Molterer: Sinkende Arbeitslosigkeit, steigende Realeinkommen
Wien (pk) - In der Debatte über das gesetzliche Budgetprovisorium 2007 kritisierte Abgeordneter
Mag. Rossmann (G) grundsätzlich, dass man aufgrund der langen Regierungsverhandlungen heute über ein
Budgetprovisorium und nicht bereits über das neue Budget diskutieren müsse. Die Grünen werden diesem
Provisorium keine Zustimmung geben, betonte er, da dieses an falsche Budgetstrukturen anknüpfe. Seiner Ansicht
nach stehe das Provisorium unter dem Motto "sparen und verwalten statt gestalten". Die Deckelung der
Ermessensausgaben nannte Rossmann einfallslos und Existenz gefährdend, da diese nach Rasenmähermethode
durchgeführt werde und für viele, die im Kunst-, Kultur- und im NGO-Bereich tätig seien, das Ende
oder starke Einschränkung bedeuten würde. Er bezweifelte auch, ob man das Provisorium angesichts der
"sprudelnden Steuereinnahmen" tatsächlich brauche und mutmaßte, dass ohne Provisorium die
Schuldenbremse wegen der Kosten der Eurofighter wirksam werden könnte.
Hinsichtlich des kommenden Doppelbudgets befürchtete Rossmann die Fortsetzung des "Sparkurses von Schwarz,
Blau und Orange", und meinte, dass damit zu wenig Mittel für Bildung, Forschung, Klimaschutz, Pflege
und Frauenpolitik zur Verfügung stehen würden. Offensichtlich, so der Grün-Abgeordnete, werde es
für die Landesverteidigung um 100 Mill. € mehr geben, und das sei eine falsche Schwerpunktsetzung. Damit werde
man den Wohlstand in Österreich nicht sichern können, sagte Rossmann, der es auch als "skandalös"
bezeichnete, über das Budgetprovisorium diskutieren zu müssen, ohne den Gebarungserfolg von 2006 zu kennen.
Abgeordneter AUER (V) konterte, Abgeordneter Rossmann habe noch im letzten Budgethearing eine schlechte Wirtschaft
und Konjunktur prognostiziert, heute spreche er von sprudelnden Steuereinnahmen. Leise Kritik übte er auch
an den früheren Aussagen des nunmehrigen Staatssekretärs Matznetter, der eine Broschüre mit dem
Titel "Schummelbudget" 2006 präsentiert hatte. Heute sei sein Blickwinkel offenbar ein anderer,
meinte Auer. Die Vorlage des gesetzlichen Budgetprovisoriums begründete Auer mit der Notwendigkeit einer neuen
Schwerpunktsetzung und den neuen Zuständigkeiten aufgrund des Bundesministeriengesetzes. Die neuen Ministerinnen
und Minister könnten ohne dieses Provisorium ihre Aufgaben nicht wahrnehmen, stellte er fest.
Abgeordneter THEMESSL (F) bedauerte aus seiner Sicht, dass man die guten Rahmenbedingungen, die die ÖVP-FPÖ-Regierung
vor zwei Jahren hinterlassen habe, von ÖVP und BZÖ nicht genützt worden seien. Leider sei ein Mittelmaß
herausgekommen. Die FPÖ werde daher dem Provisorium nicht zustimmen, weil man das "Wursteln" der
letzten zwei Jahre nicht billigen könne.
Auch Abgeordneter KRAINER (S) wies auf die Notwendigkeit des gesetzlichen Budgetprovisoriums aufgrund des Ministeriengesetzes
hin und sprach von einer Übergangsregelung. Er räumte aber ein, dass es durch die Eurofighter eine Vorbelastung
gebe. Gleichzeitig zeigte er sich zuversichtlich, dass das kommende Doppelbudget neue Schwerpunkte zeigen werde.
Diese werden laut Krainer bei Forschung und Entwicklung, Infrastruktur sowie Wachstum und Beschäftigung liegen.
Auch im Bereich Soziales zeigten erste Schritte, dass der Weg nun in eine andere Richtung führe, und das werde
sich auch im Budget niederschlagen. Das Gleiche gelte für den Bildungssektor, wo der Spielraum eng sei. Krainer
bewertete es positiv, dass die Regierung gemeinsame Schritte setze, um die Schieflage zu korrigieren, wobei seiner
Meinung nach das Tempo erhöht werden müsse.
Vizekanzler Mag. MOLTERER bestätigte, dass das gesetzliche Budgetprovisorium aufgrund der neuen Kompetenzverteilung
in den Ministerien notwendig geworden sei. Hätte man das nicht gemacht, hätten einige Regierungsmitglieder
keine solide Arbeitsgrundlage. Zur Kritik des Abgeordneten Rossmann im Hinblick auf den fehlenden Rechnungsabschluss
bemerkte Molterer, er werde wie bisher auch eine transparente Vorgangsweise wählen, aber diese müsse
auf Fakten beruhen, welche jedoch derzeit nicht vollständig vorlägen.
Der Finanzminister bedankte sich bei seinem Staatssekretär und seinen MitarbeiterInnen für die gute Zusammenarbeit
bei der Erstellung des Doppelbudgets, das vom Geist der Sparsamkeit und den richtigen Investitionen in die Zukunftsentwicklung,
wie Forschung und Entwicklung, sozialer Zusammenhang, Sicherheit und Infrastruktur, getragen sei. Der Bundesvoranschlag
werde den politischen Ausdruck einer Schwerpunktsetzung darstellen, die Molterer mit den Worten "Wachstum
stärken und Arbeit schaffen" umschrieb. Die derzeit stabile Wachstumsperiode müsse als ein positives
Zeichen gewertet werden für die Arbeit, die geleistet wurde und geleistet werden wird. Molterer erinnerte
in diesem Zusammenhang auf die sinkende Arbeitslosigkeit und die Steigerung des Realeinkommens. Faktum sei, dass
das Wachstum auf Export und auf der eigenen Wirtschaftskraft beruhe, und daher brauche man keinen neuen Kurs suchen,
denn man habe ihn bereits.
Abgeordneter Mag. KOGLER (G) wollte die Aussagen des Finanzministers aus seiner Sicht zurechtrücken und die
Feststellungen seines Klubkollegen Rossmann untermauern. Vor allem konstatierte Kogler eine Schwäche bei der
Ausgaben- und Einnahmenstruktur und wandte sich gegen eine Steuersenkung, ohne diese Schwachstellen zu beheben.
Er lehne es nicht ab, eine Abgabenquote festzulegen, aber man müsse, so Kogler, die Frage stellen, welche
Struktur des Steueraufkommens man anstrebe. Darüber hinaus sei festzulegen, was öffentlich finanziert
werden soll, wo der Staat einspringen muss. Derzeit herrsche aber in der Ausgabenstruktur ein eklatantes Missverhältnis.
Kogler lehnte in diesem Zusammenhang die Abschaffung der Erbschaftssteuer ab und trat dafür ein, die Privilegien
bei der Stiftungsbesteuerung zu beseitigen. Auch bei den Lohnnebenkosten sah er Handlungsbedarf.
Abgeordneter BUCHER (B) bezeichnete das Budgetprovisorium als sinnvolle Maßnahme und zeigte kein Verständnis
für die Position der Grünen. Er, Bucher, sei aber neugierig, wie die Bundesregierung die ehrgeizigen
Maßnahmen im Doppelbudget unterbringen werde. Vor allem mutmaßte er, dass Staatssekretär Matznetter
nicht zu seinem Wort stehen werde, wenn man sich dessen Aussagen, etwa zur Gruppenbesteuerung noch vor kurzer Zeit,
vergegenwärtige. Das BZÖ wolle in erster Linie die Steuerzahler entlasten, bekräftigte Bucher, und
trat für die Aufhebung der Erbschaftssteuer sowie für eine spürbare Reduzierung des Bürokratie-
und Verwaltungsaufwandes ein.
Abgeordneter WEINZINGER (F) übte Kritik an der Regierungspolitik der letzten zwei Jahre. Die FPÖ habe
erkannt, dass man damit die tatsächlichen Probleme des Landes nicht lösen könne. So sei etwa das
Problem der EU-Nettozahlungen nicht gemeistert worden, obwohl die Menschen mit der EU immer unzufriedener würden.
Es gebe keine Klarstellung, was die EU anstrebe, sagte Weinzinger, einen Staatenbund oder einen Bundesstaat. Er
forderte auch eine Volksabstimmung über den Verfassungsvertrag. Als Begründung für die Ablehnung
des Budgetprovisoriums führte er ins Treffen, dass die Regierungspolitik von 2005 und 2006 nicht weitergeführt
werden sollte.
Abgeordneter Dr. STUMMVOLL (V) stellte daraufhin fest, dass die FPÖ dem Provisorium im Budgetausschuss zugestimmt
habe. Das Provisorium, so Stummvoll, beruhe auf einer erfolgreichen und soliden Budget- und Finanzpolitik, die
Österreich vom letzten ins oberste Drittel der EU-Staaten katapultiert habe. Österreich weise heute ein
höheres Wirtschaftswachstum als der EU-Durchschnitt und Deutschland auf, und auch die Prognosen bis 2011 seien
positiv. Berücksichtige man die gesunkene Arbeitslosenquote, so könne man von einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik
sprechen. Auch die Wirtschaft selbst zeige sich laut einer Market-Umfrage äußerst zufrieden und sehe
optimistisch in die Zukunft. Ein größeres Kompliment gebe es nicht, sagte Stummvoll. Abschließend
sprach er sich für die Abschaffung der Erbschaftssteuer aus, da er dagegen sei, etwas dreifach zu besteuern.
Abgeordneter Ing. GARTLEHNER (S) räumte zwar ein, dass man das alte Budget bekämpft habe, da das Provisorium
aber notwendig sei, kündigte er die Zustimmung der SPÖ an. Gartlehner verlieh seiner Überzeugung
Ausdruck, dass das neue Budget einen Kurswechsel bringen werde. Im Gegensatz zu seinem Vorredner beurteilte er
die Budget- und Finanzpolitik der letzten Jahre nicht positiv. Während unter SPÖ-Alleinregierung das
Wachstum doppelt so hoch gewesen sei, obwohl man die Probleme der Verstaatlichten zu finanzieren hatte, habe man
in den letzten Jahren die erfolgreich sanierte Verstaatlichte verkauft, bemängelte er. Gartlehner sprach sich
auch dagegen aus, Steuern abzuschaffen.
Abgeordneter DOLINSCHEK (B) nahm zu den unterschiedlichen Aussagen der Regierungsmitglieder zur Mobilitätsprämie
und Mindestsicherung Stellung. Auch wenn man eine Mobilitätsprämie vergeben würde, so blieben nach
Ansicht Dolinscheks die hohe Mineralölsteuer und die geplante Valorisierung der Vignettenpreise sowie die
Erhöhung der KFZ-Prämien ein großes Hindernis für die Mobilität. Die Mindestsicherung
bezeichnete er als ein festgeschriebenes Wunschdenken, das nicht ohne die Länder umzusetzen sei. Außerdem
stelle eine Mindestsicherung keinen Anreiz dar, eine Arbeit anzunehmen. Dolinschek kritisierte auch die Überlegungen,
die Krankenversicherungsbeiträge zu erhöhen, und hielt die Besteuerung der Arbeitskraft für zu hoch.
Staatssekretär Dr. MATZNETTER hielt fest, das gesetzliche Budgetprovisorium sei ausschließlich deshalb
notwendig, damit die neuen Ministerien ein entsprechendes Budget zur Verfügung hätten. Grundsätzlich
wäre man mit dem automatischen Budgetprovisorium bis Mitte des Jahres ausgekommen, betonte er.
Generell merkte Matznetter an, die Koalition habe sich darauf verständigt, durch einen "entschiedenen
Kurs des sorgsamen Haushaltens" bis zum Jahr 2010 einen Budgetüberschuss zu erzielen. Dann solle es auch
eine Entlastung der Bürgerinnen und Bürger durch eine Steuerreform geben. "Auf Pump" wolle
die Regierung, so Matznetter, keine Steuerreform machen.
Zum VfGH-Erkenntnis betreffend Erbschaftssteuer sagte Matznetter, die Regierungspartner würden in der gesetzten
Frist eine gemeinsame Lösung erarbeiten. Eine Abschaffung der Erbschaftssteuer kann er sich jedoch nicht vorstellen,
schließlich sei die Erbschaftssteuer, so der Staatssekretär, mit einem Ertrag von deutlich über
130 Mill. € keine Bagatellsteuer. Die Erben von "kleinen Häuselbauern" will er allerdings von der
Erbschaftssteuer ausnehmen.
Abgeordnete LENTSCH (V) zeigte sich zuversichtlich, dass bis zum Jahr 2010 der angestrebte Budgetüberschuss
erreicht werden kann. Die SPÖ-Minister hätten zur Kenntnis genommen, was der Staatshaushalt hergebe,
meinte sie, die ÖVP habe gesehen, dass es im Gesundheitsbereich ohne zusätzliche Beiträge nicht
gehen werde, auch wenn in den letzten Jahren sehr viel gespart worden sei. Positiv strich Lentsch die gute Konjunktur
hervor.
Abgeordneter ZACH (S) führte aus, ein Budgetprovisorium brauche, wer nicht rechtzeitig zu arbeiten beginne.
Seiner Meinung nach ist durch die langwierigen Regierungsverhandlungen viel Zeit verloren gegangen. Im Zusammenhang
mit der von der OECD festgestellten hohen Steuerbelastung für Arbeitseinkommen übte Zach massive Kritik
am früheren Finanzminister Grasser. Generell sprach er sich für die Besteuerung fossiler Brennstoffe
mit einem "Energie-Euro" aus, um alternative Energieträger wettbewerbsfähiger zu machen.
Abgeordneter Dr. MAIER (V) übte scharfe Kritik am geplanten Bau eines neuen Einkaufszentrums im Süden
von Wien und machte für die Entscheidung eine "Achse SPÖ - FPÖ" verantwortlich. Er sieht
durch das Einkaufszentrum kleine und mittlere Unternehmen gefährdet.
Abgeordnete Mag. TRUNK (S) unterstrich, die Zustimmung der SPÖ zum gesetzlichen Budgetprovisorium könne
keinesfalls als Zustimmung zum ÖVP-BZÖ-Budgetkurs der letzten Jahre verstanden werden. Die neue Regierung
strebe einen Kurswechsel an, bekräftigte sie, wobei insbesondere der Bildungs-, Sozial- und Wirtschaftsbereich
Priorität hätten. Die vorgesehenen Budgetmittel für das Verteidigungsressort sind ihr zufolge notwendig,
um die Bundesheerreform umzusetzen.
Abgeordnete TAMANDL (V) stellte fest, die langen Regierungsverhandlungen hätten bewirkt, dass die Budgetverhandlungen
nunmehr innerhalb einer Woche abgeschlossen hätten werden können. Die hohen Staatsschulden stammen ihr
zufolge aus den Jahren vor 1999.
Abgeordnete RINNER (S) skizzierte, die Erstellung eines Budgets sei immer eine Gratwanderung. Das Geld werde immer
knapper, die Mittel sollten aber so gerecht wie möglich verteilt werden. Die Regierung Gusenbauer hat ihrer
Auffassung nach das Doppelbudget 2007/08 nicht nur in Rekordzeit erstellt, es sei auch gelungen, "trotz schweren
Erbes der vergangenen Regierung" für eine ausgewogene Verteilung zu sorgen. Rinner hofft, wie sie sagte,
dass die "einseitige Belastung" kleiner und mittlerer Einkommensbezieher künftig ein Ende habe.
Abgeordneter STEINDL (V) gratulierte Finanzminister Molterer zu den "zügigen" Budgetverhandlungen.
Für einen verantwortungsvollen Politiker sei es ein gutes Gefühl, dass über den Konjunkturzyklus
hinweg ein ausgeglichener Staatshaushalt angepeilt werde, unterstrich er. Ohne eine jährliche Zinsbelastung
von 7 Mrd. € hätte man seiner Meinung nach allerdings mehr Spielraum. Handlungsbedarf sieht Steindl bei der
Erbschaftssteuer.
Das gesetzliche Budgetprovisorium 2007 wurde vom Nationalrat mit den Stimmen von SPÖ, ÖVP und BZÖ
beschlossen. |