Bei der Evangelischen Woche in Wien sprach der
frühere GEKE-Generalsekretär Hüffmeier über den Protestantismus im zusammenwachsenden Europa
Wien (epd Ö) - Ein gottesdienstliches Leben, das Konfessionsgrenzen überschreitet und zugleich
die eigene konfessionelle Identität erhält, die gemeinsame Verantwortung für Europa, gemeinsame
theologische Grundsatzarbeit und das selbstbewusste Darstellen der protestantischen Gaben und Stärken in einer
ökumenischen Perspektive – das sind für DDr. Wilhelm Hüffmeier die zentralen Herausforderungen an
einen europafähigen Protestantismus. Am Abend des 05.03. eröffnete der frühere Generalsekretär
der Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) und Präsident des Gustav-Adolf-Werkes in Deutschland
die Vortragsreihe der Evangelischen Woche in Wien. In der Aula des neuen Evangelischen Gymnasiums sprach Hüffmeier
über „Welchen Protestantismus braucht Europa? Evangelische Kirchenpolitik im 21. Jahrhundert“. Vorgestellt
wurde Hüffmeier von seinem Nachfolger im Amt des GEKE-Generalsekretärs, dem lutherischen Oberkirchenrat
Hon.-Prof. Dr. Michael Bünker: „Die Verbindung zwischen theologischer Arbeit und Dienst am Wort zieht sich
wie ein roter Faden durch das Leben Hüffmeiers“, der in Österreich einer größeren Öffentlichkeit
vor allem durch seine Predigten bei Gustav-Adolf-Festen bekannt ist. Hier spreche „einer, der selbst bewegt ist
vom Wort des Lebens und damit andere bewegt“, meinte Bünker.
Botschaft in den Alltag übersetzen
Kritisch äußerte sich Hüffmeier zur Qualität der Gottesdienste. Der Protestantismus in Europa
brauche „Gottesdienste, die emotional ansprechen und zugleich intellektuell überzeugen“, mit „schönen
liturgischen Formen und klaren geistlichen Inhalten“. „Ein Schuss pfingstlerische Formen täte gut“, meinte
Hüffmeier wörtlich. Deutlich unterstrich Hüffmeier die Notwendigkeit theologischer Arbeit, ohne
die es keine „leuchtende Klarheit“ gebe. „Wir brauchen alltagstaugliche Gottesdienste und Predigten, die den Grund
der Lebensfreude kennen und ihn bekennen.“ Es gehe darum, die „alte Botschaft in alltagstaugliche Worte zu übersetzen,
die wir hören können“.
Kirche der Freiheit
Die Gemeinschaft Evangelischer Kirchen in Europa, deren Berliner Büro Hüffmeier von 1987 bis 2006 leitete,
wolle verstärkt die gemeinsamen reformatorischen Positionen in der Öffentlichkeit artikulieren. Dabei
sollten verstärkt die „ureigenen protestantischen Gaben“ zur Geltung gebracht werden, etwa die Identität
als „Kirche der Freiheit“, in der „das Charisma der Frauen ernster genommen“ werde und die sich aktiv an der Gestaltung
der Bürgergesellschaft beteilige. „Das protestantische Abenteuer in Europa lässt noch auf sich warten“,
sagte Hüffmeier in Anlehnung an ein Wort des großen evangelischen Theologen Wilhelm Dantine.
Die Leuenberger Konkordie von 1973, auf die sich die GEKE gründet, sei „leider eine große Unbekannte“,
bedauerte Hüffmeier. Dennoch könne sie gewissermaßen als „europäischer Personalausweis“ der
protestantischen Kirchen verstanden werden. Dieses evangelische Einheitsmodell, das in Zukunft in Hinblick auf
die Vereinbarkeit mit anderen Modellen „vertieft und weiterentwickelt“ gehöre, biete hervorragende Voraussetzungen
für das politische Europa, wenn auch „die Angst vor der Überdehnung der EU oft stärker ist als der
Wille, sie zu gestalten“. Was das Verhältnis der protestantischen Kirchen zum Vatikan betrifft, ortet Hüffmeier
zwar partielle Fortschritte, dennoch gelte: „Ökumene braucht einen langen Atem und himmlische Geduld.“ |