Kommission bahnt den Weg für die neue Richtlinie "Audiovisuelles
ohne Grenzen"
Brüssel (eu-int) - Die Kommission stellte am 09.03. ihren konsolidierten Vorschlag für
die Modernisierung der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ vor. Nach der ersten Lesung im Europäischen Parlament
und im Rat besteht nun weitgehendes Einvernehmen mit der Kommission über den künftigen Rechtsrahmen für
den audiovisuellen Bereich in Europa. Die ursprünglich vom Europäischen Parlament angeregten neuen Vorschriften
stellen eine Antwort auf die technologische Entwicklung dar und dienen der Schaffung fairer Wettbewerbsbedingungen
für die sich entwickelnden audiovisuellen Mediendienste in Europa (Videoabruf, mobiles Fernsehen, audiovisuelle
Dienste im digitalen Fernsehen). Die europäischen Fernseh- und Filmproduzenten erhalten durch die neue Richtlinie
mehr Flexibilität bei der Produktion ihrer digitalen Inhalte, die sie dann den Verbrauchern werbefinanziert
frei zugänglich machen können. Mit der neuen Richtlinie werden zugleich die Grundpfeiler des europäischen
audiovisuellen Sektors bekräftigt: kulturelle Vielfalt, Jugendschutz, Verbraucherschutz, Medienpluralismus
und Bekämpfung von Rassen- religiösem Hass. Die Kommission schlägt au?erdem vor, die Unabhängigkeit
der nationalen Medienregulierer in der neuen Richtlinie zu verankern. Der konsolidierte Wortlaut der neuen Richtlinie
wird nun im Europäischen Parlament und im Rat in zweiter Lesung beraten.
„Dank der ehrgeizigen Arbeit des Europäischen Parlaments und der großen Anstrengungen des deutschen
Ratsvorsitzes in den letzten Monaten ist der neue Rechtsrahmen für wettbewerbsfähigere, vielfältigere
und pluralistischere audiovisuelle Medien in Europa jetzt zum Greifen nahe“, sagte Viviane Reding, die für
die Informationsgesellschaft und Medien zuständige EU-Kommissarin. „Ich bin sehr zuversichtlich, dass wir
bis Ende Mai eine politische Einigung über die neue Richtlinie für 'Audiovisuelles ohne Grenzen' erzielen
werden. Der europäische Binnenmarkt würde dadurch bis spätestens Ende 2008 sowohl für die Anbieter
audiovisueller Mediendienste als auch für die Verbraucher endlich auch in der Praxis geöffnet.“
Die Modernisierung der seit 1989 geltenden Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ wurde von der Kommission am 13.
Dezember 2005 vorgeschlagen und ist seitdem im Europäischen Parlament und im Ministerrat zügig erörtert
worden. Die neue Richtlinie soll dem audiovisuellen Sektor in Europa helfen, wettbewerbsfähiger zu werden,
indem alle audiovisuellen Dienste unabhängig von der Übertragungstechnik in den Genuss der Vorteile des
Binnenmarktes kommen. Außerdem werden flexiblere Regeln für das herkömmliche Fernsehen eingeführt,
um der Technologie- und Marktentwicklung sowie den veränderten Fernsehgewohnheiten der Zuschauer Rechnung
zu tragen.
Im Mittelpunkt der neuen Richtlinie steht das Herkunftslandprinzip, das bereits der Grundpfeiler der ursprünglichen
Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ von 1989 war. Dieses Prinzip war seit Ende der 1980er Jahre mitursächlich
für die Ausbreitung des grenzüberschreitenden Satellitenfernsehens und für die schrittweise Einrichtung
europaweiter Fernsehkanäle und -veranstalter. Künftig wird dieses Prinzip dafür sorgen, dass neben
den Fernsehveranstaltern auch Anbieter anderer audiovisueller Mediendienste (z.B. Anbieter von Videoabruf-, Nachrichtenabruf-,
Sportabrufdiensten oder abrufbarer audiovisueller Dienste für Mobilgeräte) nur noch den Vorschriften
des Landes unterworfen werden, in dem sie niedergelassen sind, und nicht mehr 27 unterschiedlichen Rechtssystemen.
Die neue Richtlinie bringt außerdem Verbesserungen für den Medienpluralismus in den 27 EU-Mitgliedstaaten,
weil sie die nationalen Medienmärkte für den Wettbewerb mit anderen EU-Ländern öffnet und eine
größere Vielfalt des Fernsehens, der audiovisuellen Medien und der abrufbaren Inhalte aus ganz Europa
ermöglicht.
Die Vorschriften über die Fernsehwerbung werden in der neuen Richtlinie weniger detailliert sein als sie es
seit 1989 gewesen sind. Im Einklang mit den Bemühungen der Barroso-Kommission um eine bessere Rechtsetzung
soll künftig nicht mehr in Brüssel festgelegt werden, wann und wie frei empfangbare Fernsehprogramme
durch Werbung unterbrochen werden dürfen. Stattdessen kann dies von den Fernsehveranstaltern und Filmemachern
selbst entschieden werden. Die Gesamtdauer der Werbung bleibt jedoch auf 12 Minuten pro Stunde beschränkt.
Filme, Kinderprogramme, Sendungen zum Zeitgeschehen und Nachrichten dürfen höchstens einmal pro 30 Minuten
durch Werbung unterbrochen werden. „Neue Werbeformen wie die Produktplatzierung könnten sich zu einer beträchtlichen
Einnahmequelle der Fernsehveranstalter und des gesamten audiovisuellen Sektors mausern“, erläutert Kommissarin
Reding. „Ich freue mich, dass sich das Europäische Parlament und der Rat der Ansicht der Kommission angeschlossen
haben, dass wir in diesem Punkt durch klare Regeln die Wettbewerbsfähigkeit des europäischen Films stärken,
gleichzeitig aber jede Produktplatzierung in Kindersendungen, Nachrichten, Dokumentationen und Sendungen zum Zeitgeschehen
ausschließen müssen."
Im Übrigen bekräftigt die neue Richtlinie die gemeinsamen politischen Ziele, die seit 1989 im Mittelpunkt
der europäischen Politik im audiovisuellen Bereich stehen. So werden die Mitgliedstaaten verpflichtet, den
Jugendschutz zu gewährleisten, europäische Werke und unabhängige audiovisuelle Produktionen zu fördern
und Inhalte zu verbieten, die zum Religions- oder Rassenhass aufstacheln. Außerdem wird die Branche ausdrücklich
zur Selbstregulierung und zur Koregulierung ermuntert.
Eine der wenigen offenen Fragen, die noch in zweiter Lesung zu klären sind, ist der Vorschlag der Kommission,
die Unabhängigkeit der nationalen Medienaufsichtsbehörden von den nationalen Regierungen und allen Anbietern
audiovisueller Mediendienste sowie deren unparteiische und transparente Arbeitsweise zu garantieren. Nach Ansicht
der Kommission ist eine unabhängige Medienaufsicht für die Demokratie und die Gewährleistung des
Medienpluralismus unverzichtbar. Das Europäische Parlament hat diesen Vorschlag in erster Lesung nachdrücklich
unterstützt.
Hintergrund
Am 13. Dezember 2005 unterbreitete die Kommission einen Vorschlag für die Überarbeitung der Richtlinie
„Fernsehen ohne Grenzen“, um den bedeutenden Technologie- und Marktentwicklungen auf dem Gebiet der audiovisuellen
Dienste Rechnung zu tragen. Nach ersten Gesprächen über den Kommissionsvorschlag im Mai 2006 einigte
sich der Rat am 13. November 2006 auf eine allgemeine Ausrichtung bezüglich des Entwurfs der modernisierten
Richtlinie für audiovisuelle Mediendienste. Dieser vom Ratsvorsitz ausgearbeitete und vom Rat gebilligte Kompromiss
stimmt weitgehend mit dem Vorschlag der Kommission überein. Am 13. Dezember 2006 beendete das Europäische
Parlament seine erste Lesung des Richtlinienvorschlags. Dabei zeigte sich insgesamt starke Übereinstimmung
sowohl mit dem vom Vorschlag der Kommission als auch mit der allgemeinen Ausrichtung des Rates. Am 12. Februar
2007 bereitete der Rat auf einer informellen Tagung in Berlin den Weg für seinen gemeinsamen Standpunkt zur
neuen Richtlinie "Audivisuelles ohne Grenzen", der bereits am 24. Mai 2007 angenommen werden könnte. |