Wien (wifo) - Österreichs Wirtschaftspolitik hat im letzten Jahrzehnt
beachtliche Anstrengungen im Hinblick auf die Öffnung der Produktmärkte für den Wettbewerb unternommen.
Neben der frühzeitigen Liberalisierung der Energie- und Telekommunikationsmärkte wurde auch der Abbau
von Zugangsschranken vorangetrieben und Initiativen für administrative Vereinfachungen in Handwerk und Gewerbe
gesetzt. Nach einer ersten Liberalisierungswelle mit "echten" Privatisierungen stagniert nun die Entwicklung
im Bereich der Deregulierung. Noch immer mangelt es aber in Österreich an einer entsprechenden Wettbewerbsgesinnung.
Die Liberalisierung des Telekommunikationsmarktes war erfolgreich – vor allem weil dort neue Technologien verfügbar
wurden und neue Wettbewerber auf den Markt traten. Im Bereich der Strom- und Gasversorgung kam nach anfänglichen
substantiellen Preissenkungen der Wettbewerb wieder zum Erliegen; das ist u. a. auf horizontale und vertikale Konzentrationsprozesse
in der österreichischen Energiewirtschaft zurückzuführen. Die Regulierung der freien Berufe zählt
europaweit noch immer zu den restriktivsten: Die Selbstregulierung der freien Berufe liefert die falschen Anreize
für eine Marktöffnung, und in der Gewerbeordnung besteht weiterer Spielraum für Vereinfachungen
und Entbürokratisierung ohne Gefahr für die Qualität und Sicherheit.
Trotz zahlreicher Maßnahmen zur Intensivierung des Wettbewerbs mangelt es in Österreich auch nach wie
vor an einer entsprechenden Wettbewerbsgesinnung; die österreichische Wirtschaftspolitik stellt die Vorteile
der Größe (steigende Skalenerträge) und die Möglichkeit, internationale Wettbewerbsstärke
durch Fusionen (und nicht durch Innovation) zu erringen, in den Mittelpunkt. Nach einer ersten Liberalisierungswelle
mit "echten" Privatisierungen stagniert die Entwicklung im Bereich der Deregulierung.
Im Rahmen eines Wettbewerbspakets wären zur Stimulierung von Wachstum und Beschäftigung folgende Politikmaßnahmen
vorrangig umzusetzen:
- Die Schaffung einer wettbewerbsfreundlichen Grundgesinnung sollte vorangetrieben werden. Die Etablierung einer
proaktiven Wettbewerbspolitik auf nachvollziehbaren ökonomischen Grundlagen sollte oberste Priorität
erhalten.
- Auf den Energiemärkten (Strom, Gas und Mineralöl) sollte der Wettbewerb entlang der gesamten Wertschöpfungskette
substantiell intensiviert werden. Die eigentumsrechtliche Entbündelung von Erzeugung, Netz und Vertrieb ist
ein zentraler Ansatzpunkt. Notwendig ist die Schaffung eines europäischen Energiebinnenmarktes. Weitere Konzentrationsprozesse
in der österreichischen Energiewirtschaft sind bis zur Realisierung dieses Energiebinnenmarktes zu sistieren.
- Die Deregulierung der freien Berufe sollte mit Nachdruck vorangetrieben werden: Wegfall von Gebietsschutz,
Preisempfehlungen, Bedarfsprüfung und Werbebeschränkungen. Darüber hinaus ist die weitreichende
Selbstregulierung der freien Berufe grundsätzlich zu hinterfragen, da dieses System die falschen Anreize für
eine wettbewerbsorientierte Marktöffnung liefert.
Quelle: WIFO
Autor: Michael Böheim
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