denen die Bemessungsgrundlage über 365.000 Euro lag. "Die Erbschaftssteuer trifft damit fast
nur die kleinen Leute und den Mittelstand. Mit dieser unsinnigen Belastung muss Schluss sein", so Missethon. |
Van der Bellen: Gusenbauer verteidigt Steuerprivilegien für Benzinfresser
SP-Kanzler macht sich zum Anwalt von Hummer- und Lamborghini-Fahrern
Wien (grüne) - Bundeskanzler Alfred Gusenbauer hat sich gestern in der ORF-Pressestunde gegen
einen Umbau der verkehrsbezogenen Steuern zur Stärkung des Klimaschutzes ausgesprochen. "Der Kanzler
spricht sich damit für die Fortsetzung der Privilegierung von Benzinfressern aus. Unverständlich ist
daran, warum ausgerechnet ein sozialdemokratischer Bundeskanzler sich zum Anwalt der Hummer- und Lamborghini-Fahrer
macht", kritisiert Alexander Van der Bellen, Bundessprecher der Grünen. Derzeit ist nämlich die
NoVA 'gedeckelt', d.h. ab einem bestimmten Verbrauch bleibt die Abgabe auf demselben Niveau.
Die Grünen fordern eine progressive Gestaltung der NoVA, sodass Benzinfresser überproportional bezahlen.
"Damit sollen treibstoffsparende Fahrzeuge privilegiert werden", so Van der Bellen. Diesen Vorschlag
haben die Grünen schon vor einer Woche bei ihrer Bundestagung in Graz vorgelegt. Besonders wichtig ist es
zudem, endlich Kostenwahrheit im Verkehr herzustellen, das heißt, endlich die flächendeckende Maut für
LKW einzuführen und die Besteuerung des Flugverkehrs vorzunehmen. |