Wien (nso) - Konsumentenschutzminister Erwin Buchinger präsentiert ein jüngst ergangenes Urteil
des Obersten Gerichtshofs (OGH), dem zufolge die Abschlusskosten bei Kündigung oder Prämienfreistellung
einer kapital bildenden Lebensversicherung über einen angemessenen Zeitraum verteilt werden müssen. Auf
Basis dieses Urteils ist davon auszugehen, dass die Abschlusskosten auch bei vor dem 1.1.2007 abgeschlossenen Verträgen
rückwirkend gleichmäßig auf 5 Jahre zu verteilen sind. Außerdem dürfen dem Kunden im
Fall einer Kündigung mangels gültiger vertraglicher Grundlage überhaupt keine Stornoabzüge
verrechnet werden.
Die Verhandlungen der Konsumentenschützer mit den Versicherern hatten zuvor bereits zu einer Gesetzesänderung
geführt, die mit 1.1.2007 in Kraft getreten ist. Bei allen ab diesem Zeitpunkt abgeschlossenen Lebensversicherungen
muss die Provision des Vermittlers auf einen Zeitraum von zumindest 5 Jahren gleichmäßig verteilt werden.
Dadurch ist gewährleistet, dass dem Kunden im Fall einer Kündigung von Anfang an ein angemessener Rückkaufswert
zur Verfügung steht.
Für alle Verträge, die zuvor abgeschlossen und gekündigt oder prämienfrei gestellt wurden,
wollten die Versicherer die Rückkaufswerte nicht erhöhen, weswegen Buchinger den VKI mit Klagen gegen
die größten Lebensversicherer beauftragt hatte. Zwar hatten Versicherungskunden nach Ablauf des ersten
Versicherungsjahres ein gesetzliches Kündigungs- und Prämienfreistellungsrecht, allerdings erhielt man
bislang im Normalfall in den ersten Jahren entweder überhaupt keinen oder einen im Verhältnis zu den
bereits bezahlten Prämien nur sehr geringen Rückkaufswert ausbezahlt.
Das hatte zwei Ursachen: Zum einen wurde dem Kunden die Provision des Vermittlers sofort bei Vertragsabschluss
vollständig verrechnet. Zum anderen wurden dem Kunden im Fall einer Kündigung zusätzlich auch noch
Stornoabzüge verrechnet. In beiden Punkten konnten sich die Versicherungen zumeist auf keine dem Gesetz entsprechende
vertragliche Vereinbarung mit dem Kunden stützen.
Die Entscheidung des OGH kann sich grundsätzlich auf alle noch laufenden Altverträge auswirken, die erst
in Zukunft vorzeitig gekündigt oder prämienfrei gestellt werden. Den Kunden stehen bei den vom OGH-Urteil
betroffenen Verträgen höhere Rückkaufswerte zu als sie bislang von den Versicherungen berechnet
und ausbezahlt wurden. Außerdem können auch Verträge betroffen sein, die in der Vergangenheit bereits
gekündigt oder prämienfrei gestellt wurden. In diesen Fällen kann der Kunde von seiner Versicherung
Nachzahlungen verlangen.
Versicherer sollen Ansprüche rasch und unbürokratisch erfüllen
Das BMSK hat den Verein für Konsumenteninformation(VKI)beauftragt, betroffene Verbraucher bei der
Durchsetzung ihrer Ansprüche zu unterstützen. Umfassende Informationen dazu werden auf der vom Konsumentenschutzministerium
geförderten Webseite www.verbrauerrecht.at unter "Intransparenz von Lebensversicherungen" bereitgestellt.
"Ich hoffe jedoch, dass das nicht notwendig sein wird und die Versicherungen die Entscheidung des OGH akzeptieren
werden",betont Konsumentenschutzminister Buchinger. "Gerade im sensiblen Bereich der privaten Altersvorsorge
sollte man das Vertrauen der Konsumenten nicht mutwillig strapazieren. Es war schon bislang schwer verständlich,
warum sich die Versicherungswirtschaft trotz einer an sich eindeutigen Rechtslage auf jahrelange Prozesse eingelassen
hat. Es wäre daher angebracht, dass die berechtigten Ansprüche der betroffenen Kunden zumindest jetzt
rasch und umkompliziert erfüllt werden."
Er erwarte sich daher, so Buchinger abschließend, dass die betroffenen Versicherungen bei zukünftigen
Kündigungen und Prämienfreistellungen von Altverträgen von sich aus die dem Kunden zustehenden Rückkaufswerte
richtig stellen und dass Kunden, die ihre Verträge bereits gekündigt haben, auf Antrag entschädigt
werden, ohne dass der VKI überhaupt einschreiten müsse. |