Telekommunikation: größere Auswahl für Verbraucher, aber Binnenmarkt noch immer nicht vollendet  

erstellt am
29. 03. 07

Brüssel (eu-int) - Europäische Verbraucher profitieren dank der erzielten Fortschritte bei der Umsetzung des EU-Telekommunikationsrechts von sinkenden Preisen und innovativen Dienstleistungen. Damit Verbraucher und Anbieter in vollem Umfang von den Vorteilen des EU-Binnenmarktes profitieren können, ist es allerdings nötig, dass bei Wettbewerbsproblemen noch zügiger und konsequenter eingegriffen wird und dass die Regulierungsbehörden noch unabhängiger arbeiten, so der heute erschienene 12. Bericht über die EU-Telekommunikationsmärkte.

„Die Wettbewerbsöffnung der Telekommunikationsmärkte ist gewiss einer der größten Erfolge der EU, wie man an sinkenden Tarifen und verbesserten Dienstleistungen ablesen kann. Ein Wachstum von 2,3 % in diesem Bereich und 5 % zusätzliche Investitionen sind zwar gut, aber nicht gut genug, wenn Europas Wettbewerbsfähigkeit auf dem Spiel steht“, lautet der Kommentar von Viviane Reding, der für die Telekommunikation zuständigen EU-Kommissarin. „Deswegen müssen im Mittelpunkt der diesjährigen Reform der Telekommunikationsvorschriften vor allem die Hauptengpässe stehen, die Bereiche, in denen es immer noch keinen richtigen Wettbewerb gibt. In einem Sektor, in dem Technologie nationale Grenzen überschreitet, sollten die Regulierungsbehörden den Weg für europaweite Größenvorteile ebnen, die sowohl im Interesse der Unternehmer als auch der Verbraucher liegen.“

Der Bericht der Kommission zeigt kurz vor der Reform der EU-Telekommunikationsvorschriften eine Momentaufnahme der derzeitigen Lage auf den europäischen Telekommunikationsmärkten, die fast 290 Milliarden Umsätze generieren. Jedem EU-Mitgliedstaat ist ein eigenes Kapitel gewidmet.

Hauptelemente des diesjährigen Berichtes:

Niedrigere Preise und größere Auswahl für Verbraucher
Die Preise für ein dreiminütiges Telefongespräch im nationalen Festnetz sind von 41,8 Eurocent im Jahr 2000 auf 25 Eurocent heute gesunken. Die Preise für inländische Mobilfunkdienste sind im letzten Jahr um bis zu 13,9 % gefallen.

Darüber hinaus nutzten 31,4 Millionen Mobilfunkkunden (Zuwachs von 6,3 Millionen) die Möglichkeit, gemäß EU-Recht beim Wechsel von einem Anbieter zum anderen ihre Nummer zu behalten. Von allen Mitgliedstaaten machen Verbraucher in Spanien am häufigsten von diesem Recht Gebrauch (9,21 Millionen). Auch 15 Millionen Festnetzkunden in der EU wechselten auf diese Weise den Anbieter (verglichen mit 7 Millionen im Jahr 2005). In Schweden ist es bereits möglich, dass Verbraucher ihre Rufnummer behalten, wenn sie zu VoIP-Diensten wechseln.

Ein reifender Mobilfunkmarkt

2006 betrug der Umsatzzuwachs 4,6 %. Mit 478,4 Millionen Mobiltelefonen im Umlauf beläuft sich der Versorgungsgrad auf 103 % der Bevölkerung (95 % im Jahr 2005). In Luxemburg (171 %), Italien (134 %) und Litauen (133 %) ist der Versorgungsgrad am höchsten.

Feste Sprachtelefondienste: Sinkende Umsätze für Betreiber
Die Umsätze in diesem Bereich sind 2006 um 4,5 bis 5,1 % gefallen. Der Wettbewerb lässt die Marktanteile der etablierten Betreiber weiter sinken; diese belaufen sich in der EU-25 auf durchschnittlich 65,8 % des Endkundenumsatzes.

Wettbewerb beschleunigt Wachstum von Breitbanddiensten
Die Umsätze stiegen 2006 um 7,8 % bis 8,5 % an. 2006 stieg die Zahl der Breitbandanschlüsse um mehr als 20 Millionen, womit der Versorgungsgrad in der EU-25 nun 15,7 % erreicht. Die Niederlande (29,8 %) und Dänemark (29,4 %) haben Südkorea im Hinblick auf Verbreitung von Breitband hinter sich gelassen und sind jetzt weltweit die beiden Länder, in denen diese Technologie am weitesten verbreitet ist. In sieben Mitgliedstaaten liegt die Verbreitungsrate höher als in den USA. In Ländern, in denen Regulierungsbehörden etablierte Betreiber verpflichtet haben, anderen Betreibern Zugang zu ihren Netzen zu gewähren, und in denen ein Netzinfrastruktur-Wettbewerb in Gang gekommen ist, werden die höchsten Wachstumsraten verzeichnet.

Keine gleichen Voraussetzungen für Betreiber
Der Bericht der Kommission verweist auch auf dringende Regulierungsfragen, die noch ungelöst sind:

• Regulierungsbehörden sind nicht völlig unabhängig: Dies ist vor allem der Fall in Polen und der Slowakei. In anderen Mitgliedstaaten gibt politische Einflussnahme auf die Arbeit der nationalen Regulierungsbehörden Anlass zur Sorge.

  • Verzögerung bei der Beseitigung von Wettbewerbsproblemen: In einigen Fällen (Italien, Portugal, Griechenland und Deutschland) verzögert sich die Auferlegung von Verpflichtungen durch langatmige Verfahren zur Anfechtung von Entscheidungen der nationalen Regulierungsbehörden.
  • Unterschiedlichste Lösungsansätze für ähnliche Wettbewerbsprobleme: Das Angebot des Bitstromzugangs zu Breitbandanschlüssen ist in der EU immer noch uneinheitlich und Anrufzustellungsentgelte sind von Land zu Land unterschiedlich.
  • Ineffiziente und fragmentierte Funkfrequenzverwaltung: Funkfrequenzen bilden die Grundlage für Dienstleistungen im Wert von über 200 Milliarden Euro. Eine EU-weite Funkfrequenzverwaltung könnte für ein zusätzliches BIP-Wachstum von bis zu 0,1 % sorgen.
  • Einführung des europäischen Notrufs 112 weiter unvollständig: 2006 leitete die Kommission Vertragsverletzungsverfahren gegen dreizehn Mitgliedstaaten ein.


Grenzüberschreitender Wettbewerb, Wirtschaftswachstum und Vorteile für den Verbraucher könnten gesteigert werden, wenn in der EU nicht wie bisher 27 unterschiedliche einzelstaatliche Systeme verwendet würden, sondern stattdessen in ganz Europa ein einheitlicher Ansatz verfolgt würde. Die Marktteilnehmer erzielen heute bereits ungefähr ein Drittel ihres Umsatzes in anderen Mitgliedstaaten.

Die Kommission wird diese Problembereiche bei der Reform der EU-Telekommunikationsvorschriften, die für den Sommer dieses Jahres geplant ist, angehen.

 
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