Lehrlingsausbildung erfordert nationale Kraftanstrengung  

erstellt am
29. 03. 07

St. Pölten (nöwpd) - Für eine "vereinte nationale Kraftanstrengung vom Burgenland bis Vorarlberg, um die schulische und berufliche Ausbildung besser zu vernetzen", sprach sich der Vizepräsident der Arbeiterkammer Niederösterreich (AKNÖ), Markus Wieser, bei einer gemeinsamen Bildungsenquete mit dem ÖGB in St. Pölten aus. Für den von ihr derzeit beklagten Mangel an Fachkräften sei die Wirtschaft mitverantwortlich. Wieser wandte sich gegen das "Gießkannenprinzip der Förderungen, die oft nur Auffangnetzen mit kurzfristigen Perspektiven dienen." Dieses Geld will er vielmehr an die mit der Ausbildung vermittelte Qualifikation gebunden sehen.

Die Imageverbesserung der Lehrausbildung beginne schon damit, dass man diese als Erwachsenenausbildung anlegt, meint Univ.-Prof. Elke Gruber, Erziehungswissenschafterin an der Uni Klagenfurt. In ganz Österreich gäbe es keinen Lehrstuhl für Berufspädagogik, sagt sie, die in einer Untersuchung erhoben hat, dass sich die Berufswünsche der Mädchen auf nur drei Berufe und die der Burschen auf nur zehn konzentrieren.

Für Egon Blum, den Regierungsbeauftragten für das Lehrlingswesen, kommt der Facharbeitermangel in manchen Berufen nicht aus heiterem Himmel. "Das war ja erkennbar, was das kommt." Welche und wieviel Fachkräfte in vier Jahren benötigt werden, das zu definieren "ist Sache der Wirtschaft". Außerdem sei es für viele Eltern nach wie vor ein Imageproblem, wenn ihre Kinder nur eine Lehre machen können. Das im Bereich der Facharbeit sich bietende Chancenpotential sei für diese Eltern nicht erkennbar.

Nicht immer gehe es um absolute Höchstleistungen. Österreichs Bestehen im internationalen Wettbewerb hänge kurz-, mittel- und langfristig nicht zuletzt davon ab, ob man die erforderliche Zahl hochqualifizierter Fachkräfte ausbilden könne, "die in der Lage sind, die Ergebnisse aus den Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten in konkurrenzfähige Produkte und Dienstleistungen umzusetzen," so Blum.

Ein durchlässigeres Bildungssystem verlangt Gustav Lenzki, der in der AKNÖ das Referat Junge Arbeitnehmerinnen und Qualitätssicherung der Lehrausbildung leitet. In allen Schultypen sei die Berufsorientierung als Pflichtfach zu unterrichten und der Landtagsbeschluss über die Einrichtung eines Ausbildungs- und Qualitätssicherungsfonds umzusetzen, fordert er.

In der Diskussion, an der sich für die Wirtschaftskammer Niederösterreich Vizepräsident Kurt Trnka und Spartenobmann Josef Breiter beteiligten, wurde das Forcieren von Ausbildungsverbünden über bestehende organisatorische Grenzen hinaus als ein positiver Ansatz gewertet. Zum Lehrlingsimage stellte Trnka fest, dass Österreich bei den Weltolympiaden der Lehrlinge stets sehr gut abschneide und dass sein duales Ausbildungssystem in vielen Ländern als beispielgebend gewertet werde.

AKNÖ-Direktor Helmut Guth resümierte, dass ungeachtet mancher noch offenen Detailfrage ein breiter Konsens über die Finanzierung der Lehrlingsausbildung mit öffentlichen Geldern bestehe. Neben der Vermittlung der für den Beruf erforderlichen Fertigkeiten sei es das gemeinsame Anliegen von allen, "den Anspruch der jungen Menschen auf eine optimale Persönlichkeitsentwicklung zu erfüllen und den Wirtschaftsstandort Österreich nachhaltig zu sichern."
 
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