St. Pölten (nöwpd) - Für eine "vereinte nationale Kraftanstrengung
vom Burgenland bis Vorarlberg, um die schulische und berufliche Ausbildung besser zu vernetzen", sprach sich
der Vizepräsident der Arbeiterkammer Niederösterreich (AKNÖ), Markus Wieser, bei einer gemeinsamen
Bildungsenquete mit dem ÖGB in St. Pölten aus. Für den von ihr derzeit beklagten Mangel an Fachkräften
sei die Wirtschaft mitverantwortlich. Wieser wandte sich gegen das "Gießkannenprinzip der Förderungen,
die oft nur Auffangnetzen mit kurzfristigen Perspektiven dienen." Dieses Geld will er vielmehr an die mit
der Ausbildung vermittelte Qualifikation gebunden sehen.
Die Imageverbesserung der Lehrausbildung beginne schon damit, dass man diese als Erwachsenenausbildung anlegt,
meint Univ.-Prof. Elke Gruber, Erziehungswissenschafterin an der Uni Klagenfurt. In ganz Österreich gäbe
es keinen Lehrstuhl für Berufspädagogik, sagt sie, die in einer Untersuchung erhoben hat, dass sich die
Berufswünsche der Mädchen auf nur drei Berufe und die der Burschen auf nur zehn konzentrieren.
Für Egon Blum, den Regierungsbeauftragten für das Lehrlingswesen, kommt der Facharbeitermangel in manchen
Berufen nicht aus heiterem Himmel. "Das war ja erkennbar, was das kommt." Welche und wieviel Fachkräfte
in vier Jahren benötigt werden, das zu definieren "ist Sache der Wirtschaft". Außerdem sei
es für viele Eltern nach wie vor ein Imageproblem, wenn ihre Kinder nur eine Lehre machen können. Das
im Bereich der Facharbeit sich bietende Chancenpotential sei für diese Eltern nicht erkennbar.
Nicht immer gehe es um absolute Höchstleistungen. Österreichs Bestehen im internationalen Wettbewerb
hänge kurz-, mittel- und langfristig nicht zuletzt davon ab, ob man die erforderliche Zahl hochqualifizierter
Fachkräfte ausbilden könne, "die in der Lage sind, die Ergebnisse aus den Forschungs- und Entwicklungstätigkeiten
in konkurrenzfähige Produkte und Dienstleistungen umzusetzen," so Blum.
Ein durchlässigeres Bildungssystem verlangt Gustav Lenzki, der in der AKNÖ das Referat Junge Arbeitnehmerinnen
und Qualitätssicherung der Lehrausbildung leitet. In allen Schultypen sei die Berufsorientierung als Pflichtfach
zu unterrichten und der Landtagsbeschluss über die Einrichtung eines Ausbildungs- und Qualitätssicherungsfonds
umzusetzen, fordert er.
In der Diskussion, an der sich für die Wirtschaftskammer Niederösterreich Vizepräsident Kurt Trnka
und Spartenobmann Josef Breiter beteiligten, wurde das Forcieren von Ausbildungsverbünden über bestehende
organisatorische Grenzen hinaus als ein positiver Ansatz gewertet. Zum Lehrlingsimage stellte Trnka fest, dass
Österreich bei den Weltolympiaden der Lehrlinge stets sehr gut abschneide und dass sein duales Ausbildungssystem
in vielen Ländern als beispielgebend gewertet werde.
AKNÖ-Direktor Helmut Guth resümierte, dass ungeachtet mancher noch offenen Detailfrage ein breiter Konsens
über die Finanzierung der Lehrlingsausbildung mit öffentlichen Geldern bestehe. Neben der Vermittlung
der für den Beruf erforderlichen Fertigkeiten sei es das gemeinsame Anliegen von allen, "den Anspruch
der jungen Menschen auf eine optimale Persönlichkeitsentwicklung zu erfüllen und den Wirtschaftsstandort
Österreich nachhaltig zu sichern." |