KonsumentInnen wissen oft nicht, dass sie gefälschte Waren kaufen
Wien (pk) - Produktpiraterie, die Fälschung von Markenartikeln und der Handel mit den Imitaten,
wird für seriös produzierende Unternehmen, deren Arbeitnehmer und für die Konsumenten weltweit zu
einem immer größeren Problem. Firmen werden von skrupellosen Geschäftemachern um Umsätze betrogen,
die sie brauchen, um die wachsenden Kosten für die Entwicklung neuer Produkte zu erwirtschaften. Die Arbeitnehmer
der betroffenen Firmen bangen um ihre Jobs und die Hersteller- und Verbraucherländer erleiden erhebliche Verluste
an Steuern und Sozialabgaben. Gefälscht werden mittlerweile nicht nur Luxuswaren wie Markenmode, Uhren, Schmuck
und Elektrogeräte, sondern auch Kinderspielzeug, Sportartikel, Software, Handys, Musik, Filme, Autos und Ersatzteile,
Lebensmittel, Getränke, Maschinen, Fabrikanlagen, Flugzeugteile und Medikamente. Die starke Zunahme bei den
Arzneimittelfälschungen bereitet den Experten große Sorgen. In Österreich und in Europa ist vorderhand
Viagra noch das am meisten gefälschte Medikament. Die Pharmaindustrie ist aber auch schon auf das Imitat eines
Herz-Medikaments gestoßen: Die Tablette bestand aus gemahlenem Ziegelstaub und gelber Bodenmarkierungsfarbe,
war mit Möbelpolitur überzogen und glich dem Original äußerlich wie ein Ei dem anderen. Diese
und andere besorgniserregende Nachrichten, aber auch Informationen über den verstärkten Kampf der österreichischen
Zöllner im Kampf gegen die internationale Markenfälscher-Kriminalität enthält der Produktpirateriebericht
2006, den Finanzminister Molterer kürzlich vorgelegt hat.
Der Kampf gegen die Produktpiraterie wird härter
Immer perfektere Imitate, der Handel über das Internet und die Verschleierung des Ursprungslands durch Umleitung
und Zwischenlager in Ländern, die von den Behörden als "risikoarm" eingeschätzt werden,
machen die Jagd der Zöllner auf Produktpiraten immer schwieriger. Die Europäische Union hat in einem
Aktionsplan (2005 bis 2008) Zollaktionen in den wichtigsten Häfen und Flughäfen vorgesehen. So konnten
kürzlich mehr als 90 Seecontainer mit Warenimitaten sichergestellt werden. Führende EU-Zollexperten kooperieren
mit Wirtschaftsvertretern und Sachverständigen aus Drittländern. Weiters geplant sind ein gemeinschaftliches
Risikomanagement, eine Intensivierung der Kontrollen und die verstärkte Zusammenarbeit mit China und den USA.
"Die Österreichische Zollverwaltung als Partner der Wirtschaft im Kampf gegen Produktpiraterie"
lautete das Motto eines Produktpiraterie-Praxisseminars, das 2006 im Rechtsschutz-Kompetenzzentrum des Zolls in
Villach stattfand. Dort vereinbarten Zöllner mit Vertretern der Wirtschaft eine intensivere Zusammenarbeit,
was prompt zu Fahndungserfolgen im Kampf gegen die Produktpiraterie führte.
Die österreichischen Zollfahnder entdeckten 2006 in 679 Sendungen 137.713 gefälschte Artikel, die - würde
es sich um Originalwaren handeln - einen Wert von 10.362.073 Euro darstellten. Am häufigsten wurde Bekleidung
und Bekleidungszubehör gefälscht. 45.512 gefälschte Handyteile und zunehmend auch zur Gänze
gefälschte Handys lassen die Zollfahnder von einem "Fälschungs-Boom" auf dem Handymarkt sprechen.
Gliedert man die 2006 aufgedeckten Produktfälschungen nach Warengruppen und Wert, liegen Uhren und Schmuck
mit 5.460.755 Euro an der Spitze, gefolgt von Computern mit 1.509.570 Euro, Bekleidung mit 1.142.600 Euro und Sportbekleidung
mit 861.235 Euro. Es folgen Bekleidungszubehör (739.235 Euro), Medikamente (352.970 Euro) sowie Apparate und
Werkzeug (41.610 Euro).
Bei den Ursprungsländern liegt China sowohl bei der Anzahl der Aufgriffe (23,35 %) als auch bei der Anzahl
der gefälschten Produkte (35,73 %) mit Abstand an erster Stelle. Insgesamt stammen mehr als 75 % der in Österreich
entdeckten Warenimitate aus dem ost- und südostasiatischen Raum. |