Graz bekommt interuniversitäres Forschungszentrum für Traditionelle Chinesische Medizin
Graz (universität) - Von der Akupunktur bis hin zu den vielen hundert verschiedenen Arzneipflanzen
– die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) boomt. Und sie wirkt: Seit über 4.000 Jahren wird TCM mit großem
Erfolg praktiziert, und im Westen ist die Nachfrage nach Angeboten, die die klassische Schulmedizin ergänzen,
seit Jahren im Steigen. Graz soll in Zukunft eine zentrale Rolle in der Erforschung der TCM spielen: Anfang März
2007 wurde das „Forschungszentrum für Traditionelle Chinesische Medizin“ gegründet, und in weiterer Folge
soll ein weltweit einzigartiges Kompetenzzentrum entstehen, das die zahlreichen nationalen und internationalen
Aktivitäten in Forschung und Lehre bündelt. Mit der Karl-Franzens-Universität Graz und der Medizinischen
Universität Graz sind dabei gleich zwei Universitäten an vorderster Stelle im Einsatz.
In Graz hat die Beschäftigung mit Akupunktur und chinesischen Heilpflanzen bereits Tradition: Seit 15 Jahren
erforscht Univ.-Prof. Dr. Rudolf Bauer, Vorstand des Instituts für Pharmazeutische Wissenschaften an der Karl-Franzens-Universität,
die Wirkstoffe und Qualität von chinesischen Heilpflanzen. Univ.-Prof. DI DDr. Gerhard Litscher, Leiter der
Forschungseinheit für biomedizinische Technik in Anästhesie und Intensivmedizin an der Medizin-Uni Graz,
widmet sich seit zehn Jahren der Erforschung von Akupunktur mit modernsten High-Tech-Methoden. Für beide ist
eine fundierte wissenschaftliche Arbeit die Grundlage für weitere Forschungen: „TCM ist eine wissenschaftlich
evaluierbare Form der Medizin“, so Rudolf Bauer, „die nachvollziehbare diagnostische Verfahren kennt und konkrete
und kontrollierbare Therapien anwendet.“ So werden auch alle Forschungsarbeiten auf der Basis von naturwissenschaftlichen
Methoden durchgeführt. Gerhard Litscher: „Was uns interessiert, sind Grundlagenforschung und jene Aspekte
der TCM, die bis jetzt nur wenig beachtet wurden, also etwa die Objektivierung von neuen Akupunkturtechniken wie
die schmerzfreie Lasernadelakupunktur und die Elektroakupunktur. Auch die mögliche Wirkung von Akupunktur
in Kombination mit anderen Methoden wird wissenschaftlich untersucht.“
Die Bedeutung der TCM hat in den letzten Jahren stark zugenommen. Rund siebzig Prozent der ÖsterreicherInnen
wollen eine Ergänzung der Schulmedizin durch komplementärmedizinische Angebote. Mit achtzig Prozent ist
die Akzeptanz der TCM besonders hoch. Doch nicht nur in der Bevölkerung, auch bei den Ärzten selbst ist
ein gesteigertes Interesse zu verzeichnen. So werden mittlerweile TCM-Ausbildungen, wie sie etwa die Medizinische
Universität Graz in einem speziellen Studienmodul bereits anbietet, von der Ärztekammer anerkannt. Für
den Forschungsstandort Graz könnte die Etablierung des Kompetenzzentrums nachhaltige positive Auswirkungen
haben: „Wir wollen bereits bestehende Kooperationen mit anderen Institutionen, die im Bereich TCM forschen, weiter
ausbauen und auch den Know-how-Transfer zwischen Österreich und China intensivieren“, so Gerhard Litscher.
Für die erste Projektphase wurden vom Zukunftsfonds des Landes Steiermark 300.000 Euro zur Verfügung
gestellt. Und die Chancen stehen gut, dass der Bund noch einiges dazulegt: Denn TCM ist im neuen Regierungsprogramm
verankert. |