10 Jahre endovaskuläre Aneurysmatherapie an der Universitätsklinik für Radiodiagnostik
Innsbruck (universität) - In den vergangenen zehn Jahren hat sich die Universitätsklinik
für Radiodiagnostik der Medizinischen Universität Innsbruck zu einem der zwei großen österreichweiten
Behandlungszentren für die endovaskuläre Versorgung von Aneurysmen der Hirnarterien entwickelt. In enger
Zusammenarbeit mit Neurochirurgen und Neurologen wurden in dieser Zeit über 750 Patientinnen und Patienten
bzw. mehr als 1.000 Hirnarterienaneurysmen erfolgreich minimalinvasiv behandelt . Im selben Zeitraum konnte auch
die Diagnostik durch die routinemässige Verwendung von Magnetresonanz- und Computertomographie- Angiographie
deutlich verbessert werden.
Ein Aneurysma ist eine Aussackung eines Blutgefäßes. Sackförmige Hirnarterienaneurysma führen
häufig zu spontanen Blutungen in den Subarachnoidalraum, der das Hirngewebe umgibt. Subarachnoidalblutungen
sind lebensbedrohlich. Das charakteristische Erstsymptom sind plötzlich einschießende Kopfschmerzen,
häufig begleitet von neurologischen Ausfällen bis hin zur Bewußtlosigkeit. Von Hirnarterienaneurysem
sind in Österreich zirka vier bis neun Prozent der Bevölkerung betroffen, in Tirol treten jährlich
etwa 120 Fälle auf, ungefähr die Hälfte der Patienten stirbt in den ersten Stunden nach dem Blutungsereignis.
Lange Zeit konnten Aneurysmen nur operativ durch Neurochirurgen behandelt werden. Anfang der Neunziger-Jahre wurde
in den USA ein Verfahren entwickelt, das einen Aneurysmaverschluss von Innen ermöglicht (endovaskuläre
Aneurysmatherapie) und somit keine Eröffnung des Schädels erfordert. Das Verschlussmaterial (Platinspiralen)
wird über einen weniger als 1mm dicken, hochbiegsamen Katheter eingebracht, der von der Leiste aus eingeführt
und unter Durchleuchtungskontrolle bis in die betroffenen Hirnarterie vorgeschoben wird. Vor genau zehn Jahren
wurde an der Universitätsklinik für Radiodiagnostik der Medizinischen Universität Innsbruck dieses
minimalinvasive Verfahren zum ersten Mal an einem Patienten eingesetzt. Seit 1997 wurden mehr als 750 Patientinnen
und Patienten erfolgreich behandelt. Dieses hochspezialisierte medizinische Verfahren wird österreichweit
nur in sehr wenigen Krankenhäusern praktiziert, Innsbruck hat sich neben Graz zu einem der Behandlungszentren
mit den höchsten Behandlungsfrequenzen entwickelt. Inzwischen werden PatientInnen aus Tirol, Vorarlberg, Salzburg,
Südtirol und anderen Regionen Europas in Innsbruck versorgt.
Mikrospiralen statt Operation
Im Zuge der endovaskulären Therapie von Hirnarterienaneurysmen, werden in Allgemeinnarkose in die
2 - 25 mm großen Gefäßaussackungen Mikrospiralen aus Platin eingebracht, die dazu führen,
dass der Blutsack thrombosiert, damit aus dem Blutkreislauf genommen wird und das Risiko einer Hirnblutung beseitigt
wird. Die haarfeine Mikrospirale (0,0010-0,0018 inch) ist an einem dünnen Führungsdraht befestigt und
kann über diesen exakt positioniert werden. Die Spirale (Coil) wird in den Blutsack eingeführt, spiralisiert
sich dort auf und löst eine Verödung aus. Je nach Form des Aneurysmas stehen verschiedenste, genau anpassbare
Formen von Mikrospiralen zur Verfügung. Der Innsbrucker Pionier auf diesem Gebiet, Oberarzt Dr. Peter Waldenberger
erklärt, warum es sich hier um eine so hochspezialisierte ärztliche Leistung handelt: "Zunächst
einmal ist es wichtig, ein entsprechendes therapeutisches Umfeld mit erfahrenen Neurochirurgen und Neurologen zu
haben, um jeden Patienten optimal behandeln zu können. Die prä- und postoperative Betreuung durch erfahrene
intensivmedizinisch geschulte Neurologen/Neurochirurgen ist entscheidend für das Therapieergebnis. Die Entscheidung
über Operation oder endovaskuläre Therapie wird gemeinsam mit den Neurochirurgen getroffen. Moderne bildgebende
Verfahren liefern ein exaktes (3-dimensionales) Bild von der Lage und Form des Aneurysma. Die Größe
kann exakt vermessen werden. Mit dieser Information erfolgt die Auswahl des geeigneten Therapieverfahrens und die
exakte Planung des Eingriffs, der zudem an einer Konsole simuliert werden kann. Wir verwenden dabei modernste Computertomographie-
und 3D-Rotations-Angiographie-Verfahren."
Vorteile für die PatientInnen
Noch vor zehn Jahren wurden Aneurysmen hauptsächlich operativ behandelt. Heute sind das nur noch ca.
20 Prozent, die überwiegende Mehrheit (etwa 80%) werden endovaskulär mit Mikrospiralen therapiert, zum
Teil auch unter Verwendung von Stents. "Auch wenn wir heute einen Großteil der Aneurysmen minimalinvasiv
versorgen können, ist die Neurochirurgie nicht ersetzbar. Denn es wird immer Indikationen geben, die es nötig
machen, doch zu operieren", betont Peter Waldenberger. Dies ist beispielweise dann nötig, wenn ein Aneurysma
zu breitbasig ist, ein Gefäßast aus dem Aneurysma entspringt oder gleichzeitig eine große Blutung
im Gehirn vorhanden ist. Für die PatientInnen ist das Coiling die deutlich schonendere Behandlungsform. Sie
erholen sich nach dem Eingriff wesentlich schneller, die Gefahr von Komplikationen ist geringer, es besteht keine
Infektionsgefahr und auch Psychosyndrome, eine häufige Folge bei Schädeloperationen, treten seltener
auf, da es keine direkte Einwirkung auf das Gehirn gibt.
Innsbruck ist ein Behandlungszentrum
Aufgrund der langjährigen erfolgreichen Arbeit hat sich die Innsbrucker Universitätsklinik für
Radiodiagnostik (Leitung: Univ.-Prof. Dr. Werner Jaschke) als österreichweites Behandlungs- und europäisches
Referenzzentrum für die endovaskuläre Therapie von Hirnarterienaneurysmen etabliert. Neben der großen
Erfahrung der beiden verantwortlichen Oberärzte, Peter Waldenberger und Andreas Chemelli, hat zum Erfolg auch
beigetragen, dass in Innsbruck ein interdisziplinäres Team für Patienten mit Hirnarterienaneurysmen verantwortlich
ist. Erst die Einrichtung eines interdisziplinären Behandlungsteams und die Bereitstellung einer hervorragenden
Infrastruktur durch die TILAK ermöglichte die erfolgreiche Etablierung dieses neuen Therapieverfahrens. Innsbruck
kann diese medizinische Spitzenleistung nun an sieben Tagen pro Woche rund um die Uhr anbieten. Ein weiterer positiver
Effekt dieser Einrichtung ist, dass sie auch die wissenschaftliche Weiterentwicklung der Therapie unterstützt,
was sich in verschiedenen wissenschaftlichen Publikationen aus Innsbruck zeigt. |