Neues Förderprogramm "Jugend & Kultur in NÖ"  

erstellt am
08. 03. 07

Bohuslav: Niederösterreich als Zentrum innovativer Jugendkultur
Wien (nlk/content event) - In Niederösterreich sei Jugendkultur bis dato als Teil des Erwachsenenspektrums gefördert worden, nunmehr gebe es zum ersten Mal einen eigenen ideologischen Ansatz und Förderansatz, sagte Landesrätin Dr. Petra Bohuslav, am 07.03. in Wien bei der gemeinsam mit Josef Schick von der Kulturvernetzung NÖ und Silvia Scheibelhofer, Obfrau des Jugendkulturvereins im Schlachthof Hollabrunn, vorgenommenen Präsentation des neuen Förderprogramms „Jugend & Kultur in NÖ“.

Innerhalb des Alterslimits zwischen 14 und 29 Jahren gebe es Freiraum für Experimente, Entfaltung, Neuentwicklungen und Kreativität ohne Definition, was Jugendkultur zu sein habe, betonte Bohuslav. Gestartet werde mit einem Wettbewerb, bei dem Jugendliche Projekte einreichen können, bewertet wird von einem Beirat mit jugendlichen und erwachsenen ExpertInnen. Das Gesamtfördervolumen beträgt bis Jahresende eine halbe Million Euro. Ziel sei es, die Jugendkultur explizit ins Zentrum zu stellen und Niederösterreich zu einem Zentrum innovativer Jugendkultur zu machen, so die Landesrätin abschließend.

Gefördert werden ohne inhaltliche Vorgaben nichtkommerzielle Projekte aller Kunst- und Kultursparten, mit denen 14- bis 29-Jährige eigenständig und eigenverantwortlich aktiv werden bzw. die von ihnen maßgeblich geplant umgesetzt werden. Begleitet werden dürfen die Initiativen auch von Personen, die älter als 29 Jahre sind. Einreichstelle für die Projekte, sind die vier Regionalbüros der Kulturvernetzung, wo auch bezüglich bloßer Ideen und noch nicht umsetzungsreifer Projekte beraten wird. Workshops im Mai und im Juni wie zum Veranstaltungsmanagement in der Praxis, dem Entstehen einer Jugendkulturzeitung u. a. stellen vertiefendes Know-how zur Verfügung. Die Förderquote ist offen, eine hundertprozentige Förderung aber ausgeschlossen. In Folge wird es jährliche Schwerpunkte etwa zu Migration, Transkulturalität oder Gender Mainstreaming geben.

Statements zum neuen Förderprogramm
LRin Dr. Petra Bohuslav
Durch meine Tätigkeit als Kulturlandesrätin bin ich in allen Regionen des Landes auf viele junge kreative Künstler gestoßen, deren Projekte und Engagement mir imponieren. Diese jungen Talente sind mir ein besonderes Anliegen.

Mit der neuen Förderoffensive möchten wir dieses Potential verstärkt fördern und den Jugendlichen Entwicklungsmöglichkeiten bieten. Dazu brauchen sie Raum für Neuentwicklungen und Gelegenheit für Experimente. Das klare Ziel dieser Förderaktion lautet: Jugendliche entscheiden selbst, was Jugendkultur ist!

Wir wollen sie in ihrer Kreativität unterstützen, sie aber eigenständig und eigenverantwortlich aktiv werden lassen. Das Land Niederösterreich stellt dafür die geeigneten Rahmenbedingungen bereit. Diese sehen neben der finanziellen Förderung auch Workshops vor, um den Jugendlichen Know-how und Anreize zu liefern.

Josef Schick, Geschäftsführer der Kulturvernetzung Niederösterreich
Die Umsetzung von "Jugend und Kultur in NÖ!" auf Basis eines von der Kulturvernetzung NÖ entwickelten Konzeptes ist ein weiterer konsequenter Schritt zur Stärkung des regionalen Kulturgeschehens in unserem Bundesland. Gerade die Jugendlichen zeigen uns beispielhaft, dass eine emotionale Verankerung in der Region einerseits und ein sehr kreativer kultureller Output andererseits kein Widerspruch ist. Im Gegenteil. Gerade hier entstehen oft besonders spannende und kreative Projekte. "Jugend und Kultur in NÖ!" ist nicht nur ein maßgeschneidertes Fördermodell dafür. Das Programm gewährleistet darüber hinaus durch die Einbindung der Regionalbüros der Kulturvernetzung eine einfache Handhabung der Förderung und eine optimale Nähe zu den jungen Förderwerbern.

Silvia Scheibelhofer, Obfrau des Vereins zur Förderung regional kultureller Vielfalt (Schlachthof Hollabrunn)
Das Förderprogramm "Jugend & Kultur in NÖ" wertet die Jugendlichen auf, indem es Mittel zur Umsetzung ihrer Ideen verfügbar macht und zum Ausdruck bringt, dass man den Jungen etwas zutrauen kann.

Viele heute anerkannte Kunstrichtungen haben sich aus dem sogenannten "Underground" heraus entwickelt. Jugendliche greifen subkulturelle Ausdrucksformen gerne auf, die von den Erwachsenen zwar zunächst belächelt oder abgelehnt werden, mittel- bis langfristig jedoch respektiert und oft sogar Eingang in den Kanon der Hochkultur finden.

Dass das Land Niederösterreich dieses Potenzial erkannt und sich des Themas angenommen hat, ist meines Erachtens ebenso erfreulich wie die Art der Umsetzung des vorliegenden Förderprogramms: Es wurde viel richtig gemacht, insbesondere weil man die Jugendlichen ernst genommen, ihre Meinungen eingeholt und sie eingeladen hat, an der Umsetzung des Förderprogramms mitzuarbeiten. Diese Art des Ernst-Nehmens spiegelt sich auch in der Zusammensetzung des Gutachtergremiums wider.

Für sehr positiv halte ich außerdem, dass mit der Umsetzung des Fördertools die Kulturvernetzung NÖ betraut wurde. Denn ihre Expertise und ihr Beratungsangebot wird den Zugang zu dieser Fördermöglichkeit für die Jugendlichen wesentlich vereinfachen.

Schritt für Schritt zum Fördergeld!
Der Startschuss fällt mit dem 7. März 2007, ab diesem Zeitpunkt können Projekte eingereicht werden. Die Erstinformation erfolgt via Flyer, Info-Folder und Homepage (www.come-on.at) mit Downloadmöglichkeit der Einreichunterlagen.

Ansprechpartner für Interessierte sind die insgesamt vier Regionalbüros der Kulturvernetzung NÖ. Dort wird das Procedere erklärt und die Einreichung abgewickelt. Gleichzeitig kann das Beratungsangebot der Kulturvernetzung NÖ genutzt und das Projekt im Einzelnen besprochen werden. Damit die Bewerber nicht an Formalhürden scheitern, ist die Einreichstelle gleichzeitig Beratungsstelle.

Im Anschluss passiert das Ansuchen den Gutachtergremium. Dieser setzt sich aus jugendlichen und erwachsenen ExpertInnen der Jugend-Kultur-Szene zusammen. Er entscheidet (4- bis 6mal jährlich) auf der Grundlage von Förderleitlinien (Details: S.9) über die Förderwürdigkeit. Im Anschluss werden die Einreicher über die Gutachtergremiumsentscheidung informiert. Grundsätzlich gilt das NÖ Kulturfördergesetz 1996 (www.kulturvernetzung.at >>> Menü: Service).

Jährliche Schwerpunkte werden den Fokus auf wichtige Themen wie z.B. Migration, Transkulturalität oder Gender-Mainstreaming richten. Die Schwerpunkte dienen dabei der Schärfung der Aufmerksamkeit; eingereicht können jedoch immer auch solche Projekte werden, die sich nicht mit den Jahresschwerpunkten auseinander setzen.

WORKSHOPS
Um den Jugendlichen das kreative Rüstzeug zur Umsetzung von Jugendkulturprojekten zur Verfügung zu stellen und sie zu eigenständigen künstlerischen Aktivitäten anzuregen, werden Workshops zu verschiedenen Themen angeboten.

EU-KONTEXT
Die Ziele und Überlegungen rund um das Förder-Tool stehen im größeren Kontext des Weißbuches der Europäischen Kommission "Neuer Schwung für die Jugend Europas" und seiner wichtigsten Botschaften:

  • Förderung künstlerischer Aktivitäten generell
  • Stärkung der kulturellen Kompetenz der Jugendlichen
  • Zulassung und Ausdehnung von Experimentierfeldern
  • Förderung der Unabhängigkeit der Jugendlichen
  • Informationen und Tipps sollen den Jugendlichen als Basis zur Mitgestaltung dienen
  • Die Jugendlichen wollen sich aktiv als Staatsbürger einbringen




Von Jugendarbeit bis Jugendkulturarbeit…:
Einige Begriffsbestimmungen
JUGEND
Aus Sicht der Kulturvernetzung NÖ ist Jugend kein klar definierter wissenschaftlicher Begriff, sondern ein Wort aus der Alltagssprache. Die Jugend ist eine von Kindheit und Erwachsenenleben unscharf unterschiedene Lebensphase mit besonderen jugendtypischen Verhaltensmustern und Eigenschaften. Heute ist Jugend ein verlängertes Jungsein, das möglichst früh in der Kindheit beginnt und bis weit ins dritte Lebensjahrzehnt andauert. Als jugendlich gilt, wer sich in einer Weise verhält, die als typisch für diese Lebensphase gilt. Die Suche nach dem Sinn des Lebens, aber auch Spaß und Lebensfreude sind wesentliche Triebkräfte, die Jugendliche motivieren.

Als Jugendliche gelten im Rahmen des Förderprogramms "Jugend & Kultur in NÖ!" alle Personen vom 14. bis zum vollendeten 29. Lebensjahr, unabhängig von ihrer sozialen Stellung und Schulbildung (Hauptschüler, Schüler der AHS-Unterstufe und Oberstufe, BHS etc., Lehrlinge, Studenten und Berufstätige bis zum vollendeten 29. Lebensjahr).

Unter dem Begriff Kultur verstehen Jugendliche zumeist die Kulturen der unterschiedlichen Völker und Länder. Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Jugendliche bei den meisten Umfragen dem Begriff "Kultur" zumeist kaum Interesse beimessen, jedoch bei der Frage nach den Lieblingsbeschäftigungen fast immer kulturelle Aktivitäten wie Musik, Feste, Festivals, Kino und andere Events an erster Stelle bei den Antworten stehen. Das in Studien oft festgestellte mangelnde Interesse der Jugendlichen für Kultur liegt also wesentlich auch an einer Fragestellung, die Jugendliche in einem "Erwachsenenjargon" befragt und daher unpräzise Ergebnisse liefert.

Der Begriff Kunst umfasst für die jungen Leute weitgehend Angebote der so genannten Hochkultur, vor allem mit Künstlern aus der Vergangenheit. Kunst wird von vielen Jugendlichen meist als etwas "Verstaubtes" und "Ernstes" ohne Unterhaltungswert verstanden, weshalb es auch nicht besonders verlockend erscheint, sich damit zu beschäftigen. Als absolut uncool gelten in diesem Zusammenhang alle mit "Hochkultur" verbundenen Aktivitäten. Auch hier scheint das Problem des "Erwachsenenjargons" in den Befragungen zu greifen.

Der Begriff Jugendkultur wird im Kontext des Förderprogramms "Jugend & Kultur in NÖ!" als aktive Kulturarbeit von und mit Jugendlichen verstanden, die sich mit verschiedenen Kunst- und Kulturformen auseinandersetzen.

Kunst und Kultur für die Jugend soll Spaß machen, unterhalten und entspannen. Jugendkultur in Niederösterreich sollte den Jugendlichen die Möglichkeit bieten, ihren eigenen Weg zum Verständnis von Kunst und Kultur zu finden und ihre eigenen innovativen Kräfte dabei mit einzubringen. Im Zentrum des Jugendkulturbegriffes für das vorliegende Förderinstrument steht deshalb das aktive eigenverantwortliche Gestalten und Mitgestalten von Jugendlichen.

Unter soziokultureller Jugendarbeit versteht die Kulturvernetzung NÖ das Spannungsfeld der kulturellen Auseinandersetzung zwischen eigenständiger und strukturierter, in bestehenden Organisationen eingebetteter Jugendkulturarbeit, speziell als Gegensatz zum massenkulturellen Konsum.

Eigenständige Jugendkulturarbeit stellt keine Randerscheinung der Gesellschaft dar, sondern ist ein wesentlicher Teilbereich der Kulturarbeit mit Jugendlichen. Bestimmte jugendkulturelle Ausdrucksformen werden von der Erwachsenenwelt nicht verstanden und daher auch abgelehnt. Dennoch sind die Jugendlichen die sich damit auseinander setzen als "ganz normale" Bürger zu sehen, die im kulturellen Bereich lediglich sehr spezifischen Interessen nachgehen. Wichtig dabei ist auch: Hier gibt es ein kreatives Potential von aktiven und interessierten Menschen.

Eigenständig heißt in diesem Kontext auch, dass Jugendlichen Freiräume für die verschiedensten Aktivitäten eingeräumt werden.

Dass die Jugendlichen selber aktiv sein und selber Verantwortung übernehmen können, ist dabei wesentlich. Kulturelle Ausdrucksformen von Jugendlichen benötigen dabei dieselben Freiheiten, die sich in der Erwachsenenwelt längst durchgesetzt haben: Auch Jugendkultur muss nicht verstanden, sondern zugelassen werden. Jugendkultur ist NICHT das was die Erwachsenenwelt dafür hält, sondern das was die Jugendlichen darunter verstehen.
Quelle: Bernhard Schäfers, Albert Scherr:
Jugendsoziologie - Einführung in Grundlagen und Theorien.
VS Verlag für Sozialwissenschaften, 8. Aufl., 2005

JUGEND-KULTUR-ARBEIT
Das vorliegende Förderprogramm versteht Jugendarbeit als in drei Teilbereiche gegliedert:
a) Die Nachwuchsarbeit
Jugend- und Nachwuchsabteilungen bestehender Vereine und Organisationen, wie z.B. Feuerwehr, Blasmusik, Volkskultur, Pfadfinder, Landjugend, kirchliche Jugendorganisationen etc.

b) Die Jugendzentren
Jugendzentren sind Räumlichkeiten für die Freizeitgestaltung von Jugendlichen, die teilweise autonom verwaltet und von Erwachsenen und / oder Sozialarbeitern geleitet werden. Die Jugendzentren haben einen sozialpädagogischen Ansatz. In Jugendzentren können auch Jugendkulturaktivitäten stattfinden, der ursächliche Zugang ist aber ein sozialer.

Weiters wird durch die Abt. F3 (Abteilung "Allgemeine Förderung": u.a. Jugendförderung) in Niederösterreich seit vielen Jahren die Errichtung von Jugendräumen, autonom geführten Räumen, gefördert, die vor allem als Aufenthaltsräume und Treffpunkte in den ländlichen Gebieten dienen. Hier existiert kein Betreuungsangebot durch erwachsene Fachkräfte.

c) Die jugendkulturellen Aktivitäten und offene Räume für Jugendkultur
Dieser Bereich hat keinen sozialpädagogischen Betreuungsansatz. Die Einrichtungen dienen jugendkulturellen Ausdrucksformen und werden von Jugendlichen oder jungen Erwachsenen eigenständig geleitet.

Gegenstand des von der Kulturabteilung ("Abt. K1") des Landes Niederösterreich geschaffenen Fördertools "Jugend & Kultur in Niederösterreich!" ist weitestgehend Teilbereich c) der obigen Gliederung in Verbindung mit sozialen Komponenten.


Informationen: http://www.come-on.at

 
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