Wien (bmlfuw/aiz) - Nach Angaben der Europäischen Bioethanol-Treibstoff-Vereinigung
(EBIO) hat die Bioethanolerzeugung in der EU-25 im Jahr 2006 1,56 Mio. m3 erreicht und wuchs damit im Jahresabstand
um 71%. Bioethanol wird Fahrbenzin beigemischt. Es entlastet, weil aus nachwachsenden Rohstoffen, die CO2-Bilanz
und ersetzt Rohölimporte. Die EU verlangt als Teil ihrer Klimaschutzziele im Kampf gegen den von CO2-Emissionen
ausgelösten Treibhauseffekt ab 2005 eine Beimischung von 2% Biokraftstoffen, ab 2010 von 5,75% und als jüngstes
Ergebnis des EU-Gipfels vom März dieses Jahres bis 2020 von 10%. Österreich will dieses Ziel aber schon
2010 erreichen. Landwirtschafts- und Umweltminister Josef Pröll will noch vor dem Sommer eine diesbezügliche
Verordnung erlassen.
Österreich hat aber jetzt schon die Nase bei der Beimischpflicht vorn: Die Regierung beschloss bereits im
Jahr 2004 für 2005 eine Beimischpflicht von 2,5%, ab 01.10.2007 von 4,3% und ab 2008 von 5,75%.
Österreichisches Bioethanolwerk geht 2007 in Betrieb
Um dieses Ziel zu erreichen, entsteht zurzeit im niederösterreichischen Pischelsdorf die erste großindustrielle
Bioethanolanlage Österreichs. Das Euro 125 Mio.-Investment des Zuckerkonzerns AGRANA und des Verbandes "Die
Rübenbauern" wird im Herbst 2007 in Betrieb gehen. Es wird im Vollbetrieb aus einem Rohstoffmix von bis
zu 450.000 t Weizen, Rübendicksaft und Mais jährlich 240.000 m3 Bioethanol, fast den ganzen Bedarf von
260.000 m3 für eine 10%ige Beimischung in Österreich, erzeugen. Als Nebenprodukt entstehen bis zu 170.000
t hochwertiges Eiweißfuttermittel als Ersatz für Sojaimporte. Damit ist die Schaffung 60 neuer Arbeitsplätze
verbunden. 2006 erntete Österreich 1,33 Mio. t Weichweizen, wovon 587.000 t laut Marktbilanz der AMA entweder
durch Verbringung in andere EU-Staaten oder Export in Drittländer vermarktet werden sollen. Den heimischen
Bauern werden attraktive Verträge für den Anbau von sogenannten Ethanolweizen angeboten, sie profitieren
damit mit gesicherter Wertschöpfung.
Deutschland überholte 2006 Spanien als größter EU-Produzent - Importe aus Brasilien
Laut der EBIO-Statistik hat Deutschland 2006 mit 431.000 m3 (2005: 165.000 m3) Bioethanolerzeugung Spanien mit
402.000 m3 (2005: 303.000 m3) als größter Produzent in der EU überholt. Es folgen Frankreich mit
250.000 m3 (2005: 144.000 m3), Italien mit 128.000 m3 (2005: 8.000 m3), Polen mit 120.000 m3 (2005: 64.000 m3)
und Schweden mit 140.000 m3 (2005: 153.000 m3). Der Bioethanolverbrauch der EU-25 lag 2006 bei 1,7 Mio. m3, aus
Brasilien wurden 230.000 m3 importiert. Nicht in diesem Ranking enthalten ist Ungarn, das ein besonders ehrgeiziges
Bioethanolprogramm verfolgt.
Ungarn will Bioethanolproduktion bis 2008 auf 500.000 t verdreifachen
Der Staatssekretär im Budapester Landwirtschaftsministerium, Zoltan Gogos, gab dieser Tage bekannt: Von derzeit
150.000 t Produktionskapazität soll sich der Ausstoß von Biosprit mit der Inbetriebnahme zweier oder
dreier neuer Werke 2008 auf 500.000 t verdreifachen und schließlich 2009 oder 2010 auf 800.000 t anwachsen.
"Wir haben einen strukturellen Getreideüberschuss von 2,5 Mio. t, aus dem man die 800.000 t Ethanol erzeugen
kann", rechnete Gogos vor. 2 Mio. t Getreide und Mais sollen schon 2008 ihren Weg durch die Verspritung nehmen,
nach Erreichen der 800.000 t-Kapazität werde es aber laut dem Staatssekretär eng mit der Rohstoffbasis
aus ungarischem Anbau, wenn nicht die Flächen ausgeweitet und die Erträge nachhaltig gesteigert würden.
Bioethanolerzeugung baut Ungarns Getreideberg ab und entschärft EU-Interventionsproblem
Gleichzeitig warnte das Budapester Landwirtschaftsministerium davor, die Ernte 2007 könnte das Ende einer
Serie von Rekordernten um die 16 Mio. t - wovon zuletzt rund 5 Mio. t in der EU-Intervention landeten - und den
Rückfall auf Durchschnittserträge von 12 bis 13 Mio. t markieren. Jedenfalls erwartet Gogos, dass der
Wettbewerb um Rohstoff in Ungarn künftig kräftig angeheizt werde.
Die aus den vergangenen drei überdurchschnittlich starken Ernten in ungarischen Interventionslagern angehäuften
Getreide- und Maisberge gelten als Auslöser für die von der EU-Kommission gestartete Debatte, die Maisintervention
ab 2007 gänzlich abzuschaffen. Ungarn jedoch argumentiert, auch dank des Einstiegs in die Bioethanolerzeugung
sei diese "Panikreaktion" überzogen, da sich die Situation von selbst entspanne und mit einer möglichen
Rohstoffknappheit sogar ins Gegenteil verkehren werde. "Die Altlager werden mit Jahresende weg sein",
sagte gestern Landwirtschaftsminister Jozsef Graf zu Reuters. Die Ära überbordender Überschüsse
sei vorbei, "nun herrscht sogar Anspannung, dass die Silos nun leer bleiben und man an sich sogar Mais darin
wünschte". Überraschend erklärte Graf sogar weiters: "Die letzte Maisernte ist auch schon
verkauft, es liegen nur mehr die restlichen Interventionsbestände in Ungarn." Neben der Entspannung der
EU-Interventionssituation sollte sich mit dem Abverkauf der ungarischen Maisbestände und dem Abbau des strukturellen
Überschusses durch die Bioethanolerzeugung auch der Marktdruck auf die benachbarten Länder abschwächen.
Zu Beginn des laufenden Wirtschaftsjahres 2006/07 (01.07.2006 bis 30.06.2007) hatten sich in Ungarn knapp 7 Mio.
t (EU-27 insgesamt: 13,97 Mio. t) in der Intervention angehäuft, davon gut 5 Mio. t Mais und der Rest vor
allem Weizen. Mittlerweile ist der Maisberg dank umfangreicher Verkäufe der EU-Kommission auf den Binnenmarkt
und Exporte auf etwa 3 Mio. t abgeschmolzen und der Interventionsweizen praktisch schon zur Gänze abverkauft. |