Debatte über Dringlichen Antrag der Grünen
Wien (pk) – Kurz nach 16 Uhr des 07.03. kam der Dringliche Antrag der Grünen betreffend "Frauenpolitische
Maßnahmen: Wo bleiben sie?" zum Aufruf. Abgeordnete Dr. Glawischnig- Pieszek (G) warf der Koalition
vor, unter dem Motto Kurswechsel die alte Frauenpolitik der schwarz-orangenen Regierung fortzusetzen, und vermisste
konkrete Maßnahmen im Regierungsprogramm. Die SPÖ habe viele ihrer Forderungen auf dem Weg von der Oppositionsbank
in den Ballhausplatz abgegeben, das Resultat sei nun ein eklatantes Auseinanderklaffen zwischen Wunsch und Realität
in der Frauenpolitik, konstatierte Glawischnig.
Die Rednerin beklagte vor allem die immer größer werdende Einkommensschere zwischen Männern und
Frauen, sprach von Diskriminierung der Frauen beim Berufseinstieg und kritisierte den nach wie vor bestehenden
Mangel an Kinderbetreuungseinrichtungen. In Sachen Einkommensgerechtigkeit hinke Österreich dem EU-Schnitt
klar nach, viele junge Frauen seien trotz guter Ausbildung in Teilzeitjobs und atypischen Arbeitsverhältnissen
gefangen. Glawischnig forderte ein umfassendes Maßnahmenpaket seitens der Bundesregierung mit einem "ordentlichen
Batzen Geld", um Frauen mit Kindern den Wiedereinstieg zu erleichtern, konnte aber nur "Lippenbekenntnisse"
erkennen.
Weiterer Kritikpunkt der Rednerin war das Fehlen von Kinderbetreuungsplätzen. Hier bestehe insbesondere ein
eklatantes Manko an Betreuungseinrichtungen für Kinder unter drei Jahren. Es reiche nicht aus, wie die Regierung
immer auf eine noch vorzunehmende Bedarfserhebung zu verweisen. Völlig inakzeptabel sei es auch, die Frauen
fürs Zuhause-Bleiben zu bezahlen.
Ein krasses Missverhältnis ortete Glawischnig auch bei den Top-Positionen im öffentlichen Dienst, wobei
sie kritisierte, Männer würden systematisch bei Besetzungen bevorzugt.
Bundesministerin BURES zeigte sich überzeugt, dass die frauenpolitischen Maßnahmen des Regierungsprogramms
geeignet sind, die Lebensbedingungen der Frauen spürbar zu verbessern und den Frauen ein selbstbestimmtes
und unabhängiges Leben zu ermöglichen. Frauenpolitik sei eine Querschnittsmaterie, daher müssten
frauenpolitische Aspekte in ihrer Gesamtheit gesehen werden, erwiderte sie auf die Kritik Glawischnigs.
So sollen konkrete Maßnahmen der bestehenden Einkommensschere zwischen Männern und Frauen entgegenwirken.
Bures verwies auf die Anhebung der Mindestpension, durch die 150.000 Frauen aus der Armutsgrenze gehoben werden,
unterstrich die Bedeutung des Mindestlohnes von 1.000 € für die Frauen und hob überdies die geplante
Grundsicherung hervor. Zentrale Bedeutung maß Bures der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit und der Erhöhung
der Frauenerwerbsquote um 3 % zu und meinte, es wäre auch wirtschaftlich unklug, auf das Potenzial der Frauen
zu verzichten. Förderungen müssen nach Meinung der Ministerin bei der Qualifikation einsetzen, um Frauen
Beschäftigung auch in für sie atypischen Jobs zu ermöglichen.
Bei der Vereinbarkeit von Beruf und Kinderbetreuung setzte Bures auf die Flexibilisierung des Kindergeldes, aber
auch auf eine gemeinsame Kraftanstrengung mit den Ländern, um das Defizit an Kinderbetreuungseinrichtungen
zu beseitigen.
Abgeordnete Mag. WEINZINGER (G) vermisste jeglichen Ehrgeiz des Regierungsprogramms in Sachen Frauenpolitik und
bemerkte pointiert, das einzig Neue sei der Name der Ministerin. Gender-Budgeting komme nicht einmal vor, über
frauenpolitische Ansätze in der Bildungspolitik finde sich bloß eine halbe Zeile, die Notstandshilfe
werde nach wie vor nicht vom Partnereinkommen entkoppelt. Viele der von Bures propagierten Maßnahmen seien
zudem bereits von der alten Regierung beschlossen worden.
Nägel mit Köpfen forderte Weinzinger insbesondere zur Schließung der Einkommensschere, so reiche
es nicht aus, auf die Freiwilligkeit der Unternehmen zu setzen, sagte sie. Insgesamt gehe die Frauenpolitik der
Regierung an der Realität der Frauen vorbei und sei viel zu zögerlich und zahm, lautete die abschließende
Kritik Weinzingers.
Abgeordnete HEINISCH-HOSEK (S) verspürte hingegen einen Aufwind in der Frauenpolitik und meinte, die Maßnahmen
des Regierungsprogramms seien viel konkreter formuliert als der Antrag der Grünen. So werde Mädchenförderung
groß geschrieben, die vielen freien Dienstnehmerinnen werden nun sozialrechtlich abgesichert, im AMS gebe
es zusätzliche 100 Mill. € für Frauen, erstmals werden auch qualitative Ziele verankert. In Summe stellte
die Rednerin fest, im Antrag der Grünen sei längst nicht so viel drin wie in der Frauenpolitik von Ministerin
Bures.
Abgeordnete Mag. AUBAUER (V) unterstrich, man wolle für Frauen arbeiten. Vieles sei in den vergangenen Jahren
passiert, die Situation der Frauen sei in fast allen Bereichen besser geworden. Derzeit sind mehr als 1,5 Mill.
Frauen in Beschäftigung, das sei mehr als je zuvor. Das Kinderbetreuungsgeld stärke das Familieneinkommen,
die Zuverdienstgrenze wurde erhöht, der Wiedereinstieg in den Job erleichtert - all das sind Erfolge der Regierung
Schüssel und von Frauenministerin Rauch-Kallat. Aber man sei noch nicht am Ende des Weges angelangt, betonte
die Rednerin. Frauen haben de iure zwar die gleichen Rechte, aber in der Praxis haben sie in vielen Bereichen nicht
die gleichen Chancen. Ich schätze zwar das hohe Engagement der Grünen, sagte Aubauer wörtlich, doch
die Kritik, es gebe im Regierungsübereinkommen nur wenige konkrete Maßnahmen, lasse sich nicht nachvollziehen,
denn wie ein schwarz-roter Faden ziehen sich Maßnahmen für Frauen durch das gesamte Regierungsprogramm.
Ablehnend stand Aubauer dem Müttergehalt gegenüber, weil es die Väter völlig aus der Kinderbetreuung
herauslässt. Die Betreuung der Kinder müsse partnerschaftlich aufgeteilt werden zwischen Mann und Frau.
Abgeordnete ROSENKRANZ (F) meinte, es gehe um die Lebenswirklichkeit von mehr als der Hälfte der Bevölkerung.
Die gleichberechtigte Teilnahme der Frauen in allen Bereichen der Gesellschaft und gleiche, gerechte Chancen seien
ein freiheitliches Credo. Daher distanziere sich die F von der feministischen Gleichstellungspolitik. Es dürfe
für die Frauen, die Kinder zur Welt bringen, keine Nachteile geben. Es müsse Wahlfreiheit geben, ob jemand
auf ein Berufseinkommen verzichtet und zu Hause bleibt oder ob man sein Kind in eine außerhäusliche
Betreuung gibt. Es sei aber kaum möglich, mit einem Gehalt eine Familie mit zwei oder drei Kindern zu erhalten.
Es bestehe daher vielmehr ein Zwang, sich möglichst früh von den Kindern zu trennen. Um dem entgegenzuwirken,
müsste es eine Besteuerung geben, die auf die Anzahl der Köpfe, die von einem Einkommen leben müssen,
Rücksicht nimmt, also ein Familiensplitting. Zudem müsse die Erziehung der Kinder bei der Pensionsberechnung
stärker berücksichtigt werden.
Abgeordnete HAUBNER (B) meinte, im Regierungsprogramm finden sich Allgemeinplätze und viele Phrasen. Vor der
Wahl wurde den Frauen sehr viel versprochen und nachder Wahl werden die Versprechen gebrochen. Was von der letzten
Regierung übernommen wird, ist konkret, so etwa das Mentoringprogramm, der Ausbau der Familien- und Frauenberatungsstellen
und die Stärkung der Elternbildung. In diesem Zusammenhang erläuterte Haubner konkrete Maßnahmen
im Frauenbereich, die von der letzten Regierung beschlossen wurden, und erklärte, es sei zwar viel geschehen,
aber es sei noch viel zu tun. Das BZÖ sei Mitstreiterin, wenn es darum geht, Verbesserungen, die Frauen brauchen
und wollen, zu unterstützen. So wollen Frauen etwa eine freie Entscheidung für ihr Lebensmodell und eine
Unterstützung bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Anzusetzen gilt es bei der geringen Entlohnung
von Frauen in manchen Bereichen; die Gewerkschaften und die Sozialpartner sollten auf Kollektivvertragsbasis einen
Mindestlohn verhandeln, lautete eine Forderung.
Abgeordnete ZWERSCHITZ (G) unterstrich, dass es bei der schwarz-grünen Regierung in Oberösterreich ein
neues Kindergartengesetz gebe, auch eine Verdoppelung an Interventionsstellen gegen Gewalt an Frauen wurde erreicht;
außerdem funktionieren zwei Drittel des oberösterreichischen Budgets nach Gender budgeting. Im Regierungsprogramm
stehen zwar "hehre" Ziele, aber es gebe keine budgetäre Bedeckung. Den Grünen vorzuwerfen,
dass sie bei der SP-Frauenpolitik nicht mitmachen, sei ein "starkes Stück". Die Grünen stellen
noch immer Forderungen auf, die Rolle von Bures in der Regierung sei es aber, etwas zu investieren und zu ändern.
Abgeordnete Mag. KUNTZL (S) meinte, man wolle berufstätige und nicht berufstätige Mütter gegeneinander
ausspielen; nur die nicht berufstätige Frau sei eine gute Mutter. Auch die berufstätigen Mütter
sind gute Mütter und berufstätige Eltern leisten, wenn auch unter sehr schwierigen Bedingungen, Erziehungsarbeit,
strich Kuntzl heraus. Laut UNICEF-Studie über das Wohl der Kinder liegt Österreich an 21. Stelle von
21 Staaten. Die skandinavischen Länder, in denen die Kinderbetreuung, die Frühkindförderung und
die Ganztagsschulen einen hohen Stellenwert haben, rangieren auf den vorderen Plätzen. In Österreich
brauche man keine weitere Bedarferhebung, sondern es gilt, die 50.000 Plätze, die dringend notwendig sind,
umzusetzen.
Abgeordnete RIENER (V) meinte, es gebe im Regierungsprogramm viele ambitionierte Ziele. Als Gewerkschafterin und
Personalvertreterin kam sie auf das Klima in den Betrieben zu sprechen und wies darauf hin, dass Frauen sehr unter
einem schlechten Betriebsklima leiden. Es sollte ihrer Meinung nach eine Förderung geben, damit die Kinder
zu Hause betreut werden können; damit verbunden sollte eine Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten sein.
Wichtig sei vor allem die Wahlfreiheit, es müssen die Bedürfnisse der Frauen gesehen werden. Die ÖVP
habe in den letzten Jahren gute Arbeit geleistet und werde diesen Weg weitergehen.
Der Grüne Antrag ziele auf das Auseinanderdividieren der Geschlechter, betonte Abgeordnete Dr. BELAKOWITSCH-JENEWEIN
(F). Für die Freiheitlichen gebe es nur ein Miteinander von Männern und Frauen. Die Frage der Kinderbetreuung
sei aktuell, immerhin beeinflusse sie die Zukunftsperspektiven der Österreicher. Die Art der Kinderbetreuung
sei aber auch ein Spiegelbild der Gesellschaft. Sie persönlich sei dagegen, dass Kleinkinder in Kinderkrippen
abgeschoben werden. In Frankreich etwa gebe es Tagesmütter, die für einkommensschwache Familien leistbar
sind; daneben erhalten Mütter, die aus dem Beruf ausscheiden, eine hohe Unterstützung. Die F tritt dafür
ein, dass die Mütter unterstützt werden und ein eigenes Gehalt erhalten. Gerade die schrankenlose Zuwanderung
in den letzten Jahrzehnten habe dazu geführt, dass in Österreich wieder ein Frauenbild Einzug gehalten
hat, das man im 21. Jahrhundert nicht mehr braucht: das Frauenbild des Heimchens am Herd, das dem Mann bedingungslos
zu gehorchen hat. Der Kopftuchzwang etwa wird von der linken Reichshälfte als multikulturelle Bereicherung
angesehen, für die Grünen ist es das Symbol der Unterdrückung der Frau, sagte die Rednerin und forderte
die Umsetzung des Kopftuchverbotes wie in Frankreich. Gegen die Zwangsehen sollten ebenso Maßnahmen gesetzt
werden wie gegen Gewalt an Frauen.
Abgeordnete STADLBAUER (S) kritisierte ihre Vorrednerin für ihre unpassenden Bemerkungen zur Ausländerfrage
und meinte, ihre Fraktion arbeite daran, die aktuelle Situation zu verbessern, zu welchem Zweck sie die gesamte
Regierung in die Ziehung nehmen wolle. Insofern greife der grüne Antrag auch zu kurz, weil er nur auf die
Frauenministerin fokussiere. Den Grünen mangle es hier an Ideen, ihre Fraktion hingegen setze an den richtigen
Punkten an und betreibe eine ganzheitliche Frauenpolitik, betonte die Rednerin, die auf die Pläne ihrer Fraktion
in der Folge beispielhaft einging.
Abgeordnete STEIBL (V) übte Kritik an den Wortmeldungen grüner Abgeordneter und meinte an deren Adresse,
man müsse nicht alles schlecht und madig machen. Die ÖVP habe jahrelang gezeigt, wie wichtig Frauen-
und Familienpolitik sei, und dies auch durch zahlreiche Initiativen unterstrichen. Weiteres bleibe freilich zu
tun, ihre Fraktion werde sich in diesem Sinn auch weiterhin engagieren.
Abgeordneter ZANGER (F) berichtete aus seinem persönlichen Erleben und beleuchtete die gegenständliche
Thematik aus diesen Erfahrungen. Der Redner bedauerte, dass Kinder mittlerweile als Hindernis am Karriereweg interpretiert
würden und die Institution der Ehe durch "Lebensabschnittspartnerschaften" abgelöst zu werden
drohe. Es sei aber die Familie die Basis unserer Republik und habe dementsprechend ins Zentrum der Politik gerückt
zu werden, postulierte Zanger.
Abgeordneter Dr. EINEM (S) votierte hingegen für eine moderne Frauenpolitik und meinte, es gehe auch die Männer
etwas an, dass die Frauen endlich Gleichberechtigung erführen. Insbesondere wies Einem auf den Zusammenhang
zwischen ökonomischem Spielraum von Eltern und Möglichkeiten der Gleichberechtigung hin. Gerade auf diesem
Gebiet gebe es Verbesserungsbedarf, ortete Einem. Man müsse darüber nachdenken, dass just jene Branchen,
in denen die Mehrheit der Frauen beschäftigt seien, nach wie vor die geringsten Löhne zahlten. Hier brauche
es ein entsprechendes Umdenken im Sinne von mehr Gerechtigkeit, schloss Einem.
Abgeordneter ÖLLINGER (G) hielt nochmals fest, Frauenpolitik sei wichtig für Frauen und Männer.
Seine Fraktion erwarte sich selbstverständlich, dass sich die Frauenministerin für Frauenanliegen stark
mache, und dies sei umso nötiger, als immer noch vieles im Argen liege, auch und zumal im öffentlichen
Bereich, wie die anschließende Anfragebesprechung belege. Es gelte, entsprechende Fortschritte zu erzielen,
und dabei müssten alle an einem Strang ziehen, appellierte der Redner, der an das seinerzeitige Frauen-Volksbegehren
erinnerte. Viele der damals erhobenen Forderungen seien immer noch nicht realisiert, und das sei bedauernswert.
In der Abstimmung fand der G-Antrag keine Mehrheit. |