"Kirche, die bewegt" – 60 Jahre Evangelische Diözese Steiermark  

erstellt am
19. 03. 07

Festakt in Graz – Hohe Auszeichnungen für Superintendent Hermann Miklas und Superintendentialkuratorin Evi Lintner
Graz (epd Ö) - Unter dem Motto „Kirche, die bewegt“ feiert die Evangelische Superintendenz Steiermark heuer ihr 60-jähriges Bestehen als selbständige Diözese. Am 17.03. hatte Landeshauptmann Mag. Franz Voves zum Festakt in die Aula der Alten Unversität Graz geladen. Dabei wurden Superintendent Mag. Hermann Miklas und Superintendentialkuratorin Evi Lintner mit dem Großen Goldenen Ehrenzeichen des Landes Steiermark ausgezeichnet.

Im Motto des Jubiläumsjahres komme für ihn, so der Landeshauptmann, das Selbstverständnis der Evangelischen Kirche in der Steiermark zum Ausdruck: „Bewegung, Engagement, Gestaltungswille“. Superintendent Hermann Miklas ging auf die Geschichte der Evangelischen in der Steiermark ein, die schon 1521 begonnen hatte und nach der „Zwangspause“ der Gegenreformation zu einer kontinuierlichen Geschichte wurde. Dass dieser Festakt ausgerechnet in der Alten Jesuitenuniversität stattfinde, sei nicht „Geschmacklosigkeit, Provokation oder historische Unwissenheit“, vielmehr wolle man damit an die Eröffnung der Aula vor zwei Jahren anknüpfen: Damals hatten Miklas und der römisch-katholische Diözesanbischof Egon Kapellari die schwierige Geschichte der Reformation und Gegenreformation in der Steiermark offen angesprochen.

Reformatorische Stimme im Konzert der Kirchen
Miklas skizzierte kurz die verschiedenen Epochen in der Geschichte der Evangelischen in der Steiermark. Für die NS-Zeit könne die Evangelische Kirche für sich in Anspruch nehmen, mit Erwin Kock aus Voitsberg und Jakob Ernst Koch aus der Ramsau zwei der markantesten Widerstandskämpfer des österreichischen Protestantismus hervorgebracht zu haben, aber „leider ebenso einige der glühendsten Parteigänger dieses Unrechtsstaates“. Insbesondere gegenüber der Israelitischen Kultusgemeinde „hat unsere Kirche Schuld auf sich geladen“, sagte Miklas. Der Neuanfang nach dem Krieg durch die Bildung einer eigenständigen Diözese markiere auch eine Zensur im kirchlichen Selbstverständnis. Aus sehr unterschiedlichen Flügeln sei seither „ein Bewusstsein der Gemeinsamkeit“ gewachsen. Miklas: „Nicht gegeneinander und nicht ohne einander, sondern nur miteinander wollen wir Evangelische Kirche in der Steiermark sein.“ Diese Kirche definiere sich selbstbewusst nicht als „a-katholisch“, sondern als „reformatorische Stimme im Konzert der christlichen Kirchen“.

Der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Graz, Gérard Sonnenschein, hob in seinem Grußwort den „positiven christlichen jüdischen Dialog“ hervor, der sich in Graz entwickelt habe. Über Religionsgrenzen hinaus seien „tiefe Freundschaften“ gewachsen. Diözesanbischof Dr. Egon Kapellari erinnerte an die Worte des gegenwärtigen Papstes Benedikt XVI., Trennung dürfe kein Gegeneinander sein, sondern müsse „Herausforderung zum gegenseitigen Verstehen werden“. Kapellari dankte für die „gute Nachbarschaft und wichtige Zusammenarbeit“ etwa in der Telefon- und Notfallseelsorge.

Landeshauptmann Voves würdigte den Superintendenten in seiner Laudatio als „Brückenbauer, der sich in Konfliktsituationen nie in eine Richtung drängen ließ“ und „Wegbereiter der Ökumene, der nie die eigene Identität verwischt hat“. Die Superintendentialkuratorin Evi Lintner fülle ihr Amt mit „Leben, Spiritualität und Offenheit“, so der Landeshauptmann. Durch ihr Engagement habe sie auch dazu beigetragen, dass Frauen als Mitarbeiterinnen in der Kirche nicht aufgrund von Quotenregelungen, sondern als „gleichwertige gestaltende Partnerinnen“ wahrgenommen werden.

In ihren Dankesworten sagte Lintner, sie nehme die Auszeichnung stellvertretend für die vielen Ehrenamtlichen in der Kirche entgegen. Die Evangelische Kirche lebe von der Arbeit der ehrenamtlichen MitarbeiterInnen, die oft nicht entsprechend bedankt und anerkannt werden. Das Ehrenzeichen verstehe sie auch als Zeichen der Wahrnehmung von Frauen. Hier habe sich in der Evangelischen Kirche „Entscheidendes“ zum Positiven verändert. Mit der Ehrung werde zugleich auch die presbyteriale Struktur der Evangelischen Kirche wahrgenommen, die sich auf allen Ebenen durchziehe. Die Auszeichnung sei jedoch auch eine Verpflichtung auf dem Weg zu einer „offenen Kirche, in der Platz ist für Andersdenkende, Ausgegrenzte und Randgruppen, für Junge und Alte und für jeden Einzelnen“.

Graz als Hauptstadt der Ökumene
In seinem Festvortrag schilderte MR Univ.-Prof. Dr. Karl Schwarz vom Kultusamt den „kirchenrechtlichen Krimi“ um das Werden der eigenen Superintendenz Steiermark nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Das Kultusamt hatte sich geweigert, wie damals gesetzlich vorgesehen den ersten Superintendenten Leopold Achberger zu bestätigen. „Der Kirche blies damals kalter Wind entgegen. Ihr wurde insgesamt unterstellt, was Einzelnen angelastet wurde. Und: Man vermittelte ihr, dass sie sich politsch verbrannt hatte“, sagte der Kirchenrechtler und Historiker. Erst durch eine Intervention Figls wurde Achberger, der vermutlich einer NS-Vorfeldorganisation angehört hatte, aber „eine durch und durch integre Persönlichkeit und alles andere als ein Nationalsozialist war“, im Herbst 1947 vom Kultusamt als erster Superintendent approbiert. Das war die Geburtsstunde der steirischen Diözese, die Achberger als längstdienender Superintendent – er leitete die Diözese 22 Jahre lang – entscheidend geprägt habe. Er war ein „Brückenbauer der Ökumene“, erklärte Schwarz, und habe dazu beigetragen, dass die Evangelische Kirche ihre „antikatholischen Attitüden“ ablegte. Damit habe Achberger den Weg aufbereitet für die heutige ökumenische Situation in Graz, für Schwarz die „österreichische Hauptstadt der Ökumene“.

Musikalisch gestaltet wurde der Festakt vom Kinderchor der Evangelischen Jugend unter der Leitung von Mag. Thomas Wrenger (Keyboard) und Markus Bauer (Trompete).
In seinem Festvortrag schilderte MR Univ.-Prof. Dr. Karl Schwarz vom Kultusamt den „kirchenrechtlichen Krimi“ um das Werden der eigenen Superintendenz Steiermark nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Das Kultusamt hatte sich geweigert, wie damals gesetzlich vorgesehen den ersten Superintendenten Leopold Achberger zu bestätigen. „Der Kirche blies damals kalter Wind entgegen. Ihr wurde insgesamt unterstellt, was Einzelnen angelastet wurde. Und: Man vermittelte ihr, dass sie sich politsch verbrannt hatte“, sagte der Kirchenrechtler und Historiker. Erst durch eine Intervention Figls wurde Achberger, der vermutlich einer NS-Vorfeldorganisation angehört hatte, aber „eine durch und durch integre Persönlichkeit und alles andere als ein Nationalsozialist war“, im Herbst 1947 vom Kultusamt als erster Superintendent approbiert. Das war die Geburtsstunde der steirischen Diözese, die Achberger als längstdienender Superintendent – er leitete die Diözese 22 Jahre lang – entscheidend geprägt habe. Er war ein „Brückenbauer der Ökumene“, erklärte Schwarz, und habe dazu beigetragen, dass die Evangelische Kirche ihre „antikatholischen Attitüden“ ablegte. Damit habe Achberger den Weg aufbereitet für die heutige ökumenische Situation in Graz, für Schwarz die „österreichische Hauptstadt der Ökumene“.

Musikalisch gestaltet wurde der Festakt vom Kinderchor der Evangelischen Jugend unter der Leitung von Mag. Thomas Wrenger (Keyboard) und Markus Bauer (Trompete).
 
zurück