Brüssel (ec.europa) - Die Europäische Kommission hat Österreich in einer mit Gründen
versehenen Stellungnahme (Artikel 226 EG-Vertrag) aufgefordert, das Einkommensteuergesetz zu ändern, da eine
Bestimmung den Grundsätzen der Freizügigkeit der ArbeitnehmerInnen und der Niederlassungsfreiheit im
Binnenmarkt widerspricht. Nach österreichischem Recht können in Österreich lebende Personen, die
ein Einkommen aus dem Ausland beziehen, unter bestimmten Bedingungen nicht denselben Steuerabzug bei ihren persönlichen
Ausgaben geltend machen, wie Personen mit inländischem Einkommen. Österreich hat nun zwei Monate Zeit,
auf diese Aufforderung zu reagieren. Danach kann die Kommission den Europäischen Gerichtshof anrufen.
Nach österreichischem Steuerrecht können bestimmte persönliche Ausgaben bei der Berechnung der Einkommensteuer
vom Einkommen abgezogen werden ("Steuerabsetzbeträge"). Allerdings gelten diese Freibeträge
aufgrund der gleichen Rechtsvorschriften nur für einen Teil der Ausgaben, wenn der/die inländische SteuerzahlerIn
über Einkommen aus dem Ausland verfügt, das steuerfrei ist, aber bei der Steuerprogression berücksichtigt
wird , während eine in Österreich lebende Person, die nur aus dem Inland Einkommen bezieht, die volle
Vergünstigung erhält.
Nach Auffassung der Kommission verstößt diese Vorschrift gegen die Grundsätze der Freizügigkeit
der ArbeitnehmerInnen und der Niederlassungsfreiheit gemäß Artikel 39 und 43 EG-Vertrag sowie gegen
das EWR-Übereinkommen. Sie führt dazu, dass in Österreich lebende Personen mit ausschließlich
inländischem Einkommen weniger Steuern zahlen.
Der Europäische Gerichtshof hat bereits (vgl. Rechtssache "de Groot" vom 12.12.2002 (C-385/00))
geurteilt, dass die Anrechnung von Teilbeträgen auf die persönlichen Ausgaben als Verstoß gegen
Artikel 39 EG-Vertrag zu betrachten ist. Der/die SteuerzahlerIn verliert nämlich in diesem Fall einen Teil
der Freibeträge, wenn diese nicht im Tätigkeitsstaat berücksichtigt werden. |